L 16 KR 110/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 (34) KR 79/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 110/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die der Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin als Weiterbildungsassistentin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.

Die Klägerin, die als Ärztin für Allgemeinmedizin eine Praxis in W ... führt, beschäftigte die Beigeladene zu 1) mit Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein als Weiterbildungsassistentin in der Zeit vom 01.10.1997 bis 31.01.1999. Der unter Verwendung eines Mustervertrages des Hartmann-Bundes am 16.09.1997 geschlossene schriftliche Vertrag sah u.a. vor, dass der Praxisinhaber der Assistentin Gelegenheit gab, alle in der Praxis anfallenden ärztlichen Tätigkeiten auszuüben und ihr im Rahmen der Weisungsbefugnis eine ihrem Kenntnis- und Erfahrungsstand entsprechende Selbständigkeit zu gewähren (§ 2 Nr. 1); im Gegenzug verpflichtete sich die Beigeladene zu 1), alle den eigenen Fähigkeiten entsprechenden ärztlichen Leistungen zu erbringen und den ärztlichen und organisatorischen Leistungen des Praxisinhabers Folge zu leisten (§ 3 Nr. 1). Gestrichen in dem Mustervertrag war der Passus, dass der Praxisinhaber den Arbeitgeberanteil zur Angestelltenversicherung oder den Beitrag zur ärztlichen Versorgung in Höhe des Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung, ferner den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung in Höhe der Hälfte des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung und den Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung trägt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf diesen Bezug genommen (Bl. 1 bis 6 der Verwaltungsakten).

Ab dem 01.05.1999 beschäftigte die Klägerin die Beigeladene zu 1) als Assistenzärztin unter Abführung entsprechender Versicherungsbeiträge.

Nach einer Überprüfung der Beschäftigung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 22.09.1999 auch für die Beschäftigung ab dem 01.10.1997 eine grundsätzliche Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Pflegeversicherung fest.

Die Klägerin legte am 13.10.1999 Widerspruch ein. Zur dessen Begründung trug sie vor, die Beigeladene zu 1) sei für die Patienten selbst verantwortlich tätig geworden und nicht weisungsgebunden gewesen bezüglich Zeit, Umfang und Inhalt der auszuübenden Tätigkeit. Diese habe sie vielmehr allenfalls unter Beachtung der üblichen Praxisöffnungszeiten selbständig und selbstverantwort lich bestimmen können. So habe sie beispielsweise Akupunktur-Behandlungen durchgeführt und "im Rahmen des Studiums" erforderliche Pharmastudien vorgenommen. Es habe daher kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis sondern eine freiberufliche selbständige Tätigkeit vorgelegen.

Mit Bescheid vom 18.10.1999 stellte die Beklagte auch gegenüber der Beigeladenen zu 1) die Versicherungspflicht fest und berechnete mit weiterem Bescheid vom 28.01.2000 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung mit 556,-- DM, zur Arbeitslosenversicherung mit 260,-- DM und zur Pflegeversicherung mit 68,-- DM und einen Gesamtbeitrag für die Zeit vom 01.10.1997 bis 30.04.1999 in Höhe von 16.796,-- DM.

Die Klägerin wandte auch hiergegen ein, dass die Beigeladene zu 1) als freie Mitarbeiterin tätig geworden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 04.04.2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Sie hat geltend gemacht,schon die mit der durch die kassenärztliche Vereinigung Nordrhein erteilten Genehmigung zur Beschäftigung der Beigelade nen zu 1) als Weiterbildungsassistentin verbundenen einschränkenden Bestimmungen (Bescheid vom 06.10.1997) zeigten, dass kein der Sozialversicherungspflicht unterliegendes Arbeitsverhältnis begründet worden sei. In Kenntnis des Anstellungsvertrages habe die Beklagte die Beigeladene zu 1)auch ohne weiteres als freiwillig versichertes Mitglied aufgenommen, so dass sie nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert sei, nunmehr rückwirkend eine andere rechtliche Beurteilung vorzunehmen. Darüber hinaus sei die Beigeladene zu 1) aber auch weisungsunabhängig tätig geworden. So habe sie aufgrund eigener Entscheidung keine HIV-Patienten behandelt, eigene Studien zu Fortbildungszwecken in der Praxis durchgeführt und auf eigene Rechnung Akupunkturbehandlungen erbracht. Eine Änderung des Beschäftigungsverhältnisses sei erst zum 01.05.1999 eingetreten, weil die Beigeladene zu 1) ab diesem Zeitpunkt nur noch als Halbtagskraft tätig geworden sei, weswegen schon eine genaue Festlegung der Arbeitszeiten und der zu erbringenden Arbeitsleistungen erforderlich geworden sei.

Für die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Weiterbildungsassistentin habe zwischen den Vertragsparteien Einigkeit darüber bestanden, dass die Beigeladene zu 1) als freie Mitarbeiterin tätig und für sie keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden sollten; vielmehr sollte das vereinbarte Gehalt ungekürzt ausgezahlt werden.

Die Beigeladene zu 1) hat dem widersprochen und behauptet, sie sei lediglich rechtsirrtümlich davon ausgegangen, Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zubeziehen. Auch wenn sie weitgehend eigenverantwortlich hätte arbeiten können, sei sie doch in jeder Hinsicht weisungsgebunden und abhängig beschäftigt gewesen. Die Klägerin habe nach ihrem Gutdünken Fälle übernommen oder die Therapie verändert, die Sprechstundenzeiten ohne Ausnahme festgesetzt, die zu absolvierenden Hausbesuche, die Arbeits- und Urlaubszeiten bestimmt. Sie - die Beigeladene zu 1) - habe auch HIV-Patienten während des entscheidungserheblichen Zeitraums behandelt. Die vorgenommenen ca. fünf Akupunktur-Behandlungen seien auf entsprechende Anweisung nach den Sprechstundenzeiten erfolgt, um den Praxisablauf während der regelmässigen Arbeitszeit nicht zu stören.

Die Klägerin hat bestritten, nach ihrem Gutdünken in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) eingegriffen zu haben, vielmehr habe Letztere nach freiem Ermessen und freier Einteilung die Vormittagsstunden und darüber hinaus dienstags, mittwochs und freitags nachmittags Therapien eigenverantwortlich durch führen können. Aus der Liste der Patienten, bei denen ein Hausbesuch erforderlich gewesen sei, habe sich die Beigeladene zu 1) diejenigen aussuchen können, die sie habe behandeln wollen. Im Hinblick auf die Interessen der Mitarbeiter sei während der Schulferien etwa jährlich sieben bis acht Wochen die Praxis geschlossen gewesen und Urlaub gewährt worden. Darüber hinaus habe die Beigeladene zu 1) unbezahlten Urlaub nach ihren Wünschen erhalten.

Mit Urteil vom 17.04.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entschei dungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 29.04.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.05.2002 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, das SG habe den Vertragswillen bezüglich der Nichtbegründung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) nicht oder zumindest nicht ausreichend berücksichtigt. Der entsprechende Wille ergebe sich aus der Abänderung des Vertragsformulars mit dem Ziel, dass gerade keine Sozialversicherungsabgaben von Seiten der Klägerin zu erbringen seien. Entsprechend habe die Beigeladene zu 1) das Vertragsverhältnis gehandhabt und auch die Beklagte habe unbeanstandet von Letzterer die Krankenversicherungsbeiträge entgegengenommen. Unter diesen Umständen verbiete sich aber auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten eine rückwirkende sozialversicherungsrechtliche Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses. Hätte die Beklagte nämlich rechtzeitig ihre jetzige Rechtsmeinung kundgetan, so hätten die Vertragsparteien sich hierauf einstellen können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Düsseldorf vom 17.04.2002 zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 22.09. und 18.10.1999 sowie vom 28.01.2000 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2000 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass es unerheblich sei, ob die Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis hätte begründen wollen oder nicht, da die Regelungen des Sozialversicherungsrechts nicht abdingbar seien. Mit Ausnahme der Streichung des entsprechenden Vertragspassus (über die Arbeitgeberbeiträge) spreche der Vertrag aber eindeutig für eine abhängige Beschäftigung. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, weil ihr gegen über nicht durch Bescheid festgestellt worden sei, dass die Beigeladene zu 1) nicht versicherungspflichtig beschäftigt sei. Wenn die Klägerin von dem Recht auf eine solche Entscheidung durch die Einzugsstelle keinen Gebrauch mache, habe sie die rechtlichen Konsequenzen zu tragen.

Die Beigeladene zu 1) schließt sich der Auffassung und dem Antrag der Beklagten an.

Die Beigeladene zu 2) ist der Auffassung der Beklagten ebenfalls gefolgt.

Die Beigeladenen zu 2) und 3) haben Anträge in der Sache nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die auf die Anfechtung der Bescheide der Beklagten beschränkte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte die allein noch streitige Versicherungspflicht der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und Arbeitslosenversicherung zutreffend festgestellt hat.

Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [Gesetzliche Krankenversicherung] - SGB V), in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI - Soziale Pflegeversicherung) sowie in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs. 1 SGB III - Arbeitsförderung) bzw. die bis 1998 geltende Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit (§ 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG) setzt jeweils das Bestehen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt voraus. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV (seit 01. Januar 1999 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine Beschäftigung in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. Sozialrecht [SozR] 3-2400 § 7 Nrn. 4, 13, 15, zuletzt Urteile vom 18.12.2001 - B 12 KR 8 u. 10/01 R = SozR 3-2400 § 7 Nrn. 19, 20). Die selbständige Tätigkeit wird demgegenüber vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 22; SozR 3-2400 § 7 Nr. 15). Die abhängige Beschäftigung grenzt sich von der selbständigen Tätigkeit danach ab, welche dieser Merkmale über wiegen, wobei das Gesamtbild der Arbeitsleistung und die tatsächlichen Ver hältnisse ausschlaggebend sind, sofern sie von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen (BSG a.a.O.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4, 13; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Die vertraglichen Regelungen des am 16.09.1997 geschlossenen Anstellungsvertrages sprechen ganz überwiegend für eine abhängige Beschäftigung. Dies beginnt schon mit der Verwendung des Wortes "Arbeitsverhältnis" (§ 1 Nr. 3) und wird bestätigt durch die Nennung der Weisungsbefugnis, auch wenn die Praxisinhaberin der Assistentin eine ihrem Kenntnis- und Erfahrensstand entsprechende Selbständigkeit zu gewähren hat (§ 2 Nr. 1), der Berechtigung der Anordnung zusätzlicher Arbeitsleistungen, für deren Abgeltung der Assistentin grundsätzlich nur ein Freizeitausgleich zusteht (§ 2 Nr. 2), der Verpflichtung des Praxisinhabers, die Assistentin bei der gesetzlichen Unfallversicherung anzumelden (§ 2 Nr. 4) sowie der Vereinbarung eines festen Monatsgehalts (§ 2 Nr. 2) und eines Jahresurlaubs von 30 Werktagen (§ 2 Nr. 5).Diesen Rechten und Pflichten, die typischerweise einer Arbeitgeberin zustehen bzw. obliegen, stand die Verpflichtung der Assistentin gegenüber, nicht nur den ärztlichen sondern auch den organisatorischen Weisungen Folge zu leisten (§ 3 Nr. 1), Nebentätigkeiten nur mit Zustimmung des Praxisinhabers auszuüben (§ 3 Nr. 2) sowie die Vereinbarung einer regelmässigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden (§ 3 Nr. 5), wie dies üblicherweise im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse vereinbart wird. Diese vertraglich vereinbarten Weisungsbefugnisse der Klägerin sind auch nicht tatsächlich dadurch abbedungen worden, dass die Beigeladene zu 1) weitestgehend ihre Arbeit in der Praxis selbständig und eigenverantwortlich ausführen konnte. Zum einen waren diesen Freiheiten durch die Vorgaben der Praxisöffnungszeiten sowie der gesamten Praxisorganisation Schranken gesetzt. Zum anderen ist es in der Rechtsprechung seit jeher anerkannt, dass bei Diensten höherer Art, die unzweifelhaft im Rahmen ärztlicher Tätigkeiten erbracht werden (zur abhängigen Beschäftigung des Chefarztes eines Krankenhauses vgl. BSGE 32, 38), die Freiheit, Zeit, Ort und Art der Arbeitsausführung im wesentlichen selbst bestimmen zu können, die Arbeitnehmereigenschaft nicht ausschließen, solange die Dienste dadurch fremdbestimmt bleiben, dass sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Betriebsordnung geleistet werden (grundlegend BSGE 16, 289, 294; zuletzt BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 m.w.N.). Letzteres ist hier aber der Fall, weil die Klägerin den Betriebsrahmen vorgegeben hatte - z.B. Festlegung der Praxisöffnungszeiten, der grundsätzlichen Urlaubszeiten, Bestimmung einer Liste der Patienten, bei denen Hausbesuche durchzuführen waren -, in dem die Beigeladene zu 1) tätig wurde.

Gerade die Beschäftigung zur Weiterbildung schloss es im übrigen auch aus, dass die Beigeladene zu 1) wie eine Selbständige ihre Arbeit verrichten durfte. Die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein vom Dezember 1994 sieht ausdrücklich vor, dass die Weiterbildung unter Anleitung der zur Weiterbildung befugten Ärztinnen und Ärzte erfolgt (§ 1 Abs. 1 Satz 2). Diese haben über die unter ihrer Verantwortung abgeleistete Weiterbildungszeit ein Zeugnis zu erstellen (§ 11 Abs. 1 Satz 1). Etwas anderes läßt sich auch nicht dem Genehmigungsbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein entnehmen, denn dieser enthält lediglich Hinweise darauf, dass die Beschäftigung eines Assistenten nicht der Vergrösserung der Vertragsarztpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergrossen Praxisumfanges dienen dürfe und der Vertragsarzt den Assistenten zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten hat. Dies entspricht der Bestimmung des § 31 Abs. 3 und 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Diese Regelungen, die eine Beschränkung des Tätigwerdens des Assistenten bedingen, welche zusätzlich einer Genehmigung im Gegensatz zur Beschäftigung eines Vertreters bedarf (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV), lassen eine unabhängige Stellung des Assistenten nicht zu, sondern die Verantwortlichkeit des zur Weiterbildung berechtigten Arztes führt grundsätzlich zu einer weisungsgebundenen Tätigkeit (vgl. Schallen, Kommentar der ZV für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten, 3. Auflage, Rdn. 624).

Die Klägerin kann ihrer Verpflichtung zur Beitragszahlung auch weder die mit der Beigeladenen zu 1) insoweit getroffene abweichende Regelung entgegenhalten, noch verstößt ihre Inanspruchnahme gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Der Eintritt der Versicherungspflicht ist weder ausschließlich noch wesentlich vom Parteiwillen abhängig (vgl. BSGE 35, 20, 22; Seewald, Kasseler Kommentar, Rdn. 75 zu § 7 SGB IV). Nur soweit dieser in den vertraglichen Gestaltungen und in der tatsächlichen Umsetzung zum Ausdruck kommt, ist er für die Beurteilung des Versicherungsverhältnisses von Bedeutung (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 45; Sehnert in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB IV, Rdn. 19 zu § 7). Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) haben aber lediglich die Verpflichtung Ersterer zur Zahlung entsprechender Beiträge aus dem Vertragstext gestrichen. Die übrigen vertraglichen Bestimmung wie auch deren tatsächliche Umsetzung, sprechen jedoch eindeutig für eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1). Die Beitragspflicht ist aber kein disponibles Recht, weil andernfalls der Sozialversicherungsschutz zu Lasten der Solidargemeinschaft umgangen werden könnte (BSGE 35, 20, 22 m.w.N.; Seewald a.a.O.).

Schließlich stellt die Entscheidung der Beklagten, die Beigeladene zu 1) auf ihren Antrag als freiwilliges Mitglied aufzunehmen, auch keine die Klägerin begünstigende Entscheidung über das Nichtbestehen eines Pflichtversicherungsverhältnisses dar. Die Beklagte ist insoweit nicht als Einzugsstelle (§ 28h SGB IV) tätig geworden, da sie lediglich der Beigeladenen zu 1) auf deren Antrag die freiwillige Krankenversicherung gewährt hat, ohne über die Versicherungspflicht in den einzelnen Sozialversicherungszweigen eine Entscheidung zu treffen, was auch für die Klägerin offensichtlich sein musste. Die bloße Erkenntnismöglichkeit der Beklagten über das Bestehen eines Pflichtversicherungsverhältnisses ist daher nicht geeignet, einen Vertrauensschutz der Klägerin zu begründen noch führt eine entsprechende Untätigkeit bezüglich der Erhebung von Beiträgen zu einer Verwirkung des Beitragsanspruchs (vgl. BSGE 47, 194).

Da Fehler bezüglich der Berechnung der nachzuentrichtenden Beiträge nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht gerügt worden sind, musste die Berufung mit der auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt, weil dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Rechtskraft
Aus
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