Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 20/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 565/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2003 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) beanspruchen kann.
Der 1962 geborene Kläger absolvierte erfolgreich eine Lehre als Zimmermann und war in dem erlernten Beruf bis 1987 tätig (Arbeitsunfall am 01.09.1987). Nach Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit war der Kläger ab Juni 1989 als Fahrer bei seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt. Seit dem 18.01.1999 bestand Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Folgen eines am 18.01.1999 erlittenen Skiunfalls. Nach der Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug bezog der Kläger Leistungen der Arbeitsverwaltung.
Der Kläger nahm in der Zeit vom 07.09.1999 bis 05.10.1999 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teil, aus der er als weiterhin arbeitsunfähig entlassen wurde. Eine Untersuchung des Klägers am 08.02.2000 durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen ergab, dass er für die Tätigkeit als Zimmermann auf Dauer als arbeitsunfähig anzusehen, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig für leichte bis mittelschere Tätigkeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen einsetzbar sei.
Der Kläger beantragte am 15.03.2000 die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Den Antrag lehnte die Beklagte nach Einholung ärztlicher Gutachten vom 07.06.2000 mit Bescheid vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 ab. Der Kläger sei nach den ärztlichen Feststellungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Seinen erlernten Beruf als Zimmermann könne er nicht mehr ausüben. Allerdings sei er als Facharbeiter auf die Tätigkeit als Holzschutzfachkraft oder als Fachverkäufer für Fertighäuser zumutbar verweisbar.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage führte der Kläger aus, dass die Beklagte sich zu Unrecht auf die Verweisungstätigkeiten berufe. Zumindest sei Rente wegen BU zu gewähren (Hinweis auf ein von der Beklagten zur beruflichen Rehabilitation eingeholtes ärztliches Gutachten vom 26.04.2001, nach dem für die letzte Tätigkeit ein unter- zweistündiges Leistungsvermögen anzunehmen sei).
Das SG zog die Versichertenakten der Beklagten, die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. (AVF) sowie die ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamtes Bad K. bei. Von dem behandelnden Allgemeinarzt Dr.D. holte es einen Befundbericht ein.
Das SG ernannte den Internisten Prof. Dr.Z. zum gerichtlichen Sachverständigen (Gutachten vom 30.08.2002). Dieser stellte fest, dass der Kläger seit Anfang 1999 im Wesentlichen unter folgenden Gesundheitsstörungen leide: 1. Zustand nach Fraktur des zweiten Halswirbels und Dens-Verschraubung (1999) mit mittelgradiger Funktionseinschränkung, 2. chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen mit leichtgradiger Bewegungseinschränkung, 3. rechtsseitig betonte Funktionsbehinderung der Handgelenke nach distaler Unterarmfraktur (1997), Fraktur der Metacarpale I rechts (1999), 4. Nephrektomie links wegen Nierenzellcarcinoms (1996) ohne Hinweis für Rezidive und 5. Alkohol- und Nikotinabusus, nutritiv-toxischer Leberparenchymschaden. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger leichte Tätigkeiten acht Stunden täglich verrichten. Die Arbeiten seien abwechselnd im Sitzen und Stehen bzw. Gehen und in geschlossenen Räumen auszuführen. Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems oder unter ungünstigen äußeren Bedingungen seien zu vermeiden.
Als weiteren Sachverständigen ernannte das SG den Neurologen und Psychiater Dr.O ... Dieser kam in dem Gutachten vom 26.11.2002 zum Schluss, dass beim Kläger ein chronischer Alkoholabusus und eine abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung bestehe. Hinsichtlich der von Prof. Dr.Z. festgestellten Gesundheitsstörungen seien keine neurologischen Ausfälle oder neurogenen Schädigungen nachweisbar gewesen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Stellung seien täglich achtstündig zumutbar. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, verbunden mit Unfallgefahren oder unter besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems.
Anschließend holte das SG eine berufkundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Bayern vom 21.05.2003 ein. Danach genüge das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen, die an die Tätigkeiten eines Betriebshandwerkers, eines Lagerverwalters, eines Hausmeisters oder eines Telefonisten gestellt würden. Der Kläger verfüge nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um sich innerhalb von höchstens drei Monaten in die Tätigkeiten als Holzschutzfachkraft (Holz- und Bautenschützer), als Fachverkäufer für Fertighäuser oder als Pförtner einarbeiten zu können. Für den Kläger zumutbare Arbeitsplätze im Bereich der Kontrolltätigkeiten in der holzverarbeitenden Industrie seien nicht in nennenswerter Anzahl vorhanden.
Mit Urteil vom 09.09.2003 verurteilte das SG antragsgemäß die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000, dem Kläger ab 01.04.2000 Rente wegen BU zu zahlen. Es folge den Ausführungen der Sachverständigen zum Leistungsvermögen des Klägers. Mit diesem Leistungsvermögen sei der Kläger jedoch nicht mehr in der Lage, die letzte Facharbeitertätigkeit als Zimmerer oder entsprechende Verweisungstätigkeiten als angelernter Arbeiter zu verrichten. Nach der berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes seien zumutbare Verweisungstätigkeiten nicht ersichtlich.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht. Entgegen der Annahme des SG könne der Kläger noch zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten (z.B. Tätigkeiten als Hausmeister, Registrator, Poststellenmitarbeiter oder sonstige gehobene Bürotätigkeiten).
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Akten des SG, die Versichertenakten der Beklagten, die Akten des Arbeitsamtes (jetzt: Agentur für Arbeit) Bad K. , die Akten des AVF sowie die Akten der Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen beigezogen und vom Allgemeinarzt Dr.D. und der Neurologin Dr.J. Befundberichte eingeholt.
Zur Frage des Leistungsvermögens des Klägers hat der Internist und Arbeits- und Sozialmediziner Dr.M. das Gutachten vom 22.06.2005 erstattet. Dr.M. stellte folgende Gesundheitsstörungen fest, die sich auf das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich auswirken: 1. Asthenische Persönlichkeitsstörung und Alkoholkrankheit, 2. Fehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule; Zustand nach Fraktur des zweiten Halswirbels und 3. Arthrose beider Handgelenke nach Unterarmfraktur beidseits; Fraktur des ersten Mittelhandknochens der linken Hand. Der Kläger sei in der Lage, einer Arbeitstätigkeit von acht Stunden täglich nachzugehen. Zumutbar seien leichte sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Sitzen, Stehen und Gehen. Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen oder mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung könne der Kläger nicht mehr verrichten. Ungeeignet seien Arbeiten, die häufig oder über längere Dauer körperliche Zwangshaltungen oder Überkopfarbeiten erfordern. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zimmerer könne der Kläger nicht mehr verrichten. Aus gesundheitlichen Gründen sei der Kläger nicht gehindert, die Tätigkeit eines Hauswartes in größeren Wohnanlagen bzw. Verwaltungsgebäuden auszuüben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Als Facharbeiter sei er nicht sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Hauswartes verweisbar. Er sei auch gesundheitlich nicht in der Lage, diese Tätigkeit auszuüben. Dies bestätige sein Hausarzt (Hinweis auf die Bescheinigung des Allgemeinarztes Dr.D. vom 05.09.2005). Folge der Senat nicht der von Dr.D. vertreten Auffassung, werde die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur abschließenden Aufklärung des medizinischen Sachverhalts beantragt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten sowie auf die Gerichtsakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie erweist sich auch als begründet, da das SG zu Unrecht die Beklagte zur Gewährung einer BU-Rente verurteilt hat. Der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen BU bestimmt sich gemäß § 300 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) noch nach § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (aF). Nach Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie u.a. berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 Sätze 1 und 2 SGB VI aF Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF).
Diese Tatbestandsmerkmale der BU sind beim Kläger nicht erfüllt, da der Kläger entsprechend seiner Erwerbsfähigkeit und seines beruflichen Werdeganges auf eine für ihn zumutbare Tätigkeit verwiesen werden kann.
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr.M. vom 22.06.2005. Die Untersuchung und Befunderhebung durch den ärztlichen Sachverständigen hat ergeben, dass der Kläger in der Lage ist, einer Arbeitstätigkeit vollschichtg (acht Stunden täglich) nachzugehen. Dem Kläger sind leichte und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar. Die Arbeiten sollten im Sitzen, überwiegend im Sitzen oder im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden. Nicht mehr abverlangt werden können Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen oder mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung. Dies gilt auch für Arbeiten, die häufig oder über längere Dauer körperliche Zwangshaltungen oder Überkopfarbeiten erfordern. Die rentenrechtlich relevante Wegstrecke zu Fuß ist nicht eingeschränkt, die Einhaltung betriebsunüblicher Pausen ist nicht erforderlich.
Im Vordergrund der von Dr.M. beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen steht die asthenische Persönlichkeitsstörung und die Alkoholkrankheit. Dr.M. geht in Übereinstimmung mit dem Psychiater und Neurologen Dr.O. davon aus, dass sich eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hieraus nicht ergibt. Alkoholfolgeschäden von wesentlicher leistungseinschränkender Bedeutung hat Dr.M. nicht feststellen können. Eine höhergradige Leberschädigung war nicht nachzuweisen. Die alkoholtoxische Schädigung der peripheren Beinnerven (Polyneuropathie) hat nach Dr.M. keine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers. Für hirnorganische Veränderungen bestanden keine Anhaltspunkte. Einschränkungen bestehen insofern, als dem Kläger Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung oder mit erhöhter Eigen- und Fremdgefährdung nicht mehr zumutbar sind. Die von Dr.M. festgestellten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der Zustand nach Fraktur des zweiten Halswirbels schränken das Leistungsvermögen des Klägers ebenfalls nur in qualitativer Hinsicht ein, da motorische oder sensible Störungen, die einer oder mehreren aus dem Rückmarkskanal austretenden Nervenwurzeln entsprechen könnten, nicht vorlagen. Zu vermeiden sind körperlich schwere Arbeiten und auch solche in länger anhaltenden Zwangshaltungen wie kniender, hockender oder gebückter Körperhaltung. Die Arthrose beider Handgelenke wirkt sich nicht leistungsmindernd aus. Trotz der röntgenologisch nachweisbaren Gelenkveränderungen ist der funktionelle Zustand beider Hände praktisch nicht beeinträchtigt. Dr.M. hat festgestellt, dass alle Griffformen mit guter Kraft ausgeführt werden können und auch die Armkraft nicht beeinträchtigt ist. Lediglich die Überstreckung (Dorsalextension) des rechten Handgelenks ist gegenüber links eingeschränkt, was die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nur unwesentlich beeinträchtigt. Für die vom Kläger berichteten beidseitigen Krämpfe der Finger mit Ausbildung von Krallenhänden findet sich keine organische Grundlage. Eine früher bestandene Schädigung des linken Ellennerven (N. ulnaris) ist im Jahr 2000 operativ behoben worden. Von Seiten der Nierenfunktion nach Entfernung der linken Niere im Jahre 1996 gibt es keinen Grund, den beruflichen Einsatz des Klägers in qualitativer oder quantitativer Hinsicht zu limitieren. Es ist von Krebsheilung durch die Nierenentfernung auszugehen. Nach der Entfernung der linken Niere ist deren Funktion von der gesunden rechten Niere übernommen worden. Laborkontrollen belegen, dass die rechte Niere die Ausscheidungsfunktion der linken Niere in vollem Umfang bewältigt. Die weiteren Gesundheitsstörungen (Fehlform der Füße, Schädigng des Hörorgans, Zustand nach Bauchtrauma und wiederholten Rippenfrakturen) schränken das Leistungsvermögen des Klägers nicht wesentlich ein. In der Vergangenheit wurde beim Kläger ein Mallory-Weiss-Syndrom festgestellt, das bei späterer Kontrolle aber nicht mehr nachweisbar war. Als kontroll- und behandlungsbedürftig liegt eine Störung des Harnsäurestoffwechsels / Hyperurikämie vor, die nach Dr.M. - ebenso wie das Mallroy-Weiss-Syndrom - zu keinem Zeitpunkt Rückwirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen des Klägers hatte oder noch hat.
Selbst wenn davon auszugehen ist, dass der Kläger die Tätigkeit als Zimmermann aufgrund des 1987 erlittenen Arbeitsunfalls aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, ist der Kläger nicht berufsunfähig. Für ihn gibt es noch zumutbare andere Berufstätigkeiten, in denen er vollschichtig tätig sein kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nur auf die nächstniedrigere Stufe verwiesen werden.
Gemessen an diesen Kriterien ist die Tätigkeit des Klägers als Zimmermann dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Zwischen den Beteiligten besteht auch Einvernehmen hinsichtlich der Einstufung des Klägers als Facharbeiter. Dem Kläger sind als Facharbeiter nicht nur Tätigkeiten aus seinem bisherigen Qualifikationsbereich, sondern auch solche Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe zumutbar. Dies ist die Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten (d.h. der sonstigen Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildung oder betrieblichen Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren), wobei der Kläger in der Lage sein muss, diese Tätigkeiten innerhalb einer Anlernzeit von drei Monaten wettbewerbsfähig auszuüben.
Insofern kommt beim Kläger als Verweisungstätigkeit der Einsatz als Hauswart in größeren Wohnanlagen bzw. Verwaltungsgebäuden in Betracht. Die Verweisung eines Facharbeiters auf diese Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung zulässig (vgl. BSG SozR 3-2960 § 46 Nr 2). Den Zugang zu einer solchen Berufstätigkeit erreicht ein Arbeitnehmer in der Regel durch Abschluss einer Facharbeiterausbildung.
Das berufstypische Einsatzgebiet des Hauswarts zeichnet sich dadurch aus, dass zahlreiche unterschiedliche Aufgaben anfallen, die weitgehend seiner eigenverantwortlichen Zeiteinteilung unterliegen und deshalb in der Regel ohne besonderen Zeitdruck verrichten werden können. Arbeiten in Zwangshaltungen fallen nicht oder allenfalls kurzzeitig an, wenn man unter diesem Aspekt folgen Aufgabenbereiche eines Hauswarts in Betracht zieht: Regelmäßiges Kontrollieren von Gebäuden, Außenanlagen, technischen Einrichtungen / Anlagen (Heizungs-, Klima-, Fernmelde- und Alarmanlagen) auf Funktionstüchtigkeit bzw. Ordnungsmäßigkeit; Erledigen oder Veranlassen von Reparaturen; Überwachen und Sicherstellung von Versorgung mit Heizöl, Gas, Strom und ähnlichem; Führen der Aufsicht über Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung der Gebäude; Aufzeichnen von Arbeits- und Materialkosten oder Anfertigen von Berichten für Eigentümer / Verwalter. Bei diesen Tätigkeiten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass häufiges Bücken und Besteigen von Leitern und Gerüsten erforderlich ist. Möglicherweise hat der Hauswart z.B. beim Auswechseln von Leuchtmitteln eine Hausleiter zu besteigen; dies fällt aber nur gelegentlich an und ist dem Kläger nach den Ausführungen des Dr.M. ohne weiteres möglich. Hauswarte bearbeiten außerdem Mietbeschwerden und achten auf die Einhaltung der Hausordnung. Es werden Arbeits- und Materialkosten aufgezeichnet und Berichte für den Eigentümer bzw. Verwalter gefertigt. Sie führen Besichtigungen für Mietinteressenten und Wohnungsabgaben bzw. -übernahmen durch. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Kläger in der Lage ist, auch solche schriftlichen Arbeiten zu verrichten. Die Entlohnung erfolgt in der Privatwirtschaft regelmäßig in Lohngruppen für angelernte Arbeitnehmer, im öffentlichen Dienst als Facharbeiter. Im beruflichen Einsatzbereich eines Hauswarts kann der Kläger somit (aufgrund einschlägiger Vorkenntnisse ohne eine über drei Monate hinausgehende Einweisungszeit) die Stellung und tarifliche Entlohnung zumindest eines qualifiziert angelernten Arbeiters erreichen und damit mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson (gelernter Zimmermann) erzielen.
Der Senat ist dem Antrag des Klägers, von Amts wegen ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, nicht gefolgt, da der Sachverhalt in medizinischer Hinsicht hinreichend aufgeklärt ist. Aus der Bescheinigung des Dr.D. vom 05.09.2005 ergeben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte. Die von Dr.D. mitgeteilten Gesundheitsstörungen wurden von Dr.M. in seinem Gutachten berücksichtigt. Die von Dr.D. getroffene Feststellung, dass der Kläger für den Beruf des Hausmeisters (richtig: Hauswart) nicht geeignet sei, lässt eine Begründung vermissen. Der Senat hat sich daher nicht gedrängt fühlen müssen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Nach alledem ist der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI aF und hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen BU. Auf die Berufung der Beklagten war daher das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenenscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) beanspruchen kann.
Der 1962 geborene Kläger absolvierte erfolgreich eine Lehre als Zimmermann und war in dem erlernten Beruf bis 1987 tätig (Arbeitsunfall am 01.09.1987). Nach Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit war der Kläger ab Juni 1989 als Fahrer bei seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt. Seit dem 18.01.1999 bestand Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Folgen eines am 18.01.1999 erlittenen Skiunfalls. Nach der Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug bezog der Kläger Leistungen der Arbeitsverwaltung.
Der Kläger nahm in der Zeit vom 07.09.1999 bis 05.10.1999 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teil, aus der er als weiterhin arbeitsunfähig entlassen wurde. Eine Untersuchung des Klägers am 08.02.2000 durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen ergab, dass er für die Tätigkeit als Zimmermann auf Dauer als arbeitsunfähig anzusehen, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig für leichte bis mittelschere Tätigkeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen einsetzbar sei.
Der Kläger beantragte am 15.03.2000 die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Den Antrag lehnte die Beklagte nach Einholung ärztlicher Gutachten vom 07.06.2000 mit Bescheid vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 ab. Der Kläger sei nach den ärztlichen Feststellungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Seinen erlernten Beruf als Zimmermann könne er nicht mehr ausüben. Allerdings sei er als Facharbeiter auf die Tätigkeit als Holzschutzfachkraft oder als Fachverkäufer für Fertighäuser zumutbar verweisbar.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage führte der Kläger aus, dass die Beklagte sich zu Unrecht auf die Verweisungstätigkeiten berufe. Zumindest sei Rente wegen BU zu gewähren (Hinweis auf ein von der Beklagten zur beruflichen Rehabilitation eingeholtes ärztliches Gutachten vom 26.04.2001, nach dem für die letzte Tätigkeit ein unter- zweistündiges Leistungsvermögen anzunehmen sei).
Das SG zog die Versichertenakten der Beklagten, die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. (AVF) sowie die ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamtes Bad K. bei. Von dem behandelnden Allgemeinarzt Dr.D. holte es einen Befundbericht ein.
Das SG ernannte den Internisten Prof. Dr.Z. zum gerichtlichen Sachverständigen (Gutachten vom 30.08.2002). Dieser stellte fest, dass der Kläger seit Anfang 1999 im Wesentlichen unter folgenden Gesundheitsstörungen leide: 1. Zustand nach Fraktur des zweiten Halswirbels und Dens-Verschraubung (1999) mit mittelgradiger Funktionseinschränkung, 2. chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen mit leichtgradiger Bewegungseinschränkung, 3. rechtsseitig betonte Funktionsbehinderung der Handgelenke nach distaler Unterarmfraktur (1997), Fraktur der Metacarpale I rechts (1999), 4. Nephrektomie links wegen Nierenzellcarcinoms (1996) ohne Hinweis für Rezidive und 5. Alkohol- und Nikotinabusus, nutritiv-toxischer Leberparenchymschaden. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger leichte Tätigkeiten acht Stunden täglich verrichten. Die Arbeiten seien abwechselnd im Sitzen und Stehen bzw. Gehen und in geschlossenen Räumen auszuführen. Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems oder unter ungünstigen äußeren Bedingungen seien zu vermeiden.
Als weiteren Sachverständigen ernannte das SG den Neurologen und Psychiater Dr.O ... Dieser kam in dem Gutachten vom 26.11.2002 zum Schluss, dass beim Kläger ein chronischer Alkoholabusus und eine abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung bestehe. Hinsichtlich der von Prof. Dr.Z. festgestellten Gesundheitsstörungen seien keine neurologischen Ausfälle oder neurogenen Schädigungen nachweisbar gewesen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Stellung seien täglich achtstündig zumutbar. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, verbunden mit Unfallgefahren oder unter besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems.
Anschließend holte das SG eine berufkundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Bayern vom 21.05.2003 ein. Danach genüge das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen, die an die Tätigkeiten eines Betriebshandwerkers, eines Lagerverwalters, eines Hausmeisters oder eines Telefonisten gestellt würden. Der Kläger verfüge nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um sich innerhalb von höchstens drei Monaten in die Tätigkeiten als Holzschutzfachkraft (Holz- und Bautenschützer), als Fachverkäufer für Fertighäuser oder als Pförtner einarbeiten zu können. Für den Kläger zumutbare Arbeitsplätze im Bereich der Kontrolltätigkeiten in der holzverarbeitenden Industrie seien nicht in nennenswerter Anzahl vorhanden.
Mit Urteil vom 09.09.2003 verurteilte das SG antragsgemäß die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000, dem Kläger ab 01.04.2000 Rente wegen BU zu zahlen. Es folge den Ausführungen der Sachverständigen zum Leistungsvermögen des Klägers. Mit diesem Leistungsvermögen sei der Kläger jedoch nicht mehr in der Lage, die letzte Facharbeitertätigkeit als Zimmerer oder entsprechende Verweisungstätigkeiten als angelernter Arbeiter zu verrichten. Nach der berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes seien zumutbare Verweisungstätigkeiten nicht ersichtlich.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht. Entgegen der Annahme des SG könne der Kläger noch zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten (z.B. Tätigkeiten als Hausmeister, Registrator, Poststellenmitarbeiter oder sonstige gehobene Bürotätigkeiten).
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Akten des SG, die Versichertenakten der Beklagten, die Akten des Arbeitsamtes (jetzt: Agentur für Arbeit) Bad K. , die Akten des AVF sowie die Akten der Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen beigezogen und vom Allgemeinarzt Dr.D. und der Neurologin Dr.J. Befundberichte eingeholt.
Zur Frage des Leistungsvermögens des Klägers hat der Internist und Arbeits- und Sozialmediziner Dr.M. das Gutachten vom 22.06.2005 erstattet. Dr.M. stellte folgende Gesundheitsstörungen fest, die sich auf das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich auswirken: 1. Asthenische Persönlichkeitsstörung und Alkoholkrankheit, 2. Fehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule; Zustand nach Fraktur des zweiten Halswirbels und 3. Arthrose beider Handgelenke nach Unterarmfraktur beidseits; Fraktur des ersten Mittelhandknochens der linken Hand. Der Kläger sei in der Lage, einer Arbeitstätigkeit von acht Stunden täglich nachzugehen. Zumutbar seien leichte sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Sitzen, Stehen und Gehen. Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen oder mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung könne der Kläger nicht mehr verrichten. Ungeeignet seien Arbeiten, die häufig oder über längere Dauer körperliche Zwangshaltungen oder Überkopfarbeiten erfordern. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zimmerer könne der Kläger nicht mehr verrichten. Aus gesundheitlichen Gründen sei der Kläger nicht gehindert, die Tätigkeit eines Hauswartes in größeren Wohnanlagen bzw. Verwaltungsgebäuden auszuüben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Als Facharbeiter sei er nicht sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Hauswartes verweisbar. Er sei auch gesundheitlich nicht in der Lage, diese Tätigkeit auszuüben. Dies bestätige sein Hausarzt (Hinweis auf die Bescheinigung des Allgemeinarztes Dr.D. vom 05.09.2005). Folge der Senat nicht der von Dr.D. vertreten Auffassung, werde die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur abschließenden Aufklärung des medizinischen Sachverhalts beantragt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten sowie auf die Gerichtsakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie erweist sich auch als begründet, da das SG zu Unrecht die Beklagte zur Gewährung einer BU-Rente verurteilt hat. Der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen BU bestimmt sich gemäß § 300 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) noch nach § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (aF). Nach Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie u.a. berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 Sätze 1 und 2 SGB VI aF Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF).
Diese Tatbestandsmerkmale der BU sind beim Kläger nicht erfüllt, da der Kläger entsprechend seiner Erwerbsfähigkeit und seines beruflichen Werdeganges auf eine für ihn zumutbare Tätigkeit verwiesen werden kann.
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr.M. vom 22.06.2005. Die Untersuchung und Befunderhebung durch den ärztlichen Sachverständigen hat ergeben, dass der Kläger in der Lage ist, einer Arbeitstätigkeit vollschichtg (acht Stunden täglich) nachzugehen. Dem Kläger sind leichte und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar. Die Arbeiten sollten im Sitzen, überwiegend im Sitzen oder im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden. Nicht mehr abverlangt werden können Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen oder mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung. Dies gilt auch für Arbeiten, die häufig oder über längere Dauer körperliche Zwangshaltungen oder Überkopfarbeiten erfordern. Die rentenrechtlich relevante Wegstrecke zu Fuß ist nicht eingeschränkt, die Einhaltung betriebsunüblicher Pausen ist nicht erforderlich.
Im Vordergrund der von Dr.M. beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen steht die asthenische Persönlichkeitsstörung und die Alkoholkrankheit. Dr.M. geht in Übereinstimmung mit dem Psychiater und Neurologen Dr.O. davon aus, dass sich eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hieraus nicht ergibt. Alkoholfolgeschäden von wesentlicher leistungseinschränkender Bedeutung hat Dr.M. nicht feststellen können. Eine höhergradige Leberschädigung war nicht nachzuweisen. Die alkoholtoxische Schädigung der peripheren Beinnerven (Polyneuropathie) hat nach Dr.M. keine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers. Für hirnorganische Veränderungen bestanden keine Anhaltspunkte. Einschränkungen bestehen insofern, als dem Kläger Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung oder mit erhöhter Eigen- und Fremdgefährdung nicht mehr zumutbar sind. Die von Dr.M. festgestellten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der Zustand nach Fraktur des zweiten Halswirbels schränken das Leistungsvermögen des Klägers ebenfalls nur in qualitativer Hinsicht ein, da motorische oder sensible Störungen, die einer oder mehreren aus dem Rückmarkskanal austretenden Nervenwurzeln entsprechen könnten, nicht vorlagen. Zu vermeiden sind körperlich schwere Arbeiten und auch solche in länger anhaltenden Zwangshaltungen wie kniender, hockender oder gebückter Körperhaltung. Die Arthrose beider Handgelenke wirkt sich nicht leistungsmindernd aus. Trotz der röntgenologisch nachweisbaren Gelenkveränderungen ist der funktionelle Zustand beider Hände praktisch nicht beeinträchtigt. Dr.M. hat festgestellt, dass alle Griffformen mit guter Kraft ausgeführt werden können und auch die Armkraft nicht beeinträchtigt ist. Lediglich die Überstreckung (Dorsalextension) des rechten Handgelenks ist gegenüber links eingeschränkt, was die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nur unwesentlich beeinträchtigt. Für die vom Kläger berichteten beidseitigen Krämpfe der Finger mit Ausbildung von Krallenhänden findet sich keine organische Grundlage. Eine früher bestandene Schädigung des linken Ellennerven (N. ulnaris) ist im Jahr 2000 operativ behoben worden. Von Seiten der Nierenfunktion nach Entfernung der linken Niere im Jahre 1996 gibt es keinen Grund, den beruflichen Einsatz des Klägers in qualitativer oder quantitativer Hinsicht zu limitieren. Es ist von Krebsheilung durch die Nierenentfernung auszugehen. Nach der Entfernung der linken Niere ist deren Funktion von der gesunden rechten Niere übernommen worden. Laborkontrollen belegen, dass die rechte Niere die Ausscheidungsfunktion der linken Niere in vollem Umfang bewältigt. Die weiteren Gesundheitsstörungen (Fehlform der Füße, Schädigng des Hörorgans, Zustand nach Bauchtrauma und wiederholten Rippenfrakturen) schränken das Leistungsvermögen des Klägers nicht wesentlich ein. In der Vergangenheit wurde beim Kläger ein Mallory-Weiss-Syndrom festgestellt, das bei späterer Kontrolle aber nicht mehr nachweisbar war. Als kontroll- und behandlungsbedürftig liegt eine Störung des Harnsäurestoffwechsels / Hyperurikämie vor, die nach Dr.M. - ebenso wie das Mallroy-Weiss-Syndrom - zu keinem Zeitpunkt Rückwirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen des Klägers hatte oder noch hat.
Selbst wenn davon auszugehen ist, dass der Kläger die Tätigkeit als Zimmermann aufgrund des 1987 erlittenen Arbeitsunfalls aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, ist der Kläger nicht berufsunfähig. Für ihn gibt es noch zumutbare andere Berufstätigkeiten, in denen er vollschichtig tätig sein kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nur auf die nächstniedrigere Stufe verwiesen werden.
Gemessen an diesen Kriterien ist die Tätigkeit des Klägers als Zimmermann dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Zwischen den Beteiligten besteht auch Einvernehmen hinsichtlich der Einstufung des Klägers als Facharbeiter. Dem Kläger sind als Facharbeiter nicht nur Tätigkeiten aus seinem bisherigen Qualifikationsbereich, sondern auch solche Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe zumutbar. Dies ist die Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten (d.h. der sonstigen Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildung oder betrieblichen Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren), wobei der Kläger in der Lage sein muss, diese Tätigkeiten innerhalb einer Anlernzeit von drei Monaten wettbewerbsfähig auszuüben.
Insofern kommt beim Kläger als Verweisungstätigkeit der Einsatz als Hauswart in größeren Wohnanlagen bzw. Verwaltungsgebäuden in Betracht. Die Verweisung eines Facharbeiters auf diese Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung zulässig (vgl. BSG SozR 3-2960 § 46 Nr 2). Den Zugang zu einer solchen Berufstätigkeit erreicht ein Arbeitnehmer in der Regel durch Abschluss einer Facharbeiterausbildung.
Das berufstypische Einsatzgebiet des Hauswarts zeichnet sich dadurch aus, dass zahlreiche unterschiedliche Aufgaben anfallen, die weitgehend seiner eigenverantwortlichen Zeiteinteilung unterliegen und deshalb in der Regel ohne besonderen Zeitdruck verrichten werden können. Arbeiten in Zwangshaltungen fallen nicht oder allenfalls kurzzeitig an, wenn man unter diesem Aspekt folgen Aufgabenbereiche eines Hauswarts in Betracht zieht: Regelmäßiges Kontrollieren von Gebäuden, Außenanlagen, technischen Einrichtungen / Anlagen (Heizungs-, Klima-, Fernmelde- und Alarmanlagen) auf Funktionstüchtigkeit bzw. Ordnungsmäßigkeit; Erledigen oder Veranlassen von Reparaturen; Überwachen und Sicherstellung von Versorgung mit Heizöl, Gas, Strom und ähnlichem; Führen der Aufsicht über Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung der Gebäude; Aufzeichnen von Arbeits- und Materialkosten oder Anfertigen von Berichten für Eigentümer / Verwalter. Bei diesen Tätigkeiten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass häufiges Bücken und Besteigen von Leitern und Gerüsten erforderlich ist. Möglicherweise hat der Hauswart z.B. beim Auswechseln von Leuchtmitteln eine Hausleiter zu besteigen; dies fällt aber nur gelegentlich an und ist dem Kläger nach den Ausführungen des Dr.M. ohne weiteres möglich. Hauswarte bearbeiten außerdem Mietbeschwerden und achten auf die Einhaltung der Hausordnung. Es werden Arbeits- und Materialkosten aufgezeichnet und Berichte für den Eigentümer bzw. Verwalter gefertigt. Sie führen Besichtigungen für Mietinteressenten und Wohnungsabgaben bzw. -übernahmen durch. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Kläger in der Lage ist, auch solche schriftlichen Arbeiten zu verrichten. Die Entlohnung erfolgt in der Privatwirtschaft regelmäßig in Lohngruppen für angelernte Arbeitnehmer, im öffentlichen Dienst als Facharbeiter. Im beruflichen Einsatzbereich eines Hauswarts kann der Kläger somit (aufgrund einschlägiger Vorkenntnisse ohne eine über drei Monate hinausgehende Einweisungszeit) die Stellung und tarifliche Entlohnung zumindest eines qualifiziert angelernten Arbeiters erreichen und damit mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson (gelernter Zimmermann) erzielen.
Der Senat ist dem Antrag des Klägers, von Amts wegen ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, nicht gefolgt, da der Sachverhalt in medizinischer Hinsicht hinreichend aufgeklärt ist. Aus der Bescheinigung des Dr.D. vom 05.09.2005 ergeben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte. Die von Dr.D. mitgeteilten Gesundheitsstörungen wurden von Dr.M. in seinem Gutachten berücksichtigt. Die von Dr.D. getroffene Feststellung, dass der Kläger für den Beruf des Hausmeisters (richtig: Hauswart) nicht geeignet sei, lässt eine Begründung vermissen. Der Senat hat sich daher nicht gedrängt fühlen müssen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Nach alledem ist der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI aF und hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen BU. Auf die Berufung der Beklagten war daher das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenenscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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