L 4 KR 41/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 354/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 41/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 76/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17. Januar 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2000 aufgehoben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Versicherungs- und Beitragspflicht des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Kreisbrandrat in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Der Beigeladene zu 1. hatte im Erhebungsbogen vom 03.08.1999 bei dem Kläger angegeben, er sei als Kreisbrandrat mit seinen Aufgaben wie z.B. Beratung des Landratsamtes, Leitung der Feuerwehren im Landkreis und Ausbildung ungefähr 12 Stunden wöchentlich tätig; hierbei sei er nicht weisungsgebunden bezüglich Zeit, Ort und fachlicher Ausführung der Tätigkeit und unterliege nicht der Kontrolle und Aufsicht durch den Landkreis. Er erhalte keine Lohnfortzahlung; eine Genehmigung seines Urlaubs sei nicht erforderlich. Er habe weder einen Arbeitsplatz beim Landratsamt, noch würden ihm Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) am 25.10.2001 werde er bei größeren Einsätzen der Feuerwehren im Landkreis hinzugezogen und übernehme die Leitung mit Weisungsbefugnissen. Weitere Aufgaben seien die fachtechnische Beratung des Landkreises, die Inspektionen aller 127 Feuerwehren im Turnus von drei Jahren - diese Aufgabe werde zum Teil auf die Kreisbrandinspektoren delegiert - und die Durchführung von Ausbildungsveranstaltungen. Er sei bei seiner Tätigkeit frei von Weisungen. Zum 01.09.2000 wurde die monatliche Aufwandsentschädigung des Beigeladenen zu 1 von bisher 310,00 DM auf 1.338,40 DM erhöht, wobei ein Betrag von 446,13 DM steuerfrei blieb. Die Entschädigung betrug zuletzt 712,00 Euro.

Mit Bescheid vom 08.09.2000 stellte die Beklagte im Anschluss an ein Rundschreiben des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VDAK) unter Aufgabe ihrer früheren Rechtsauffassung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. ab sofort fest. Hiergegen legte der Kläger am 14.09.2000 Widerspruch ein; der Beigeladene zu 1 übe ein Ehrenamt aus und erhalte hierfür kein Arbeitsentgelt.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2000 den Widerspruch zurück; die Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes der Rentenversicherungsträger (VDR) sowie der Bundesanstalt für Arbeit seien der Auffassung, dass die Führungskräfte der freiwilligen Feuerwehren in Bayern in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stünden. Somit gehöre der Beigeladene zu 1 seit 01.01.1998 aufgrund des Unterstützungsbezugs durch das Arbeitsamt zum Personenkreis der Krankenversicherungspflichtigen. Dies habe zur Folge, dass die für die Tätigkeit bezogene Aufwandsentschädigung mit ihrem steuerpflichtigen Anteil der Beitragspflicht unterliege.

Die Beklagte erließ außerdem am gleichen Tag gegenüber dem Beigeladenen zu 1 einen Widerspruchsbescheid, mit dem sie feststellte, dass er als ehrenamtlicher Kreisbrandrat in einem abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe.

Der Kläger hat am 01.12.2000 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben, mit der er zunächst beantragt hat, die angefochtenen Bescheide über die Feststellung der Sozialversicherungspflicht der ehrenamtlichen Tätigkeit des Kreisbrandrats aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, im Rahmen einer Neufeststellung den sozialversicherungsfreien Status des Beigeladenen zu 1. zu bestätigen. Dieser stehe in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, das kein Beschäftigungsverhältnis sei; vielmehr seien Kreisbürger zur Übernahme von kommunalen Ehrenämtern verpflichtet. Es fehle auch an einer sozialen Schutzbedürftigkeit des Beigeladenen zu 1., er befinde sich aufgrund seiner früher ausgeübten Hauptbeschäftigung als Arbeitnehmer (derzeit sei er arbeitslos) in einem öffentlich-rechtlichen Sicherungssystem. Ein allumfassendes Weisungsrecht des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 1. bestehe nicht. Ehrenämter seien keine abhängigen Beschäftigungsverhältnisse und nicht mit einer beruflichen Tätigkeit vergleichbar.

Das SG hat mit Beschluss vom 04.04.2001 den Kreisbrandrat sowie die Träger der Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung beigeladen. Es hat in der mündlichen Verhandlung am 25.10.2001 den Beigeladenen zu 1. angehört. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt. Der Kläger hat beantragt, den Bescheid vom 08.09.2000 in Gestalt des Widerspuchsbescheides vom 09.11.2000 aufzuheben.

Das SG hat mit Urteil vom 17.01.2002 die Klage abgewiesen. Es handle sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. um ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Er befinde sich in persönlicher Abhängigkeit zum Kläger. Auch wenn die Ausgestaltung dieses Amtsverhältnisses, vor allem die weisungsfreie Tätigkeit, gegen ein Beschäftigungsverhältnis spreche, müsse berücksichtigt werden, dass vornehmlich bei Diensten höherer Art abhängig Beschäftigte im allgemeinen weitgehend weisungsfrei seien. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass der Beigeladene zu 1., ähnlich wie ein Ehrenbeamter, nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz zu einer weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet sei und dieser Aufgabenbereich das Bild seiner Tätigkeit präge. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon abweichen. Wo ein Rechtsverhältnis durch nicht abdingbare gesetzliche Normen ausgestaltet werde, bleibe, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung von Ehrenbeamtenverhältnissen entschieden habe, für eine Überlagerung durch die tatsächlichen Umstände kein Raum.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 26.02.2002. Das SG verkenne die unterschiedliche Stellung von Ehrenbeamten einerseits und ehrenamtlich tätigen Kreisbrandräten andererseits. Diese seien nicht in den Behördenaufbau eines Landratsamtes eingegliedert und müssten nach Umfang und Inhalt der gesetzlichen Aufgaben unabhängig bleiben. Ein Landrat verfüge gegenüber einem Ehrenbeamten über ein beamtenrechtliches und organisationsrechtliches Weisungsrecht. Gegenüber einem Kreisbrandrat könne er lediglich ein funktionelles Weisungsrecht geltend machen. Ein Kreisbrandrat sei nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz nicht Funktionsträger des Landkreises, sondern nehme seine Aufgaben unabhängig war. Sein Status unterscheide sich von dem des Ehrenbeamten auch durch die Art der Bestellung bzw. Berufung. Er werde von den Kommandanten der freiwilligen Feuerwehren und den Leitern der Werksfeuerwehren gewählt; er erhalte lediglich eine angemessene Entschädigung. Ein Kreisbrandrat habe das Landratsamt lediglich in Fragen des Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes zu beraten und zu unterstützen. Ihm seien gesetzlich weitere Aufgaben zugeteilt, wie Inspektionen der Feuerwehren im Landkreis, die Teilnahme an Einsätzen, die Mitwirkung am technischen Brandschutz, Beratung der Gemeinden bzw. gemeindlichen Feuerwehren und die Festlegung der organisatorischen und personellen Gliederung der nachgeordneten Feuerwehrführungskräfte.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.01.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1., der die ehrenamtliche Tätigkeit zum 30.04.2002 aus Altersgründen beendete und jetzt eine Altersrente bezieht, hat sich mit Schreiben vom 05.08.2005 nunmehr der Ansicht der Beklagten angeschlossen. Auch die Beigeladene zu 4. ist der Auffassung der Beklagten.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers, der von der Beklagten als Arbeitgeber des Beigeladenen zu 1. zur Beitragszahlung in Anspruch genommen wird (§ 28e Sozialgesetzbuch IV), ist begründet; die angefochtenen Bescheide und das Urteil des SG waren aufzuheben, ohne dass noch über den mit der Klage zunächst erhobenen Feststellungsantrag des Klägers zu entscheiden ist. Er hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem SG und im Berufungsverfahren darauf beschränkt, lediglich die Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu beantragen.

Streitgegenstand ist nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 als ehrenamtlich tätiger Kreisbrandrat in allen Zweigen der Sozialversicherung. Danach richtet sich auch die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Aufwandsentschädigung des Beigeladenen zu 1 in seiner Tätigkeit als Kreisbrandrat (§ 226 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Sozialgesetzbuch V - SGB V). Die ehrenamtliche Tätigkeit als Kreisbrandrat unterliegt nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung.

Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht u.a. bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI), § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III (SGB III)). In der sozialen Pflegeversicherung sind versicherungspflichtig die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, also gleichfalls Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 20 Abs. Satz 1, 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch XI (SGB XI)).

Rechtsgrundlage für die Beitragspflicht von Einnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung ist § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V). Danach wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Grunde gelegt.

In § 14 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) ist der Begriff Arbeitsentgelt definiert: Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Hieraus ergibt sich, dass Arbeitsentgelt nur vorliegt, wenn es aus einer Beschäftigung erzielt wird. Dies ist entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten, die sich auf Rundschreiben des VdAK und des VDR zur Sozialversicherungspflicht ehrenamtlich Tätiger vom 11.05.2000 bezieht, nicht der Fall.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Diese Voraussetzungen liegen hier bei dem Beigeladenen zu 1 nicht vor. Er hat sich aufgrund seiner Tätigkeit als Kreisbrandrat nicht in einem Beschäftigungsverhältnis beim Kläger befunden.

Bereits vor Aufnahme des Satz 2 in § 7 Abs. 1 SGB IV mit Wirkung zum 01.01.1999 (Gesetz vom 20.12.1999, BGBl I S. 2000, S. 2) war es allgemeine Meinung, dass die Kriterien der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb maßgebend für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sind (z. B. Kassler Kommentar-Seewald, § 7 SGB IV, Rndnr. 46 f., mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)).

Entscheidendes Merkmal für die Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung ist also die Nichtselbständigkeit der verrichteten Arbeit. Die Nichtselbständigkeit, d.h. die persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber, wird durch weitere Kriterien konkretisiert, die in eine Gesamtbewertung eingehen. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei es auch auf die Verkehrsanschauung ankommt. Zu den bestimmenden Merkmalen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gehören u.a. das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit, kein bestimmender Einfluss des Arbeitenden auf die Willensbildung im Betrieb, keine im Wesentlichen frei gestaltete Arbeitstätigkeit, das Fehlen eines Unternehmerrisikos, die Vereinbarung einer festen Entlohnung und von Urlaub, die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit sowie die Eingliederung in den Betrieb. Bei diesem zuletzt genannten Merkmal kommt es darauf an, dass die tätig werdende Person in den betriebsorganisatorischen Zusammenhang eines fremden Betriebs eingegliedert ist, somit die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit ein wesentliches Merkmal der Arbeitsleistung ist.

Bei Diensten höherer Art wird zwar das Weisungs- oder Direktionsrecht des Arbeitgebers durch das Kriterium der funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess ersetzt, wenn, wie auch im vorliegenden Fall, eine besondere Sach- und Fachkunde des Dienstleistenden vorausgesetzt wird (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. BSG vom 29.03.1962, BSGE 16, 289; BSG vom 31.07.1963, BSGE 19, 265; BSG vom 28.04.1964, BSGE 21, 57; BSG vom 31.07.1974, BSGE 38, 53).

Die Besonderheit des Falles liegt aber darin, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Kreisbrandrat ein Ehrenamt ausübt, das anders als ein Beschäftigungsverhältnis, nicht in der Verrichtung einer weisungsgebundenen Tätigkeit gegen Zahlung von Arbeitsentgelt besteht und sich auch von der Rechtsstellung eines Ehrenbeamten unterscheidet. Ehrenamtliche Tätigkeiten gibt es im kommunalen und staatlichen Bereich. Grundsätzlich ist jeder Bürger bei Fehlen von gesetzlichen Ablehnungsgründen verpflichtet, ein Ehrenamt anzunehmen und diese Tätigkeit während der festgelegten Dauer auszuüben. Diese Verpflichtung ist bei der freiwilligen Feuerwehr insofern modifiziert,als ein Bewerber, wenn er sich zur Ausübung verpflichtet hat, die Tätigkeit nur aus besonderen Gründen ablehnen kann (Art. 6, 13 Bayerisches Feuerwehrgesetz vom 23.12.1981, BayRS 215-3-1-I). Der ehrenamtlich Tätige hat Anspruch auf Ersatz von Auslagen, des Verdienstausfalls oder auf eine Pauschalentschädigung nach entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Davon zu unterscheiden ist die Tätigkeit als Ehrenbeamter, der in ein Beamtenverhältnis übernommen wird. Für den Ehrenbeamten gelten die Vorschriften des Beamtenrechts. Für die ehrenamtlich Tätigen enthält das Verwaltungsverfahrensgesetz allgemeine Rechte und Pflichten, die die gewissenhafte Ausübung der Amtstätigkeit, die Verschwiegenheit,den Ersatz der notwendigen Auslagen, den Verdienstausfall und die Abberufung regeln (§§ 81 ff. VwVfG). Besondere gesetzliche Regelungen der Rechtsstellung des Kreisbrandrats, seiner Aufgaben und Rechte enthält das Bayerische Feuerwehrgesetz sowie die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 29.12.1981 (BayRs 215-3- 1-1-I).

Auch wenn im vorliegenden Fall einige Merkmale für die Auffassung der Beklagten und des SG sprechen, nämlich eine gewisse Weisungsabhängigkeit vom Landrat und die teilweise Steuerpflicht der Entschädigung, ergibt eine umfassende Betrachtung und Würdigung der Rechtsstellung des ehrenamtlich tätigen Kreisbrandrats, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1. beim Kläger mit der Folge der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht vorliegt.

Gemäß Art. 19 Abs. 2 Bayerisches Feuerwehrgesetz wird der Kreisbrandrat auf Vorschlag des Landrats von den Kommandanten der freiwilligen Feuerwehren und den Leitern der Werkfeuerwehren auf sechs Jahre gewählt. Er bedarf der Bestätigung durch die Regierung (Art. 19 Abs. 6 Bayerische Feuerwehrgesetz). Damit soll sichergestellt werden, dass der Gewählte das Vertrauen sowohl des Landrats als auch der freiwilligen Feuerwehren besitzt. Die Bestätigung durch die Regierung hat konstitutive Wirkung. Der Kreisbrandrat ist in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit auf Landkreisebene nicht dem Landkreis, sondern dem Staat zuzurechnen. Er wird also als untere Staatsbehörde tätig und befindet sich in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis besonderer Art zum Freistaat Bayern. Art. 20 Abs. 1 Bayerisches Feuerwehrgesetz regelt, dass der Kreisbrandrat ehrenamtlich für den Staat tätig wird und dem Landrat untersteht. Er enthält eine angemessene Entschädigung und Reisekostenvergütung. Seine Auslagen werden grundsätzlich durch die Entschädigung abgegolten. Sie wird vom Landkreis festgesetzt und ist von ihm monatlich im Voraus zu zahlen (Art. 20 Abs. 2, 3 Bayerisches Feuerwehrgesetz). Das Merkmal der ehrenamtlichen Tätigkeit bedeutet, dass der Kreisbrandrat für seine Tätigkeit nicht besoldet wird. Ferner ergibt sich aus Art. 20 Abs. 1 Bayerisches Feuerwehrgesetz, dass seine Tätigkeit dem Staat zugerechnet wird.

Zum Aufgabengebiet des Kreisbrandrats gehören gemäß Art. 19 Abs. 1 Bayerisches Feuerwehrgesetz die Beratung und Unterstützung des Landratsamts, der Gemeinden und der Feuerwehren in Fragen des Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes. Er hat die Feuerwehren zu besichtigen und Ausbildungsveranstaltungen abzuhalten. Eine detaillierte Aufgliederung des Aufgabenbereichs des Kreisbrandrats, die nicht abschließend ist, enthält § 12 Abs. 2 der o.g. Verordnung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz. Danach hat der Kreisbrandrat mindestens einmal im Jahr die Kommandanten der Freiwilligen und der Pflichtfeuerwehren sowie die Leiter der Werkfeuerwehren einzuberufen, mindestens alle drei Jahre die genannten Feuerwehren zu besichtigen, an Dienstversammlungen der Kreisbrandräte und größeren Feuerwehreinsätzen im Landkreis teilzunehmen.

Das Verhältnis des Kreisbrandrats zum Landrat (Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Feuerwehrgesetz) ist differenziert zu sehen, d.h. es besteht teilweise ein eingeschränktes Weisungsrecht, aber auch ein Bereich, in dem der Kreisbrandrat nicht den Weisungen des Landrats unterliegt, sondern eine alleinige Entscheidungsbefugnis besitzt (vgl. Endres/Forster/Pemler, Kommentar Bayerisches Feuerwehrgesetz, Art. 19, Rdnr. 11 f.; Art. 20, Rdnr. 2, 11, 46a). Der Kreisbrandrat kann z.B. nicht eine bestimmte Alarmierungsplanung gegen den erklärten Willen des Landrats aufstellen. Der Landrat kann ihm andererseits in diesem Bereich die in der Ausführungsverordnung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz zugewiesenen Aufgaben nicht entziehen. Grundsätzlich weisungsfrei ist der Kreisbrandrat im Bereich der organisatorischen und personellen Gliederung der Kreisbrandinspektionen. Daraus ergibt sich, dass das Direktionsrecht des Landrats eingeschränkt und nicht mit dem umfassenden Direktionsrecht gleichgesetzt werden kann, das der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer hat.

Ferner ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1. im allgemeinen nicht an eine Arbeitszeit, einen Arbeitsort und Weisungen bezüglich der Art und Weise der Erledigung seiner Aufgaben gebunden ist. Er hat nach seinen und den Angaben des Klägers keinen Arbeitsplatz im Landratsamt und seine Sachausstattung, z.B. die vorgeschriebene Ausstattung mit einem geeigneten Fahrzeug (§ 12 Abs. 3 Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes), besteht in der Regel in der Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung eines geeigneten Privatfahrzeugs. Dem Beigeladenen zu 1 stehen auch nicht die typischen Arbeitnehmerrechte zu, wie ein bezahlter Urlaub und Lohnfortzahlung durch den von der Beklagten angenommenen Arbeitgeber (der Anspruch eines Kreisbrandrats auf Lohnfortzahlung gegen seinen Arbeitgeber aus einem Beschäftigungsverhältnis für die Zeit, in der er wegen eines Feuerwehrdienstes nicht arbeiten konnte, betrifft nicht das hier streitige Rechtsverhältnis zum Landkreis).

Insbesondere spricht gegen die Krankenversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Kreisbrandrat für den Kläger, dass die Aufwandsentschädigung kein Entgelt für die geleistete Tätigkeit ist. Der ehrenamtliche Kreisbrandrat wird also nicht gegen Arbeitsentgelt tätig. Gemäß Art. 20 Abs. 2 Bayerisches Feuerwehrgesetz erhält der Kreisbrandrat eine angemessene Entschädigung und Reisekostenvergütung. Im Einzelnen regelt § 13 der o.g. Verordnung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz, dass die Entschädigung sich im Rahmen von monatlich 688,00 Euro bis 1099,70 Euro zu halten hat. Bei der Festsetzung ist insbesondere zu berücksichtigen, welchen Umfang die mit dem Amt verbundene Tätigkeit hat und ob und in welcher Höhe Verdienstausfall abgegolten wird. Daneben erhält der Kreisbrandrat eine Erstattung der Auslagen für die Beschaffung und den Unterhalt der Dienstkleidung, für die Bereitstellung eines Dienstraums, für die Schreibhilfe und für Geschäftsbedürfnisse. Die übrigen Auslagen werden durch die Entschädigung abgegolten. Es handelt sich bei der Entschädigung also nicht um ein Arbeitsentgelt, d.h. um eine Vergütung für die geleisteten Dienste zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern um einen pauschalen Abgeltungsbetrag eines Teils der Auslagen. Damit wird vermieden, dass über die zahlreichen, oft geringfügigen Beträge Nachweise geführt werden müssen. Nur über die in § 13 Abs. 3 der Ausführungsverordnung genannten Gegenstände der Sachausstattung muss ein Ausgabennachweis vorgelegt werden, da sie in unterschiedlicher Höhe anfallen und somit nicht nach einheitlichen Grundsätzen berechnet werden können. Auch wenn die Höhe der Entschädigung in einem Zusammenhang mit dem Umfang der Tätigkeit des Kreisbrandrat stehen kann, bedeutet dies nicht, dass damit die Arbeit als solche vergütet wird, sondern es werden damit lediglich die höheren Auslagen pauschal ersetzt. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass die Entschädigung lediglich ein Ausgleich für den finanziellen Aufwand des Kreisbrandrates ist, aber nicht Entgeltcharakter für die ehrenamtliche Tätigkeit hat (Endres/Forster/Pemler, a.a.O., Art. 20, Rdnr. 20).

Da im vorliegenden Fall die typischen Merkmale eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses fehlen, nämlich ein Beschäftigungsverhältnis und Arbeitsentgelt, bleibt die dem Beigeladenen zu 1 gezahlte Entschädigung insgesamt beitragsfrei.

Die Kostenentscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Da es sich im vorliegenden Fall um ein Verfahren nach § 197a SGG handelt, das vor dem 02.01.2002 rechtshängig geworden ist, gilt weiterhin § 183 SGG a.F. mit der Folge,dass Gerichtskosten nicht anfallen (vgl. § 197a SGG i.V.m. Art.17 Abs.1 Satz 2 56.SGG-ÄndG vom 17.08.2001. BGBl. I. 2144; BSG vom 30.01.2002 SozR 3-2500 § 116 Nr.24, BSG vom 13.05.2004 B 3 KR 18/03 R).

Gründe für die Zulassung der Revision in dieser Angelegenheit liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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