L 22 KN 18/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 6 KN 115/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 KN 18/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. April 2003 geändert. Die Bescheide vom 12. November 1999 und vom 18. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2001 werden insoweit aufgehoben, als sie bei der Rentenberechnung einen Leistungszuschlag für die Zeit vom 01. Juni bis 20. November 1988 nicht berücksichtigen. Die Beklagte hat dem Kläger ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Minderung seiner Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ab 01. Februar 2000 wegen der Nichtberücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte für ständige Arbeiten unter Tage (Leistungszuschlag) für die Zeit vom 01. Juni 1988 bis 31. Dezember 1993.

Der im 1938 geborene Kläger, der eine abgeschlossene Ausbildung zum Schlosser absolvierte, war bergmännisch ab 22. November 1960 zunächst als Gerätewart bei der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen und das Gasschutzwesen und ab 01. Januar 1965 als Gerätemechaniker und hauptamtlicher Gerätewart bei der Grubenrettungsstelle des VEB Braunkohlenwerks (BKW) F Mtätig.

Ab 01. Mai 1988 erhielt er Bergmannsvollrente, der sieben Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit, 28 Jahre einer solchen Tätigkeit im Bergbau und ein Leistungszuschlag für 27 Jahre Unter-Tage-Tätigkeit (Oktober 1960 bis April 1988) zugrunde lagen (Bescheid der Sozialversicherung vom 12. Mai 1988). Zum 01. Januar 1992 wurde diese Rente umgewertet und angepasst und als Rente für Bergleute wegen langjähriger Unter-Tage-Beschäftigung und Vollendung des 50. Lebensjahres geleistet. Dabei wurden 28 Arbeitsjahre und zusätzliche Entgeltpunkte für den Leistungszuschlag für 27 volle Jahre der Unter-Tage-Tätigkeit berücksichtigt (Bescheid vom 19. November 1992).

Nachdem der Kläger einen Antrag auf Kontenklärung gestellt hatte, unterrichtete die Beklagte ihn über die in seinem Versicherungskonto vorgemerkten Zeiten. Der Kläger rügte das Fehlen der Leistungszuschläge für seine Unter-Tage-Tätigkeit und übersandte die Bescheinigung des Leiters des Grubenrettungswesens der Hauptfeuerwache - Grubenwerk - der LAG vom 04. März 1997.

Mit Bescheid vom 29. Januar/09. Februar 1998 stellte die Beklagte die im anliegenden Versicherungsverlauf enthaltenen Daten für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 verbindlich fest. Als ständige Arbeiten unter Tage berücksichtigte sie 328 Monate im Zeitraum vom 22. November 1960 bis 20. November 1988, woraus 27 volle Jahre resultierten.

Im Januar 1998 beantragte der Kläger Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und legte danach gegen den Bescheid vom 29. Januar/09. Februar 1998 Widerspruch ein, mit dem er darauf hinwies, dass er ab 01. Januar 1989 die gleiche Tätigkeit wie zuvor ausgeübt habe. Er fügte den Arbeitsvertrag mit dem VEB BKW F M vom 07. Januar 1965 und die Arbeitsbescheinigung der LBV mbH vom 15. September 1995 bei.

Mit vorläufigem Rentenbescheid vom 14. April 1998 bewilligte die Beklagte Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ab 01. Juni 1998 bei 6,6355 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) aus der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (Ost), 35,7469 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) aus der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost) und 5,7500 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) als Leistungszuschlag. Für die Berechnung des Leistungszuschlages legte sie die im Bescheid vom 29. Januar/09. Februar 1998 vorgemerkten Zeiten von ständigen Arbeiten unter Tage zugrunde. Die Berechnung der Rente könne - so der Bescheid - noch nicht endgültig erfolgen, weil die Ermittlungen hinsichtlich der Versicherungszeiten noch nicht abgeschlossen seien.

Eine Prüfung des Referates Innenrevision der Beklagten kam zu dem Ergebnis, dass eine Berücksichtigung der Zeit vom 21. Mai bis 20. November 1988 für den Leistungszuschlag nicht möglich sei, da nur Zeiten als Mitglied der für den Einsatz unter Tage bestimmten Grubenwehr - mit Ausnahme der Gerätewarte - für die Dauer der Zugehörigkeit als ständige Arbeiten unter Tage anerkannt werden könnten. Laut Bescheinigung vom 04. März 1997 habe der Kläger als Mitglied der Grubenwehr neben seiner Funktion als Geräte- bzw. Hauptgerätewart vom 22. November 1960 bis 20. Mai 1988 (= 50. Lebensjahr) die Tätigkeit eines Wehrmannes ausgeübt. Nach der Anordnung über das Grubenrettungswesen ende die Mitgliedschaft der Wehrmänner mit Vollendung des 50. Lebensjahres.

Die Beklagte holte die Auskunft der L mbH vom 27. Juli 1998 ein.

Mit Bescheid vom 19. Januar 1999 stellte die Beklagte die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ab 01. Juni 1998 bei 6,8182 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) aus der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (Ost), bei 38,1782 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) aus der knappschaftlichen Rentenversicheurng (Ost) und bei 7,6250 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) als Leistungszuschlag (Ost) neu fest. Als weitere Zeiten von ständigen Arbeiten unter Tage berücksichtigte sie 60 Kalendermonate im Zeitraum vom 01. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993, woraus insgesamt 388 Kalendermonate und 32 volle Jahre resultierten.

Nachdem das Referat Innenrevision der Beklagten erneut Zweifel an der Untertagetätigkeit vom 01. Mai (21. Mai) 1988 bis 31. Dezember 1993 geäußert hatte, wurden die weiteren Auskünfte der LMBV mbH vom 15. Juni 1999 und 22. Juni 1999 sowie die Telefonauskunft mit dem Leiter der Grubenwehr der LMBV mbH vom 20. Juli 1999 eingeholt.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 19. Januar 1999 hinsichtlich der dort ausgewiesenen Rentenhöhe nach Maßgabe des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung vom 01. Juni 1998 zurückzunehmen. Die Zeit vom 21. Mai 1988 bis 31. Dezember 1993 könnte nicht als Zeit von ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet werden. Der Kläger habe zwar eine Entlohnung als Unter-Tage-Beschäftigter erhalten. Mit Vollendung des 50. Lebensjahres erfolgten jedoch generell keine Einsätze mehr unter Tage. Die Arbeitsstätte habe sich somit über Tage befunden. Ein Einsatz als Wehrmann sei nur bis Mai 1988 erfolgt. Seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger ausschließlich als Gerätewart bzw. Hauptgerätewart eingesetzt gewesen. Der Kläger habe die Unrichtigkeit im Bescheid erkennen können, da er in der genannten Zeit nicht unter Tage tätig gewesen sei. Trotz eines für das Jahr 1965 nachgewiesenen Überentgelts ergebe sich eine Rentenminderung.

Der Kläger verwies darauf, dass er auch nach Vollendung des 50. Lebensjahres weiter hauptamtlich im Grubenrettungsdienst tätig gewesen sei. Dies entspreche einer Unter-Tage-Tätigkeit.

Mit Bescheid vom 12. November 1999 hob die Beklagte den Bescheid vom 19. Januar 1999 mit Wirkung ab 01. Juni 1998 nach Maßgabe der neuen Berechnung vom 16. September 1999 auf. Der Rentenberechnung legte sie 6,8222 persönliche Entgeltpunkte (Ost) der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (Ost), 38,3395 persönliche Entgeltpunkte (Ost) der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost) und 6,1250 persönliche Entgeltpunkte (Ost) als Leistungszuschlag (Ost) zugrunde. Dabei berücksichtigte sie zwar nicht mehr die Zeit vom 01. Juni 1988 bis 31. Dezember 1991, jedoch weiterhin die Zeit vom 01. Januar 1992 bis 31. Dezember 1993 als Zeit von ständigen Arbeiten unter Tage, woraus 346 Kalendermonate und 28 volle Jahre resultierten. Im Hinblick darauf, dass der Kläger nicht unter Tage tätig gewesen sei, hätte er die Rechtswidrigkeit erkennen können. Auf Vertrauen könne er sich nicht berufen, da die Nachzahlung bisher noch nicht ausgezahlt worden sei.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 12. November 1999 hinsichtlich der dort ausgewiesenen Rentenhöhe nach Maßgabe des § 45 SGB X mit Wirkung ab 01. Juni 1998 zurückzunehmen. Dieser Bescheid enthalte die Zeiten der Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage vom 01. Januar 1992 bis 31. Dezember 1993, die jedoch, wie bereits im Schreiben vom 13. Oktober 1999 dargelegt, nicht berücksichtigt werden könnten.

Der Kläger verwies darauf, dass im Sozialversicherungsausweis bzw. ab 1992 im Beschäftigungsnachweis eine Untertagetätigkeit bestätigt werde.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2000 hob die Beklagte den Bescheid vom 12. November 1999 ab 01. Juni 1998 nach Maßgabe der neuen Berechnung vom 13. Dezember 1999 auf. Sie legte der Rentenberechnung 6,8222 persönliche Entgeltpunkte (Ost) aus der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (Ost), 38,3395 persönliche Entgeltpunkte (Ost) der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost) und 5,3750 persönliche Entgeltpunkte (Ost) als Leistungszuschlag (Ost) zugrunde. Als Zeiten der ständigen Arbeiten unter Tage berücksichtigte sie nur noch 322 Monate im Zeitraum vom 22. November 1960 bis 31. Mai 1988, woraus 26 volle Jahre resultierten.

Mit den gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüchen machte der Kläger geltend, es sei die Sonderregelung der damaligen Zentralstelle für das Grubenrettungswesen nicht beachtet worden. Danach habe er die Berechtigung erhalten, über Mai 1988 hinaus weiterhin als Hauptgerätewart und Wehrmann tätig zu werden. Auch werde § 41 Abs. 1 Buchstabe h der Ersten Durchführungsbestimmung zur Rentenverordnung (1. DB zur RtVO) nicht beachtet, wonach die Tätigkeit der hauptamtlich im Grubenrettungsdienst Eingesetzten als bergmännische Tätigkeiten gelten.

Die Beklagte holte die Telefonauskunft der Bergbau BG, Hauptstelle für das Grubenrettungswesen vom 28. November 2000 ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2001 hob die Widerspruchsstelle die Bescheide vom 12. November 1999 und 18. Februar 2000 hinsichtlich der Zeit vor dem 01. Februar 2000 auf, ordnete die Auszahlung der einbehaltenen Überzahlung an und sprach den Verzicht auf die Rückforderung aus. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Maßgebend seien die Vorschriften des SGB VI und nicht der RtVO. Nach § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI bzw. § 254 a SGB VI sei eine Gleichstellung der Grubenwehrzeit mit ständigen Arbeiten unter Tage nicht möglich, da der Kläger ab Juni 1988 ausschließlich als Gerätewart bzw. Hauptgerätewart eingesetzt gewesen sei. Aufgrund der Anhörung sei dem Kläger die Fehlerhaftigkeit der Bescheide bekannt gewesen. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers sehe der Widerspruchsausschuss keine Möglichkeit, die Bescheide für die Zeit ab Februar 2000 zu beanstanden.

Dagegen hat der Kläger am 06. Juli 2001 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben.

Er hat vorgetragen: Die Zäsur des Tätigwerdens unter Tage habe in der DDR hinsichtlich der Vollendung des 50. Lebensjahres nur für ehrenamtliche Mitglieder der Grubenwehr gegolten, während derartiges für hauptamtlich Beschäftigte der Grubenwehr bzw. der Grubenrettungswehr erst mit Vollendung des 60. Lebensjahres gegolten habe. Hauptamtliche Mitarbeiter des Grubenrettungsdienstes hätten lediglich als Wehrmänner über das Alter von 50 Jahren hinaus nicht mehr tätig sein dürfen. Im Übrigen sei für die Zeit vor dem 01. Januar 1992 das Recht der DDR maßgebend. Der Kläger hat die Bescheinigung der DISOS GmbH vom 08. Oktober 2001 beigefügt.

Mit Urteil vom 09. April 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen vor. Die Zeit vom 21. Mai 1988 bis 31. Dezember 1993 sei keine Zeit der Unter-Tage-Arbeiten. Nach § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI seien ab 01. Januar 1992 den Unter-Tage-Arbeiten die Arbeiten als Mitarbeiter der Grubenwehr, jedoch unter ausdrücklicher Ausnahme der Gerätewarte gleichgestellt. Nach § 41 der 1. DB zur RtVO gelten die Tätigkeiten der hauptamtlich im Grubenrettungsdienst Eingesetzten als bergmännische Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten würden nach § 43 der 1. DB zur RtVO bei der Berechnung des Zuschlags für Untertagetätigkeiten zwar berücksichtigt, nicht jedoch den Untertagetätigkeiten gleichgestellt. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes habe der Kläger in Anbetracht der Verringerung der Rente um ca. 20 Euro monatlich bei einer Gesamthöhe von mehr als 1250 Euro monatlich nicht geltend gemacht. Auch habe die Beklagte ihr Ermessen zutreffend ausgeübt.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. April 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 08. Mai 2003 eingelegte Berufung des Klägers.

Er ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI vorliegen, weil nach der Kommentierung im Kasseler Kommentar die (hauptamtlichen) Gerätewarte nur ausgenommen seien, wenn sie nicht zugleich Wehrmänner seien. Wegen der für ihn bestehenden Sonderregelung sei er jedoch über das 50. Lebensjahr hinaus zugleich Wehrmann gewesen. Von Juni 1988 bis Dezember 1993 habe es keine Alarme der Grubenwehr gegeben. Die anderen vier in den Betriebsplänen für das Grubenrettungswesen genannten Gerätewarte hätten den Leistungszuschlag erhalten. Der Kläger hat die Bestätigung des Leiters des Grubenrettungswesens der Hauptfeuerwache - Grubenwehr - der LAG vom 04. August 1998, den Betriebsplan für das Grubenrettungswesen für das Jahr 1992 vom 10. Dezember 1991 sowie das Schreiben der Bergbau-Berufsgenossenschaft, Hauptstelle für das Grubenrettungswesen vom 13. Mai 2003 vorgelegt.

Der Kläger beantragt

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. April 2003 zu ändern und die Bescheide vom 12. November 1999 und 18. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Allerdings seien die Regelungen der RtVO und des Art. 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) nicht anwendbar. Die Mitgliedschaft des Klägers in der Grubenwehr beruhe ausschließlich auf seiner Tätigkeit als Gerätewart, nicht jedoch als Wehrmann.

Der Senat hat eingeholt die Auskünfte des Landesbergamtes Brandenburg vom 03. Dezember 2003 und 17. März 2004, denen der Betriebsplan für das Grubenrettungswesen für das Jahr 1993 nebst Zulassungsbescheid des Bergamtes Senftenberg vom 08. Februar 1993, der Betriebsplan für das Grubenrettungswesen für das Jahr 1991 und das Schreiben der Bergbau-Berufsgenossenschaft - Hauptstelle für das Grubenrettungswesen vom 09. März 2004 nebst Plan für das Grubenrettungswesen beigefügt gewesen sind, der Iron Mountain DISOSGmbH vom 10. November 2004 sowie der V AG vom 05. November 2004, 11. März 2005 und 19. Mai 2005, denen das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchung den Kläger betreffend (zuletzt am 17. Februar 1989 als gerätewarttauglich befunden), der Grubenwehrausweis des Klägers (einschließlich Eintragungen über die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen, zuletzt im Mai 1988), der Funktionsplan des Hauptgerätewartes Grubenwehr und verschiedene Einsatzaufträge (an denen der Kläger nicht beteiligt war) beigefügt gewesen sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage, soweit nicht der Leistungszuschlag für die Zeit vom 01. Juni bis 20. November 1988 betroffen ist, im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Bescheide vom 12. November 1999 und 18. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2001 sind insoweit rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 19. Januar 1999 liegen vor. Insbesondere ist letztgenannter Bescheid rechtswidrig, denn er berücksichtigt zu Unrecht einen Leistungszuschlag für die Zeit vom 21. November 1988 bis 31. Dezember 1993. Während dieser Zeit übte der Kläger keine ständigen Arbeiten unter Tage oder gleichgestellte Arbeiten aus. Der Bescheid vom 19. Januar 1999 ist jedoch rechtmäßig, soweit er einen Leistungszuschlag für die Zeit vom 01. Juni bis 20. November 1988 enthält, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für diesen Leistungszuschlag wurden mit dem nicht zurückgenommenen Bescheid vom 29. Januar/09. Februar 1998 vorgemerkt.

Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte u. a. nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, wobei grobe Fahrlässigkeit dann vorliegt, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ein rechtswidriges begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach § 45 Abs. 2 SGB X nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Nach § 45 Abs. 4 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 SGB X zurückgenommen, also insbesondere dann, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Der Bescheid vom 19. Januar 1999, mit dem der Bescheid vom 14. April 1998 geändert wurde, der bereits auf der Grundlage des Bescheides vom 29. Januar/09. Februar 1998 als Zeit von ständigen Arbeiten unter Tage die Zeit vom 01. Juni 1988 bis 20. November 1988 anrechnete, ist, soweit er die weitere Zeit vom 01. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 als Zeit von ständigen Arbeiten unter Tage berücksichtigte, rechtswidrig.

Nach § 64 SGB VI unter Berücksichtigung der für das Beitrittsgebiet geltenden Regelungen der §§ 254 b - 254 d, §§ 255 a, 255 b, § 265 a Abs. 1 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Liegen der Rente persönliche Entgeltpunkte sowohl der knappschaftlichen Rentenversicherung als auch der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde, sind aus den persönlichen Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung und denen der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten Monatsteilbeträge zu ermitteln, deren Summe den Monatsbetrag der Rente ergibt (§ 80 SGB VI). Zur Summe aller Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung gehören auch Entgeltpunkte aus dem Leistungszuschlag (§ 81 Abs. 1 SGB VI).

Nach § 85 SGB VI erhalten Versicherte nach sechs Jahren ständiger Arbeiten unter Tage für jedes volle Jahr mit solchen Arbeiten vom 6. bis zum 10. Jahr 0,125, vom 11. bis zum 20. Jahr 0,25 und für jedes weitere Jahr 0,375 zusätzliche Entgeltpunkte (Leistungszuschlag). Die zusätzlichen Entgeltpunkte werden den Kalendermonaten mit ständigen Arbeiten unter Tage zu gleichen Teilen zugeordnet.

Ständige Arbeiten unter Tage sind nach § 61 Abs. 1 SGB VI solche Arbeiten nach dem 31. Dezember 1967, die nach ihrer Natur ausschließlich unter Tage ausgeübt werden.

Nach § 61 Abs. 2 SGB VI werden den ständigen Arbeiten unter Tage gleichgestellt:

1. Arbeiten, die nach dem Tätigkeitsbereich der Versicherten sowohl unter Tage als auch über Tage ausgeübt werden, wenn sie während eines Kalendermonats in mindestens 18 Schichten überwiegend unter Tage ausgeübt worden sind; Schichten, die in einem Kalendermonat wegen eines auf einen Arbeitstag fallenden Feiertags ausfallen, gelten als überwiegend unter Tage verfahrene Schichten,

2. Arbeiten als Mitglieder, der für den Einsatz unter Tage bestimmten Grubenwehr mit Ausnahme als Gerätewarte, für die Dauer der Zugehörigkeit,

3. Arbeiten als Mitglieder des Betriebsrates, wenn die Versicherten bisher ständige Arbeiten unter Tage oder nach Nummern 1 oder 2 gleichgestellte Arbeiten ausgeübt haben und im Anschluss daran wegen der Betriebsratstätigkeit von diesen Arbeiten freigestellt worden sind.

Nach § 254 a SGB VI sind ständige Arbeiten unter Tage darüber hinaus die im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 überwiegend unter Tage ausgeübte Tätigkeiten.

Der Begriff der ständigen Arbeiten unter Tage kann vorliegend nicht unmittelbar aus dem Recht der DDR, insbesondere aus § 41 Abs. 1 Buchstabe h 1. DB zur RtVO entnommen werden. Dies folgt daraus, dass weder eine Rente nach den Vorschriften der DDR zu berechnen ist, noch eine solche nach Art. 2 RÜG, der in § 23 Abs. 2 Nr. 6 eine entsprechende Regelung enthält, wonach Untertagearbeiten Arbeiten als hauptamtlich im Grubenrettungsdienst Eingesetzter sind. Vielmehr geht es um die Ermittlung der Rentenhöhe nach den Regelungen des SGB VI. Mithin bestimmt ausschließlich dieses Recht, wie die Höhe der Rente zu errechnen ist. Dies schließt zwar nicht aus, dass Regelungen des Rechts der DDR anwendbar sind. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dies in Übergangsvorschriften dieses Gesetzbuches ausdrücklich bestimmt ist.

Als solche Bestimmung ist § 254 a SGB VI anzusehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass Tätigkeiten bzw. Arbeiten der hauptamtlich im Grubenrettungsdienst Eingesetzten ständige Arbeiten unter Tage sind.

Wie das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 16. Mai 2001 - B 8 KN 10/00 R (abgedruckt in SozR 3-2600 § 61 Nr. 1) entschieden hat, werden ausgehend vom Wortlaut des § 254 a SGB VI nur diejenigen Arbeiten gleichgestellt, die überwiegend unter Tage "ausgeübt" worden sind. In der Gesetzesbegründung des RÜG, durch welches diese Vorschrift mit Wirkung zum 01. Januar 1992 in das SGB VI eingefügt wurde, wird erläutert, dass das Rentenrecht der ehemaligen DDR den Begriff der "ständigen Arbeiten unter Tage" nicht kennt, sondern den der überwiegenden Untertagetätigkeit. Da jedoch noch eine gewisse Vergleichbarkeit beider Begriffe gegeben sei, bestimme die Vorschrift, dass die nach DDR-Recht überwiegend unter Tage "verrichteten" Tätigkeiten den ständigen Arbeiten unter Tage gleichstehen (vgl. Bundestagsdrucksache 12/405 S. 126 zu Nr. 60 = § 254 a SGB VI). Die zeitgleich in Art. 2 § 23 Abs. 2 RÜG enthaltene Definition der "Untertagetätigkeit" ist in § 254 a SGB VI nicht übernommen worden, so dass sich die Gleichstellung mit "ständigen Arbeiten unter Tage" vielmehr auf tatsächlich überwiegend unter Tage "ausgeübte" Tätigkeiten beschränkt.

Ständige Arbeiten unter Tage nach § 61 Abs. 1 SGB VI übte der Kläger im Zeitraum vom 21. November 1988 bis 31. Dezember 1993 nicht aus, denn die Grubenrettungsstelle befand sich nach der von der Beklagten eingeholten telefonischen Auskunft des Leiters der Grubenwehr der LMBV mbH vom 20. Juli 1999 über Tage, was im Übrigen auch vom Kläger nicht in Frage gestellt wird.

Von den in § 61 Abs. 2 SGB VI den ständigen Arbeiten unter Tage gleichgestellten Arbeiten kommen überhaupt nur Arbeiten als Mitglieder der für den Einsatz unter Tage bestimmten Grubenwehr in Betracht. Allerdings nimmt § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI insoweit solche Mitglieder der Grubenwehr aus, die Gerätewarte sind.

Der Kläger war (auch) im Zeitraum vom 21. November 1988 bis 31. Dezember 1993 Mitglied der Grubenwehr. In dieser Grubenwehr hatte er die Funktion eines hauptamtlichen Geräte- bzw. Hauptgerätewarts.

Die Beschäftigung als Gerätewart bzw. Hauptgerätewart der Grubenwehr ergibt sich hierbei aus dem Arbeitsvertrag mit dem VEB BKW F M vom 07. Januar 1965, in dem eine Tätigkeit als Gerätemechaniker in der Grubenrettungsstelle ausgewiesen ist, in Verbindung mit dem Änderungsvertrag mit dem VEB BKW S vom 10. Dezember 1980, der wegen wirtschaftsorganisatorischer Maßnahmen geschlossen wurde und weiterhin die Beschäftigung als Gerätewart "u. T.", also unter Tage als Mitglied der Grubenrettungsstelle, ausweist sowie aus den Mitteilungen der LAGüber die maßgebliche Tarifgruppe ab 01. Januar 1991 bzw. ab 01. Oktober 1993, die als ausgeübte Tätigkeit bzw. Tariffunktion die eines Gerätewartes bzw. Hauptgerätewartes der Grubenwehr benennen. Aus der der Auskunft der V AG vom 11. März 2005 beigefügten Funktionsbeschreibung ist der Hauptgerätewart der Grubenwehr in seinem räumlichen Funktionsbereich Grubenrettungsstelle/Stützpunkt Grubenwehr/Betrieb u. a. verantwortlich für die Instandsetzung der Geräte und Einrichtungen der Grubenwehr, für die Einsatzbereitschaft der Atemschutzausrüstung, die Einsatzfahrzeuge und die technischen Hilfsmittel, für die Anleitung der Gerätewarte und die Ausbildung der Geräteanwärter, für die Durchführung der Unterweisungen der Geräteträger im Umgang mit der Atemschutztechnik und Gasmesstechnik und für die Besetzung der Bereitschaftsstelle im Einsatzfall.

Die Zugehörigkeit des Klägers zur Grubenwehr wird durch die ebenfalls von der V AG mit selbem Schriftsatz übersandten Kopie des Grubenwehrausweises belegt, wobei sich dort allerdings Eintragungen über die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen lediglich bis Mai 1988 und über ärztliche Untersuchungen lediglich bis Januar 1988 finden. Allerdings weist die außerdem vorgelegte Kopie der Karteikarte über das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchung für Mitglieder der Gruben- und Gasschutzwehren eine letztmalige Untersuchung am 17. Februar 1989 aus, wonach der Kläger als Gerätewart für tauglich beurteilt wurde. Die Mitgliedschaft in der Grubenwehr ergibt sich zudem aus den vorliegenden Betriebsplänen für das Grubenrettungswesen für die Jahre 1991 bis 1993. Dort wird der Kläger jeweils unter Ziffer 3 (Grubenwehr) 3.6 (Mitgliederverzeichnis) mit der Stellung in der Wehr als Hauptgerätewart unter den laufenden Nummern 19, 18 bzw. 15 aufgeführt.

Die Funktion als Geräte- bzw. Hauptgerätewart und die Mitgliedschaft in der Grubenwehr wird darüber hinaus in den Schreiben des Leiters des Grubenrettungswesens der Hauptfeuerwache - Grubenwehr - der LAGvom 04. März 1997, der LMBV mbH vom 15. Juni 1999 und 22. Juni 1999, des Leiters des Grubenrettungswesens vom 04. August 1998, der Iron Mountain DISOS GmbH vom 10. November 2004, der V AG vom 11. März 2005, des Landesbergamtes Brandenburg vom 17. März 2004 und der Bergbau-Berufsgenossenschaft - Hauptstelle für das Grubenrettungswesen vom 09. März 2004 bestätigt.

Die vom Kläger als Geräte- bzw. Hauptgerätewart verrichteten Arbeiten als Mitglied der Grubenwehr begründen jedoch wegen § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nicht die Gleichstellung mit ständigen Arbeiten unter Tage.

Daran vermag das unter Ziffer 3.7 der Betriebspläne für das Grubenrettungswesen für die Jahre 1991 bis 1993 bestätigte Einverständnis zur Abweichung von Vorschriften für das Grubenrettungswesen, das auch den Kläger erfasste, nichts zu ändern. Auch wenn das Einverständnis des Leiters der Zentralstelle nicht mehr auffindbar bzw. vorhanden ist (vgl. die Auskünfte des Landesbergamtes Brandenburg vom 17. März 2004 und der Bergbau-Berufsgenossenschaft - Hauptstelle für das Grubenrettungswesen vom 09. März 2004), ist der Senat davon überzeugt, dass ein solches tatsächlich bestand, denn ansonsten wären die Betriebspläne so nicht genehmigt worden (vgl. auch in diesem Sinne die Auskunft des Landesbergamtes Brandenburg vom 17. März 2004). Der Senat ist ebenfalls davon überzeugt, dass ein solches Einverständnis auch für die Zeit bis 31. Dezember 1990 vorlag, denn nur dieses konnte für die Zeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres die weitere Mitgliedschaft des Klägers in der Grubenwehr mit der Funktion eines Geräte- bzw. Hauptgerätewartes begründen.

Nach § 4 Abs. 1 Anordnung über das Grubenrettungswesen und das Gasschutzwesen vom 30. September 1987 (GBl DDR I 1987, 266) - GGW-AO - hatten die Betriebe gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe b GGW-AO eine Grubenwehr oder Gasschutzwehr zu bilden. Die Grubenwehr hatte nach § 4 Abs. 2 GGW-AO mindestens aus folgenden Wehrmitgliedern zu bestehen: 4 Oberführern (davon ein Leiter der Wehr), 4 Atemschutzgerätewarten, 5 Gruppenführern, 7 Wehrmännern. Für die Zugehörigkeit zur Wehr galten nach § 7 Abs. 1 GGW-AO die arbeitsrechtlichen Bestimmungen und die Bestimmungen dieser Anordnung. Mitglieder der Wehren konnten Werktätige sein, die u. a. als Mitglieder der Grubenwehr das 19. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht überschritten hatten (§ 7 Abs. 2 Buchstabe d GGW-AO). Nach § 7 Abs. 4 GGW-AO konnten die hauptamtlich tätigen Oberführer und Atemschutzgerätewarte in begründeten Fällen mit Zustimmung des Leiters der Zentralstelle (§ 1 Abs. 7 GGW-AO) ihre Funktion in den Grubenwehren bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres und in den Gasschutzwehren bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter ausführen.

Ab dem Jahr 1993 bedurfte es allerdings der in § 7 Abs. 4 GGW-AO bestimmten Zustimmung für Atemschutzgerätewarte nicht mehr, denn nach dem seither geltenden Plan für das Grubenrettungswesen, der der Auskunft des Landesbergamtes Brandenburg vom 17. März 2004 beigefügt gewesen ist, gibt es für Gerätewarte keine besondere Regelung mehr über das Ausscheiden bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters. Nach Ziffer 2.1.2 dieses Planes setzt sich die Grubenwehr aus den Oberführern (ein Oberführer ist als Leiter der Grubenwehr, weitere als stellvertretende Oberführer zu bestellen), den Truppführern, den Wehrmännern und den Gerätewarten (ein Gerätewart ist als Hauptgerätewart der Gruppenwehr zu bestellen) zusammen. Nach Ziffer 2.4 dieses Planes endet die Mitgliedschaft in der Grubenwehr durch Austritt, wenn bei der arbeitsmedizinischen Untersuchung vom Arzt dauernde gesundheitliche Bedenken für den Dienst in der Grubenwehr erhoben werden, für Wehrmänner und Truppführer mit Vollendung des 50., für Oberführer mit Vollendung des 55. Lebensjahres oder durch Ausschluss. Dieser Plan hat somit für Gerätewarte, wie in der Auskunft des Landesbergamtes Brandenburg vom 17. März 2004 ausgeführt, ab 1993 § 7 Abs. 4 GGW-AO sozusagen "aufgeweicht".

Das in den Betriebsplänen für das Grubenrettungswesen für die Jahre 1991 bis 1993 genannte Einverständnis den Kläger betreffend beruht auf § 7 Abs. 4 GGW-AO (so auch Auskunft des Landesbergamtes Brandenburg vom 17. März 2004). Dieses Einverständnis betrifft jedoch, wie in diesen Betriebsplänen ausdrücklich genannt, (nur) den "Einsatz als hauptamtlicher Gerätewart".

Da Arbeiten eines Gerätewartes wegen § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI den ständigen Arbeiten unter Tage nicht gleichstehen, vermag somit dieses Einverständnis zum "Einsatz als hauptamtlicher Gerätewart" über das 50. Lebensjahr hinaus keine andere Rechtsfolge zu entfalten.

Etwas anderes ist nur in zwei Fällen denkbar. Zum einen betrifft dies Geräte- und Hauptgerätewarte, die gleichzeitig Wehrmänner sind (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 36. EL, SGB VI, Niesel, § 61 Rdnr. 8; Hauck/Haines, SGB VI, Lieferung 2/03, Diel, K § 61 Rdnr. 25; Gesamtkommentar (GK) SGB VI, Lieferung Dezember 2001, Pott, § 61 Rdnr. 36). Zum anderen betrifft dies Arbeiten von Versicherten, die grubenwehrtauglich sind, die für Wehrmänner vorgeschriebenen Übungen ableisten und jederzeit als Wehrmänner zu Einsätzen hinzugezogen werden können (Hauck/Haines, a.a.O. K § 61 Rdnr. 25; GK-SGB VI, a.a.O., § 61 Rdnr. 36; vgl. auch Verbandskommentar, 31. EL, § 61 SGB VI Ziffer 4.2, wonach beide Alternativen kumulativ vorliegen müssen).

Der Kläger war nach Mai 1988 nicht zugleich Wehrmann.

Im Schreiben des Leiters Grubenrettungswesen/Atemschutz der Hauptfeuerwache - Grubenwehr - LAG vom 04. März 1997 wird eine Mitgliedschaft zur Grubenwehr und eine Funktion als Geräte- bzw. Hauptgerätewart bis 31. Dezember 1993, eine Tätigkeit als Wehrmann jedoch lediglich bis zum 20. Mai 1988 bestätigt. Nichts anderes folgt aus der Bestätigung des Leiters Grubenrettungswesen der Hauptfeuerwache - Grubenwehr - LAG vom 04. August 1998. Die Iron Mountain DISOSGmbH hat in ihrer Auskunft vom 10. November 2004 keinen Nachweis über eine Tätigkeit als Wehrmann nach Mai 1988 feststellen können. Die V AG hat in ihrer Auskunft vom 05. November 2004 mitgeteilt, dass der Kläger seither neben seiner Tätigkeit als Gerätewart nicht als Wehrmann eingesetzt worden sei. In ihrer weiteren Auskunft vom 11. März 2005 hat sie darauf hingewiesen, dass als Wehrmann jedes Grubenwehrmitglied eingesetzt werden konnte, das eine bergmännische und atemschutztechnische Ausbildung abgeschlossen hatte, grubenwehrtauglich war und in den Grenzen der Altersbereiche lag. In ihrer letzten Auskunft vom 19. Mai 2005 wird dargelegt, dass der Kläger nicht als Wehrmann in Verbindung mit Atemschutzgeräten wegen der maximalen Altersgrenze von 50 Jahren hätte eingesetzt werden können. Grubentauglichkeit und Atemschutztauglichkeit seien unterschiedliche Untersuchungsgrundsätze. Der Kläger sei zwar grubentauglich gewesen. Die Atemschutztauglichkeit sei jedoch nach dem 50. Lebensjahr nicht mehr untersucht worden. Der Kläger hätte daher lediglich bei Einsätzen ohne Benutzung von Atemschutzgeräten über und unter Tage eingesetzt werden können.

Die maßgebliche Rechtslage bestätigt diese Auskünfte. So konnten nach § 7 Abs. 4 GGW-AO zwar Atemschutzgerätewarte und hauptamtlich tätige Oberführer mit Zustimmung des Leiters der Zentralstelle, nicht jedoch Wehrmänner ihre Funktion in den Grubenwehren bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres bzw. 65. Lebensjahres weiter ausführen. Demgemäß beschränkte sich die o. g. Zustimmung nach den Betriebsplänen für das Grubenrettungswesen für 1991 bis 1993 ausschließlich auf einen "Einsatz als hauptamtlicher Gerätewart".

Der Kläger erfüllt auch nicht die andere Alternative der Gleichstellung mit ständigen Arbeiten unter Tage.

Er war zwar grubenwehrtauglich, was sich aus Ziffer 3.8 der Betriebspläne für das Grubenrettungswesen für die Jahre 1991 bis 1993 ergibt. Er leistete jedoch nicht alle für Wehrmänner vorgeschriebene Übungen. Wie die V AG in ihrer Auskunft vom 19. Mai 2005 angegeben hat, nahm der Kläger zwar an allen Aus- und Weiterbildungen, nicht jedoch an Grubenwehrübungen mit angelegtem Atemschutzgerät teil. Deswegen konnte er auch nicht jederzeit als Wehrmann zu Einsätzen herangezogen werden, denn für Einsätze in Verbindung mit Atemschutzgeräten kam er gerade nicht in Betracht, wie aus dieser Auskunft ebenfalls hervorgeht.

Der Leistungszuschlag für den Zeitraum vom 21. November 1988 bis 31. Dezember 1993 wurde mithin zu Unrecht gewährt.

Soweit sich der Kläger gegenüber den anderen in den Betriebsplänen für das Grubenrettungswesen genannten Gerätewarten gleichheitswidrig behandelt fühlt, denen bei gleicher Sachlage, falls dies tatsächlich so sein sollte, ein Leistungszuschlag gewährt worden sei, vermag der Senat dies nachzuvollziehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Fall des Klägers in derselben Weise verfahren werden kann. Nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Wird eine zuerkannte Begünstigung als rechtswidrig erkannt, ist die Beklagte aufgefordert zu prüfen, ob der entsprechende Verwaltungsakt nach den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts wegen Rechtswidrigkeit zurückzunehmen ist. Im Falle des Klägers liegen diese Voraussetzungen, wie nachfolgend ausgeführt, vor. In der gleichen Weise mag die Beklagte gehalten sein, die Rentenbescheide der genannten Kollegen auf Rechtswidrigkeit zu überprüfen und, falls dies möglich sein sollte, entsprechend zu ändern. Für das Verfahren des Klägers ist dies allerdings ohne jeglichen Belang.

Die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X sind erfüllt.

Der Kläger mag zwar zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kennen oder Kennenmüssen der Rechtswidrigkeit bei Erlass des zurückzunehmenden Bescheides (vgl. Wiesner in von Wulffen, SGB X, 4. Auflage, § 45 Rdnr. 23) vom 19. Januar 1999 auf seinen Bestand vertraut haben, denn selbst dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten war trotz des Prüfvermerks ihres Referates Innenrevision vom 28. April 1998 die wahre Sachlage nicht bewusst. Allerdings war sein Vertrauen jedenfalls für die Zeit, ab dem die Rücknahme wirksam ist, nämlich ab 01. Februar 2000 aufgrund der Anhörung mit Schreiben der Beklagten vom 13. Oktober 1999 nicht mehr schutzwürdig, da er ab diesem Zeitpunkt gutgläubig die erbrachten Leistungen nicht mehr verbrauchen oder eine Vermögensdisposition treffen konnte. Dass der Kläger vor diesem Zeitpunkt langfristige Vermögensdispositionen im Hinblick auf den Leistungszuschlag getroffen hätte, hat er im Anhörungsverfahren nicht geltend gemacht. Damit sind keine Interessen des Klägers am weiteren Fortbestand des Bescheides vom 19. Januar 1999 vorhanden, die in eine Abwägung einzustellen wären, so dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme die Beseitigung dieses Bescheides gebietet.

Die Frist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist gewahrt. Auch der letzte Bescheid vom 18. Februar 2000 ist innerhalb von zwei Jahren seit Erlass des Bescheides vom 19. Januar 1999 ergangen.

Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 (Satz 2 SGB X) hinsichtlich der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit und damit für die Zeit ab 01. Februar 2000 bis zum Erlass des Bescheides vom 18. Februar 2000 ist ebenfalls gewahrt. Sichere Kenntnis über die maßgeblichen Tatsachen hatte die Beklagte erst aufgrund der Auskünfte der L mbH vom 15. Juni 1999 und 22. Juni 1999 sowie der telefonischen Auskunft des Leiters der Grubenwehr der LMBV mbH vom 20. Juli 1999 erlangt. Diese Ermittlungen wurden von der Beklagten gerade im Hinblick auf die im März 1999 erneut aufgetauchten Zweifel am Vorliegen von ständigen Arbeiten unter Tage angestellt. Die notwendige ausreichende Kenntnis hat somit nicht vor Ablauf der Ermittlungen bestanden.

Die Beklagte hat auch eine ausreichende Ermessensentscheidung getroffen. In ihren Anhörungsschreiben vom 13. Oktober 1999 und 10. Januar 2000 hat sie mitgeteilt, dass nach Aktenlage keine Umstände vorliegen, die sie veranlassen könnten, von der Rücknahme des Rentenbescheides abzusehen, zumal die Minderung des Rentenzahlbetrages keine besondere Härte darstelle. Im Rahmen der Anhörung hat der Kläger lediglich Gründe geltend gemacht, aus denen sich die Rechtmäßigkeit des Leistungszuschlages ergeben soll. Gesichtspunkte, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung in Betracht zu ziehen sind, hat er hingegen nicht vorgetragen. Ermessen braucht jedoch nur insoweit ausgeübt zu werden, als hierfür geeignete Tatsachen vorhanden sind. Diese sind, soweit sie nicht aktenkundig sind, vom Betroffenen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens geltend zu machen (vgl. Wiesner in von Wulffen, SGB X, a.a.O., § 45 Rdnr. 4 m.w.N.). Angesichts dessen ist es genügend, wenn die Beklagte in den Bescheiden vom 12. November 1999 und 18. Februar 2000 dargelegt hat, dass unter Berücksichtigung der vorgebrachten Einwände die gebotene Ermessensentscheidung nicht zu einer günstigeren Entscheidung geführt hat.

Soweit die Bescheide vom 12. November 1999 und vom 18. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2001 bei der Rentenberechnung einen Leistungszuschlag für die Zeit vom 01. Juni bis 20. November 1988 nicht berücksichtigen, sind sie rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für diesen Leistungszuschlag hatte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar/09. Februar 1998 vorgemerkt.

Letztgenannter Bescheid ist nicht zurückgenommen, so dass er ungeachtet der materiellen Rechtslage die Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 19. Januar 1999 bezüglich des Leistungszuschlages für die Zeit vom 01. Juni bis 20. November 1988 bildet.

Eine - auch - konkludente Rücknahme ist ausgeschlossen, da der Bescheid vom 12. November 1999 ausdrücklich nur auf den Bescheid vom 19. Januar 1999 Bezug nimmt und außerdem - insoweit maßgebend entscheidend - die Verfügungssätze eines Rentenbescheides, nämlich Regelung der Rentenhöhe, wobei die zugrunde liegenden rentenrechtlichen Zeiten nicht an der Bindungswirkung teilnehmen und nur Begründungselemente sind, und eines Vormerkungsbescheides, nämlich Regelung von tatbestandlichen Voraussetzungen einer rentenrechtlichen Zeit bzw. eines Sachverhaltes, nicht identisch sind. Mangels Identität bedingt somit die Regelung der Rentenhöhe nicht zwingend notwendig die Abweichung von einem Vormerkungsbescheid. In einem solchen Fall kann daher in der Nichterwähnung des Vormerkungsbescheides nicht seine konkludente, also schlüssige Änderung enthalten sein.

Die Berufung hat somit lediglich zu einem geringen Teil Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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