Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 448/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 293/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 11.11.2002 dem Grunde nach streitig.
Der 1965 geborene Kläger meldete sich am 11.11.2002 arbeitslos und beantragte Alg. Er legte eine Arbeitsbescheinigung vor, wonach er vom 16.08.1994 bis 30.06.1999 als Organisator IT bei der Firma S. Pharmahandel AG beschäftigt war. In der Arbeitsbescheinigung ist unter anderem angegeben, dass der Kläger vom 15.03.1999 bis 30.09.2002 als versicherungsfreier Arbeitnehmer geführt wurde; als Grund hierfür ist "Studium" angeführt. Der Kläger gab in seinem Alg-Antrag an, vom 15.03.1999 bis 30.09.2002 ein Fachhochschulstudium durchlaufen zu haben und vom 01.01.2001 bis 31.05.2002 freiberuflich tätig gewesen zu sein.
Mit Bescheid vom 17.12.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg ab. Der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 11.11.2002 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden; auch habe er innerhalb der Vorfrist von einem Jahr kein Alg bezogen, so dass Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ebenfalls nicht gegeben sei.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, durch eine von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit verlängere sich die Rahmenfrist um 20 Monate. Er legte einen mit dem Kreisjugendring M. am 26.07.2000 abgeschlossenen Werkvertrag über die Erstellung einer Prozessanalyse und -optimierung im Bereich Rechnungstellung und Kasse (Jugendherberge) in der Zeit vom 01.08. bis 29.09.2000 vor, der als Vergütung 2.500,00 DM vorsah. In einem weiteren Werkvertrag mit demselben Auftraggeber wurde für Beratung und praktische Unterstützung bei der Reorganisation der Arbeitsabläufe im Rezeptionsbereich der Jugendherberge B. in der Zeit vom 01.01. bis 30.6.2001 eine Vergütung von 7.600,00 DM vereinbart. In einem Honorarvertrag vom 31.05.2001 verpflichtete sich der Kläger, in der Zeit vom 01.06.2001 bis 31.05.2002 im Bereich der Organisationsentwicklung und Systementwicklung tätig zu sein; die Zahlung des Honorars erfolge nach Rechnungstellung und werde gemäß Aufwand abgerechnet. Der Kläger gab an, bezüglich der wöchentlichen Arbeitsstunden habe es große Schwankungen gegeben; in der vorlesungsfreien Zeit habe er sehr viel und in der Zeit der Prüfungsvorbereitung sehr wenig gearbeitet. Er legte eine Aufstellung vor, wie viele Tage und Stunden er pro Woche in den Semesterferien bzw. in der vorlesungsfreien Zeit aufgewendet habe; daneben listete er auf, an wie vielen Tagen er in den Semesterferien und den vorlesungsfreien Zeiten seinen 1999 geborenen Sohn betreut habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aus den Angaben des Klägers, während der Semesterferien und der vorlesungsfreien Zeit die Betreuung seines Kindes übernommen zu haben, ergebe sich, dass er nicht wegen der Erziehung des Kindes seine Berufsausübung unterbrochen habe. Auch die selbständige Tätigkeit habe er jeweils während der Semesterferien ausgeübt.
Zur Begründung seiner zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger unter anderem angegeben, er habe eine selbständige Tätigkeit angestrebt und zur Vorbereitung die belegten Beratungsobjekte übernommen. Er habe auch während des Semesters gearbeitet, und zwar nicht nur in geringem Umfang. Bei der Entwicklung der selbständigen Tätigkeit habe er immer wieder Rücksicht auf den Betreuungsbedarf seines kleinen Sohnes nehmen müssen. Seine Frau, die vor der Geburt bereits erfolgreich selbständig tätig gewesen sei, habe zumindest einige ihrer Kurse während der "Babypause" weitergeführt, um nicht den gesamten Kundenstamm zu verlieren; somit habe man sich die Verantwortung für das Kind und die Beschaffung des Lebensunterhalts geteilt. Die Rahmenfrist sei um 678 Tage zu verlängern und laufe vom 02.01.1998 bis 10.11.2002; in dieser Frist sei er 62 Wochen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Studium der Dipl.-Sozialpädagogik habe er im September 2002 abgeschlossen. Aufgrund seiner Vorkenntnisse sei für ihn das Studium einfach gewesen, das erste Semester sei ihm erlassen worden.
Mit Urteil vom 12.05.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Innerhalb der Rahmenfrist vom 11.11.1999 bis 10.11.2002 könne der Kläger keine versicherungspflichtigen Beschäftigungen nachweisen. Eine Verlängerung der Rahmenfrist habe die Beklagte zu Recht verneint. Der Kläger habe während der von ihm geschilderten Betreuung seines Sohnes und der ausgeübten selbständigen Tätigkeit ein Studium an der Fachhochschule M. absolviert. Nach der Vermutung des § 120 Abs.2 Satz 1 SGB III sei deshalb davon auszugehen, dass er neben seinem Studium nur versicherungsfreie Beschäftigungen habe ausüben können.
In seiner Berufung führte der Kläger aus, er habe seinen Sohn hauptsächlich in der vorlesungsfreien Zeit betreut, während seine Frau im Rahmen ihrer Selbständigkeit Joga unterrichtet und sich fortgebildet habe. Er hätte in dieser Zeit vormittags einer nichtselbständigen Tätigkeit von mehr als 15 Stunden nachgehen können. Seine selbständige Tätigkeit habe keiner ständigen Präsenz beim Auftraggeber bedurft. Das Studium der Sozialpädagogik habe er aus Interesse am Thema nebenbei als zweites Studium absolviert und abgeschlossen. Aufgrund seiner Studiumerfahrung (BWL an der Fachhochschule, abgeschlossen 1992) seien ihm vier Leistungsnachweise erlassen worden. Er legt eine Aufstellung über die von ihm pro Semester besuchten Veranstaltungen vor. Weiterhin legt er eine Aufstellung über die nach der Studienordnung vorlesungsfreien Zeiten vor und führt aus, dass nach Abzug der Zeit der selbständigen Tätigkeit von wenigstens 15 Wochenstuden 480 Tage als Zeiten der Kindererziehung verblieben.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.2004 und den Bescheid vom 17.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 11.11.2002 Arbeitslosengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Nach der von ihm vorgelegten Aufstellung habe der Kläger an 194 Tagen eine 15 Stunden wöchentlich umfassende selbständige Tätigkeit ausgeübt. Die um diese Tage verlängerte Rahmenfrist würde den Zeitraum 02.05.1999 bis 10.11.2002 umfassen. Eine weitere Verlängerung wegen der Betreuung des Sohnes sei nicht möglich, da der Kläger weder sein Studium noch seine selbständige Tätigkeit wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes aufgegeben oder auf einen Arbeitsaufwand von weniger als 15 Wochenstunden reduziert habe. Er habe die Betreuung ausschließlich während der vorlesungsfreien Zeit, zum Beispiel in den Semesterferien, übernommen und habe sich der Betreuung des Kindes in einem Umfang gewidmet, der regelmäßig von allen Eltern in beschäftigungsfreien Zeiten geleistet werde, ohne dass eine "Elternzeit" in Anspruch genommen werde. Entsprechend der Intention des § 124 Abs.3 Nr.2 SGB III sollen Arbeitslose geschützt werden, die nur deshalb innerhalb der Regelrahmenfrist von drei Jahren die erforderlichen Versicherungszeiten nicht hätten erarbeiten können, weil sie wegen Betreuung und Erziehung eines noch nicht dreijährigen Kindes nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich als Arbeitnehmer hätten tätig sein können. Auch innerhalb der erweiterten Rahmenfrist vom 02.05.1999 bis 10.11.2002 habe der Kläger nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, weil seine Versicherungspflicht am 14.03.1999 geendet habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Alg hat.
Voraussetzung für den Anspruch auf Alg ist gemäß § 117 Abs.1 Nr.3 i.V.m. § 123 Nr.1 SGB III, dass der Arbeitslose die Anwartschaftszeit erfüllt hat, und zwar innerhalb der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 124 Abs.1 SGB III beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die Rahmenfrist umfasst hier die Zeit vom 11.11.1999 bis 10.11.2002. In dieser Zeit hat der Kläger nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Entgegen seiner Ansicht ist die Rahmenfrist nicht um Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit und Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes zu verlängern.
Zwar werden nach § 124 Abs.3 Nr.2 und Nr.3 SGB III Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes des Arbeitslosen sowie Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit nicht in die Rahmenfrist eingerechnet mit der Folge, dass sich diese um diese Zeiten verlängert und nach § 124 Abs.3 Satz 2 SGB III spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn endet. Jedoch sind beim Kläger solche Verlängerungstatbestände nicht anzuerkennen, da er in der fraglichen Zeit Student an der Fachhochschule war. Gemäß § 120 Abs.2 Satz 1 SGB III wird vermutet, dass er während dieser Zeit nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben konnte. Damit aber kommt eine Anerkennung von Verlängerungstatbeständen im Sinne von § 124 Abs.3 Satz 1 Nrn.2 und 3 SGB III nicht in Betracht, da diese Tatbestände vorausetzen, dass wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes bzw. der Ausübung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit ein Versicherungspflichtverhältnis durch Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 25 Abs.1 Satz 1 SGB III nicht entstehen konnte. Gemäß § 27 Abs.4 Satz 1 Nr.2 SGB III sind aber Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende an einer Hochschule eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei.
Versicherungspflicht besteht nur dann, wenn einer während der Ausbildung ausgeübten Beschäftigung prägende Bedeutung in dem Sinne zukäme, dass der Betreffende nach seinem Erscheinungsbildung nicht mehr Schüler oder Student, sondern Arbeitnehmer ist (BSG SozR 2200 § 172 Nrn.19, 20). Im vorliegenden Fall ist nicht nachgewiesen, dass Zeiten einer Beschäftigung in demselben Umfang und in derselben zeitlichen Verteilung wie die Zeiten der Betreuung des Kindes und der Ausübung der selbständigen Tätigkeit versicherungspflichtige Beschäftigungen gewesen wären. Die vom Kläger eingereichten Aufstellungen beziehen sich grundsätzlich auf die vorlesungsfreien Zeiten. Jedoch sind Beschäftigungen, die in den dem Studium angepassten Zeiten, wie den Abend- oder Nachtstunden, Wochenenden und Semesterferien ausgeübt werden, grundsätzlich versicherungsfrei (vgl. BSGE 50, 25, 27). Schon aus diesem Grunde hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die von ihm angeführten Verlängerungstatbestände von ihrem zeitlichen Umfang und ihrer zeitlichen Verteilung her versicherungspflichtigen Beschäftigungen entsprochen hätten.
Darüber hinaus steht der Annahme von Verlängerungstatbeständen entgegen, dass die Vermutung des § 120 Abs.2 Satz 1 SGB III nach Satz 2 nur widerlegt ist, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Hinsichtlich der mit dem Studium verbundenen zeitlichen Belastung ist grundsätzlich ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass der Kläger nicht mit seinem Einwand gehört werden kann, er habe aufgrund seiner Vorkenntnisse weniger Zeit als normale Studenten benötigt. Maßstab ist vielmehr der bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen verbleibende Zeitrahmen. Darüber hinaus müsste die neben dem Studium mögliche fiktive Beschäftigung den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes im Sinne des § 119 Abs.3 Nr.1 SGB III entsprechen. Dieser Begriff bezieht sich auf Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die auf dem Arbeitsmarkt üblich sein müssen. Eine Beschäftigung, die etwa an jedem Arbeitstag zu einer verschiedenen Tageszeit möglich ist, dürfte auf dem Arbeitsmarkt nur ausnahmsweise vorkommen und jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang vorhanden und deswegen nicht üblich sein (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1997, 11 RAr 25/97, DBlR 4412, AFG - § 103a).
Im Übrigen spricht gegen den Vortrag des Klägers gerade der Umstand, dass er seine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Beginn des Studiums am 15.03.1999 aufgegeben hat und bis 30.06.1999 nur noch als versicherungsfreier Arbeitnehmer beschäftigt war. Im Übrigen kann dahinstehen, dass der Kläger keinen schlüssigen Nachweis für die von ihm genannten 194 Tage, an denen er wenigstens 15 Stunden wöchentlich mit der Erfüllung der in den Werkverträgen übernommenen Aufgaben beschäftigt gewesen sein will, vorgelegt hat. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die um diese 194 Tage verlängerte Rahmenfrist am 02.05.1999 beginnen und immer noch kein Versicherungspflichtverhältnis einschließen würde.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.2004 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 11.11.2002 dem Grunde nach streitig.
Der 1965 geborene Kläger meldete sich am 11.11.2002 arbeitslos und beantragte Alg. Er legte eine Arbeitsbescheinigung vor, wonach er vom 16.08.1994 bis 30.06.1999 als Organisator IT bei der Firma S. Pharmahandel AG beschäftigt war. In der Arbeitsbescheinigung ist unter anderem angegeben, dass der Kläger vom 15.03.1999 bis 30.09.2002 als versicherungsfreier Arbeitnehmer geführt wurde; als Grund hierfür ist "Studium" angeführt. Der Kläger gab in seinem Alg-Antrag an, vom 15.03.1999 bis 30.09.2002 ein Fachhochschulstudium durchlaufen zu haben und vom 01.01.2001 bis 31.05.2002 freiberuflich tätig gewesen zu sein.
Mit Bescheid vom 17.12.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg ab. Der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 11.11.2002 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden; auch habe er innerhalb der Vorfrist von einem Jahr kein Alg bezogen, so dass Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ebenfalls nicht gegeben sei.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, durch eine von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit verlängere sich die Rahmenfrist um 20 Monate. Er legte einen mit dem Kreisjugendring M. am 26.07.2000 abgeschlossenen Werkvertrag über die Erstellung einer Prozessanalyse und -optimierung im Bereich Rechnungstellung und Kasse (Jugendherberge) in der Zeit vom 01.08. bis 29.09.2000 vor, der als Vergütung 2.500,00 DM vorsah. In einem weiteren Werkvertrag mit demselben Auftraggeber wurde für Beratung und praktische Unterstützung bei der Reorganisation der Arbeitsabläufe im Rezeptionsbereich der Jugendherberge B. in der Zeit vom 01.01. bis 30.6.2001 eine Vergütung von 7.600,00 DM vereinbart. In einem Honorarvertrag vom 31.05.2001 verpflichtete sich der Kläger, in der Zeit vom 01.06.2001 bis 31.05.2002 im Bereich der Organisationsentwicklung und Systementwicklung tätig zu sein; die Zahlung des Honorars erfolge nach Rechnungstellung und werde gemäß Aufwand abgerechnet. Der Kläger gab an, bezüglich der wöchentlichen Arbeitsstunden habe es große Schwankungen gegeben; in der vorlesungsfreien Zeit habe er sehr viel und in der Zeit der Prüfungsvorbereitung sehr wenig gearbeitet. Er legte eine Aufstellung vor, wie viele Tage und Stunden er pro Woche in den Semesterferien bzw. in der vorlesungsfreien Zeit aufgewendet habe; daneben listete er auf, an wie vielen Tagen er in den Semesterferien und den vorlesungsfreien Zeiten seinen 1999 geborenen Sohn betreut habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aus den Angaben des Klägers, während der Semesterferien und der vorlesungsfreien Zeit die Betreuung seines Kindes übernommen zu haben, ergebe sich, dass er nicht wegen der Erziehung des Kindes seine Berufsausübung unterbrochen habe. Auch die selbständige Tätigkeit habe er jeweils während der Semesterferien ausgeübt.
Zur Begründung seiner zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger unter anderem angegeben, er habe eine selbständige Tätigkeit angestrebt und zur Vorbereitung die belegten Beratungsobjekte übernommen. Er habe auch während des Semesters gearbeitet, und zwar nicht nur in geringem Umfang. Bei der Entwicklung der selbständigen Tätigkeit habe er immer wieder Rücksicht auf den Betreuungsbedarf seines kleinen Sohnes nehmen müssen. Seine Frau, die vor der Geburt bereits erfolgreich selbständig tätig gewesen sei, habe zumindest einige ihrer Kurse während der "Babypause" weitergeführt, um nicht den gesamten Kundenstamm zu verlieren; somit habe man sich die Verantwortung für das Kind und die Beschaffung des Lebensunterhalts geteilt. Die Rahmenfrist sei um 678 Tage zu verlängern und laufe vom 02.01.1998 bis 10.11.2002; in dieser Frist sei er 62 Wochen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Studium der Dipl.-Sozialpädagogik habe er im September 2002 abgeschlossen. Aufgrund seiner Vorkenntnisse sei für ihn das Studium einfach gewesen, das erste Semester sei ihm erlassen worden.
Mit Urteil vom 12.05.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Innerhalb der Rahmenfrist vom 11.11.1999 bis 10.11.2002 könne der Kläger keine versicherungspflichtigen Beschäftigungen nachweisen. Eine Verlängerung der Rahmenfrist habe die Beklagte zu Recht verneint. Der Kläger habe während der von ihm geschilderten Betreuung seines Sohnes und der ausgeübten selbständigen Tätigkeit ein Studium an der Fachhochschule M. absolviert. Nach der Vermutung des § 120 Abs.2 Satz 1 SGB III sei deshalb davon auszugehen, dass er neben seinem Studium nur versicherungsfreie Beschäftigungen habe ausüben können.
In seiner Berufung führte der Kläger aus, er habe seinen Sohn hauptsächlich in der vorlesungsfreien Zeit betreut, während seine Frau im Rahmen ihrer Selbständigkeit Joga unterrichtet und sich fortgebildet habe. Er hätte in dieser Zeit vormittags einer nichtselbständigen Tätigkeit von mehr als 15 Stunden nachgehen können. Seine selbständige Tätigkeit habe keiner ständigen Präsenz beim Auftraggeber bedurft. Das Studium der Sozialpädagogik habe er aus Interesse am Thema nebenbei als zweites Studium absolviert und abgeschlossen. Aufgrund seiner Studiumerfahrung (BWL an der Fachhochschule, abgeschlossen 1992) seien ihm vier Leistungsnachweise erlassen worden. Er legt eine Aufstellung über die von ihm pro Semester besuchten Veranstaltungen vor. Weiterhin legt er eine Aufstellung über die nach der Studienordnung vorlesungsfreien Zeiten vor und führt aus, dass nach Abzug der Zeit der selbständigen Tätigkeit von wenigstens 15 Wochenstuden 480 Tage als Zeiten der Kindererziehung verblieben.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.2004 und den Bescheid vom 17.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 11.11.2002 Arbeitslosengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Nach der von ihm vorgelegten Aufstellung habe der Kläger an 194 Tagen eine 15 Stunden wöchentlich umfassende selbständige Tätigkeit ausgeübt. Die um diese Tage verlängerte Rahmenfrist würde den Zeitraum 02.05.1999 bis 10.11.2002 umfassen. Eine weitere Verlängerung wegen der Betreuung des Sohnes sei nicht möglich, da der Kläger weder sein Studium noch seine selbständige Tätigkeit wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes aufgegeben oder auf einen Arbeitsaufwand von weniger als 15 Wochenstunden reduziert habe. Er habe die Betreuung ausschließlich während der vorlesungsfreien Zeit, zum Beispiel in den Semesterferien, übernommen und habe sich der Betreuung des Kindes in einem Umfang gewidmet, der regelmäßig von allen Eltern in beschäftigungsfreien Zeiten geleistet werde, ohne dass eine "Elternzeit" in Anspruch genommen werde. Entsprechend der Intention des § 124 Abs.3 Nr.2 SGB III sollen Arbeitslose geschützt werden, die nur deshalb innerhalb der Regelrahmenfrist von drei Jahren die erforderlichen Versicherungszeiten nicht hätten erarbeiten können, weil sie wegen Betreuung und Erziehung eines noch nicht dreijährigen Kindes nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich als Arbeitnehmer hätten tätig sein können. Auch innerhalb der erweiterten Rahmenfrist vom 02.05.1999 bis 10.11.2002 habe der Kläger nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, weil seine Versicherungspflicht am 14.03.1999 geendet habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Alg hat.
Voraussetzung für den Anspruch auf Alg ist gemäß § 117 Abs.1 Nr.3 i.V.m. § 123 Nr.1 SGB III, dass der Arbeitslose die Anwartschaftszeit erfüllt hat, und zwar innerhalb der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 124 Abs.1 SGB III beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die Rahmenfrist umfasst hier die Zeit vom 11.11.1999 bis 10.11.2002. In dieser Zeit hat der Kläger nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Entgegen seiner Ansicht ist die Rahmenfrist nicht um Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit und Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes zu verlängern.
Zwar werden nach § 124 Abs.3 Nr.2 und Nr.3 SGB III Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes des Arbeitslosen sowie Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit nicht in die Rahmenfrist eingerechnet mit der Folge, dass sich diese um diese Zeiten verlängert und nach § 124 Abs.3 Satz 2 SGB III spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn endet. Jedoch sind beim Kläger solche Verlängerungstatbestände nicht anzuerkennen, da er in der fraglichen Zeit Student an der Fachhochschule war. Gemäß § 120 Abs.2 Satz 1 SGB III wird vermutet, dass er während dieser Zeit nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben konnte. Damit aber kommt eine Anerkennung von Verlängerungstatbeständen im Sinne von § 124 Abs.3 Satz 1 Nrn.2 und 3 SGB III nicht in Betracht, da diese Tatbestände vorausetzen, dass wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes bzw. der Ausübung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit ein Versicherungspflichtverhältnis durch Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 25 Abs.1 Satz 1 SGB III nicht entstehen konnte. Gemäß § 27 Abs.4 Satz 1 Nr.2 SGB III sind aber Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende an einer Hochschule eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei.
Versicherungspflicht besteht nur dann, wenn einer während der Ausbildung ausgeübten Beschäftigung prägende Bedeutung in dem Sinne zukäme, dass der Betreffende nach seinem Erscheinungsbildung nicht mehr Schüler oder Student, sondern Arbeitnehmer ist (BSG SozR 2200 § 172 Nrn.19, 20). Im vorliegenden Fall ist nicht nachgewiesen, dass Zeiten einer Beschäftigung in demselben Umfang und in derselben zeitlichen Verteilung wie die Zeiten der Betreuung des Kindes und der Ausübung der selbständigen Tätigkeit versicherungspflichtige Beschäftigungen gewesen wären. Die vom Kläger eingereichten Aufstellungen beziehen sich grundsätzlich auf die vorlesungsfreien Zeiten. Jedoch sind Beschäftigungen, die in den dem Studium angepassten Zeiten, wie den Abend- oder Nachtstunden, Wochenenden und Semesterferien ausgeübt werden, grundsätzlich versicherungsfrei (vgl. BSGE 50, 25, 27). Schon aus diesem Grunde hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die von ihm angeführten Verlängerungstatbestände von ihrem zeitlichen Umfang und ihrer zeitlichen Verteilung her versicherungspflichtigen Beschäftigungen entsprochen hätten.
Darüber hinaus steht der Annahme von Verlängerungstatbeständen entgegen, dass die Vermutung des § 120 Abs.2 Satz 1 SGB III nach Satz 2 nur widerlegt ist, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Hinsichtlich der mit dem Studium verbundenen zeitlichen Belastung ist grundsätzlich ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass der Kläger nicht mit seinem Einwand gehört werden kann, er habe aufgrund seiner Vorkenntnisse weniger Zeit als normale Studenten benötigt. Maßstab ist vielmehr der bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen verbleibende Zeitrahmen. Darüber hinaus müsste die neben dem Studium mögliche fiktive Beschäftigung den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes im Sinne des § 119 Abs.3 Nr.1 SGB III entsprechen. Dieser Begriff bezieht sich auf Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die auf dem Arbeitsmarkt üblich sein müssen. Eine Beschäftigung, die etwa an jedem Arbeitstag zu einer verschiedenen Tageszeit möglich ist, dürfte auf dem Arbeitsmarkt nur ausnahmsweise vorkommen und jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang vorhanden und deswegen nicht üblich sein (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1997, 11 RAr 25/97, DBlR 4412, AFG - § 103a).
Im Übrigen spricht gegen den Vortrag des Klägers gerade der Umstand, dass er seine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Beginn des Studiums am 15.03.1999 aufgegeben hat und bis 30.06.1999 nur noch als versicherungsfreier Arbeitnehmer beschäftigt war. Im Übrigen kann dahinstehen, dass der Kläger keinen schlüssigen Nachweis für die von ihm genannten 194 Tage, an denen er wenigstens 15 Stunden wöchentlich mit der Erfüllung der in den Werkverträgen übernommenen Aufgaben beschäftigt gewesen sein will, vorgelegt hat. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die um diese 194 Tage verlängerte Rahmenfrist am 02.05.1999 beginnen und immer noch kein Versicherungspflichtverhältnis einschließen würde.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.2004 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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