L 6 V 111/94

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 7 V 11/91
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 V 111/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29. April 1994 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 25. September 1989, 28. Februar 1991 und 05. Juli 1994 verurteilt, die Bescheide vom 07. April und 04. September 1981 zurückzunehmen und der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Januar 1984 bis zum 31. Januar 1988 Grundrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 v.H. und Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Durchschnittseinkommens der Leistungsgruppe 2 eines Arbeiters in der gesamten Industrie als Vergleichseinkommen für ihren verstorbenen Ehemann zu gewähren. Der Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs (BSA) und die Erhöhung der Grundrente wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die im Dezember 1919 geborene Klägerin ist die Witwe des im August 1918 geborenen und am 08. Januar 1988 verstorbenen Kriegs beschädigten H ...S ... (im folgenden: Beschädigter). Aus der am 13. April 1940 geschlossenen Ehe sind sechs Kinder her vorgegangen (M ... geb. 1940, H ... geb. 1942, E ... geb. 1944 verstorben 1961, M ... geb. 1945, H ... geb. 1947 und E ... geb. 1948).

Der aus Schlesien stammende Beschädigte hatte keine Berufsausbildung absolviert. Nach dem Besuch der Volksschule war er von April 1933 bis August 1939 als landwirtschaftlicher Arbeiter/Gehilfe in Schlesien tätig. Als Soldat der ehemaligen Deutschen Wehrmacht erlitt er im Kriegseinsatz an der Ostfront im September 1942 eine schwere Verwundung, die u.a. zur Amputation des rechten Beines im Oberschenkel führte. Wegen der Folgen dieser Verwundung wurde er am 18. Februar 1944 aus der Wehrmacht entlassen. Von Februar bis Dezember 1944 war er als Rundfunk- und Elektromonteur (an anderer Stelle: "Radioinstandsetzer") in R .../S ... tätig.

Nach Flucht und Vertreibung wurde die Familie im Frühjahr 1946 in T ... bei M ... ansässig. Der Beschädigte war dann von Juni 1946 bis August 1948 (an anderer Stelle: bis Februar 1948) bei verschiedenen Elektrofirmen in M ... als Hilfsarbeiter beschäftigt.

Am 16. März 1949 meldete er sich beim Arbeitsamt M ... arbeitssuchend. Seit diesem Zeitpunkt war der Beschädigte mit Ausnahme einer etwa sechswöchigen Beschäftigung beim Kreis M ... vom 01. März bis zum 15. April 1951 (Aufräumarbeiten auf Anordnung der Besatzungsmacht) nicht mehr berufstätig. Er bezog zunächst bis zum 31. August 1951 Arbeitslosenunterstützung und wurde ab dem 01. September 1951 vom Arbeitsamt zur weiteren Betreuung an das Amt für Sozialhilfe überwiesen, weil er laut amtsärztlicher Untersuchung vom 13. August 1951 dauernd erwerbsunfähig i.S.d. § 35 Soforthilfegesetz (SHG) sei und deshalb zu den Personen gehöre, die schlecht oder kaum in ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden könnten.

Nachdem der Beschädigte noch während des Krieges Versorgung vom Versorgungsamt S .../S ... und später aufgrund KB-Bescheides der LVA Westfalen vom 29. Januar 1948 bezogen hatte, gewährte der Beklagte mit Umanerkennungsbescheid vom 04. Dezember 1951 wegen der Schädigungsfolgen Verlust des rechten Beines im Oberschenkel (Stumpflänge 15 cm), Narben am linken Oberschenkel und an der rechten oberen Brustseite ohne Funktionsbehinderung, Narbe am linken Ellenbogen mit geringer Streckbehinderung dieses Gelenkes, Verlust der vierten Zehe links Versorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v.H. sowie die volle Ausgleichsrente.

Im März 1954 und im Juli 1957 teilte das Arbeitsamt M ... dem Beklagten auf wegen Überprüfung der Ausgleichsrente erfolgte Anfrage mit, der Beschädigte sei nicht mehr als arbeitsuchend gemeldet; seit dem 01.09.1951 habe er nicht mehr um Arbeitsvermittlung nachgesucht, weil er glaube, aufgrund seiner Kriegsbeschädigung keiner geregelten Tätigkeit mehr nachgehen zu können. Auf die konkrete Frage des Beklagten, ob ein zumutbarer Arbeitsplatz vermittelt werden könne oder die Voraussetzungen für Umschulungsmaß nahmen vorlägen, teilte das Arbeitsamt mit, eine Einleitung von Maßnahmen sei nicht möglich, da der Beschädigte nicht mehr gemeldet sei. Der Beklagte forderte alsdann den Beschädigten auf, sich beim Arbeitsamt zu melden, da erst bei einer MdE um 80 v.H. die Ausgleichsrente ohne nähere Prüfung gezahlt werden könne (VV Nr. 5 zu § 32 BVG in der Fassung vom 31. August 1953). Daraufhin meldete sich der Beschädigte wieder arbeitssuchend. Im Sommer 1958 stand das Arbeitsamt mit der Firma M ... Werke/ M ... wegen einer Einstellung des Beschädigten in Verhandlungen. Nachdem es noch im Dezember 1958 berichtet hatte, mit einem erfolgreichen Abschluß der Eingliederungsbemühungen dürfe in Kürze gerechnet werden, teilte es im März 1959 mit, eine Vermittlung habe bisher nicht stattfinden können, es sei auch äußerst schwierig, den Beschädigten geeignet unterzubringen, da ihm aufgrund seiner Kriegsbeschädigung lediglich sitzende Tätigkeiten zugemutet werden könnten und er Schichtarbeit aus verkehrsmäßigen Gründen nicht übernehmen könne; bei der Struktur des Bezirkes lasse sich eine sitzende Beschäftigung jedoch nur in geringem Umfange beschaffen und sei fast immer mit Wechselschicht verbunden; auch nach einer Fortbildung sei der Beschädigten auf die Verrichtung manueller Arbeiten angewiesen; es werde daher auch in absehbarer Zeit mit einer Wiedereingliederung kaum gerechnet werden können. Im Juni 1960 teilte es auf ergänzende Anfrage noch mit, die Anfang 1959 eingeleiteten Vermittlungsbemühungen bei der Firma M ... Werke seien ohne Erfolg geblieben. Diese Firma hätte sich zwar seinerzeit bereiterklärt, den Beschädigten als Papierstanzer einzustellen. Er sei jedoch aus verkehrsmäßigen Gründen nicht in der Lage gewesen, die im Betrieb übliche Wechselschicht zu übernehmen und habe daher die vorgesehene Arbeit nicht aufnehmen können. Seit dieser Zeit habe er um eine Arbeitsvermittlung nicht mehr nachgesucht.

Auf seinen Antrag vom Juli 1960 stellte der Beklagte als weitere Schädigungsfolge "Verbildung und Bewegungsbehinderung im linken Ellenbogengelenk" fest und gewährte ab dem 01. Juli 1960 Versorgung nach einem Grad der MdE um 80 v.H. sowie die volle Ausgleichsrente (Bescheide vom 20. Februar 1961 und 06. November 1962).

Im Sommer 1962 teilte der Beschädigte mit, er habe sich seit Juli 1960 nicht mehr um Arbeit bemüht, da die MdE nunmehr 80 v.H. betrage. Seither gewährte der Beklagte durchgehend Ausgleichsrente.

Im Februar 1967 beantragte der Beschädigte erstmals die Gewährung von BSA. In einer vom Beklagten daraufhin eingeholten Auskunft der Fürsorgestelle heißt es, der Beschädigte sei nicht mehr als arbeitssuchend gemeldet; wegen seines Alters sei er nicht mehr bereit, an Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen. Aus einer ergänzenden Stellungnahme des Arbeitsamts H ... ergibt sich, daß wegen der Art der Beschädigung und des Alters des Beschädigten Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung nicht mehr erfolgversprechend seien; deshalb sei auf Beratung verzichtet worden.

Nachdem ein Antrag des Beschädigten auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die LVA Westfalen mit Bescheid vom 25. März 1969 abgelehnt worden war, lehnte der Beklagte auch den Antrag auf Gewährung von Berufsschadensausgleich ab: Dem Beschädigten sei eine sozial gleichwertige Tätigkeit möglich; das beweise die Ablehnung des Rentenantrages durch die LVA Westfalen. Vermittlung und Aufnahme einer geeigneten Tätigkeit wären daher nach dem Kriege durchaus möglich gewesen. Der Beschädigte hätte einer sitzenden Tätigkeit nachgehen können und alle für Oberschenkelamputierte zumutbaren Tätigkeiten vollschichtig ausüben können. (Bescheid vom 21. April 1969; Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 1970). Das anschließende Klageverfahren (SG Detmold S 6 V 236/70) endete im Juni 1971 mit einer Klagerücknahme.

Im Juli 1980 beantragte der Beschädigte erneut BSA sowie die Höherbewertung seiner MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit. Ab September 1980 bezog er Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung, es seit seit 1970 keine wesentliche Änderung eingetreten. Für die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente seien die Verhältnisse des Arbeitsmarktes, also schädigungsunabhängige Gründe, ausschlaggebend gewesen. Die Schädigungsfolgen seien nur von untergeordneter Bedeutung gewesen (Bescheid vom 07. April 1981; Widerspruchsbescheid vom 04. September 1981).

Nach dem Tode des Beschädigten beantragte die Klägerin im Rahmen des Verfahrens auf Hinterbliebenenversorgung im August 1988 unter Bezugnahme auf § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), die Versorgung des Verstorbenen erneut zu überprüfen. Zur Begründung machte sie geltend, die MdE sei immer schon zu niedrig bewertet gewesen, so daß sich unter Mitberücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit bereits ab Juli 1960 ein Grad der MdE um 100 v.H. ergeben habe. Aus den aktenkundigen Unterlagen ergebe sich, daß dem Beschädigten bereits ab 1951 eine Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar gewesen sei.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf höhere Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz ab: Die bisher getroffenen MdE-Feststellungen seien zutreffend; eine besondere berufliche Betroffenheit sowie ein Anspruch auf BSA lägen nicht vor, da der Beschädigte seit 1951 aus schädigungsfremden Gründen nicht mehr gearbeitet habe (Bescheid vom 25. September 1989; Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1991, beide gestützt auf § 44 SGB X).

Mit ihrer Klage vom 27. März 1991 hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und zur Begründung vorgetragen, der Beschädigte habe wegen seiner Schädigungsfolgen keine Arbeit gefunden und nicht vermittelt werden können. Die Einstellung bei den M ... Werken 1958 sei gescheitert, da die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstelle zu weit gewesen sei. Bereits die Tätigkeiten 1946 und 1948 hätten wegen Betriebsverlegung und damit zu langer Anfahrtswege aufgegeben werden müssen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25.09.1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.02.1991 zu verurteilen, ihr als Sonderrechtsnachfolgerin ihres am 08.01.1988 verstorbenen Ehemannes vom 01.01.1984 bis zum Tode ihres Ehemannes Grundrente nach einer MdE um 100 v.H. zu zahlen und ihr vom 01.01.1984 bis zum Tode ihres Ehemannes einen Berufsschadensausgleich zu zahlen und dabei als Vergleichseinkommen die Leistungsgruppe 2 der Männer in der Industrie insgesamt zugrunde zu legen; hilfsweise Rentenberufsschadensausgleich zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat eine Unrichtigkeit der früheren ablehnenden Bescheide nicht zu erkennen vermocht und unter Vorlage einer Stellungnahme des Chirurgen Dr. S ... aus M ... vom 12. August 1993 gemeint, die MdE sei mit 80 v.H. zutreffend bemessen gewesen.

Auf der Grundlage eines Gutachtens von Dr. S ..., Oberarzt der unfallchirurgischen Klinik des Klinikums L .../L ..., hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 29. April 1994 den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01. Januar 1984 bis zum 31. Januar 1988 Grundrente nach einem Grad der MdE um 90 v.H. zu gewähren, da die MdE nach § 30 Abs. 1 BVG bereits im Jahre 1980 90 v.H. betragen habe. Im übrigen (Gewährung von BSA, Erhöhung der Grundrente wegen besonderer beruflicher Betroffenheit) hat es die Klage abgewiesen, da keine neuen Tatsachen im Vergleich zu den früheren ablehnenden Entscheidungen vorgetragen worden seien.

Gegen dieses am 09. Mai 1994 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 03. Juni 1994, mit der sie ihr abgewiesenes Begehren weiterverfolgt. Sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann immer in einem Haushalt gelebt, und sei auch von diesem unterhalten worden.

Mit Bescheid vom 05. Juli 1994 hat der Beklagte das Urteil ausgeführt und festgestellt, daß der Klägerin von Januar 1984 bis Januar 1988 Grundrente nach einem Grad der MdE um 90 v.H. zustehe.

Zur Begründung des Rechtsmittels hat diese vorgetragen, die Schädigungsfolgen seien zumindest annähernd gleichwertige Bedingung für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Jahr 1980 gewesen. Eine besondere berufliche Betroffenheit habe vorgelegen, weil der Beschädigte - wenn überhaupt - eine Tätigkeit nur unter Aufbietung besonderer Energie und Tatkraft hätte verrichten können. Es sei nicht erkennbar, daß er ohne verständigen Grund auf Erwerbseinnah men verzichtet habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.04.1994 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.1991 sowie des Bescheides vom 05.07.1994 zu verurteilen, den Bescheid vom 07.04.1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.1981 zurückzunehmen und der Klägerin für die Zeit vom 01.01.1984 bis 31.01.1988 Grundrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v.H. und Berufs schadensausgleich nach einem Vergleichseinkommen der Leistungsgruppe 2 der Arbeiter in der gesamten Industrie zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das abweisende Urteil des SG sei jedenfalls im Ergebnis zutreffend. Hinsichtlich der Verhältnisse im Jahre 1980 müsse ermittelt werden, ob der Beschädigte durch sein Verhalten eine Ursache dafür gesetzt habe, daß er auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar war. Es werde für aussichtslos gehalten, daß die Klägerin trotz der zeitnahen Feststellungen in früheren Verfahren beweisen könne, daß die Schädigungsfolgen ihren Ehemann an einer Arbeitsaufnahme gehindert hätten. Einverständnis mit der Einschätzung der Klägerin bestehe insoweit, als davon auszugehen sei, daß der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich im hier maßgeblichen Zeitraum eine Tätigkeit der Leistungsgruppe 2 der Arbeiter in der gesamten Industrie erreicht hätte. Der Senat hat die Akten des Lastenausgleichsamts beim Oberkreisdirektor M ... beigezogen. Hieraus ergibt sich, daß der Beschädigte seit April 1949 durchgehend Unterhaltshilfe (Kriegsschadensrente) nach dem SHG bzw. nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) bezogen hat.

Wegen der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (B-Akten und W-Akten), auf die Akten des Ausgleichsamts beim Oberkreisdirektor des Kreises M ... L ... sowie auf die Vorprozeßakten des SG Detmold (Az.: S 9 J 100/69; S 6 V 236/70; S 7 (19) V 23/90 und S 7 (19a,19) V 41/90) Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegen stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Die Klägerin ist durch die Bescheide vom 25. September 1989, 28. Februar 1991 und 05. Juli 1994 beschwert, weil diese Bescheide rechtswidrig sind, § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid vom 05. Juli 1994 ist Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil durch ihn die angefochtenen Bescheide, soweit sie eine Unrichtigkeit früherer MdE-Feststellungen verneint haben, abgeändert bzw. ersetzt worden sind, §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG.

Zu Unrecht hat der Beklagte in diesen Bescheiden im Rahmen seiner vollständigen erneuten Sachprüfung einen Anspruch der Klägerin auf - weitergehende - Rücknahme der Bescheide vom 07. April und 04. September 1981 verneint. Ein solcher Anspruch ergibt sich nämlich aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Denn diese Bescheide sind unrichtig, soweit der Beklagte hierin zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 21. April 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 1970 verneint hat, §§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, Art. II 37 Abs. 1, 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Gesetzes vom 19. August 1980 (BGBl.I, S. 1469 ber. S. 2218).

Die Klage ist in vollem Umfange als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, weil sich die angefochtenen Bescheide über die von der Klägerin geltend gemachten Rücknahmeansprüche verhalten. Zwar sind im Bescheid vom 25. September 1989 die Bescheide vom 26. Oktober 1970, 07. April und 04. September 1981 nicht er wähnt, jedoch läßt sich bereits dem Bescheidtext entnehmen, daß der Beklagte auch die frühere "Ablehnung eines BSA" überprüft hat. Eine entsprechende Gestalt wird diesem Bescheid aber jedenfalls durch die diesbezüglichen umfänglichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1991 gegeben, § 95 SGG.

Die Anspruchsberechtigung ergibt sich aus § 56 Abs. 1 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), da die Klägerin mit dem Beschädigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Die Richtigkeit der dies bestätigenden glaubhaften Angaben der Klägerin wird durch die Identität der Anschriften (seit 1976: K ... 50 in M ...) und des zuletzt sowohl vom Beschädigten als auch von der Klägerin angegebenen Girokontos untermauert, so daß beim Senat Zweifel an deren Richtigkeit nicht verbleiben. Die Klägerin kann die Ansprüche trotz § 59 Satz 2 SGB I auch durch einen erst nach dem Tode des Beschädigten gestellten Antrag verfolgen, weil sie hierdurch lediglich frühere zu Lebzeiten des Beschädigten gestellte Anträge erneut aufgreift und damit eine in die Vergangenheit wirkende Rechtsfolge erstrebt (BSGE 55, 220, 222; SozR 2200 § 59 Nr. 5 und Nr. 7 = SozR 1300 § 44 Nr. 15).

Die Bescheide vom 21. April 1969 und vom 26. Oktober 1970 sind unrichtig, weil der Beschädigte bereits damals einen Anspruch auf Gewährung von BSA und einer Grundrente nach einer wegen besonderer beruflicher Betroffenheit um 10 v.H. höheren MdE (damals: 90 v.H.). hatte.

Der Anspruch auf Gewährung eines BSA ergibt sich aus § 30 Abs. 3 und 4 BVG in der damals maßgeblichen Fassung des dritten Neuordnungsgesetzes vom 20. Januar 1967 (BGBl. I, Seite 141). Nach § 30 Abs. 3 BVG dieser Fassung (im folgenden: a.F.) erhielten Schwerbeschädigte, deren Einkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert war, einen Berufsschadensausgleich. Als Einkommensverlust galt der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Einkommen zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnisse, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte, § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG a.F ... Ein solcher Einkommensverlust lag beim Beschädigten bereits ab Februar 1967 (Datum der damaligen Antragstellung) vor.

Der bereits damals schwerbeschädigte Ehemann der Klägerin hätte ohne die Schädigung nach dem Krieg wahrscheinlich eine Erwerbstätigkeit der Leistungsgruppe 2 der Arbeiter in der gesamten Industrie ausgeübt. Zwar hat er vor der Schädigung keine Berufsausbildung absolviert, er hat indes seinen Arbeitswillen durch die nach Beendigung der Schulausbildung bis zum Wehrdienst durchgehend aus geübte ungelernte Tätigkeit in der Landwirtschaft hinreichend bekundet. Dies läßt es als hinreichend wahrscheinlich erscheinen, daß er sich ohne die Folgen seiner Schädigung wiederum um eine ungelernte Tätigkeit als Arbeiter - wahrscheinlich zunächst in der Landwirtschaft - bemüht hätte. Hierfür spricht auch, daß er bereits vor der Schädigung eine Familie gegründet hatte (Ehefrau und - bis dahin - zwei Söhne), die er zu unterhalten hatte. Dafür spricht letztlich auch, daß er trotz der Schädigung nach dem Krieg verschiedentlich wieder als ungelernter Arbeiter tätig war. Dagegen spricht nicht, daß der Beschädigte tatsächlich nach dem Krieg nicht mehr in eine dauerhafte Berufsstellung zu gelangen vermochte, da dies ersichtlich auf der Schädigung und ihren Folgen beruht. Denn zum einen dürfte es ihm ohne die Versorgungsbezüge schlichtweg unmöglich gewesen sein, den Unterhalt für seine große Familie sicherzustellen, und zum anderen haben nach den aktenkundigen Auskünften der Arbeitsverwaltung die Schädigungsfolgen die Vermittlung in eine Erwerbstätigkeit erheblich behindert, wenn nicht gänzlich verhindert.

Aufgrund der Vertreibung/Flucht hätte er sich ohne die Schädigung wahrscheinlich zunächst um eine ungelernte Tätigkeit in der Land wirtschaft bemüht. Spätestens Anfang der 50-er Jahre - die Familie war bis zu diesem Zeitpunkt auf acht Personen angewachsen - hätte er aber zur Sicherstellung eines angemessenen Lebensunterhaltes für seine Familie bessere Verdienstmöglichkeiten in der Industrie genutzt, wo sich die Konjunktur und damit auch der Arbeitsmarkt nach der Währungsreform entsprechend günstig entwickelten. Nach einer vom statistischen Bundesamt durchgeführten Erhebung waren aus diesem Grunde bereits 1950 sogar die meisten vertriebenen selbständigen Landwirte als Arbeiter außerhalb der Landwirtschaft tätig (vgl. LSG NRW, Breithaupt 1989, 928, 932). Ein konkreter Industriebereich kann auch unter Berücksichtigung seiner Tätigkeiten bei der ehemaligen Deutschen Wehrmacht nicht bezeichnet werden, so daß insoweit auf das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters in der gesamten Industrie zurückzugreifen ist. Zunächst hätte er damals als Ungelernter nur das Einkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 3 erzielt. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt, also mehr als 20 Jahre nach Wiedereintritt in das Berufsleben, hätte er sich indes nach allgemeiner Erfahrung - wie auch der Beklagte meint - mit Wahrscheinlichkeit in seinem neuen Beruf Fähigkeiten und Erfahrungen angeeignet, die die Einordnung in die Tätigkeit eines an gelernten Arbeiters, und damit in die Leistungsgruppe 2, rechtfertigen. Legt man für den Zeitraum ab Februar 1967 (Antragsmonat) das Durchschnittseinkommen der Leistungsgruppe 2 der Arbeiter in der gesamten Industrie zugrunde (DM 899,--) ergibt sich - durch gehend - ein Einkommensverlust, weil als Einkommen nur die gezahlte Ausgleichsrente (damals DM 200,--) zu berücksichtigen war. Die ebenfalls bezogene Kriegsschadensrente nach dem LAG bleibt ebenso wie die Grundrente nach dem BVG außer Betracht (§ 10 der damaligen Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 des BVG (im folgenden DVO) i.V.m. § 2 Nrn. 4 und 7 der damals maß geblichen DVO zu § 33 BVG).

Dieser Einkommensverlust entfällt auch nicht nach § 9 Abs. 4 Satz 3 DVO. Denn es läßt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen, daß der Beschädigten ohne verständigen Grund seine Arbeitskraft nicht in zumutbarem Umfange eingesetzt hat, § 9 Abs. 4 Satz 2 DVO. Vielmehr hat er seinen Arbeitswillen aus reichend bekundet.

Nach den aktenkundigen Unterlagen war der Beschädigte von März 1951 bis etwa 1959/60 - mit Unterbrechungen - beim zuständigen Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet und konnte trotz entsprechender Bemühungen jeweils nicht in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt werden. Bereits 1951 gelangte die Arbeitsverwaltung zu der Einschätzung, der Beschädigte sei wegen der Schädigungsfolgen erwerbsunfähig und gehöre deshalb zu den Personen, die schlecht oder kaum in ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden könnten. Diese Einschätzung wurde von dort nochmals 1958/59 bestätigt. Damals war die Einstellung bei den Melitta Werken daran gescheitert, daß dem Beschädigten wegen der ungünstigen Verkehrsverhältnisse, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals konkret bestätigt hat, die Ausübung der mit dieser Tätigkeit verbundenen Wechselschicht nicht möglich und deshalb die Annahme dieses Arbeitsangebotes nicht zumutbar war (vgl. auch VV Nr. 4 + 5 zu § 32 BVG in der Fassung vom 26. Juni 1969; Vorberg - van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, IV. Teil, Stand 1981, § 32, S. 155/6).

Selbst wenn der Beschädigte nur irrtümlich angenommen haben sollte, wegen der Schädigungsfolgen nicht arbeiten zu können, so wäre ihm dies nicht vorzuwerfen. Denn er durfte sich durch die Angaben der Arbeitsverwaltung und - später - der Fürsorgestelle, die seine Einschätzung offenbar teilten, bestärkt fühlen. Bei einem solchen Sachverhalt hat der Beschädigte zur Überzeugung des Senats nicht ohne verständigen Grund von der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit Abstand genommen. Zusätzlich maßgeblich für diese Bewertung ist auch die durchgehende Bewilligung von Ausgleichsrente sowie das Fehlen jeglichen Angebots zur Durchführung von Umschulungsmaßnahmen durch den Beklagten. Denn Ausgleichsrente war zu versagen, wenn der Beschädigte aus von ihm zu vertretenden Gründen eine zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausübte oder unterließt, sich um eine solche zu bemühen, § 32 BVG. Die durchgängige Gewährung von Ausgleichsrente durch den Beklagten macht vielmehr deutlich, daß dieser selbst niemals vom Vorliegen dieser Tatsachen ausgegangen ist.

Für diese Beurteilung kommt es entgegen der in den Bescheiden vom 21. April 1969, 26. Oktober 1970, 07. April und 04. September 1981 zum Ausdruck kommenden Auffassung des Beklagten auch nicht darauf an, ob der Beschädigte, wie die LVA Westfalen damals meinte, aus medizinischer Sicht trotz der Schädigungsfolgen eine Erwerbstätigkeit noch hätte vollschichtig verrichten können (siehe insoweit das Gutachten des Orthopäden Dr. E ...vom 06. März 1969 für die LVA Westfalen). Entscheidend ist vielmehr nur, ob er aus von ihm zu vertretenden Gründen keiner konkret realisierbaren Tätigkeit nachging. Dies läßt sich jedoch - wie gezeigt - nicht feststellen. Es war dem Beschädigten versorgungsrechtlich auch nicht zuzumuten, aus seiner heimischen strukturschwachen Gegend in eine andere Gegend zu verziehen (s. auch VV Nr. 5 zu § 32 BVG; Vorberg - van Nuis, a.a.O.). Zum einen wäre hiermit allenfalls die vage Aussicht, einen Arbeitsplatz zu erhalten, verbunden gewesen, zum anderen ist zu berücksichtigen, daß er mit seiner achtköpfigen Familie, für die er weiterhin unterhaltspflichtig war, an seinem Wohnsitz fest verwurzelt war, zumal seine Kinder dort zunächst zur Schule gingen und später ihre Berufsausbildungen absolvierten.

Auch § 30 Abs. 6 BVG a.F. steht dem Anspruch auf Berufsschadensausgleich nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob arbeits- und berufsfördernde Maßnahmen nach § 26 BVG für den Beschädigten möglich und zumutbar waren. Denn es fehlt bereits an der Einleitung solcher Maßnahmen durch den Beklagten. Dieser beschränkte sich vielmehr auf Anfragen beim Arbeitsamt M ... zur Überprüfung der Ausgleichsrente. Insoweit ist der Beschädigte den Aufforderungen, sich arbeitssuchend zu melden, auch gefolgt. Außerdem hat das Arbeitsamt den Beschädigten bereits 1951 für erwerbsunfähig gehalten.

Auch im übrigen ergibt sich kein Anhalt dafür, daß dem Beschädig ten unmittelbar - ohne Einschaltung der Arbeitsverwaltung - ein konkret zumutbarer Dauerarbeitsplatz angeboten worden war, den er gleichwohl nicht wahrgenommen hat (Fall beharrlicher Nichtnutzung von Arbeitsmöglichkeiten). Unter diesen Umständen genügte der Be schädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht aber seiner Obliegenheit zur Mitwirkung dadurch, daß er regelmäßig als Arbeitssuchender seine subjektive Verfügbarkeit gegenüber dem Arbeitsamt bekundet hat (vgl. LSG NRW a.a.O. Seite 934; Vorberg - van Nuis a.a.O. S. 153; VV Nr. 4 zu § 32 BVG).

Eine weitere - konkrete - Prüfung, ob der festgestellte Einkommensverlust auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen ist, findet nicht statt, weil der berufliche Werdegang des Beschädigten - wie dargelegt - ohne die Schädigung wahrscheinlich anders verlaufen wär (vgl. Wilke/ Förster, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl., § 30 Rdnr. 52-54; LSG NRW a.a.O. Seite 933).

Die Unrichtigkeit der Bescheide vom 21. April 1969 und 26. Oktober 1970 bestand auch zur Zeit des Erlasses der Bescheide vom 07. April und 04. September 1981 - zu diesem Zeitpunkt waren die Schädigungsfolgen nach den insoweit rechtskräftigen Urteilen des SG bereits mit einer MdE um 90 v.H. zu bewerten - und bis zum Tode des Beschädigten fort. Zwar bezog dieser ab September 1980 zusätzlich eine Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit von der LVA Westfalen in Höhe von zunächst DM 450,90 zuzüglich DM 520,-- Ausgleichsrente. Jedoch errechnete sich auch unter Berücksichtigung dieser Einkommenssteigerung im Vergleich zum maßgeblichen Vergleichseinkommen in Höhe von damals DM 2.375,-- noch ein entschädigungspflichtiger Einkommensverlust, der auch unter Berücksichtigung der Absenkung des Vergleichseinkommens auf 75 % ab September 1983 (§ 8 Abs. 1 DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG in der Fassung vom 18. Januar 1977 - BGBl. I Seite 162 ff. -) fortbestand.

Wegen der Unrichtigkeit der bezeichneten Bescheide sind an den Beschädigten für den im Urteilstenor näher bezeichneten Zeitraum Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden, § 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB X.

Aufgrund des gleichen Sachverhaltes, der zur Annahme eines Anspruches auf BSA geführt hat, ergibt sich der Rücknahmeanspruch der Klägerin auch insoweit, als unter Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins der Grad der MdE für den streitigen Zeitraum um weitere 10 v.H. auf 100 v.H. zu erhöhen ist. Wenn der Beklagte auch in den Bescheiden vom 07. April und 04. September 1981 diesen Anspruch nicht ausdrücklich erwähnt hat, so ergibt sich doch aus den Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1991, daß nach seiner Auffassung und Prüfung eine besondere berufliche Betroffenheit mangels schädigungsbedingten Einkommensverlustes nicht feststellbar sei. Über einen solchen hat aber der Beklagte - ebenfalls im Rahmen des § 44 SGB X - in den genannten Bescheiden befunden.

Gemäß § 30 Abs. 2 Sätze 1 und 2 a war der Beschädigte besonders beruflich betroffen, weil er infolge der Schädigung weder seinen bisher ausgeübten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben konnte. Aus den vorangehenden Ausführungen zum Anspruch auf BSA ergibt sich, daß sich bereits ab Februar 1967 und durchgehend bis zum Tode des Beschädigten ein schädigungsbedingter Einkommensverlust ergab, der auch für den im Urteilstenor bezeichneten Zeitraum den maßgeblichen Grenzwert von 20 % weit überschritt, so daß eine besondere Betroffenheit ohne weiteres anzunehmen ist. Aber auch bei einer konkreten Prüfung des ursächlichen Zusammenhanges ergibt sich, daß die konkrete Vermittlung in einen sozial gleichwertigen Beruf infolge der Schädigung nicht gelungen ist, die Schädigungsfolgen also jedenfalls wesentliche Mitursache neben der allgemeinen Arbeitsmarktlage und der besonderen Wohnsitzlage des Beschädigten waren. Dies dokumentiert sich besonders in den Ursachen für das Nichtzustandekommen des einzigen dem Beschädigten unterbreiteten konkreten Arbeitsplatzangebotes im Jahre 1958 bei den Melitta Werken. Dieses kam nämlich nicht zustande, weil es dem Beschädigten wegen seiner Schädigungsfolgen im Zusammenwirken mit den ungünstigen Verkehrsverhältnissen nicht möglich war, die mit der Tätigkeit verbundene Wechselschicht auszuüben. Im übrigen dürfte auch der Beklagte jedenfalls ab 1960 (Erhöhung der MdE auf 80 v.H.) davon ausgegangen sein, daß der Beschädigte eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit nicht mehr in vollem Umfange oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand ausüben konnte, wie die Gewährung der Ausgleichsrente dokumentiert. Dafür, daß für diese Einschätzung des Beklagten trotz der gravierenden Schädigungsfolgen im wesentlichen schädigungsfremde Ursachen maßgeblich gewesen sind, läßt sich den gesamten Akten nichts entnehmen. Da auch insoweit Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, sind diese für den im Urteilstenor bezeichneten Zeitraum nunmehr an die Klägerin zu erbringen, §§ 44 Abs. 1 Satz, Abs. 4 Sätze 1 bis 3, 60 Abs. 4 Satz 1 BVG.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.

Anlaß, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 160 Abs. 2 SGG. Maßgeblich für die getroffene Entscheidung sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles.
Rechtskraft
Aus
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