L 16 KR 104/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 RA 126/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 104/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 15/01 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02. Juni 1999 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 22.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.1998 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Beitragsnachforderung.

Die Geschäftsleitung und der Betriebsrat der Klägerin schlossen am 12.02.1992 eine Betriebsvereinbarung (BV) über Vermögensvorsorge. Danach wird für den Zeitraum vom 1991 bis 1995 unter der Voraussetzung eines jährlich positiven Geschäftsergebnisses den nicht zum Kaderpersonal zugehörigen, bei der Klägerin in Köln beschäftigten Mitarbeitern eine jährliche Sonderleistung gewährt, die dem jeweils am 01.01. des betreffenden Jahres zu zahlenden effektiven Bruttomonatsentgelt entspricht. Die Sonderleistung gelangt nicht zur Auszahlung, sondern wird für jeden Mitarbeiter getrennt einem Sonderkonto gutgeschrieben. Jeder Mitarbeiter erhält zum 01.07. des betreffenden Geschäftsjahres einen entsprechenden Kontoauszug. Die erste Gutschrift erfolgt zum 01.07.1991, in den Folgejahren jeweils zum 01.07. Die festgelegten Beträge werden nachschüssig mit dem Zinssatz verzinst, der dem Ausleitzinssatz für die Personaldarlehen der Klägerin entspricht. Stichtag des Kapitalzuflusses ist der 01.07. des jeweiligen Geschäftsjahres. Eine Ausschüttung der angesammelten Beträge kann unter Berücksichtigung der jeweils geltenden steuerlichen Vorschriften erstmals zum 30.06.1996 vorgenommen werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die BV verwiesen. Die Klägerin hat mit dem Lohn bzw. Gehalt für Juni 1996 die betreffenden Beträge ausgezahlt. Sie wurden als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ausschließlich im Juli 1996 der Sozialversicherung unterworfen.

Infolge einer Betriebsprüfung der Beklagten bei der Klägerin gemäss § 28p Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) forderte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.05.1998 Beiträge in Höhe von insgesamt DM 319.558,49 nach. Das Zuflussprinzip des Steuerrechts sei auf die gesetzliche Sozialversicherung grundsätzlich nicht anzuwenden. Die Beiträge aus den nach dem Vermögensvorsorgevertrag gezahlten Beträgen seien bereits zu dem Zeitpunkt fällig geworden, in dem der Anspruch auf diese Beträge entstanden sei. Dies sei der 01.07. des jeweiligen Jahres gewesen, an dem die Beträge den Arbeitnehmern auf dem Sonderkonto des Betriebes gutgeschrieben worden seien. Darauf, dass die Einnahmen tatsächlich zugeflossen seien, komme es nicht an. Am 30.06.1996 sei lediglich die Auszahlung eines bereits entstanden und fälligen Gehaltsanspruchs erfolgt.

Hiergegen hat die Klägerin am 12.06.1998 Klage erhoben. Sie habe bereits mit ihrem Widerspruch darauf hingewiesen, dass durch die Einzahlung der Sonderzahlungen auf ein Sonderkonto diese nicht an die Arbeitnehmer zur Auszahlung gebracht worden seien. Die Ausstellung eines Kontoauszuges zum jeweiligen 01.07. eines Jahres habe nicht die Fälligkeit der Leistung begründet. Hierdurch sei nur nachrichtlich dokumentiert, dass die Sonderleistung vereinbarungsgemäss auf das betreffende Sonderkonto gebucht worden sei. Durch das in der BV vorgesehene Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunkts hätten die Parteien auch nicht den Anspruch auf die Sonderzahlung unter gleichzeitigem Abschluß eines Darlehensvertrages erfüllt. Steuerrechtlich sei der Auszahlungsbetrag dem regelmässigen Einkommen hinzugerechnet und entsprechend versteuert worden. Eine Pauschalversteuerung sei nicht erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.1998 in Höhe von DM 319.558,49 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 02.06.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Sonderleistungen zutreffend für die Zeit von 1993 bis 1995 jeweils dem Abrechnungsmonat Juli als dem maßgeblichen Entgeltabrechnungszeitraum zugeordnet. Die Sonderleistungen seien zum 01.07. des betreffenden Jahres "erzielt" worden. Hierfür sei nicht entscheidend, ob eine tatsächliche bare oder unbare Auszahlung erfolgt sei. Entscheidend sei allein, ob den betroffenen Arbeitnehmern ein vermögenswerter, nicht mehr entziehbarer Vorteil zugeflossen ist. Dies sei bereits in Gestalt der Gutschrift geschehen. Maßgebend sei eine wirtschaftliche Betrachtung des Einzelfalls. Es könne beitragsrechtlich keinen Unterschied machen, ob die zweckbestimmte Leistung dem Arbeitgeber bar ausgezahlt würde oder ob der Arbeitgeber die Leistungen zur Vermögensvorsorge auf ein Konto der Arbeitnehmer bei einer dritten Einrichtung überweise oder ob er die Kontoführung selbst übernehme. Das es sich bei den Gutschriften um individuelle Ansprüche handele, folge aus der Verzinsungspflicht nach Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung. Denn eine solche könne nur auf der Grundlage einer individuellen Kapitalrechnung erfolgen. Bezeichnenderweise spreche die Betriebsvereinbarung in diesem Zusammenhang auch vom Stichtag des "Kapitalzuflusses". Die hierdurch begründeten Anwartschaften seien auch unverfallbar. Einen ersten Anhalt hierfür lieferte die Regelung bei Tod eines Mitarbeiters, dessen Hinterbliebene einen Anspruch auf Auszahlung des bis dahin aufgelaufenen Guthabens haben. Umgekehrt enthalte die Vereinbarung keinerlei Bestimmungen über einen möglichen Heimfall oder sonstigen Verfall der Kontogutschriften. Der Annahme eines Zuflusses bereits im Jahre der Erteilung der Gutschrift stehe nicht entgegen, dass die Arbeitnehmer die Sonderleistungen ohne Wahlmöglichkeit fünf Jahre im Betrieb der Klägerin stehen lassen müßten. Denn die Zahlung erfolge gerade zur Vermögensvorsorge. Vorsorgeleistungen seien typischerweise Anlageleistungen, bei denen das Kapital dem Zugriff des Befugten mindestens mittelfristig entzogen werde. Der Umstand, dass für die Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs selbst eine "Wartezeit" zurückzulegen sei, sei mithin nicht zuflusshindernd, sondern der Zweckbestimmung der Vermögensvorsorge wesensimmanent. Dass der Wert der jeweiligen Sonderleistungen an sich von der Beklagten zutreffend in Ansatz gebracht worden sei, stehe zwischen den Beteiligten ausdrücklich ebenso außer Streit wie die Berechnung der Beiträge.

Gegen dieses ihr am 13.07.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.08.1999 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei das zugrundeliegende Arbeitsentgelt nicht am 01.07. der Jahre 1993, 1994 und 1995 erzielt worden. Dem stehe die Sonderregel des § 23a Abs. 1 Satz 2 SGB IV entgegen. Nach dieser Norm sei einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt werde. Maßgebend sei somit der Auszahlungsmonat, unabhängig vom Zeitpunkt des arbeitsrechtlichen Entgeltanspruchs. Es gelte das Zuflussprinzip (BSG 01.04.1993 - 1 RK 38/92 - SozR 3-2200 § 182 RVO a.F. Nr. 16, S. 74; Hauck 1999, § 23a SGB IV Rdn 5). Auszahlungsmonat sei vorliegend Juli 1996 gewesen. Nach dem Gesetzeswortlaut sei ausdrücklich auf den Zahlungszeitpunkt unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens des arbeitsrechtlichen Anspruchs abzustellen. Zu Unrecht gehe das Sozialgericht von der Annahme aus, die Klägerin habe ihren Arbeitnehmern das einmalige Arbeitsentgelt bereits mit der Gutschrift zum 01.07. der Jahre 1993, 1994 und 1995 gezahlt. Dem Buchungs- und Gutschriftverfahren komme kein Erfüllungscharakter zu. Denn der Anspruch setze nach Nr. 1 Abs. 1 BV ein jährlich positives Geschäftsergebnis voraus. Ob dies der Fall sei, stehe zum 01.07. eines Jahres noch nicht fest. Zum Zeitpunkt der Gutschrift habe somit noch nicht festgestanden, ob ein Zahlungsanspruch überhaupt entstehen würde. Ein weiteres Indiz dafür, dass dem Kontoauszug lediglich buchungstechnischer Charakter zukomme, ergebe sich daraus, dass nach Nr. 1 der BV ein Anspruch der Arbeitnehmer auf die versprochene Leistung voraussetze, dass sie während des gesamten jeweiligen Jahres in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis gestanden haben. Ob dies der Fall gewesen sei, stehe erst am Ende eines Jahres fest. Schließlich spreche der tatsächliche Wille der Klägerin und der Betriebsparteien dagegen, der Buchungserfüllungs- und Leistungscharakter zuzuerkennen. Die Parteien seien bei Abfassung der BV davon ausgegangen, dass eine Bewirkung der Leistung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB durch die Gutschrift bzw. die Buchungsmaßnahme oder den Kontoauszug nicht erfolgen sollte. Die Gutschrift habe lediglich informatorischen Charakter über die Höhe eines etwaigen zukünftigen Anspruchs. Die Verzinsungsvorschrift der Nr. 2 regele lediglich eine Modalität der Anspruchshöhe, besage aber nichts, wann und ob die Klägerin die Erbringung der versprochenen Leistung schulde. Die Verwendung des Begriffs "Kapitalzufluss" in Nr. 2 Abs. 1 der BV sei lediglich für die Zinsberechnung bzw. -zuordnung von Bedeutung, besage jedoch nichts darüber, ob und zu welchem Zeitpunkt die versprochene Leistung von der Klägerin zu erfüllen sei. Auch die Sonderregel der Vererblichkeit des Anspruchs setze voraus, dass dieser in der Person des Erblassers zum Todeszeitpunkt entstanden sei. Dies setze gemäss Nr. 1 BV ein positives Geschäftsergebnis und ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis voraus. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, stehe ggfls. zum Zeitpunkt des Todes des Mitarbeiters noch nicht fest. Auch in diesem Falle bleibe es bei dem Datum des 30.06.1996. Aus der Gesamtkonzeption der Nr. 3 BV erfolge, dass die Leistungsentstehung und -bewirkung erst zum 30.06.1996 erfolge. Der Zweck der Leistungsgewährung sage entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nichts darüber aus, ob und zu welchem Zeitpunkt die Leistungen zu bewirken seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02. Juni 1999 aufzuheben und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass ein einmaliges Arbeitsentgelt mit der Erteilung der Wertgutschrift auf dem Konto der Vermögensvorsorge zugunsten des jeweiligen Mitarbeiters im Sinne des § 164 SGB VI und der gleichlautenden Bestimmungen in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung "gezahlt" gewesen seien. Die Tatsache, dass die Auszahlung tatsächlich erst am 30.06.1996 erfolgt sei, habe auf den Beitragsanspruch zur Sozialversicherung gemäss § 22 SGB IV keinen Einfluss. Vorliegend sei lediglich die Auszahlung eines bereits entstandenen und fälligen Gehaltsanspruchs in die Zukunft verschoben worden. "Gezahlt" im Sinne des § 164 SGB VI sei das Arbeitsentgelt auch dann, wenn anstelle der Auszahlung eines Geldbetrages Erfüllungssurrogate, - hier die verzinsliche Gutschrift auf ein Konto beim Arbeitgeber - träten. Das Aufschieben der Auszahlung zu einem späteren Termin führe nicht zu einem späteren Fälligkeitstermin für die Zahlung der Beiträge und davon ausgehend auch nicht zu einer veränderten zeitlichen Zuordnung für die Beiträge. § 14 SGB IV bestimme, dass Arbeitsentgelt alle Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis seien, ungeachtet dessen, in welcher Form sie gewährt würden und ob ein Rechtsanspruch auf diese Leistung bestehe. Das entspreche im Ergebnis auch der beitragsrechtlichen Behandlung eines Darlehens des Arbeitnehmers aus einem Arbeitsentgelt oder einer Prolongatitionsabrede über geschuldetes (auch einmaliges) Arbeitsentgelt oder Zweckverwendungsabreden für die Sonderzuwendungen, die den Arbeitgeber zu anderweitigen Vermögensdispositionen im Interesse des Arbeitnehmers berechtigten bzw. dazu das Arbeitsentgelt für den Arbeitnehmer zu "verwahren". Vorliegend sei die erste Gutschrift zum 01.07.1991 erfolgt. Am 01.07. der folgenden Jahre hätten die Voraussetzungen für das Entstehen einer Sonderzahlung in jedem Fall mit hinreichender Sicherheit vorgelegen. Das Geschäftsjahr für den Jahresabschluss könne vom Kalenderjahr abweichen. Die Wertguthaben würden augenscheinlich auf das jeweils vorhergehende Jahr bezogen. Vorliegend sei davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer in jedem Jahr einen Anspruch auf Wertstellung eines Betrages in Höhe eines Monatslohnes erworben hätten.

Die Beigeladenen zu 1) bis 19) stellen keinen Antrag.

Die Beigeladenen zu 20) bis 22) schliessen sich dem Antrag der Klägerin an.

Sie halten die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung für zutreffend.

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben neben der Prozessakte vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

Nachdem die erschienen Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13.09.2001 den Rechtsstreit auf die Forderungen betreffend der Beigeladenen zu 20) bis 22), nämlich die erschienenen Versicherten Exxxxx Bxxxxxx, Txxxxx Gxxxxx und Axxxxx Sxxxxx, beschränkt haben, ist der protokollierte Berufungsantrag der Klägerin entsprechend ihrem prozessualen Vorgehen dahingehend auszulegen, dass sie die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 22.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.1998 nur in Höhe des auf die vorgenannten Versicherten entfallenden Betrages von insgesamt DM 19.193,10 (auf Exxxxx Bxxxxxx DM 7.740,22, auf Txxxxx Gxxxxx DM 9.232,42 und auf Axxxxx Sxxxxx DM 2.220,46) begehrt.

Der Bescheid der Beklagten vom 22.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.05.1998 ist rechtswidrig. Nach Auffassung des Senats durfte die Beklagte die betreffenden Sonderleistungen für die Zeit von 1993 bis 1995 nicht dem Abrechnungsmonat Juli als maßgeblichen Entgeltabrechnungszeitraum zuordnen.

Rechtsgrundlage sind vorliegend die §§ 22 und 23a Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV definiert "einmalig gezahltes Arbeitsentgelt" als Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Die Zuordnung des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts zu einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum bei laufendem Beschäftigungsverhältnis regelt § 23a Abs. 1 Satz 2 SGB IV: Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt versicherungspflichtig Beschäftigter ist dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird. In § 23a Abs. 3 und 4 ist dann die rechnerische Verteilung der Einmalzahlung zum Zwecke der Feststellung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts geregelt.

Außer Streit steht vorliegend, dass es sich bei den Sonderleistungen um "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV handelt, nämlich um solche Einnahmen, die den Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung zufließen. Dieser rechtliche Ansatz ist auch zutreffend, denn durch die Regelungen der BV über Vermögensvorsorge wurde die bisherige betriebliche Altersversorgung (Betriebsrente) für die nicht zum Kaderpersonal gehörenden Kölner Mitarbeiter der Klägerin in den Jahren von 1991 bis 1995 ersetzt.

Zur Überzeugung des Senats sind die betreffenden Sonderleistungen jedenfalls nicht zum 01.07. der jeweiligen Jahre im Sinne des § 23a Abs. 1 Satz 2 SGB IV "gezahlt" worden.

Dies ergibt sich bereits aus dem Regelungszusammemhang der BV selbst. Denn nach Ziffer 1 der BV wird die Sonderleistung nur unter zwei Voraussetzungen gewährt, nämlich 1. "unter der Voraussetzung eines jährlich positiven Geschäftsergebnisses" und 2. auch nur solchen Mitarbeitern "die während des gesamten jeweiligen Jahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen". Erst am Ende eines Kalenderjahres steht demnach fest, ob beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Die Klägerin hat auf Anfrage des Senats ausdrücklich bestätigt, dass bei ihr in den Jahren 1991 bis 1995 das Geschäftsjahr für den Jahresabschluss jeweils am Jahresende, d.h. am 31. Dezember eines Jahres, geendet habe. Die Geschäftsleitung und der Betriebsrat der Klägerin seien bei der vorgenannten Formulierung eines "jährlich" positiven Geschäftsergebnisses von einem Geschäftsjahr im vorgenannten Sinne ausgegangen. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass sich die Feststellung, ob ein positives Geschäftsergebnis erwirtschaftet werden konnte, erst mit dem Jahresabschluss getroffen werden kann. Ebenso liegt es in der Natur der Sache, dass erst nach Ablauf des jeweiligen Jahres manifest wurde, ob der betreffende Mitarbeiter in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.

An diesem Umstand ändert auch die Tatsachen nichts, dass nach Absatz 2 der Ziffer 1 der BV beginnend ab 01.07.1991, in den Folgejahren jeweils zum 01.07. des betreffenden Jahres, eine Gutschrift für jeden Mitarbeiter auf ein Sonderkonto "Vermögensvorsorge der O ... GmbH" erfolgt ist und der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Kontoauszug erhalten hat. Denn die aus der Gutschrift resultierende Forderung der Arbeitnehmer auf Gewährung der Sonderleistung stand, wie vorstehend ausgeführt, unter zwei auflösenden Bedingungen.

Zudem kann nach Auffassung des Senats die nach Maßgabe der BV erfolgte Gutschrift nicht einer "Zahlung" gleichgestellt werden. Denn die Gutschriften sind lediglich firmenintern verbucht worden und nicht auf ein anderes Konto oder ein Treuhandkonto, auf das der Arbeitgeber nur beschränkt Zugriff hatte, geflossen. Sie sind insbesondere nicht durch Garantieabreden oder Bankbürgschaften gesichert gewesen. Die betreffenden Beträge sind absprachegemäss erst am 01.06.1996 in die Verfügungsgewalt der Arbeitnehmer gelangt. Die betreffenden Arbeitnehmer erhielten somit durch die Gutschriften der einzelnen Jahre in keiner Weise eine insolvenzgeschützte bzw. konkursfeste Position.

Die angefochtenen Bescheide sind demzufolge aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts zu ändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen, weil der Senat der hier zugrundeliegenden Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimißt, § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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