Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 100/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 179/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. Juli 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versorgung mit einer neuen Oberschenkelprothese.
Der Kläger hat 1979 bei einem Motorradunfall das linke Bein verloren. Zuletzt erhielt er zu Lasten der Beklagten 1999 und 2002 eine Oberschenkelprothese, die er nach seinen Angaben jeweils wechselnd trägt bzw. getragen hat und zwar in der ersten Wochenhälfte die Prothese aus dem Jahre 2002 - P.02 -, da von Montag bis Mittwoch bei ihm der Stumpf einen größeren Umfang aufweise, anschließend die Prothese aus dem Jahre 1999 - P.99 -. Sonntags schone er den Stumpf, indem er sich möglichst ohne Prothese bewege.
Am 16.02.2004 verordnete der Orthopäde Dr.U. eine (neue) Oberschenkelprothese mit Catcamschaft. Das Sanitätshaus D. erstellte am 23.02.2004 einen Kostenvoranschlag über ca. 9.000 Euro für eine neue Prothese, mit der die P.99 ersetzt werden sollte. Mit Bescheid vom 02.03.2004 lehnte die Beklagte eine Neubeschaffung ab, weil der Kläger mit der P.02 noch ausreichend versorgt sei. Eine Mehrfachversorgung könne er nicht beanspruchen. Dem widersprach der Kläger am 10.03.2004 unter Hinweis auf die jahrelange Versorgung mit zwei Prothesen.
Nachdem der Chirurg Dr.R. vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse in Bayern - MDK - (ohne Untersuchung des Klägers) am 23.03.2004 eine Zweitversorgung als nicht erforderlich erachtete, bestätigte die Beklagte ihre Ablehnung im Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004.
Die dagegen am 14.04.2004 erhobene Klage ist damit begründet, dass die wechselnden Stumpfverhältnisse die beiden Prothesen erforderten, nämlich zum Wochenbeginn eine mit größerem Schaftumfang und danach die mit dem kleineren. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2004 verurteilte das Sozialgericht Augsburg am gleichen Tage die Beklagte dazu, den Kläger mit einer dem Kostenvoranschlag vom 23.02.2004 entsprechenden Prothese zu versorgen. Dazu ist in den Urteilsgründen ausgeführt, dass der Kläger schlüssig dargelegt habe, wegen der Stumpfverhältnisse zwei unterschiedliche Prothesen zu benötigen und zwar sowohl im Beruf wie in der Freizeit. Die Gründe, die das BSG bewogen hätten, im Urteil vom 06.06.2002 - SozR 3-2500 § 33 Nr.44 einer Versicherten einen Anspruch auf die Versorgung mit einer zusätzlich besonders hochwertigen Prothese ("C-Leg") zuzubilligen, hätten auch Geltung für den klägerischen Anspruch.
Gegen das am 16.07.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.08.2004 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf die Hilfsmittelrichtlinien, wonach eine Mehrfachausstattung mit Hilfsmitteln grundsätzlich ausgeschlossen sei.
Im Januar 2005 ist die P.02 mit einem neuen Schaft versehen worden. Die dafür anfallenden Kosten in Höhe von ca. 4.400 Euro sind von der Beklagten übernommen worden. Damit stellte sich der Kläger am Freitag den 08.04.2005 beim MDK vor und wurde von Dr.R. untersucht. Dieser konnte die vom Kläger geschilderten Umfangsschwankungen des Stumpfes nicht nachvollziehen und stellte fest, dass die zum Wochenende beklagte Schrumpfung des Stumpfes gerade nicht vorliege. Die reparierte P.02 sitze aus seiner Sicht optimal, Druckstellen ließen sich nicht feststellen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.07.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig gemäß §§ 144, 151 SGG. In der Sache selbst ist sie auch begründet. Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Sachleistung wegen seiner durch den Teilverlust des linken Beines verursachten Behinderung. Maßgebliche Anspruchsgrundlage dafür findet sich in den §§ 27, 33 SGB V. Dabei besteht Klarheit darüber, dass es sich bei der geforderten Prothese als Ersatz für die P.99 um ein gesetzlich vorgesehenes Hilfsmittel im Sinne von § 33 Satz 1 SGB V handelt. Bestritten wird seitens der Beklagten lediglich dessen Erforderlichkeit, weil der Kläger bereits mit einem solchen Hilfsmittel versorgt ist und dieses auch tatsächlich Verwendung findet bzw. vom Kläger auch problemlos als Körperersatzstück getragen werden kann. Die Frage, ob neben der funktionierenden Prothese vom Kläger in seiner individuellen Situation eine weitere zu Lasten der Beklagten beansprucht werden kann, ist zu verneinen. Dabei geht der Senat nicht von den Verhältnissen aus, wie sie noch im Verwaltungsverfahren bzw. bei der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg vorlagen, sondern wie sie sich nunmehr nach Überarbeitung der P.02 darstellen. Der Kläger bzw. seine Stumpfverhältnisse sind am 08.04.2005 ausführlich und fachmännisch untersucht worden. Dabei hat sich objektivieren lassen, dass zumindest nunmehr mit der überarbeitenden P.02 der Kläger über eine prothesengerechte Beweglichkeit verfügt. Damit ergibt sich keine Notwendigkeit mehr, wie vom Sozialgericht verfügt, dem Kläger eine weitere neue Prothese für etwa 9.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Die Benutzung der überarbeiteten P.02 ist nicht, wie das Sozialgericht noch angenommen hatte, nur eingeschränkt möglich. Nach der bisherigen Darstellung wäre nämlich die P.02 in der zweiten Wochenhälfte nicht mehr verwendbar. Wie die Untersuchung ergeben hat, ist das Gegenteil der Fall. Daraus folgt: Für die gewünschte zweite Prothese fehlt es an der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit im Sinne von § 33 Abs.1 i.V.m. § 12 Abs.1 SGB V. Von daher stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Beklagte unter Berufung auf § 21 der Hilfsmittelrichtlinien von vornherein gehindert ist, ein Hilfsmittel in doppelter Ausführung zur Verfügung stellen. Auch die jahrelang praktizierte Übung, den Stumpf mit zwei verschiedenen Prothesen zu versorgen, führt nicht zu einem Anspruch, eine weitere Prothese zu beschaffen. Zum einen war der Beklagten nach ihrem Vorbringen die Doppelversorgung bislang als solche nicht bewusst gewesen, zum anderen haben sich die Verhältnisse durch die Umarbeitung von P.02 in jedem Fall dahingewandelt, dass eine durchgängige Benutzung über die Woche hin mit der P.02 möglich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versorgung mit einer neuen Oberschenkelprothese.
Der Kläger hat 1979 bei einem Motorradunfall das linke Bein verloren. Zuletzt erhielt er zu Lasten der Beklagten 1999 und 2002 eine Oberschenkelprothese, die er nach seinen Angaben jeweils wechselnd trägt bzw. getragen hat und zwar in der ersten Wochenhälfte die Prothese aus dem Jahre 2002 - P.02 -, da von Montag bis Mittwoch bei ihm der Stumpf einen größeren Umfang aufweise, anschließend die Prothese aus dem Jahre 1999 - P.99 -. Sonntags schone er den Stumpf, indem er sich möglichst ohne Prothese bewege.
Am 16.02.2004 verordnete der Orthopäde Dr.U. eine (neue) Oberschenkelprothese mit Catcamschaft. Das Sanitätshaus D. erstellte am 23.02.2004 einen Kostenvoranschlag über ca. 9.000 Euro für eine neue Prothese, mit der die P.99 ersetzt werden sollte. Mit Bescheid vom 02.03.2004 lehnte die Beklagte eine Neubeschaffung ab, weil der Kläger mit der P.02 noch ausreichend versorgt sei. Eine Mehrfachversorgung könne er nicht beanspruchen. Dem widersprach der Kläger am 10.03.2004 unter Hinweis auf die jahrelange Versorgung mit zwei Prothesen.
Nachdem der Chirurg Dr.R. vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse in Bayern - MDK - (ohne Untersuchung des Klägers) am 23.03.2004 eine Zweitversorgung als nicht erforderlich erachtete, bestätigte die Beklagte ihre Ablehnung im Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004.
Die dagegen am 14.04.2004 erhobene Klage ist damit begründet, dass die wechselnden Stumpfverhältnisse die beiden Prothesen erforderten, nämlich zum Wochenbeginn eine mit größerem Schaftumfang und danach die mit dem kleineren. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2004 verurteilte das Sozialgericht Augsburg am gleichen Tage die Beklagte dazu, den Kläger mit einer dem Kostenvoranschlag vom 23.02.2004 entsprechenden Prothese zu versorgen. Dazu ist in den Urteilsgründen ausgeführt, dass der Kläger schlüssig dargelegt habe, wegen der Stumpfverhältnisse zwei unterschiedliche Prothesen zu benötigen und zwar sowohl im Beruf wie in der Freizeit. Die Gründe, die das BSG bewogen hätten, im Urteil vom 06.06.2002 - SozR 3-2500 § 33 Nr.44 einer Versicherten einen Anspruch auf die Versorgung mit einer zusätzlich besonders hochwertigen Prothese ("C-Leg") zuzubilligen, hätten auch Geltung für den klägerischen Anspruch.
Gegen das am 16.07.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.08.2004 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf die Hilfsmittelrichtlinien, wonach eine Mehrfachausstattung mit Hilfsmitteln grundsätzlich ausgeschlossen sei.
Im Januar 2005 ist die P.02 mit einem neuen Schaft versehen worden. Die dafür anfallenden Kosten in Höhe von ca. 4.400 Euro sind von der Beklagten übernommen worden. Damit stellte sich der Kläger am Freitag den 08.04.2005 beim MDK vor und wurde von Dr.R. untersucht. Dieser konnte die vom Kläger geschilderten Umfangsschwankungen des Stumpfes nicht nachvollziehen und stellte fest, dass die zum Wochenende beklagte Schrumpfung des Stumpfes gerade nicht vorliege. Die reparierte P.02 sitze aus seiner Sicht optimal, Druckstellen ließen sich nicht feststellen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.07.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig gemäß §§ 144, 151 SGG. In der Sache selbst ist sie auch begründet. Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Sachleistung wegen seiner durch den Teilverlust des linken Beines verursachten Behinderung. Maßgebliche Anspruchsgrundlage dafür findet sich in den §§ 27, 33 SGB V. Dabei besteht Klarheit darüber, dass es sich bei der geforderten Prothese als Ersatz für die P.99 um ein gesetzlich vorgesehenes Hilfsmittel im Sinne von § 33 Satz 1 SGB V handelt. Bestritten wird seitens der Beklagten lediglich dessen Erforderlichkeit, weil der Kläger bereits mit einem solchen Hilfsmittel versorgt ist und dieses auch tatsächlich Verwendung findet bzw. vom Kläger auch problemlos als Körperersatzstück getragen werden kann. Die Frage, ob neben der funktionierenden Prothese vom Kläger in seiner individuellen Situation eine weitere zu Lasten der Beklagten beansprucht werden kann, ist zu verneinen. Dabei geht der Senat nicht von den Verhältnissen aus, wie sie noch im Verwaltungsverfahren bzw. bei der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg vorlagen, sondern wie sie sich nunmehr nach Überarbeitung der P.02 darstellen. Der Kläger bzw. seine Stumpfverhältnisse sind am 08.04.2005 ausführlich und fachmännisch untersucht worden. Dabei hat sich objektivieren lassen, dass zumindest nunmehr mit der überarbeitenden P.02 der Kläger über eine prothesengerechte Beweglichkeit verfügt. Damit ergibt sich keine Notwendigkeit mehr, wie vom Sozialgericht verfügt, dem Kläger eine weitere neue Prothese für etwa 9.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Die Benutzung der überarbeiteten P.02 ist nicht, wie das Sozialgericht noch angenommen hatte, nur eingeschränkt möglich. Nach der bisherigen Darstellung wäre nämlich die P.02 in der zweiten Wochenhälfte nicht mehr verwendbar. Wie die Untersuchung ergeben hat, ist das Gegenteil der Fall. Daraus folgt: Für die gewünschte zweite Prothese fehlt es an der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit im Sinne von § 33 Abs.1 i.V.m. § 12 Abs.1 SGB V. Von daher stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Beklagte unter Berufung auf § 21 der Hilfsmittelrichtlinien von vornherein gehindert ist, ein Hilfsmittel in doppelter Ausführung zur Verfügung stellen. Auch die jahrelang praktizierte Übung, den Stumpf mit zwei verschiedenen Prothesen zu versorgen, führt nicht zu einem Anspruch, eine weitere Prothese zu beschaffen. Zum einen war der Beklagten nach ihrem Vorbringen die Doppelversorgung bislang als solche nicht bewusst gewesen, zum anderen haben sich die Verhältnisse durch die Umarbeitung von P.02 in jedem Fall dahingewandelt, dass eine durchgängige Benutzung über die Woche hin mit der P.02 möglich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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