L 8 AL 3406/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 Al 3372/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3406/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zuordnung einer im Insolvenzgeldzeitraum fällig gewordenen tarifvertraglich vereinbarten Sonderzahlung richtet sich danach, ob aus dem Tarifvertrag zu entnehmen ist, dass sich die Sonderzahlung den Monaten des gesamten Jahres oder dem Monat zuordnen lässt, in dem die Zahlung fällig wurde. Lässt sich eine Zuordnung zu den einzelnen Monaten des Jahres nicht vornehmen und wird die Sonderzahlung im Insolvenzgeldzeitraum fällig, ist sie beim Insovenzgeld in voller Höhe zu berücksichtigen (Anschluss an BSG Urteil vom 18.03.2004 - B 11 AL 57/03 R).
Eine Abtretung des Anspruchs auf Insolvenzgeld im Rahmen der Vorfinanzierung des Insolvenzgelds durch eine Bank steht der gerichtlichen Geltendmachung von Insovenzgeld durch den Zedenten nicht entgegen, wenn der Kredit der Bank vollständig zurückgeführt ist, weil damit der Sicherungszweck der Abtretung entfallen ist (vgl BGH NJW 1982, 275, 277).
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juli 2003 wird aufgehoben, der Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2002 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weiteres Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. Januar bis 31. März 2002 unter Berücksichtigung von drei Zwölftel der Jahressonderzahlung 2002 zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen trägt die Beklagte ein Viertel.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung einer betrieblichen Sonderzahlung bei der Bemessung des Insolvenzgeldes (InsG) des Klägers.

Der am 20.02.1958 geborene Kläger war bei der Druckerei E. S. GmbH & Co. KG in S. H. beschäftigt. Durch Betriebsvereinbarung zwischen Betrieb und Betriebsrat vom 08.11.2001 wurde gemäß § 9 Ziffer 10 Manteltarifvertrag (MTV) für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und § 11 Ziffer 10 MTV Angestellte der Druckindustrie Baden-Württemberg vereinbart, dass die tarifliche Jahresleistung 2001 am 31. März 2002 zur Auszahlung kommt.

Der ab 01.01.1997 gültige MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer regelt in § 9 unter der Überschrift "Jahressonderleistung" hierzu (u. a.) Folgendes: "Die Arbeitnehmer und Auszubildenden haben Anspruch auf eine tarifliche Jahresleistung unter den folgenden Voraussetzungen: 1. Die Arbeitnehmer und Auszubildenden erhalten eine tarifliche Jahresleistung von 95% des jeweiligen zum Fälligkeitszeitpunkt gültigen monatlichen Tariflohnes. 2. Voraussetzung für den vollen Anspruch ist ein ungekündigtes Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis, das seit dem 4. Januar bis einschließlich 31. Dezember des laufenden Fälligkeitsjahres besteht. Arbeitnehmer bzw. Auszubildende, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis nach dem 4. Januar des laufenden Fälligkeitsjahres beginnt und die die Probezeit bestehen, erhalten für jeden vollen Kalendermonat des Bestehens ihres Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses 1/12 der tariflichen Jahresleistung. 3. Arbeitnehmer bzw. Auszubildende, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis ... ruht, erhalten keine Leistungen. Ruht das Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr jedoch nur teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung. 4. Arbeitnehmer, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. wegen Erreichens der Altersgrenze ausscheiden, erhalten eine anteilige Leistung, auch wenn das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember nicht mehr besteht. In diesen Fällen wird die Auszahlung der Jahresleistung fällig mit dem Tage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 5. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung haben die betreffenden Arbeitnehmer Anspruch auf eine anteilige Jahresleistung. Dies gilt nicht bei arbeitgeberseitiger Kündigung aus wichtigem Grund und bei verhaltensbedingter Kündigung. Ebenfalls Anspruch auf eine anteilige Jahresleistung haben Arbeitnehmer nach fünfjähriger Betriebszugehörigkeit, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund eigener Kündigung endet. 6 ... Befristet beschäftigte Arbeitnehmer erhalten eine anteilige Jahresleistung, sofern das Arbeitsverhältnis 6 Monate bestanden hat. 7. Die Auszahlung der Jahresleistung ist spätestens zum 31. Dezember eines jeden Jahres fällig. Der Auszahlungszeitpunkt wird im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgelegt. Frühere Auszahlungen gelten als Vorschuss. 10. Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann die Auszahlung der Jahresleistung bis zum 31.03. des Folgejahres verschoben werden. "

Am 01.04.2002 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet.

Bereits am 19.02.2002 hatte der Kläger mit der Volksbank Heilbronn eine Vereinbarung geschlossen, mit der er seine gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche auf Zahlung von InsG gegen das Arbeitsamt S. H. (AA) an die Bank abtrat.

Unter Vorlage dieses Sicherungsvertrages beantragte er am 29.04.2002 InsG.

Mit Bescheid vom 22.07.2002 bewilligte das AA dem Kläger antragsgemäß InsG für die Entgeltabrechnungszeiträume Januar bis März 2002 in der vom Insolvenzverwalter am 08.07.2002 bescheinigten Höhe von DM 5.195,41 (Januar 2002 DM 641,78, Februar 2002 DM 1.946,39 und März 2002 DM 2.607,24). Das bewilligte InsG wurde an die Volksbank Heilbronn (DM 5.194,39) und die Betriebskasse der Arbeitgeberin des Klägers (DM 1,02) ausbezahlt.

Gegen den Bescheid vom 22.07.2002 erhob der Kläger am 20.08.2002 Widerspruch. Er machte geltend, das gewährte InsG sei um die tarifliche Jahresleistung in Höhe von 95 % des tariflichen Grundeinkommens für das Jahr 2001 in Höhe von DM 4.753,64 und für das Jahr 2002 in Höhe von DM 1.188,41 (3/12) zu erhöhen, da gemäß der Betriebsvereinbarung vom 08.11.2001 der Auszahlungszeitpunkt (31.03.2002) innerhalb des Insolvenzgeldzeitraumes liege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2002 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Der für Angestellte der Druckindustrie Baden-Württemberg (ohne Südbaden) ab 01.04.1997 gültige Manteltarifvertrag enthalte zu den Voraussetzungen der tariflichen Jahresleistung unter § 11 wortgleiche Bestimmungen wie § 9 MTV. Die tarifliche Jahressonderzahlung sei nicht zu berücksichtigen. Es komme darauf an, ob die im Insolvenzgeldzeitraum fällig gewordene Sonderzahlung sich den Monaten des gesamten Jahres oder allein dem Fälligkeitsmonat zurechnen lasse. Nach dem MTV, dem das Arbeitsverhältnis unterfalle, sei die Sonderzahlung Entgelt für die Jahresarbeitsleistung des Arbeitnehmers. Sie trage daher zeitanteilig mit 3/12 zur Höhe des InsG bei. Auf den Fälligkeitszeitpunkt komme es dabei nicht an. Der im MTV festgelegte Auszahlungszeitpunkt ändere als reiner Fälligkeitstermin an der Rechtsnatur der Sonderzahlung nichts. Das gelte auch dann, wenn durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung, wie hier, die Auszahlung der Jahressonderleistung für 2001 auf den 31.03. des Folgejahres verschoben werde. Könne die im Jahre 2001 erarbeitete tarifliche Jahressonderzahlung nach allem nicht für den Insolvenzgeldzeitraum beansprucht werden, sei der Anspruch für das Jahr 2002 im Insolvenzzeitpunkt noch gar nicht entstanden. Tarifrechtlich sei die anteilmäßige Sonderzahlung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verknüpft. Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe aber über den 31.03.2002 hinaus fortbestanden. Zu Lasten der Insolvenzausfallversicherung dürfe im Übrigen nicht gehen, was der Insolvenzverwalter nicht als arbeitsrechtlichen Anspruch anerkannt habe.

Hiergegen erhob der Kläger am 20.12.2002 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er führte zur Begründung aus, er sei bei der Druckerei bis 31.12.2002 beschäftigt gewesen. Auf das Arbeitsverhältnis finde der MTV Anwendung. Die Betriebsvereinbarung vom 08.11.2001 habe eine zulässige Verschiebung vereinbart. Er sei der Ansicht, die Jahressonderleistung belohne die Betriebstreue des laufenden bzw. künftigen Jahres. Die Auszahlung der Jahressonderleistung 2001 wäre im März 2002 vor der Insolvenzeröffnung fällig geworden. Damit habe er einen Anspruch gemäß § 183 SGB III. Die Entscheidung des BSG vom 02.11.2000 (B 11 AL 87/99 R), auf die die Beklagte Bezug nehme, sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Sein Fall unterscheide sich von dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit dadurch, dass durch eine zulässige freiwillige Betriebsvereinbarung die Auszahlung bis zum 31.03. des Folgejahres verschoben werden dürfe. Somit sei laut der Betriebsvereinbarung der Auszahlungstag der 31.03.2002. Würde es bei einem Fälligkeitszeitpunkt 31.12. bleiben, wären die Arbeitnehmer aufgrund der Ausschlussfrist des § 15 MTV Druck von der Zahlung des 13. Monatseinkommens ausgeschlossen. Die Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes stelle keine Stundung dar, sondern müsse als Darlehen der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber verstanden werden, wodurch sich der Auszahlungszeitpunkt verschiebe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Es sei zutreffend, dass das BSG in seinem Urteil vom 02.11.2000 sich nicht mit einer einzelnen Monaten zuzuordnenden Jahressonderzahlung zu befassen gehabt habe. Auf den Fälligkeits- und Auszahlungstag komme es vorliegend nicht an. Regele der Tarifvertrag einen zeitanteiligen Anspruch auf die Sonderleistung als Gegenwert auf die im Laufe des Jahres jeweils erbrachte Arbeitsleistung, sei das insoweit rückständige Arbeitsentgelt nur ausgleichsfähig, wenn es für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausfalle. Die vollständig im Jahre 2001 erarbeitete Jahressonderzahlung könne also unter keinem Umstand zeitlich dem Zeitraum vom 01.01. bis 31.03.2002 (Insolvenzgeldzeitraum) zugerechnet werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 18.07.2003 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Jahressonderleistung bei der Bemessung der Höhe des Insolvenzgeldes. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den ihm am 29.07.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.08.2003 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung - unter Bezug auf sozialgerichtliche Rechtsprechung - ergänzend ausgeführt, Arbeitnehmer hätten Anspruch auf die Berücksichtigung der vollen einmaligen Sonderzahlung, wenn sie im Insolvenzgeldzeitraum einen Auszahlungsanspruch hätten. Dies treffe bei ihm für die Jahressonderzahlung 2001 durch die Stichtagsregelung in der Betriebsvereinbarung zu, wonach der Anspruch am 31.03.2002 entstanden und fällig geworden sei. Der Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung falle somit in den Insolvenzgeldzeitraum ebenso wie der anteilige Jahressonderzahlungsbetrag für die ersten 3 Monate im Jahr 2002. Die Betriebsvereinbarung sei vor dem Insolvenzantrag, der am 08.02.2002 gestellt worden sei, zur Vermeidung einer Insolvenz getroffen worden. Es handele sich damit nicht um einen Vertrag zu Lasten Dritter. Werde von einer Nichtteilbarkeit der Jahressonderleistung ausgegangen, stehe ihm ein Anspruch in Höhe des durch die Insolvenz ausgefallenen Jahressonderzahlungsbetrages für das Jahr 2001 in voller Höhe zu. Dabei sei davon auszugehen, dass es sich bei § 9 Ziffer 10 MTV um eine Verschiebung des Fälligkeitszeitpunktes und um keine Stundung der spätestens am 31.12. eine jeden Jahres fälligen Auszahlung der tariflichen Jahresleistung handele. Werde von der Teilbarkeit der Jahresleistung ausgegangen, stehe ihm 3/12 der vollen tariflichen Jahresleistung für das Jahr 2002 zu. Durch die der Beklagten bekannten Abtretung seiner gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche auf Zahlung von InsG an die Volksbank H. sei die Klagebefugnis nicht entfallen. Die Bank habe im Gegenzug die laufenden Nettoentgeltzahlungen im Insolvenzzeitraum gesichert. Der Sicherungszweck der Abtretung sei entfallen. Der Kläger hat hierzu Unterlagen vorgelegt. Es sei auch davon auszugehen, dass er zumindest bevollmächtigt bzw. beauftragt gewesen sei, den Insolvenzgeldantrag zu stellen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2002 zur Gewährung von Insolvenzgeld unter zusätzlicher Berücksichtigung der vollen Jahressonderzahlung 2001, hilfsweise zu einer anteiligen Jahressonderzahlung von 3/12 der vollen Jahressonderzahlung 2002 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie hat zur Begründung unter Berufung auf die Rechtsprechung des BSG ausgeführt, zu den in den Insolvenzgeldzeitraum fallenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehöre die Jahressonderzahlung 2001 nicht. Die Insolvenzgeldversicherung decke nur den Ausfall von Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate. Es komme auf den Zeitraum des Erarbeitens und nicht auf den der Fälligkeit an. Ausnahmen seien bei Sonderzahlungen nur möglich, wenn sich diese zeitlich nicht zuordnen ließen, was vorliegend nicht gegeben sei. Bei der Jahressonderzahlung 2001 handele es sich nicht um Arbeitsentgelt für die dem Insolvenzereignis vorausgegangenen drei Monate. Ein Verschieben der Fälligkeit der Jahressonderzahlung in das Folgejahr könne nicht zur Einbeziehung in den Insolvenzgeldzeitraum führen. Lasse sich eine Jahressonderzahlung nicht einzelnen Monaten zurechnen, sei sie in voller Höhe beim InsG zu berücksichtigen, wenn sie im Insolvenzgeldzeitraum hätte ausbezahlt werden müssen, andernfalls überhaupt nicht. Eine Verschiebung in das nächste Kalenderjahr sei unzulässig und für das InsG unwirksam. Die Frage des Vertrages zu Lasten Dritter stehe vorliegend nicht im Vordergrund. Nach den vorgelegten Unterlagen dürfte der Sicherungszweck der Abtretung entfallen sein.

Der Senat hat die schriftliche Zeugenaussage des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt Brauz vom 07.12.2004 eingeholt, in der mitgeteilt wird, dass in dem bescheinigten Brutto-Arbeitsentgelt für März 2002 keine Sonderzahlungen enthalten seien.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist insgesamt zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und im Sinne des Hilfsantrags begründet. Sie ist jedoch im Hauptantrag unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von InsG unter zusätzlicher Berücksichtigung der vollen Jahressonderzahlung 2001 nicht zu.

Anspruch auf InsG haben nach § 183 Satz 1 Absatz 1 Nr. 1 SGB III Arbeitnehmer, wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Nach § 183 Absatz 1 Satz 2 SGB III gehören zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.

Bei der Jahressonderzahlung handelt es sich um Arbeitsentgelt i.S. von § 183 Absatz 1 SGB III. Ein Anspruch des Klägers auf diese Jahressonderleistung besteht aufgrund § 9 MTV. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ebenso ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger für den Insolvenzgeldzeitraum vom 01.01.2002 bis 31.03.2002 Anspruch auf InsG hat. Zwischen den Beteiligten ist nur streitig, ob und in welcher Höhe die Jahressonderleistung bei der Berechnung des InsG zu berücksichtigen ist.

Dem von Kläger geltend gemachten Anspruch steht nicht entgegen, dass er durch die Vereinbarung vom 19.02.2002 seine Ansprüche auf Zahlung von InsG gegen die Beklagte an die Volksbank H. abgetreten hat. Die Abtretung erfolgte im Rahmen der Vorfinanzierung des InsG durch die Volksbank und mit der Zustimmung der Beklagten. Der Kredit der Volksbank war im Mai 2002 vollständig zurückgeführt, wie sich aus dem Vorbringen der Beteiligten und den hierzu vorgelegten Unterlagen ergibt. Damit ist der Sicherungszweck der Abtretung entfallen, so dass die Sicherungsabtretung insoweit keine rechtliche Wirkung mehr entfaltet (vgl. BGH NJW 1982, 275, 277) und der Kläger zur Geltendmachung des von ihm verfolgten Anspruches legitimiert war und ist.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG richtet sich die Zuordnung einer im Insolvenzgeldzeitraum fällig gewordenen tarifvertraglich vereinbarten Sonderzahlung danach, ob aus dem Tarifvertrag zu entnehmen ist, dass sich die Sonderzahlung den Monaten des gesamten Jahres oder dem Monat zuordnen lässt, in dem die Zahlung fällig wurde. Lässt sich eine Zuordnung zu den einzelnen Monaten des Jahres nicht vornehmen und wird die Sonderzahlung im Insolvenzgeldzeitraum fällig, ist sie beim InsG in voller Höhe zu berücksichtigen. Umgekehrt wirkt sich die Sonderzahlung nicht erhöhend aus, wenn bei dieser Variante der Fälligkeitszeitpunkt außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums liegt. Lässt sich dem Tarifvertrag dagegen entnehmen, dass die Jahressonderzahlung Entgelt für die das ganze Jahr über geleistete Arbeitsleistung ist, dann ist die Sonderzahlung anteilig, d.h. zu 1/12 je Monat (für den Insolvenzgeldzeitraum von drei Monaten also zu 3/12) bei der Festsetzung des InsG unabhängig davon zu berücksichtigen, wann nach dem Tarifvertrag die Jahressonderzahlung fällig wurde. Bei dieser Variante ist die Sonderzahlung beim InsG auch dann (anteilig) zu berücksichtigen, wenn das Insolvenzereignis weit vor dem Fälligkeitszeitpunkt eintritt. Die Tarifvertragsparteien haben es in der Hand, sich für die eine oder andere Variante zu entscheiden (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 09.12.1997 - 10 RAr 5/97 - und Urteil vom 18.03.2004 - B 11 AL 57/03 R - jeweils m.w.N. -).

Hiervon ausgehend steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von InsG unter Berücksichtigung der vollen Jahressonderzahlung nicht zu. Denn im vorliegenden Fall ist die Jahressonderzahlung gem. § 9 MTV Entgelt für die das ganze Jahr über erbrachte Arbeitsleistung, das den einzelnen Monaten zuzuordnen ist. Denn der Tarifvertrag enthält eine Staffelung der Sonderzahlung für den Fall, dass jemand während des Jahres ein Arbeitsverhältnis beginnt bzw. aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Dies ergibt sich insbesondere aus Ziffer 2 Absatz 2 (Anspruch auf 1/12 der Jahresleistung für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 4. Januar des laufenden Fälligkeitsjahres beginnt), Ziffer 3 (Anspruch auf anteilige Leistung bei teilweisem Ruhen des Arbeitsverhältnisses im Kalenderjahr), Ziffer 4 (Anspruch auf anteilige Leistung bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder bei Erreichen der Altersgrenze), Ziffer 5 (Anspruch auf anteilige Jahresleistung bei ordentlicher nicht verhaltensbedingter arbeitgeberseitiger Kündigung) und aus Ziffer 6 (Anspruch auf anteilige Jahresleistung befristet beschäftigter Arbeitnehmer, sofern das Arbeitsverhältnis 6 Monate bestanden hat). Aus diesen Regelungen folgt, dass die Jahressonderzahlung des § 9 MTV monatlich erarbeitet wird und deshalb dem Lohn des Monats hinzuzurechnen ist, für den sie bestimmt ist (ebenso LSG Hessen, Urteil vom 10.05.1999 - L 10 AL 207/96 -).

Ein Anspruch auf Berücksichtigung der vollen Jahressonderzahlung 2001 bei der Berechnung des InsG steht dem Kläger damit nicht zu. Dies gilt ungeachtet der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 08.11.2001 die Jahressonderzahlung 2001 erst am 31.03.2002 zur Auszahlung fällig geworden ist und damit in den Insolvenzgeldzeitraum vom 01.01.2002 bis 31.03.2002 fällt. Denn diese Jahressonderzahlung ist für die Monate Januar 2001 bis Dezember 2001 erarbeitet und kann damit nicht dem Arbeitsentgelt der Monate des Insolvenzgeldzeitraumes (01.01.2002 bis 31.03.2002) hinzugerechnet werden.

Dem Kläger steht aber über das von der Beklagten bereits gezahlte InsG hinaus ein Anspruch auf weiteres InsG unter Berücksichtigung der in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis erarbeiteten Jahressonderleistung 2002 zu. Dies sind 3/12 für die Monate Januar 2002 bis März 2002. Dieser Anspruch besteht nach der dargestellten Rechtsprechung des BSG unabhängig davon, wann die Jahressonderzahlung fällig wurde. Die Beklagte kann sich dabei nicht mit Erfolg darauf berufen, tarifrechtlich sei die anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2002 im Insolvenzzeitpunkt noch nicht entstanden gewesen, da die anteilige Sonderzahlung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verknüpft gewesen sei, das beim Kläger über den 31.03.2002 hinaus fortbestanden habe. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine anteilige Jahressonderleistung für die Monate Januar 2002 bis März 2002 (Insolvenzgeldzeitraum) erarbeitet war. Darauf, ob das Arbeitsverhältnis im Insolvenzzeitpunkt beendet war oder nicht, kommt es demgegenüber nicht an. Diese anteilige Sonderzahlung ist noch offen, wie sich aus der schriftlichen Zeugenaussage des Insolvenzverwalters ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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