L 11 KA 130/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 KA 479/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 130/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.01.2000 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob der Kläger berechtigt ist, Leistungen nach den Ziffern 5100 und 5103 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) (Ziffer 34283 bzw. 34286 des EBM 2000 plus) zu erbringen und abzurechnen.

Der Kläger ist seit 01.05.1997 als Internist mit dem Schwerpunkt Kardiologie und Angiologie in einer Gemeinschaftspraxis in E tätig. Im April 1997 beantragte er bei der Beklagten u. a., die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der Leistung im Rahmen des ambulanten Operierens "perkutane, transluminale Dilatation und Rekanalisation der Arterien mit Ausnahme der Coronararterien, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtung während des Eingriffs (PTA)". Er gab an, im Rahmen der Weiterbildung zum Schwerpunkt Angiologie im Herzzentrum Duisburg die selbständige Durchführung interventioneller angiologischer Eingriffe erlernt zu haben. Seit seiner Tätigkeit als Oberarzt in der medizinischen Klinik des Städtischen Krankenhauses I im Juni 1996 habe er im Rahmen des ambulanten Operieren PTA ambulant durchgeführt. Die derzeitige Frequenz liege bei zwei Eingriffen wöchentlich mit steigender Tendenz. Darüber hinaus sei er auch im kardiologischen Bereich diagnostisch-angiographisch und interventionell tätig gewesen. Ergänzend führte er aus, durch die Entwicklung der letzten Jahre im Bereich der interventionellen Medizin seien Internisten zu operativ tätigen Ärzten geworden mit der Folge, dass früher ausschließlich durch Gefäß- und Kardiochirurgen behandelte Gefäßverschlüsse oder -stenosen heute häufig durch Internisten (Kardiologen und Angiologen) mit operativ interventionellen Methoden behandelt würden.

In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme der Ärztekammer Nordrhein teilte diese mit, der Vorstand habe in seiner Sitzung vom 04.02.1998 einstimmig entschieden, dass für Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Angiologie die Erbringung von Leistungen nach den streitigen EBM-Ziffern fachfremd sei, da nach der Weiterbildungsordnung (WBO) 1994 eingehende Kenntnisse und Erfahrungen nur in "Indikationsstellung zu operativen und interventionellen radiologischen Eingriffen" für die Angiologie gefördert würden.

Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.04.1998 den Antrag des Klägers gemäß § 9 Abs. 2 der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren ab. Auf Grund der satzungsmäßigen Bindung der Beklagten an die Entscheidungen der Ärztekammer Nordrhein bestehe kein Ermessensspielraum zur Bescheidung des Antrags.

Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16.04.1998. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Eingriff für einen Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkten Angiologie und Kardiologie nicht fachfremd. Nach Abschnitt I Nr. 15.C.1 WBO umfasse der Schwerpunkt Angiologie u. a. die Therapie und Rehabilitation der Gefäßkrankheiten. Die Leistungen, die der streitigen EBM-Ziffer zu Grunde lägen, seien derartige therapeutische Leistungen. Dem stehe nicht entgegen, dass nach dem weiteren Wortlaut der WBO zu Inhalt und Ziel der Weiterbildung der Erwerb besonderer Kenntnisse und Erfahrungen in der Indikationsstellung zu operativen Eingriffen an den Gefäßen sowie zur interventionell-radiologischen Eingriffen zähle. Diese Eingriffe seien selbst Teil der Angiologie, das ergebe sich aus der vorangestellten Definition dieses Schwerpunktes. Die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung der Beklagten schrieben deshalb auch unter der Überschrift "Untersuchungsverfahren und Behandlungsverfahren" vor: Selbständige Indikationsstellung, Mitwirkung und Befundbewertung bei 75 Angiographien und 50 therapeutischen Katheterinterventionen an peripheren Arterien. Diese Interpretation entspreche auch den tatsächlichen Gegebenheiten, da die Angiologie das Gebiet der interventionellen Radiologie seit langem für sich beanspruche und es umfassend praktiziere. Dem stehe auch nicht entgegen, dass nach Abschnitt I Nr. 8 WBO interventionelle Maßnahmen der in Frage stehenden Art auch Teil des Fachgebiets Diagnostische Radiologie sein sollen. Die WBO kenne derartige Überschneidungen vielfach, sie seien rechtlich unbedenklich. Selbst wenn man der Ansicht der Beklagten folge, ergäbe sich die Berechtigung des Klägers, die Leistungen nach der streitigen EBM-Ziffer zu erbringen und abzurechnen, aus § 41 Abs. 1 des Heilberufsgesetzes (HBG). Nach dieser Vorschrift dürfe grundsätzlich nur, wer eine Gebietsbezeichnung führe, in dem Gebiet tätig werden, dessen Bezeichnung er führe. Die gesetzliche Formulierung gestatte nach dem auslegungsüblichen Verständnis des Wortes grundsätzlich Abweichungen. Der in Aachen niedergelassene Angiologe Dr. C rechne mit Zustimmung der Beklagten seit Jahren Leistungen nach der streitigen EBM-Ziffer ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers aus den im Ausgangsbescheid genannten Gründen zurück.

Der Kläger hat am 06.11.1998 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben und seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren zum Gegenstand seiner Klagebegründung gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 03.04.1998 und 03.11.1998 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, vertragsärztliche Leistungen des Klägers nach Nr. 5150 EBM künftig nicht zu vergüten, weil diese für den Kläger fachfremd wären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 03.01.2000 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die angefochtene Entscheidung nicht auf § 9 Abs. 2 der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren gemäß § 14 des Vertrages nach § 115 b Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzbuches (SGB) V zu stützen, sondern auf § 3 Abs. 3 und § 4 der Vereinbarung. Im Ergebnis habe die Beklagte jedoch zu Recht festgestellt, dass der Kläger Leistungen nach der streitigen EBM-Ziffer nicht abrechnen dürfe, da sie für ihn fachfremd seien. Die Bindung des Vertragsarztes an die Grenzen seines Fachgebietes ergäbe sich aus einer Zusammenschau der durch das Gesundheitsreformgesetz vom 01.01.1989 neu gefassten und zum 01.01.1993 durch das Gesundheitsstrukturgesetz modifizierten Vorschriften des vertragsärztlichen Zulassungsrechts im SGB V und in der Zulassungsordnung für Vertragsärzte. Da der Gesetzgeber sich erkennbar an die Ergebnisse der Rechtsprechung des BSG zur Notwendigkeit der Aufgliederung der vertragsärztlichen Tätigkeit in verschiedenen Fachdisziplinen gehalten habe, bedürfe es weder für die Normierung der Bindung des Vertragsarztes an die Grenzen des Fachgebietes, für das er zugelassen sei, noch für den Vergütungsausschluss bei fachfremden vertragsärztlichen Leistungen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Die durch die WBO der Beklagten vorgenommene Definition des Fachgebietes der Inneren Medizin greife verfassungsrechtlich unbedenklich in das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ein. Der Erwerb der Schwerpunktbezeichnung Angiologie setze nach der WBO nicht voraus, dass der betroffene Arzt selbständig die Leistungen erbringe, sondern dass er bei deren Durchführung mitwirke. Demgegenüber müssten die Fachärzte für Diagnostische Radiologie laut WBO über eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in den interventionellen radiologischen Verfahren in Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten verfügen. Aus diesem Grunde seien Leistungen nach der streitigen EBM-Ziffer nach den zurzeit geltenden Gesetzen bzw. untergesetzlichen Regelungen nicht dem Fachgebiet Innere Medizin mit Schwerpunkt Angiologie, sondern dem Fachgebiet der Diagnostischen Radiologie zuzuordnen. Unerheblich sei, ob diese Rechtslage der tatsächlichen Praxis und der zukünftigen Weiterentwicklung widerspreche, maßgeblich seien allein die gültigen rechtlichen Regelungen. Es sei auch nicht entscheidungserheblich, ob der vom Kläger genannte Dr. C berechtigt sei, die streitigen Leistungen zu erbringen und abzurechnen.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf hat der Kläger am 15.02.2000 Berufung eingelegt. Der Kläger verweist zur Begründung darauf, er habe bereits in seiner Widerspruchsbegründung dargelegt, aus welchem Grunde er berechtigt sei, die Leistungen nach der streitigen EBM-Ziffer zu erbringen und abzurechnen. Folge man dieser Auffassung nicht, sei die Abgrenzung, die die WBO vornehme, mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Eine Abrechnungsparzellierung nach Facharztgruppen sei ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. Sie sei nur gerechtfertigt, sobald sie zum Erreichen des angestrebten Ziels erforderlich sei. Verstehe man den Wortlaut der WBO und der Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung so, wie es das Sozialgericht getan habe, dann sei das vom fachlich-medizinischen Standpunkt aus nicht sachgerecht und deshalb rechtswidrig. Das Sozialgericht habe den Vortrag unberücksichtigt gelassen, dass die Praxis die in Frage stehenden Leistungen eindeutig als zum Fachgebiet der Inneren Medizin - Angiographie - zähle, es habe vielmehr ausschließlich auf den Wortlaut der angewandten Regelungen abgestellt. Dass die Leistungen, die der streitigen EBM-Ziffer zu Grunde lägen, auch zum Fachgebiet Diagnostische Radiologie gehörten, stehe dem nicht entgegen, denn Überschneidungen seien zulässig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.01.2000 abzuändern, die Bescheide der Beklagten vom 03.04.1998 und 03.11.1998 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, vertragsärztliche Leistungen des Klägers nach den Nummern 34283 und 34286 EBM 2000 plus künftig nicht zu vergüten, weil diese für den Kläger fremd wären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung vertritt die Beklagte im Wesentlichen die Auffassung, nach den neuen Richtlinien bei Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Angiologie sei weiterhin die sogenannte Mitwirkung und Beurteilung therapeutischer Katheterinterventionen Weiterbildungsinhalt, nicht aber deren selbständige Durchführung.

Der Senat hat bei der Beigeladenen eine Auskunft zu der Frage eingeholt, was unter "Mitwirkung" im Sinne der Richtlinie über den Inhalt der Weiterbildung 15.C.1 Schwerpunkt Angiologie zu verstehen ist und ferner die Bundesärztekammer um Mitteilung gebeten, welchem Fachgebiet die Leistungen nach den Ziffern 5100 und 5103 EBM zuzuordnen seien. Auf das Schreiben der Beigeladenen vom 06.06.2000 sowie die von der Bundesärztekammer verfassten Antwortschreiben vom 25.01.2002, 18.04.2002 und 24.11.2003 wird Bezug genommen. Ferner hat der Senat bei den Ärztekammern der Länder Auskünfte zu der Frage eingeholt, welchem Fachbereich in dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich die PTA zugeordnet sei und bei Kliniken im Bereich der Ärztekammer Nordrhein Auskünfte erbeten, ob im Rahmen der Weiterbildung für den Schwerpunkt Angiologie regelmäßig auch die selbständige Durchführung der PTA erlernt werde, in welchem Umfang und seit wann. Auf die hierzu ergangenen Antwortschreiben wird im Einzelnen verwiesen. Mit Beschluss vom 25.09.2002 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet, weil für das Jahr 2003 eine Änderung der Musterweiterbildungsordnung zu erwarten war. Nach deren Verabschiedung auf dem 106. Deutschen Ärztetag im Mai 2003 teilte die Bundesärztekammer auf weitere Nachfrage mit, nach ihrem Inhalt werde von jedem angehenden Facharzt für Innere Medizin und mit Schwerpunkt Angiologie der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Mitwirkung und Beurteilung therapeutischer Katheterinterventionen verlangt. Das Verfahren müsse also nicht von jedem angehenden Facharzt selbständig durchgeführt werden. Die Beigeladene legte sodann im September 2004 einen Auszug aus den neuen zur WBO ergangenen Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung für die Innere Medizin und den Schwerpunkt Angiologie vor. Danach ist Weiterbildungsinhalt "Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Erkennung und konservativen Behandlung der Gefäßkrankheiten einschließlich Arterien, Kapillarien, Venen und Lymphgefäße sowie in der Mitwirkung bei interventionellen Eingriffen und der Rehabilitation sowie Mitwirkung und Beurteilung therapeutischer Katheterintervention z. B. PTA.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 03.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.1998 ist rechtmäßig im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn der Kläger hat keinen Anspruch, die den streitigen Gebührenziffern zu Grunde liegenden Leistungen selbständig und eigenverantwortlich zu erbringen, da diese Leistungen für ihn fachfremd sind.

Das zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Begehren des Klägers ist als Feststellungsklage nach § 55 SGG zulässig. Nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen natürlichen und/oder juristischen Personen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer Norm für das Verhältnis mehrerer natürlicher und/oder juristischer Personen untereinander ergeben (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, 7. Aufl. 2002, § 55 SGG, Anm. 4). Da vorliegend die Frage streitig ist, ob der Kläger mit seiner Fachgebietsbezeichnung die PTA als Leistung erbringen darf und er die streitigen Leistungen in größerem Umfang mit steigender Tendenz erbringt, die auch Teil seiner wirtschaftlichen Existenz sind, hat er ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung.

Ob der Kläger berechtigt ist, entsprechend seinem im Antrag zum Ausdruck kommenden Begehren, die streitige Leistung selbständig und eigenverantwortlich ohne Mitwirkung anderer zu erbringen und auch nicht nur zur Mitwirkung herangezogen zu werden, hängt davon ab, ob die den streitigen Gebührenziffern zu Grunde liegenden Leistungen der PTA für ihn fachfremd sind. Diese Frage richtet sich nach dem ärztlichen Berufsrecht sowie den Fachgebietsbestimmungen, die sich aus der WBO ergeben, d. h., die Leistung gehört in das Gebiet, in das sie nach der WBO einbezogen ist. Damit sind Leistungen, die nach der WBO nicht zu der Fachgebietsbezeichnung des Klägers gehören, für ihn fachfremd.

Hierin liegt kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Berufsausübungsfreiheit. Zum einen beruht die Begrenzung der Facharzttätigkeit auf vernünftigen Gründen des Gemeinwohls (Qualitätssicherung der vertragsärztlichen Versorgung) und ist zumutbar, wenn die Abgrenzung der Bereiche vom fachlich-medizinischen Standpunkt aus sachgerecht ist und der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann - hieran zu zweifeln sieht der Senat vorliegend keine Anhaltspunkte -, zum anderen gewährleistet Art. 12 GG nicht notwendig, dass das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung alle medizinisch zulässigen und erfolgreichen Leistungsangebote umfasst. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass zur Abgrenzung abrechnungsfähiger ärztlicher Leistungen auf die für das jeweilige Fachgebiet in der WBO genannten Ziele und Inhalte der Weiterbildung und die dort genannten Bereiche, in denen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen, abzustellen. (BverfG, Beschluss v. 16.07.2004, Az. 1 BvR 1127/01).

Rechtliche Grundlage für die Prüfung der Frage, ob eine Leistung fachfremd ist, ist zumindest § 41 Abs. 1 Alternative 1 HBG NRW. Nach dieser Vorschrift darf, wer eine Fachgebietsbezeichnung führt, grundsätzlich nur in dem Gebiet, dessen Bezeichnung er führt, tätig werden. Der Kläger führt die Fachgebietsbezeichnung Internist mit Schwerpunkt Angiologie und Kardiologie. Nach der für den Kläger maßgeblichen Weiterbildungsordnung der Beklagten ist unter Ziffer 15.C.1 zum Schwerpunkt Angiologie das interventionell-radiologische Verfahren, das den streitigen EBM-Ziffern als zu erbringende Leistung zu Grunde liegt, nicht aufgeführt.

Demgegenüber gehört zum Inhalt und Ziel der Weiterbildung im Bereich der diagnostischen Radiologie nach Ziffer 8 der maßgeblichen Weiterbildungsordnung der Erwerb eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in den interventionellen radiologischen Verfahren in Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten. Somit ist die PTA für den Kläger fachfremd.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der auf dem 106. Deutschen Ärztetag im Mai 2003 verabschiedeten Musterweiterbildungsordnung. Hier ist unter Ziffer 12.2 für die Fachärzte der Inneren Medizin und Schwerpunkt Angiologie als Weiterbildungsinhalt der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten in der Mitwirkung und Beurteilung therapeutischer Katheterinterventionen z. B. der PTA festgeschrieben. Hierin besteht aus zweierlei Gründen nach Auffassung des Senates kein Widerspruch zu der WBO der Beklagten. Zum Einen ist das Begehren des Klägers, wie ausgeführt, darauf ausgerichtet, die streitige Leistung selbständig und eigenverantwortlich zu erbringen, worunter die Mitwirkung nicht zu verstehen ist, denn diese beinhaltet schon rein sprachlich keine alleinige Leistungserbringung, darüber hinaus ist zum Anderen die Musterweiterbildungsordnung im Bereich der Beklagten noch nicht umgesetzt worden in eine aktualisierte Fassung, so dass die bisher gültige Fassung für die Beurteilung des Begehrens des Klägers weiter zu Grunde zu legen ist. Selbst wenn die Musterweiterbildungsordnung in entsprechender Fassung auch im Bereich der Beklagten umgesetzt wird, ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Beklagte über den Vorschlag der Musterweiterbildungsordnung hinaus eine eigenständige Leistungserbringung hinsichtlich der PTA festschreiben wird. Insoweit ist auch die derzeit gültige Regelung nicht zu beanstanden.

Anhaltspunkte für eine willkürliche Regelung finden sich nicht. Insoweit haben die Ermittlungen des Senats ergeben, dass im Bereich der 15 befragten Ärztekammern lediglich in drei Fällen (Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) eine Zuordnung zu zwei Fachgebieten besteht, in allen übrigen Fällen hingegen nur eine singuläre Fachgebietszuordnung vorgenommen worden ist. Auch die Befragung der Weiterbildungseinrichtungen in Nordrhein, ob im Rahmen der durchgeführten Weiterbildung für den Schwerpunkt Angiologie regelmäßig auch die selbständige Durchführung der PTA erlernt wird, hat ergeben, dass diese Handhabung in der Praxis uneinheitlich erfolgt, so dass auch von daher gesehen die Weiterbildungsordnung der Beklagten keinen Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung liefert.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den Schreiben der Bundesärztekammer vom 24.11.2003 bzw. 18.04.2002. Zwar vertritt die Bundesärztekammer darin die Auffassung, dass auch die selbständige Durchführung von Katheterintervention für Fachärzte für Innere Medizin und Schwerpunkt Angiologie eine gebietskonforme Tätigkeit darstelle, jedoch stellt diese in dem formlosen Schreiben vertretene Rechtsauffassung keine verbindliche Regelung dar. Maßgeblich ist, wie ausgeführt, die Weiterbildungsordnung, abgesehen davon, dass die Ansicht der Bundesärztekammer in der Musterweiterbildungsordnung keinen Niederschlag gefunden hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es auch nicht darauf an, dass er auf Grund seiner persönlichen Qualifikation in der Lage ist, die streitige PTA zu erbringen. Maßgeblich für die Frage der Fachfremdheit und der Bestimmung des Fachgebietes ist eine generelle Betrachtung, nicht die Umstände des konkreten Einzelfalls. Auf persönliche Fähigkeiten kommt es in diesem Bereich nicht an.

Ebensowenig vermag der Umstand, dass die Beklagte zwei Ärzten eine entsprechende Genehmigung erteilt hat, zu einer abweichenden Beurteilung zu führen, denn die Frage der Erteilung einer Genehmigung ist eine Einzelfallentscheidung. Die erteilten Genehmigungen stünden, wie ausgeführt, mit der geltenden rechtlichen Regelung nicht im Einklang, so dass der Kläger hieraus keine Gleichheit im Unrecht für sich ableiten kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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