L 13 V 24/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 49 V 339/94
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 V 24/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger unter Anerkennung einer chronisch persistierenden Hepatitis, einer chronischen Bronchitis und einer Arthrose beider Kniegelenke als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) einen Anspruch auf die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 30 v.H. seit Januar 1991 hat.

Der am 2. August 1923 geborene und aus dem Beitrittsgebiet stammende Kläger stellte im März 1991 bei dem Beklagten einen Antrag auf Versorgung nach dem BVG. Er machte geltend, sowohl unter einer Arthrose als auch einer Hepatitis wie auch einem Asthma bronchiale zu leiden. Sowohl die Arthrose als auch das Asthma bronchiale habe er sich während der Ab-leistung seines Dienstes bei der Wehrmacht zugezogen. Die Arthrose sei durch das Tragen der SMG-Lafette als Schütze bzw. des Funkgerätes „Dora“, das Asthma bronchiale durch den Wintereinsatz und das Campieren in vereisten Erdlöchern verursacht worden. Die Hepatitis habe er sich durch eine Gelbsucht-Erkrankung während der sowjetischen Kriegsgefangenschaft (31. Januar 1944 bis 30. August 1946) zugezogen, die nicht „ausgelegen werden durfte“. Wegen der Hepatitis habe er sich 1945 in einem Krankenhaus in Woroshniza in der damaligen Sowjetunion befunden.

Der Beklagte zog zunächst eine Kopie der den Kläger betreffenden Karteikarte der Deutschen Dienststelle bei, der sich lediglich entnehmen lässt, dass der Kläger unter einem Magen- und Darmkatarrh 1942 gelitten hatte. Ermittlungen beim Krankenbuchlager Berlin blieben erfolglos. Außerdem reichte der Kläger eine Kopie des die medizinischen Eintragungen enthaltenen Teils seines Sozialversicherungsausweises für die Zeit von 1954 bis 1990 ein und erklärte zugleich, dass der Sozialversicherungsausweis für die Jahre 1946 bis 1953 in einer Gaststätte entwendet worden sei.

Nachdem die den Kläger als Hausärztin behandelnde Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sch im Auftrag des Beklagten am 29. Mai 1992 ein Gutachten über den Kläger erstattet hatte, dem u.a. ein Arztbrief der I. Medizinischen Klinik des Städt. Klinikums Berlin-Buch vom 23. April 1974 über den dortigen stationären Aufenthalt des Klägers vom 29. März 1974 bis zum 11. April 1974 beigefügt war, ließ der Beklagte von der Leitenden Medizinaldirektorin M am 30. Juni 1992 eine versorgungsärztliche Stellungnahme fertigen. Diese vertrat die Auffassung, dass aufgrund des Hausarztgutachtens eine Beurteilung überhaupt nicht möglich sei. Auch der Bericht des Klinikums Buch von 1974, wonach es sich damals bei dem Kläger um eine Pneumonie im rechten Unterfell bei chronischer asthmoider Emphysembronchitis gehandelt habe, würde keinen weiteren Aufschluss geben. Aktuelle Labor- oder Röntgenbefunde lägen im Grunde genommen nicht vor. Keines der geltend gemachten schädigenden Ereignisse seien in irgendeiner Form belegt. Es erscheine äußerst unwahrscheinlich, dass die heute vorliegende Arthrose beider Kniegelenke - über das Ausmaß der FunktionsbehindeRn werde im Übrigen gar nichts berichtet - als Folge schweren Tragens während des Krieges angesehen werden müsse. Auf eine Leberschädigung könne ohne weiteres nicht geschlossen werden, von einem Asthma bronchiale ganz zu schweigen.

Der Beklagte veranlasste daraufhin für den 27. April 1993 eine Mehrfachbegutachtung (chirurgisches Gutachten von Dr. B, lungenfachärztliches Gutachten von Dr. R sowie internistisches Gutachten von Dr. D) und lehnte mit Bescheid vom 18. Januar 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1994 den vom Kläger gestellten Antrag ab. Es hätten keine Gesundheitsstörung festgestellt werden können, die auf schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG zurückgeführt werden könnten.

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht zunächst die in dem Verfahren S 46 Vs 1365/94 eingeholten Befundberichte von dem Arzt für Orthopädie, Chirotherapie G vom 17. September 1994, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sch vom 18. September 1994, dem Facharzt für Innere Medizin Dr. W vom 15. Februar 1995 sowie ein in diesem Verfahren erstelltes Gutachten des Arztes für Innere Medizin Dr. B vom 5. April 1995 beigezogen. Sodann hat es Befundberichte der Internistin Dr. L vom 13. September 1995 sowie von Dr. W vom 9./10. März 1996 eingeholt. Des Weiteren hat der Kläger eine vom ihm gefertigte Aufstellung über die klimatischen Verhältnisse in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion, in denen er sich in den Jahren 1943 bis 1946 aufgehalten hatte, sowie eine gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. F vom 29.Juli 1995 zu den Akten gereicht.

Im Anschluss hat das Sozialgericht den Chefarzt der I. Inneren Abteilung des Krankenhauses Spandau Prof. Dr. R zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In seinem nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 11. September 1996 gefertigten Gutachten vom 29. Oktober 1996 ist dieser im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis gelangt:

Als nicht nur vorübergehende Funktionseinschränkungen, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruhten, bestünden beim Kläger

a) Arthrose beider Kniegelenke rechts mehr als links,

b) chronisch-obstruktive Lungenkrankheit,

c) chronisch-persistierende Hepatitis (nach den gegenwärtigen Laborkonstellationen der Hepatitis C zuzuordnen),

d) Refluxösophagitis Grad II, rezidivierende Helicobacter assoziierte Gastritiden, Ulcus duodeni,

e) arterieller Hypertonus (Bluthochdruck),

f) Hyperurikämie (Erhöhung der Harnsäure), Übergewicht/Adipositas.

Keines dieser Leiden sei mit Wahrscheinlichkeit durch den Kriegsdienst oder die Kriegsgefangenschaft bedingt bzw. verursacht oder verschlimmert worden.

Nachdem der Kläger hierzu eine ärztliche Bescheinigung von Dr. W vom 8. April 1997 eingereicht hatte, in der dieser im Wesentlichen ausgeführt hat, dass beim Kläger eine mäßig aktive posthepatitische Leberzirrhose bestünde, ohne dass derzeit jedoch sichere Zeichen einer manifesten portalen Hypertension vorlägen und es für ihn unverständlich sei, dass dem Kläger die Folgen seiner Kriegsbeschädigungen nicht zuerkannt würden, hat das Sozialgericht den gerichtlichen Sachverständigen gebeten, sich zu diesen Einwendungen zu äußern. In der diesbezüglichen Stellungnahme vom 13. Juni 1997 ist der gerichtliche Sachverständige bei seiner bisherigen Einschätzung geblieben. Er hat u.a. ausgeführt, dass die Diagnose einer Leberzirrhose bei dem Kläger aufgrund von klinischen Beurteilungskriterien nicht gestellt werden könne. Die definitive Beurteilung obläge einer Leberpunktion, auf die jedoch aus Altersgründen verzichtet worden sei. Im Übrigen sei die hypothetische Möglichkeit im Gutachten diskutiert worden, dass selbst wenn eine Leberzirrhose vorläge, diese bei fehlenden histologischen Zirrhosekriterien 1983 und der als üblich geltenden Manifestationszeiten der Zirrhose nach erfolgter Hepatitis - B - oder - C-Infektion nicht durch eine im Krieg erworbene Hepatitisinfektion bedingt sein könnte.

Zu dieser ergänzenden Stellungnahme hat der Kläger eine weitere Stellungnahme von Dr. W vom 11. September 1997 eingereicht, in der dieser u.a. ausgeführt hat, dass er bei seiner Diagnose einer posthepatischen Leberzirrhose bleibe. Eine Hepatitis A scheide hierfür als Ursache so gut wie aus, zu welchem Zeitpunkt der Kläger eine Hepatitis B oder C erworben habe, könne heute nicht mehr festgestellt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sie im Kriege erworben habe, sei sehr groß. Eine Laparoskopie lehne der Kläger nach Negativerfahrung ab. Eine sogenannte blinde Leberbiopsie sei zu fast 40 % mit falsch negativen Ergebnissen belastet.

Mit Urteil vom 27. Februar 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf die Ausfühung des gerichtlichen Sachverständigen gestützt.

Gegen das ihm am 24. April 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.Mai 1998 Berufung eingelegt, mit der er sein bisheriges Begehren weiterverfolgt.

Der Senat hat zunächst von Dr. W eine Stellungnahme zu der Frage eingeholt, ob nach dem 11. September 1997 eine Verschlechterung der Lebererkrankung des Klägers zu verzeichnen gewesen sei. Dr. W hat dies in seiner Stellungnahme vom 11. Juni 1999 bejaht und überdies ausgeführt, dass die chronische Lebererkrankung des Klägers ursächlich auf eine Virushepatitisinfektion zurückzuführen sei, an der er unzweifelhaft während des Krieges erkrankt gewesen sei. Er halte es durchaus für möglich, dass damals schon eine Hepatitis C vorgelegen habe, die man erst seit knapp acht Jahren nachweisen könne.

Sodann hat der Senat den gerichtlichen Sachverständigen gebeten, zu dem vom Kläger in dessen Schriftsatz vom 5. September 1998 geäußerten umfänglichen Bedenken gegen das Gerichtsgutachten Stellung zu nehmen. Auch in der daraufhin erfolgten erneuten Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen vom 1. Dezember 1999 blieb dieser bei seiner bisherigen Einschätzung.

Der Kläger ist auch weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die von ihm geltend gemachten Ansprüche bestünden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 1998 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1994 zu verurteilen, ihm unter Anerkennung seiner chronischen persistierenden Hepatitis, seiner chronischen Bronchitis sowie der Arthrose seiner beiden Kniegelenke als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz ab 1. Januar 1991 eine Beschädigtenrente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen. Die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Versorgungsakte des Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht.

Nach § 1 Abs. 1 BVG erhält derjenige, der durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung. Einer Schädigung im Sinne des Abs. 1 stehen Schädigungen gleich, die durch eine Kriegsgefangenschaft herbeigeführt worden sind (§ 1 Abs. 2 Buchstabe b BVG). Die Versorgung umfasst nach § 9 BVG u.a. auch die Gewährung einer Beschädigtenrente (§§ 29 bis 34 BVG). Diese wird in Abhängigkeit von der Höhe der schädigungsbedingten MdE gestaffelt ab einer MdE von 30 v.H. gewährt (§ 31 BVG). Eine um 5 v.H. geringere MdE wird mit umfasst (§ 31 Abs. 2 Halbsatz 2 BVG).

Nach § 84 a BVG steht Personen, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten, Versorgung nach dem BVG mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag (EV) geltenden Maßgaben, frühestens ab dem 1. Januar 1991, zu. Nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Maßgabe i werden die neuen Versorgungsansprüche auf Antrag festgestellt. Wird der Antrag bis zum 31. Dezember 1993 gestellt, so beginnen die Versorgungsansprüche mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Monat Januar 1991.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, mithin schädigender Vorgang, gesundheitliche Schädigung und Gesundheitsstörung bedürfen des Vollbeweises. Hierfür ist es nicht notwendig, dass die Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist in-des ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d.h., dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt. Dabei kommen zum Nachweis des schädi-genden Vorganges und der gesundheitlichen Schädigung nicht nur herkömmliche Beweismittel (Zeugen, Urkunden u.ä.), sondern nach § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG) auch die Angaben des Beschädigten in Betracht, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne dessen Verschulden oder sei-ner Hinterbliebenen verloren gegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.

Demgegenüber bedarf es für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der gesundheitlichen Schädigung und der geltend gemachten Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG nur der Wahrscheinlichkeit. Ausreichend ist danach, dass nach geltender medizinisch- wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Diese erleichterte Beweisanforderung genügt auch für den medizinischen Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Vorgang und gesundheitlicher Schädigung (vgl. dazu Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage 1992, § 1 BVG Rdnr. 64 f., jetzt auch BSG, Urteil vom 15. De-zember 1999 - B 9 VS 2/98 R-). Dabei erstreckt sich diese Beweiserleichterung nicht auf die dem Ursachenzusammenhang zugrunde liegenden Tatsachen; diese müssen erwiesen sein.

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben, der persönlichen Angaben des Klägers und der übrigen zu den Akten gelangten Unterlagen, insbesondere des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen und seinen ergänzenden Stellungnahmen können die vom Kläger gel-tend gemachten GesundheitsstöRn nicht als Schädigungsfolgen im Sinne von § 1 BVG anerkannt werden.

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten chronisch-persistierenden Hepatitis ist zunächst darauf hinzuweisen, dass zwar anhand der virushepatitisspezifischen Laboruntersuchungen davon auszugehen ist, dass der Kläger eine Hepatitis A, B und C durchgemacht haben muss. Völlig unklar ist jedoch, wann es zu den entsprechenden Infektionen gekommen ist. Es ist schon fraglich, ob der Kläger - wie von ihm behauptet - in der Kriegsgefangenschaft überhaupt eine akute Virushepatitisinfektion durchgemacht hat. Nicht jede Erkrankung an Gelbsucht muss eine akute Virushepatitis gewesen sein, als Ursachen kommen beispielsweise auch toxische Einflüsse in Betracht (siehe im Einzelnen Marx/Klepzig, Medizinische Begutachtung innerer Krankheiten, 7., neu bearbeitete Auflage, 1997, S. 392).

Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers unterstellt, dass die von ihm während der Kriegsgefangenschaft durchlittene Gelbsucht auf eine akute Virushepatitis zurückzuführen war, kann dies nicht zu einer Anerkennung seiner heutigen chronisch-persistierenden Hepatitis als Schädigungsfolge führen.

Bei der Beurteilung sind dabei die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz von 1996 (AHP 1996), bei denen es sich um vorweggenommene medizinische Sachverständigengutachten handelt (BSGE 72, 285, 287), zu berücksichtigen. Danach ist zum einen zu beachten, dass nur die Hepatitis B und C einen chronischen Verlauf nehmen kann, wobei dies bei letzterer weit häufiger der Fall ist (AHP 1996, S. 209). Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass chronische Hepatitiden in der Regel nicht über viele Jahre ganz symptomlos verlaufen. Somit ist die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges einer chronischen Hepatitis mit einer vor Jahren durchgemachten akuten Hepatitis dann wahrscheinlich, wenn a) serologisch eine Infektion mit Hepatitis-B- oder C-Viren nachgewiesen ist, b) weder aus dem immunologischen Bild noch aus anderen Umständen begründet auf eine schädigungsunabhängige Entwicklung geschlossen werden kann und c) in den Jahren nach Einwirkung des schädigenden Ereignisses für eine chronische Hepatitis sprechende Brückensymptome nachgewiesen sind.

Je größer der zeitliche Abstand zwischen der Hepatitis und der klinischen Manifestation der chronischen Hepatitis ist, um so eher muss damit gerechnet werden, dass schädigungsunabhängige Noxen (= Schadstoffe mit gesundheitsschädigender Wirkung) eine ursächliche Bedeutung haben. Es ist zu beachten, dass Verläufe einer chronischen Hepatitis von zwei Jahrzehnten und mehr vorkommen (AHP 1996, S. 278).

Vorliegend mangelt es an den erforderlichen Brückensymptomen. In den Sozialversicherungsausweisen des Klägers wird erstmals 1964 eine Erkrankung der Leber- und Gallenwege aufgeführt.

Vor diesem Hintergrund ist der vom gerichtlichen Sachverständigen gezogene Schluss, wonach die chronische Lebererkrankung des Klägers nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit durch eine 1945 durchgemachte Hepatitis bedingt sei, nachvollziehbar.

Es kann in diesem Zusammenhang unentschieden bleiben, ob - wie Dr. W zunächst noch in seinem Befundbericht vom 15. Februar 1995 berichtet hat - die beim Kläger im Jahre 1974 durchgeführte Leberpunktion eine negative Hepatitisserologie erbracht hat oder ob - wie Dr. W im Befundbericht vom 9. März 1996 behauptet hat - eine Hepatitisserologie vorher niemals stattgefunden hat. Denn wäre die Hepatitisserologie bis 1993 tatsächlich negativ verlaufen, dann könnte die beim Kläger heute bestehende chronische Lebererkrankung - wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausführt - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht durch eine 1945 durchgemachte Hepatitis bedingt sein. Unterstellt man das Fehlen von entsprechenden Hepatitisserologien bis 1993 würde die Anerkennung seines derzeitigen Leber-leidens als Schädigungsfolge mangels ausreichender Brückensymptomatik an der Frage der Kausalität scheitern.

Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man „zugunsten“ des Klägers unterstellen würde, dass er derzeit - so Dr. W - an einer Zirrhose leide. Zwar ist es richtig, dass eine Leberzirrhose das Spätstadium chronisch-entzündlicher Vorgänge in der Leber darstellt. Geht man jedoch davon aus, dass 1982 im Rahmen der bei dem Kläger durchgeführten Cholecystektomie histologisch das Ergebnis der Leberbiopsie von 1975 bestätigt worden ist und berücksichtigt man zudem die nach der Darlegung des gerichtlichen Sachverständigen unter Beachtung der einschlägigen Literatur üblicherweise zu veranschlagenden Manifestationszeiten einer Zirrhose nach einer Hepatitisinfektion B bzw. C von 10 bis 30 Jahren, so kann die Kausalität mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht bejaht werden. Dies gilt selbst dann, wenn man der von Dr. W in dessen Attest vom 9. März 1996 vertretenen Auffassung, wonach eine Leberpunktion in ca. 40 % der Fälle falsch negativ sei, weil das zirrhotische Gewebe nicht getroffen werde, folgen würde. Denn aus der unterstellten Tatsache, dass in 40 % der Fälle das Untersuchungsergebnis falsch ist, kann keinesfalls für den vorliegenden Fall geschlossen werden, dass das damalige Ergebnis ebenfalls falsch war, mithin damals (1975) bereits eine Leber-zirrhose bestand. Dies gilt im Übrigen erst recht unter Einbeziehung des Umstandes, dass der Hepatitis-C-Virus - nach übereinstimmender Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen und Dr. W - erst seit Anfang der 90er Jahre serologisch zuverlässig nachgewiesen werden kann.

Hinsichtlich der vom Kläger als Schädigungsfolge geltend gemachten chronischen Bronchitis geht der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit Frau Dr. R davon aus, dass bereits allein der Umstand, dass im Sozialversicherungsausweis des Klägers erstmals 1958 (gemeint war offensichtlich der 24. September 1957) eine Behandlung wegen einer Grippeerkrankung dokumentiert worden sei, gegen den erforderlichen Kausalzusammenhang spreche, somit asthmatische oder bronchitische Beschwerden im Anschluss an die Kriegsgefangenschaft nicht aufgetreten seien. Zudem spreche - so der gerichtliche Sachverständige - der Umstand, dass der Kläger eigenen Angaben zufolge bis 1955 über einen Zeitraum von ungefähr 10 Jahren Raucher mit einem Zigarettenkonsum von 20 Zigaretten pro Tag gewesen sei, ebenfalls gegen den geforderten kausalen Zusammenhang.

Diese überzeugenden AusfühRn der beiden Gutachter können weder durch das Gutachten von Frau Dr. Sch bzw. deren AusfühRn im Befundbericht noch durch die Befundberichtsangaben von Dr. L in Zweifel gezogen werden. Zwar haben beide Ärzte die Auffassung vertreten, dass die beim Kläger bestehende Asthma bronchiale kriegsbedingt sei, nachvollziehbar Begründun-gen, warum trotz fehlender Brückensymptomatik bis September 1957 der von ihnen beschriebene Zusammenhang bestehen soll, haben sie jedoch nicht beigebracht. Auch die vom Kläger eingereichte gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. F vermag nicht zu überzeugen. Danach bestehe zwar aufgrund der vorliegenden anamnestischen Daten und heute klinisch-immunologischer sowie asthmologischer Kenntnisse die Möglichkeit einer Asthmagenese auf dem Weg über eine gravierende Irritation der oberen und tieferen Atemwege entsprechend massiver kriegsbedingter Vorgänge 1944/45 in der ehemaligen Sowjetunion. Ebenso eindeutig wissenschaftlich verifizierbar seien darüber hinaus die teilweise noch aktuellen Anfallstimuli in Form der „ Luftnot nach Aufregung“ entsprechend heutigen psychoneuroimmunologischen Kenntnisstandes. Entscheidend ist jedoch, dass Prof. Dr. F lediglich von einer Möglichkeit spricht, nicht jedoch von einer Wahrscheinlichkeit in dem hier erforderlichen Umfang.

Soweit der Kläger einwendet, Dr. R habe in ihren Gutachten für die beim Kläger bestehende chronische Bronchitis eine MdE von 20 v.H. vorgeschlagen und der Beklagte sei trotz Einverständnis des zuständigen Prüfarztes von dieser Bewertung abgewichen, verkennt der Kläger den Inhalt der von Frau Dr. R gemachten AusfühRn. Diese hatte nämlich ausdrücklich betont, dass ihres Erachtens die Frage der Anerkennung des Asthmaleidens des Klägers als Versorgungsleiden davon abhänge, ob den Angaben des Klägers ein höheres Gewicht beizumessen sei als den Unterlagen. Selbst wenn man aber der Auffassung wäre, dass die Behauptung des Klägers, er sei schon nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft wegen eines Asthma bronchiale behandelt worden, unter die die ihm eingeräumte Beweiserleichterung nach § 15 KOV-VfG für die Zeit bis einschließlich 1953 fallen könnte, kann das für den Folgezeitraum keinesfalls mehr gelten. Denn ab 1954 ist der Sozialversicherungsausweis des Klägers vollständig, mithin existieren aussagekräftige Unterlagen über beim Kläger stattgefundene Behandlun-gen. Wenn der Kläger jedoch tatsächlich bereits nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft wegen Asthma bronchiale behandelt worden wäre, müsste es auch entsprechende Eintragungen hinsichtlich des Zeitraums 1954 bis September 1957 geben. Da dies jedoch nicht der Fall ist, hält der Senat die entsprechenden Angaben des Klägers für die Zeit nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft bis einschließlich 1953 für unglaubhaft.

Schließlich gilt auch für die vom Kläger als Schädigungsfolge geltend gemachte beidseitige Arthrose, dass es an einer ausreichenden Brückensymptomatik mangelt. Im Sozialversicherungsausweis des Klägers findet sich erstmals im Jahre 1969 eine Angabe wegen arthrosebe-dingter Beschwerden, so dass die die Kausalität verneinenden Auffassungen von Dr. B und des gerichtlichen Sachverständigen ohne Weiteres nachvollziehbar sind. Die anderslautende Einschätzung von Frau Dr. Sch ist unbeachtlich, weil unsubstantiiert.

Soweit der Kläger vorbringt, der gerichtliche Sachverständige sei allein deshalb schon nicht geeignet, die bei ihm bestehende Arthrose kausaltheoretisch einzuordnen, weil er kein Orthopäde sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass degenerative Krankheiten der Knochen, des Knorpels und der Gelenke sehr wohl zum Wissensgebiet der inneren Medizin gehören. Es ist daher schlichtweg falsch, wenn der Kläger annimmt, dass allein dem Orthopäden ein Beurteilungsmonopol bezüglich der Krankheiten des Bewegungsapparates zustehe. Der Kläger irrt ebenfalls, wenn er die Bemerkung des gerichtlichen Sachverständigen, von seiner Seite bestünde kein Einwand gegen den Wunsch des Klägers, einen Orthopäden gutachterlich hinzuzuziehen, dahingehend deutet, der gerichtliche Sachverständige halte dies für erforderlich. Dies hat der gerichtliche Sachverständige nämlich gerade nicht erklärt. Der Senat sieht daher keinen Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen, etwa die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens. Die dem Kläger vom Senat eingeräumte Frist, nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Anhörung eines bestimmten Arztes zu beantragen, hat der Kläger im Übrigen ungenutzt verstreichen lassen.

Lediglich klarstellend möchte der Senat darauf hinweisen, dass, soweit der Beklagte im Schwerbehindertenrecht im Bescheid vom 14. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 1994, mit dem er einen (Gesamt-) Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannte, als Behinderung u.a. „Schädigungsfolgen nach dem BVG“ festgestellt und diese verwaltungsintern mit einem (Einzel-) GdB von 20 bewertet hat, dies für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung ist. Denn unabhängig davon, dass eine solche Feststellung viel zu unbestimmt wäre (siehe § 33 Abs. 1 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches -SGB X-), da aus dem Bescheid heraus gar nicht ersichtlich ist, um welche konkreten Schädigungsfolgen es sich dabei handeln sollte, könnte eine entsprechende Feststellung den Beklagten nach dem BVG niemals binden. Lediglich für den umgekehrten Fall sieht § 4 Abs. 2 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) eine entsprechende Bindungswirkung vor.

Da schon keine Schädigungsfolgen festzustellen waren, kommt die Bewilligung einer Beschädigtenrente erst recht nicht in Betracht.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved