S 5 AS 455/05 ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Schleswig (SHS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 5 AS 455/05 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis verlangt grundsätzlich danach, vor gerichtlicher Geltendmachung eines Amtshilfeanspruchs die Entscheidung der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde einzuholen. Anderes gilt dann, wenn aufgrund objektiver Umstände offenkundig ist, dass die Aufsichtsbehörde dem Amtshilfeanspruch nicht stattgeben wird.
2. Das Ersuchen eines zugelassenen kommunalen Trägers, von der Bundesagentur für Arbeit gleichen Zugang wie die Arbeitsgemeinschaften zu verschlüsselten Arbeitgeberdaten der von ihr zu Vermittlungszwecken genutzten Datenbank zu erhalten, ist auf ergänzende Hilfe ausgerichtet und stellt ein Amtshilfeersuchen im Sinne des § 3 Abs. 1 SGB X dar.
3. Das Kriterium der Hilfe im Einzelfall ist kein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 3 Abs. 1 SGB X.
4. Die Weitergabe verschlüsselter Arbeitgeberdaten durch die Bundesagentur für Arbeit an einen zugelassenen kommunalen Träger zu Vermittlungszwecken verstößt nicht gegen den Sozialdatenschutz.
5. Der gesetzlich intendierte Wettbewerb zwischen Arbeitsgemeinschaften und zugelassenen kommunalen Trägern (§ 6 a Abs. 1 Satz 2 SGB II) steht der Weitergabe der verschlüsselten Daten auch an die zugelassenen kommunalen Träger nicht entgegen, sondern zwingt schon deshalb zur Gleichbehandlung, weil den optierenden Kommunen der Aufbau einer eigenen bundesweiten Datenbank von vornherein unmöglich ist.
Die Antragsgegnerin wird im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum 30. Juni 2006, längstens jedoch bis zur bestandskräftigen Ablehnung eines bis zum 02. Dezember 2005 bei dem Beigeladenen zu 1.) zu stellenden Antrags nach § 4 Abs. 5 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch verpflichtet, dem Antragsteller Amtshilfe dadurch zu leisten, dass sie ihm Zug um Zug gegen Erstattung der dafür anfallenden materiellen Aufwendungen bis zum 05. Dezember 2005, 6,00 Uhr einen unverschlüsselten Zugang zu dem Stellenpool einschließlich sämtlicher Arbeitgeberangaben in Echtzeit mit der Möglichkeit zur Einspeisung in das entsprechende EDV-Verwaltungsnetz des Antragstellers zur Verfügung stellt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin ein unverschlüsselter Zugang zu den gesamten in den Stellenpool der Antragsgegnerin eingestellten Arbeitgeberangaben zusteht.

Der Antragsteller ist ein schleswig-holsteinischer Kreis, der von der zur Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gesetzlich in §§ 6 a ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - eingeräumten Option Gebrauch gemacht hat, neben den Leistungen für Unterkunft und Heizung, den Leistungen zur Deckung einmaliger (Sonder-)Bedarfe und den Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1-4 SGB II auch die sonst den Agenturen für Arbeit zugewiesenen Aufgaben in eigener Trägerschaft wahrzunehmen (Optionskommune). In dieser Eigenschaft trägt der Antragsteller die alleinige Verantwortung zur Betreuung von ca. 7.000 Bedarfsgemeinschaften mit über 9.000 erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen. Diese Betreuung schließt auch die Verpflichtung zur Vermittlung der Hilfesuchenden in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit ein.

Im Zusammenhang mit der Erfüllung dieser Aufgaben bemühte sich der Antragsteller in der Vergangenheit gegenüber der Antragsgegnerin darum, einen uneingeschränkten Zugang zu deren Stellenpool zu erhalten, um auf diese Weise die Vermittlung der Langzeitarbeitslosen effizienter gestalten zu können. Dieser von der Antragsgegnerin betriebene Stellenpool firmiert unter der Bezeichnung "Virtueller Arbeitsmarkt (VAM)"; auf ihn kann sowohl seitens öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger als auch seitens interessierter Arbeitsuchender und Arbeitgeber grundsätzlich frei über den Internetauftritt der Antragsgegnerin www.arbeitsagentur.de zugegriffen werden. Registrierte Arbeitgeber haben dabei die Möglichkeit, Stellenangebote selbst von ihrem PC aus offen oder anonymisiert in den Stellenpool einzustellen. Stellenangebote können aber auch in sonstiger Weise online an die Antragsgegnerin mit der Bitte um Aufnahme in den Stellenpool gesendet werden, wobei dem betreffenden Arbeitgeber wiederum die Wahlmöglichkeit eingeräumt ist, das Stellenangebot offen, unter Angabe der Arbeitgeberdaten, oder anonymisiert in den Stellenpool einzustellen. Im Falle der Anonymisierung kann der Arbeitgeberkontakt grundsätzlich nur über die Antragsgegnerin hergestellt werden. Allerdings haben auch die in den Gebieten nicht-optierender Kommunen errichteten Arbeitsgemeinschaften, die die Aufgaben der Antragsgegnerin wahrnehmen, Zugang zu den verschlüsselten Daten der anonymisierten Stellenangebote.

Jedenfalls mit dem an die Regionaldirektion Nord der Antragsgegnerin gerichteten Schreiben von 04. August 2005 beantragte er mit Fristsetzung bis zum 22. August 2005 die Freigabe der entsprechenden Dateien und die Herstellung des unmittelbaren Zugangs auch zu den verschlüsselten Daten für seine Sozialzentren. Dabei nahm er zur Begründung im Wesentlichen darauf Bezug, dass wegen des Zugangs der Arbeitsgemeinschaften zu den anonymisierten Daten eine bundesweit gleichartige Betreuung der Langzeitarbeitslosen nicht gewährleistet sei.

Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin durch ihre Regionaldirektion Nord mit Schreiben vom 10. August 2005 ab. Für den Zugriff auf ihren Stellenpool durch den Antragsteller bestehe keine Rechtsgrundlage.

Am 06. September 2005 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Schleswig um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.

Zur Begründung trägt er vor, dass ein Anspruch auf Datenfreigabe sich aus den die Amtshilfe betreffenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften ergebe. Die zeitnahe Weitergabe der gesamten im bundesweiten Arbeitgeberpool der Antragsgegnerin erfassten Daten sei in diesem Zusammenhang insbesondere deshalb erforderlich, weil die hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürger in seinem Gebiet einen Anspruch auf Gleichbehandlung durch die bundesweite Sozialverwaltung hätten. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass den Arbeitsgemeinschaften der vollständige Zugriff auf den Stellenpool der Antragsgegnerin gewährt werde. Andererseits sei es den bundesweit nur 69 Optionskommunen nicht möglich, ein ähnlich effizientes Netz von Arbeitgeberkontakten aufzubauen, wie jenes, das bei der Antragsgegnerin bereits existiere. Vor diesem Hintergrund werde das Ziel des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz IV), die Eingliederungschancen von Langzeitarbeitslosen zu verbessern, in den Optionskommunen verfehlt. Dies sei indes bei der Verabschiedung des Kommunalen Optionsgesetzes nicht beabsichtigt gewesen. Es habe durch dieses Gesetz auch kein Wettbewerb um die effizienteste Form der Aufgabenerfüllung initiiert werden sollen.

Er beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm Amtshilfe dadurch zu leisten, dass sie ihm Zug um Zug gegen Erstattung der dafür anfallenden materiellen Aufwendungen einen unverschlüsselten Zugang zu dem Stellenpool einschließlich sämtlicher Arbeitgeberangaben in Echtzeit mit der Möglichkeit zur Einspeisung in sein EDV-Verwaltungsnetz zur Verfügung zu stellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält den Antrag des Antragstellers für unzulässig, weil es an dem dafür erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dem Antragsteller stehe insoweit ein einfacherer Weg zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes zur Verfügung, als er sich in dem gesetzlich geregelten Verfahren an den Beigeladenen zu 1.) als Aufsichtsbehörde wenden könne, der dann abschließend zu entscheiden habe. Diesen Weg habe der Antragsteller bisher nicht beschritten. Der Eilantrag sei indes jedenfalls unbegründet; dem Antragsteller fehle es insoweit insbesondere an einem Anordnungsanspruch, weil er von der Antragsgegnerin keine Amtshilfe verlangen könne. Die Amtshilfeleistung sei ihr dabei schon aus rechtlichen Gründen verwehrt, weil es ihr kraft gesetzlicher Zuständigkeitsverteilung im Gebiet einer optierenden Kommune untersagt sei, Leistungen der Arbeitsvermittlung an erwerbsfähige Hilfebedürftige zu erbringen. Die Gewährung von Amtshilfe würde in diesem Zusammenhang auch gegen die Bestimmungen des Datenschutzes verstoßen. Dabei seien namentlich die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch zu berücksichtigen, durch die die amtshilferechtlichen Bestimmungen dieses Buchs wesentlich mitgeprägt würden. Schließlich sei sie auch wegen des besonderen Geheimhaltungsverbots, welches auch für das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren aus § 30 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - entlehnt werden könne, an der Leistung von Amtshilfe im konkreten Falle gehindert. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Arbeitgeber, die der Antragsgegnerin ihre Daten in der anonymisierten Form anvertrauten, ein mutmaßlich objektiviertes Interesse an der Geheimhaltung hätten. Sofern sich ein Arbeitgeber für sie als kompetente Dienstleisterin entschiede, geschehe dies im Vertrauen auf die Garantie verbindlicher Dienstleistungsstandards auf qualitativ hohem Niveau. Die Einhaltung dieser Qualitätsstandards könne sie aber nur durch Controllingmaßnahmen innerhalb ihrer Organisationsstruktur sicherstellen; bei Herausgabe der Daten an Dritte könne ein gleichbleibendes Qualitätsniveau dagegen nicht garantiert werden. Schließlich bestehe auch kein Anordnungsgrund, weil die dafür erforderliche Eilbedürftigkeit nicht gegeben sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass ein stattgebender Beschluss irreparable Rechtsverletzungen mit sich bringen und der Ausgang eines möglichen Hauptsacheverfahrens in irreversibler Weise vorweggenommen werden würde.

Der Beigeladene zu 1.) hat keinen Antrag gestellt. Auch er hält den Eilantrag mangels Rechtsschutzinteresses für unzulässig, weil der Antragsteller das Verfahren nach § 4 Abs. 5 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - nicht eingehalten habe. Im Übrigen liege ein Anordnungsgrund nicht vor, weil nicht erkennbar sei, dass die Regelung eines vorläufigen Zustandes zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Antragstellers erforderlich sei. Schließlich fehle es auch an einem Anordnungsanspruch. Das Anliegen des Antragstellers könne dabei insbesondere nicht auf die Amtshilfevorschriften des sozialrechtlichen Verfahrensrechts gestützt werden, weil es sich der Sache nach nicht um ein Amtshilfeersuchen, sondern ein so genanntes erweitertes Amtshilfeersuchen handele. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Antrag des Antragstellers sich auf eine dauerhafte Datenübermittlung beziehe und damit über die ergänzende Hilfe rechtlicher oder tatsächlicher Art im Einzelfall hinausgehe. Tätigkeiten, die wie im vorliegenden Falle für eine gewisse Zeit oder sogar dauernd vorgenommen werden müssten, könnten nicht als Amtshilfe beansprucht werden, weil ansonsten die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung unterlaufen zu werden drohe. Vorliegend sei schließlich besonders zu berücksichtigen, dass die Gewährung erweiterter Amtshilfe im Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Wettbewerb zwischen den Agenturen für Arbeit und den zugelassenen kommunalen Trägern stehen würde.

Die Beigeladenen zu 2.) und 3.) haben zum Eilantrag weder Stellung genommen noch Anträge gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg.

1. Der gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Dem Antragsteller fehlt es entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu 1.) insbesondere nicht an dem für die Bemühung gerichtlichen Rechtsschutzes stets erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Mit dem Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses wird zum Ausdruck gebracht, dass nur derjenige, welcher mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, eine gerichtliche Sachentscheidung beanspruchen kann und dass beim Fehlen eines solchen Interesses das prozessuale Begehren als unzulässig ohne Eintritt in die Sachprüfung abgewiesen werden muss (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, München 2003, Vorb § 40 Rdnr. 30; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, München 2005, Vor § 51 Rdnr. 16 a). In diesem Zusammenhang ist es zwar insbesondere anerkannt, dass das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn dem Antragsteller einfachere und effizientere Möglichkeiten zur Realisierung seines Rechtsschutzziels zur Verfügung stehen (Kopp/Schenke, a.a.O., Vorb § 40 Rdnr. 48; vgl. BGH, NJW 1986, 2704; OVG Münster, NJW 1984, 1577). Einfachere und effizientere Wege zur Durchsetzung des Rechtsschutzbegehrens sind indes vorliegend nicht mehr ersichtlich. Allerdings stellt, soweit es um den Anspruch auf Leistung von Amtshilfe geht, das Verfahren nach § 4 Abs. 5 Satz 2 SGB X grundsätzlich einen solchen gegenüber der Beschreitung des sozialgerichtlichen Rechtswegs einfacheren und zielführenderen Weg dar. Danach entscheidet, sofern die ersuchende Behörde auf der Leistung von Amtshilfe besteht, über die Verpflichtung zur Amtshilfe die gemeinsame Aufsichtsbehörde, oder, soweit eine solche nicht besteht, die für die ersuchte Behörde zuständige Aufsichtsbehörde. Innerhalb des Rahmens der die Amtshilfe betreffenden Vorschriften ist mit § 4 Abs. 5 Satz 2 SGB X grundsätzlich eine Regelung getroffen, wie im Rahmen eines geordneten Verfahrens Konflikte über die Begründetheit des Amtshilfeanspruchs zu lösen sind. Sieht das Gesetz aber gerade ein solches verwaltungsinternes Verfahren vor, ist dessen Durchführung vorrangig und der verwaltungs- bzw. sozialgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich von der zuvor erfolglosen Durchführung abhängig (Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 5. Auflage, München 2005; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage, München 2001, § 5 Rdnr. 42). Diese Grundsätze können aber dann nicht mehr gelten, wenn für die Beteiligten aufgrund objektiver tatsächlicher Umstände und Anhaltspunkte bekannt oder erkennbar ist, dass die Aufsichtsbehörde der ersuchten Behörde dem Amtshilfeersuchen nicht entsprechen wird. Dann nämlich würde die vorherige Anrufung der Aufsichtsbehörde zu einem sachlich nicht begründeten bloßen Formalismus geraten, der der ersuchenden Behörde gerade im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zugemutet werden kann. In diesem Falle würde das mit dem Kriterium des Rechtsschutzinteresses verfolgte Ziel, den Rechtsschutzsuchenden zur Ausschöpfung zunächst der effizienteren Rechtsschutzmöglichkeiten zu zwingen, gerade verfehlt. So aber liegen die Dinge hier.

Der Beigeladene zu 1.), der gemäß § 393 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III - die Aufsicht über die Antragsgegnerin samt ihrem gesamten eigenen Behördenunterbau ausübt und damit als Aufsichtsbehörde der vorliegend im Rahmen der Amtshilfe ersuchten Antragsgegnerin im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 2 SGB X zu gelten hat, hat spätestens auf die gerichtliche Verfügung vom 09. November 2005 hin mit Schriftsatz vom 18. November 2005 erklärt, den Eilantrag des Antragstellers auch mangels Anordnungsanspruchs als unbegründet zu erachten. Vor diesem Hintergrund ist angesichts der Äußerungen insbesondere zur Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Zugang zu den verschlüsselten Daten im Rahmen der Amtshilfe, wegen derer im Einzelnen auf Bl. 86 f. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, davon auszugehen, dass der Beigeladene einem Ersuchen nach § 4 Abs. 5 Satz 2 SGB X nicht stattgeben würde. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1.) den vorliegenden Anspruch schon nicht als Amtshilfeanspruch, sondern als Ersuchen im Rahmen der erweiterten Amtshilfe begreift und sich deshalb aus rechtlichen Gründen von vornherein außerstande sieht, dem Begehren zu entsprechen. Vor diesem Hintergrund gebietet auch nicht der Respekt vor der nach § 4 Abs. 5 Satz 2 SGB X vorrangig bei der Aufsichtsbehörde liegenden Kompetenz zur Sachaufklärung die Verneinung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich ist danach zum einen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Notwendigkeit einer Eilentscheidung, und zum anderen ein Anordnungsanspruch, also ein rechtlicher Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO - sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Das bedeutet zwar zunächst, dass die Anforderungen an die materielle Beweislast, die ein Antragsteller hinsichtlich der von ihm behaupteten entscheidungserheblichen Umstände grundsätzlich zu tragen hat, vorerst geringer als in einem Hauptsacheverfahren sind. Das Vorbringen muss der Kammer insbesondere nur einen geringeren Grad an Sicherheit vermitteln, als dies im Klageverfahren erforderlich wäre. Allerdings werden in einem Anordnungsverfahren einstweilen zugesprochene Leistungen in aller Regel verbraucht und können, abgesehen von Ausnahmefällen, nach einer etwaigen Aufhebung der Anordnung oder gegenteiligen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr zurückerstattet werden. Rein faktisch - wenn auch nicht rechtlich - werden damit im Eilverfahren regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen; daher muss die Wahrscheinlichkeit eines Anspruchs auf die begehrte Leistung sehr groß sein, wobei gegebenenfalls allerdings auch zu berücksichtigen ist, in wessen Sphäre die verbliebenen Ungewissheiten fallen, die den Unterschied zwischen geringer und hoher Wahrscheinlichkeit ausmachen. Daran gemessen hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Erfolg.

a) Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht. Ihm steht ein Anspruch auf die begehrte Einräumung des umfassenden unverschlüsselten Zugriffs auf die Arbeitgeberdatenbank der Antragsgegnerin nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 2 und 5 SGB X zu. Danach leistet, sofern dafür keine Hinderungsgründe vorliegen (§ 4 Abs. 2 und 3 SGB X) jede Behörde einer anderen Behörde auf Ersuchen ergänzende Hilfe (Amtshilfe). Eine Behörde kann dabei um Amtshilfe insbesondere dann ersuchen, wenn sie aus tatsächlichen Gründen, besonders weil die zur Vornahme der Amtshandlung erforderlichen Dienstkräfte oder Einrichtungen fehlen, die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann bzw. die Amtshandlung nur mit wesentlich größerem Aufwand vornehmen könnte als die ersuchte Behörde. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

aa) Die von dem Antragsteller begehrte Handlung stellt insbesondere eine ihr seitens der Antragsgegnerin zu gewährende ergänzende Hilfe und damit eine Amtshilfemaßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 SGB X dar. Amtshilfe im Sinne des § 3 Abs. 1 SGB X ist die zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung auf Ersuchen einer Behörde geleistete ergänzende Hilfe rechtlicher oder tatsächlicher Art (Engelmann, in: von Wulffen, a.a.O., § 3 Rdnr. 5; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 4 Rdnr. 25). Amtshilfe ist dabei dadurch gekennzeichnet, dass ohne Änderung der Zuständigkeitsordnung die ersuchte Verwaltungseinheit der ersuchenden Verwaltungseinheit in deren Interesse, aber nach außen in eigenem Namen ergänzende Hilfe leistet (Waschull, in: Diering/Timme/Waschull, SGB X, Baden-Baden 2004, § 3 Rdnr. 3 m.w.N.). Gegenstand der Amtshilfe ist dabei indes nach dem Wortsinn des § 3 Abs. 1 SGB X, der Art. 35 Abs. 1 Grundgesetz - GG - einfachgesetzlich ausgestaltet, nur die ergänzende Hilfe, wobei ergänzende Hilfe jede tatsächlich und rechtlich relevante Handlung von untergeordneter Bedeutung sein kann (Waschull, in: Diering/Timme/Waschull, a.a.O., § 3 Rdnr. 12). Dabei kommen als Amtshilfehandlungen typischerweise die Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung, die Bereitstellung von Räumen aber auch die Übersendung von Akten zum Zwecke der Einsichtnahme und Auswertung und die Erteilung von Auskünften im Wege der so genannten Informationshilfe in Betracht. Daran gemessen ist auch das Ersuchen des Antragstellers als Amtshilfeersuchen zu qualifizieren.

Der Antragsteller verlangt die Gewährung von ergänzender Hilfe tatsächlicher Art im Wege der Informationshilfe. Die Antragsgegnerin soll ihm Informationen verschaffen, über die nicht er, wohl aber die Antragsgegnerin zur Erfüllung ihrer eigenen originären Aufgaben unmittelbar verfügt. Dabei steht vorliegend die Gewährung tatsächlicher Hilfe in Rede, weil die Erfüllung des Anspruchs allein dadurch erreicht werden kann, dass dem Antragsteller außerhalb des Intranets der Antragsgegnerin Zugriff auf die begehrten Daten verschafft wird, deren Weiterverarbeitung dann allein dem Antragsteller obliegt. Diese Hilfe ist auch eine solche ergänzender Art. Der dafür erforderliche bloß untergeordnete Charakter kann ihr insbesondere nicht mit Hinweis darauf abgesprochen werden, dass die Bereitstellung der Daten für die Antragsgegnerin technisch aufwendig ist (dieser Aspekt vermag gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 SGB X allerdings der Verpflichtung zur Leistung von Amtshilfe entgegenzustehen) und dass sie eine vergleichsweise große Anzahl von Einzeldaten in einer unbestimmten Vielzahl von Einzelfällen betrifft oder betreffen kann. Zu berücksichtigen ist insoweit nämlich, dass die Frage, ob eine Hilfeleistung von untergeordneter Bedeutung vorliegt oder nicht, stets in Ansehung des so genannten Hauptverfahrens, vorliegend also des auf die Betreuung des Langzeitarbeitslosen ausgerichteten Verwaltungsverfahrens, und nicht in Ansehung des Amtshilfeverfahrens zu beurteilen ist. Im Hinblick auf das gegenüber dem Hilfesuchenden geführten Hauptverfahren handelt es sich bei der Bereitstellung des unverschlüsselten Zugriffs auf den gesamten Stellenpool der Antragsgegnerin aber um eine verfahrensbezogen zwingend untergeordnete Hilfeleistung, weil es nach wie vor dem Fallmanager bei dem Antragsteller überlassen bleibt, den hilfesuchenden Langzeitarbeitslosen in der zweckentsprechenden Weise zu fördern, ihm insbesondere die für ihn geeigneten Stellenangebote zu präsentieren. Diesen Maßnahmen geht ihrer übergeordneter Charakter nicht durch die Bereitstellung der dafür erforderlichen Daten verloren.

Am Merkmal der ergänzenden Hilfe fehlt es auch nicht deshalb, weil sich der von dem Antragsteller begehrte (Gesamt-)Akt der Freischaltung des unverschlüsselten Zugangs zur Arbeitgeberdatenbank begrifflich in eine unbestimmte Vielzahl von Einzelakten, nämlich jeweils die Verfügbarmachung eines einzelnen Arbeitgeberdatums im Rahmen eines einzelnen Vermittlungsvorgangs zerlegen lässt. Allerdings wird, ohne dass dies im Wortlaut des § 3 Abs. 1 SGB X bzw. in gleichartigen Vorschriften anderer Verwaltungsverfahrensgesetze unmittelbar zum Ausdruck kommen würde, in der Literatur ohne weitere Begründung gelegentlich verlangt, dass sich die Amtshilfe grundsätzlich auf die Hilfeleistung im Einzelfall beschränken müsse (Waschull, in: Diering/Timme/Waschull, a.a.O., § 3 Rdnr. 5; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage, München 2005, § 4 Rdnr. 10). Diese im unmittelbaren Wortlaut des § 3 Abs. 1 SGB X keine Stütze findende Sichtweise dürfte indes nur den Regelfall der Amtshilfe als ergänzender Hilfe beschreiben und nicht eine zusätzliche ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung statuieren. Sie lässt sich bei teleologischer Betrachtung nämlich nur dann rechtfertigen, wenn, wie der Beigeladene zu 1.) insoweit zutreffend hervorhebt, ansonsten die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung unterlaufen zu werden droht. Davon kann indes nur dann die Rede sein, wenn entweder (zugunsten der ersuchten Behörde) der Beitrag der Amtshilfehandlung im Einzelfall mehr als nur untergeordnete Bedeutung hat (was aus den oben genannten Gründen nicht der Fall ist), oder wenn (zulasten der ersuchten Behörde) der mit der Wahrnehmung der Amtshilfeaufgaben in der unbestimmten Vielzahl von Fällen verbundene Aufwand objektiv so groß ist, dass bei Stattgabe des Ersuchens die Erfüllung der eigenen originären Aufgaben nachhaltig gefährdet wäre. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Dabei kann letztlich dahinstehen, ob vorliegend tatsächlich Maßnahmen begehrt werden, die begrifflich über die Hilfe im Einzelfall hinausgehen. Die ansonsten regelmäßig bei der Verpflichtung zur Vornahme einer unbestimmten Vielzahl von Einzelmaßnahmen auftretende Gefährdung der eigenen Leistungsfähigkeit der ersuchten Behörde steht vorliegend jedenfalls gerade nicht zu befürchten, weil die Antragsgegnerin die Datenbank, zu der vorliegend der unverschlüsselte Zugang begehrt wird, ohnehin und ohne Rücksicht auf die Interessen des Antragsgegners betreibt. Der Aufwand, der mit der Zugänglichmachung der Datenbank gegenüber dem Antragsteller verbunden ist, ist ungeachtet des § 4 Abs. 3 Nr. 2 SGB X jedenfalls nicht so groß, dass ihm unter Zuhilfenahme des ungeschriebenen Kriteriums der Hilfeleistung im Einzelfall entgegengewirkt werden müsste. Vielmehr spricht hier bei funktionaler Betrachtung viel dafür, die einmalige tatsächliche Zugänglichmachung als Hilfe im Einzelfall anzusehen. Eine Zerlegung dieses Vorgangs in Einzelakte ist aus Gründen des Rechtsstaatsprinzips nicht erforderlich, weil wegen des bloß untergeordneten Charakters der jeweiligen Information im Hauptverfahren ein virtueller Zuständigkeitswandel nicht zu befürchten steht.

bb) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist ihr die Amtshilfe auch nicht aus rechtlichen Gründen verwehrt. Zwar darf die ersuchte Behörde Amtshilfe gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X Amtshilfe nicht Leisten, wenn sie dazu aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist. Sie ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 SGB X namentlich zur Vorlage von Urkunden oder Akten sowie zur Erteilung von Auskünften nicht verpflichtet, wenn diese Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Die Gewährung von Amtshilfe verstößt vorliegend insbesondere nicht gegen die von der Antragsgegnerin genannte Vorschrift des § 22 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III -. Nach dieser durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) eingeführten und durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) abgeänderten Vorschrift werden insbesondere die in §§ 35 f. SGB III geregelten Leistungen der Vermittlung (vgl. insbesondere § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB III) nicht an erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erbracht, wenn die Aufgaben in diesem Bereich durch zugelassene kommunale Träger im Sinne des § 6 a SGB II wahrgenommen werden. Allerdings statuiert diese Vorschrift für die Antragsgegnerin grundsätzlich ein Vermittlungsverbot gegenüber Arbeitsuchenden, die im örtlichen Zuständigkeitsbereich eines zugelassenen kommunalen Trägers wohnen und zugleich zum Kreis der Leistungsberechtigten der Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 7 Abs. 1 SGB II gehören (vgl. Niesel, in: ders., SGB III, 3. Auflage, München 2005, § 22 Rdnr. 31). Diese Vorschrift schließt jedoch lediglich die eigenverantwortliche Vermittlungstätigkeit aus und steht der Leistung von Amtshilfe nicht entgegen. Die Antragsgegnerin verkennt den Unterschied zwischen Hauptverfahren und Amtshilfeverfahren, wenn sie meint, wegen § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II zur Amtshilfe nicht berechtigt zu sein. Das in dieser Vorschrift enthaltene Verbot zur Leistung von Amtshilfe würde nämlich nur dann greifen, wenn die Antragsgegnerin gewissermaßen im Hauptverfahren gegenüber dem Hilfesuchenden in Konkurrenz zum Antragsteller aktiv Vermittlungsaufgaben wahrnimmt. Diese Situation liegt hier aber nicht vor und soll bei Überlassung der streitgegenständlichen Daten auch nicht erreicht werden. Vielmehr bleibt der Antragsteller im Verhältnis zum Hilfesuchenden der verantwortliche Anbieter der Vermittlungsleistung; die Zugänglichmachung durch die Antragsgegnerin stellt aus den genannten Gründen eben insoweit nur eine untergeordnete Tätigkeit im Rahmen ergänzender Hilfeleistung dar, durch die das Verbot des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II nicht unterlaufen wird.

Die Leistung von Amtshilfe ist der Antragsgegnerin auch nicht aus datenschutzrechtlichen Gründen untersagt. Zwar ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass der Amtshilfeanspruch im Hinblick auf die Weiterleitung und Zugänglichmachung personenbezogener Daten durch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen wesentlich modifiziert wird (OVG Schleswig, Urteil vom 12. Juli 1994 - 2 L 92/93 -, DVBl. 1994, 1316; Engelmann, in: von Wulffen, a.a.O., § 3 Rdnr. 3). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in den datenschutzrechtlichen Bestimmungen der §§ 67 ff. SGB X grundsätzlich abschließend die Fälle geregelt sind, in denen die Weitergabe personenbezogener Daten oder der mit ihnen gleichgestellten Daten zulässig ist. Die Vorschriften der §§ 67 ff. SGB X stehen vorliegend der Weitergabe der Daten an den Antragsteller indes nicht entgegen. Namentlich ist eine solche Weitergabe durch die Vorschrift des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X gerechtfertigt. Eine Übermittlung von Sozialdaten ist danach insbesondere zulässig, soweit sie erforderlich ist für die Erfüllung der Zwecke, für die sie erhoben worden sind oder für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe der übermittelnden Stelle nach diesem Gesetzbuch, oder einer solchen Aufgabe des Dritten, an den die Daten übermittelt werden, wenn er eine in § 35 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I- genannte Stelle ist. Diese Voraussetzung einer Datenübermittlung sind hier erfüllt.

Allerdings dürften die hier in Rede stehenden Arbeitgeberdaten als Sozialdaten im weiteren Sinne in den gegenständlichen Anwendungsbereich der Vorschrift des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X fallen. Es ist namentlich davon auszugehen, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Daten um Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 2 SGB X handelt, die gemäß § 35 Abs. 4 SGB I den Sozialdaten gleichgestellt sind. Unter den Begriff des Geheimnisses fallen dabei nämlich alle Tatsachen, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und an deren Geheimhaltung derjenige, den sie betreffen, ein von seinem Standpunkt aus begründetes schutzwürdiges Interesse hat oder (bei Kenntnis der Umstände) haben würde. Dabei ist indes an den Begriff des Geheimnisses kein strenger Maßstab anzulegen (Bieresborn, in: von Wulffen, a.a.O., § 67 Rdnr. 13; vgl. auch Seidel, in: Diering/Timme/Waschull, a.a.O., § 67 Rdnr. 7). Diese Voraussetzungen dürften hier nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung vorliegen.

Dabei berücksichtigt die Kammer im Zusammenhang mit dem Geheimhaltungsinteresse der Arbeitgeber insbesondere den Umstand, dass die Antragsgegnerin den Arbeitgebern die verschlüsselte Bereitstellung der Arbeitgeberdaten, die den vollständigen Zugriff allein aus dem Intranet der Antragsgegnerin erlaubt, gerade alternativ zur Möglichkeit eines Vollzugriffs aus dem Internet anbietet. Wollen die Arbeitgeber aber diesen Vollzugriff von jedermann auf ihre Stellenangebote gerade nicht und wählen daher allein den anonymisierten, verschlüsselten Zugriff, ist regelmäßig zu vermuten, dass ein Interesse an der Geheimhaltung besteht. Dieses Interesse wird auch nicht von vornherein schutzunwürdig sein, weil insbesondere zu berücksichtigen ist, dass gerade bei geläufigen Berufsbildern auf ein unverschlüsseltes öffentliches Angebot ein Vielzahl von Bewerbungen eingehen wird, deren Bearbeitung bei dem jeweiligen Arbeitgeber in unerwünschter Weise Kapazitäten bindet.

Die Weitergabe der bei summarischer Prüfung dem Sozialdatenschutz unterfallenden Arbeitgeberdaten an den gemäß §§ 12 Satz 1, 19 a Abs. 2 Satz 2, 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I als Stelle im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X geltenden Antragsteller ist im vorliegenden Falle indes zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich. Allerdings wird durch das in § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X statuierte Merkmal der Erforderlichkeit der Übermittlungsanspruch auf diejenigen Sozialdaten begrenzt, die die übermittelnde Stelle unbedingt mitteilen muss (Seidel, in: Diering/Timme/Waschull, a.a.O., § 69 Rdnr. 2). Dabei ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips insbesondere dort zu beachten, wo Grundrechte der Bürger betroffen sind (Bieresborn, in: von Wulffen, a.a.O., § 69 Rdnr. 3). Es soll durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip namentlich verhindert werden, dass mit der Weiterleitung der zur Erfüllung der Aufgaben unerlässlichen Informationen der gesamte über den Betroffenen angelegte Datensatz weitergegeben wird, so dass auf diesem Wege auch für andere Verwaltungsträger eine gläserne Persönlichkeit entsteht. Diese Gesichtspunkte stehen vorliegend jedoch der Annahme der Erforderlichkeit nicht entgegen.

Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Bereitstellung auch der verschlüsselten Arbeitgeberdaten, die nach den insoweit glaubhaften Einlassungen der Antragsgegnerin lediglich einen Anteil von 6-10 % der gesamten in ihrem Stellenpool enthaltenen Stellen betreffen, für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der ihm gemäß § 19 a Abs. 2 Satz 2 SGB I i.V.m. §§ 6 a Abs. 1 Satz 1, 6 b Abs. 1 SGB II obliegenden Vermittlungsaufgaben (§§ 6 Abs. 1 Satz 1, 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. §§ 35, 36 SGB III) notwendig und damit erforderlich ist. Er hat insbesondere hinreichend plausibel und von der Antragsgegnerin nicht hinreichend substantiiert bestritten dargelegt, dass die verschlüsselten Stellenangeboten, die an der Gesamtangebotspalette der Antragsgegnerin zahlenmäßig lediglich einen geringen Anteil haben, schwerpunktmäßig gerade diejenigen sind, die für die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse besonders interessant sind. In diesem Zusammenhang erscheint es hinreichend plausibel, dass Arbeitgeber insbesondere dann, wenn es um eine kleine Zahl offener Stellen im niederqualifizierten Tätigkeitsbereich geht, die unverschlüsselte Aufnahme der Stellen in den Bewerberpool der Antragsgegnerin scheuen werden, weil gerade in diesen Fällen mit einer Vielzahl von Bewerbungen zu rechnen ist. Es dürfte indes aus Sicht der Arbeitgeber weniger darum gehen, für die Vermittlung dieser Stellen allein die besonders qualifizierte Vermittlungstätigkeit der Antragsgegnerin in Anspruch zu nehmen, als vielmehr darum, eine Vielzahl von Initiativbewerbungen von Personen zu vermeiden, die auf das Stellenangebot einzig durch Abfragen der Stellenbörse im Internet aufmerksam geworden sind.

Selbst wenn eine signifikante Häufung niederqualifizierter Tätigkeiten im Bereich der verschlüsselten Stellenangebote nicht feststellbar wäre, wäre jedoch gleichwohl von der Erforderlichkeit der Bereitstellung der Daten auszugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jedes dem Antragsteller bekannte Stellenangebot im Geltungsbereich des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch und im Ausland prima facie dazu geeignet ist, den Vermittlungserfolg im Einzelfall signifikant zu erhöhen. Nicht ausgeschlossen werden kann ferner, dass sich der für eine sich im verschlüsselten Pool der Antragsgegnerin befindende Stelle geeignetste Bewerber gerade im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragstellers aufhält und im Übrigen zum Kreise der Leistungsberechtigten im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II gehört. Warum aber diesem (hypothetischen) Bewerber mir Rücksicht auf die mangelnde Erforderlichkeit der Datenweitergabe die Chance auf den Vermittlungserfolg allein wegen des zufälligen Aufenthalts im Zuständigkeitsbereich eines zugelassenen kommunalen Trägers verwehrt werden soll, vermag sich der Kammer nicht zu erschließen. Dabei geht die Kammer im Übrigen davon aus, dass die seitens der Antragsgegnerin für die Zwecke ihrer eigenen Vermittlungstätigkeit gespeicherten Arbeitgeberdaten in ihrer Gesamtheit auch im Einzelfall für die Vermittlung und damit auch für die Vermittlung durch den Antragsteller erforderlich sind.

Die Antragsgegnerin ist schließlich auch nicht wegen der Vorschrift des § 30 VwVfG aus rechtlichen Gründen an der Leistung von Amtshilfe gehindert. Danach haben die Beteiligten Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift, wie letztlich auch die Antragsgegnerin anerkennt, wegen des allgemeinen Subsidiaritätsvorbehalts des § 1 VwVfG im sachlichen Geltungsbereich des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern allenfalls als Ausdruck einen allgemeinen Rechtsgedankens ergänzend herangezogen werden kann (vgl. auch Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 30 Rdnr. 25). Die ergänzende und damit lückenfüllende Heranziehung einer Vorschrift als Ausdruck eines solchen allgemeinen Rechtsgedankens verbietet sich aber dort, wo der Gesetzgeber diesem Rechtsgedanken bereits durch andere spezialgesetzliche Rechtsvorschriften hinreichend Geltung verschafft hat. So aber liegen die Dinge hier; die Vorschriften des § 35 SGB I und der §§ 67 ff. SGB X regeln die Geheimhaltungsansprüche der Beteiligten wesentlich ausführlicher und engmaschiger als die Vorschrift des § 30 VwVfG bezogen auf das allgemeine Verwaltungsverfahren, so dass für deren ergänzende Heranziehung kein Raum bleibt.

cc) Der Leistung von Amtshilfe steht auch nicht der von der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen zu 1.) ins Feld geführte Wettbewerbsgedanke entgegen, dem die Vorschriften der §§ 6 a ff. SGB II zu dienen bestimmt sind. Dabei ist die Kammer entgegen der Auffassung des Antragstellers allerdings der Ansicht, dass dem Kommunalen Optionsgesetz das Konzept zugrunde liegt, in einem gleichberechtigten Nebeneinander über einen gewissen begrenzten Zeitraum das System "Mischverwaltung" und das System "Kommunale Trägerschaft" bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen miteinander zu vergleichen, um im Anschluss an die diesem Vergleich immanente Wirkungsforschung eine gesetzliche Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Systems zu treffen. Dabei kann sehr wohl von einer wettbewerbsähnlichen Situation gesprochen werden (so explizit auch Münder, in: ders., LPK-SGB II, Baden-Baden 2005, § 6 a Rdnr. 3). Dieser Wettbewerbscharakter wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das in den Gesetzeswortlaut aufgenommene verwaltungsorganisatorische Ziel der "Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende" möglicherweise die tatsächlichen Motive der Gesetzesentstehung kaschiert. Offen bleiben kann insbesondere, ob es den politisch Beteiligten in Bundestag und Bundesrat dabei darum gegangen ist, vor dem Hintergrund unüberbrückbarer arbeitsmarktpolitischer Differenzen jeweils das Gesicht zu wahren (so Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, München 2005, § 6 a Rdnr. 2). Solche gesetzgebungsgeschichtlichen Motive sind nämlich auch bei historischer Auslegung allenfalls untergeordnet zu berücksichtigen. Sie sind hier angesichts der im Gesetzeswortlaut klar zum Ausdruck gebrachten experimentellen Zwecksetzung ("Experimentierklausel" und "Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende") zumal angesichts der Implementierung einer Wirkungsforschung (§ 6 c SGB II) bei der Gesetzesauslegung schlechthin zu vernachlässigen.

Dieser Wettbewerbscharakter des Kommunalen Optionsgesetzes spricht indes nicht gegen, sondern eher für einen Anspruch des Antragstellers auf Zugang zur Datenbank der Antragsgegnerin. Wettbewerb mit dem Ziel der Erforschung der effizientesten Art der Aufgabenerfüllung setzt zwingend gleiche Rahmenbedingungen voraus. Ohne die Gewährleistung solchermaßen vergleichbarer Rahmenbedingungen und Grundlagen wird der experimentelle Ansatz der §§ 6 a ff. SGB II von vornherein verfehlt, weil das Ergebnis des Wettbewerbs letztlich schon zu Beginn der Experimentierphase vorgezeichnet wird. Vergleichbare Rahmenbedingungen für einen Wettbewerb zwischen den optierenden Kommunen auf der einen und den Arbeitsgemeinschaften auf der anderen Seite bestehen aber insoweit nicht, als lediglich die Arbeitsgemeinschaften, nicht aber die zugelassenen kommunalen Träger umfassenden Zugriff auf die seitens der Antragsgegnerin für ihre eigene Vermittlungstätigkeit vorgehaltene Arbeitgeberdatenbank haben. Dabei erkennt die Kammer durchaus an, dass das Vorhandensein eines solchen Stellenpools durchaus ein wettbewerbsimmanenter Vorteil sein kann, der nach Abschluss der Wirkungsforschung für die Beibehaltung des Systems der Mischverwaltung zu sprechen vermag. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass die zugelassenen kommunalen Träger, deren Zahl gegenwärtig gesetzlich auf 69 begrenzt ist (§ 6 a Abs. 3 Satz 1 SGB II), bereits aus tatsächlichen Gründen nicht während der Experimentierphase, wohl aber nach deren Abschluss bei einer flächendeckenden Zulassung kommunaler Träger in der Lage wären, im Rahmen der grenzüberschreitenden kommunalen Zusammenarbeit einen eigenen Stellenpool zu initiieren. Der im Zusammenhang mit dem Stellenpool der Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber den Arbeitsgemeinschaften entstehende Nachteil ist damit im gegenwärtigen System angelegt und darf zur Wahrung der Vergleichbarkeit der Systeme damit nicht zu Lasten des Antragstellers gehen.

dd) Schließlich ist die Antragsgegnerin auch nicht nach § 4 Abs. 3 SGB X berechtigt, die Leistung der Amtshilfe zu verweigern. Sie hat insbesondere weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass sie die beantragte Amtshilfe nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand leisten könnte (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 SGB X). Dabei geht die Kammer nach den ihr im Rahmen dieses Verfahrens zugänglich gemachten Informationen davon aus, dass der Anschluss der Sozialzentren des Antragstellers an die relevanten Teile des Intranet der Antragsgegnerin zur Zugänglichmachung der verschlüsselten Arbeitgeberdaten technisch möglich ist und keinen unverhältnismäßigen personellen Aufwand bedeuten würde. An den mit Schriftsatz vom 09. September 2005 (Bl. 20 der Gerichtsakte) dahingehend geäußerten Bedenken hat die Antragsgegnerin im weiteren Verlauf des Verfahrens jedenfalls nicht mehr festgehalten.

b) Der Antragsteller hat ferner einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung sowohl der Antragsgegnerin als auch des Beigeladenen zu 1.) liegt die dafür erforderliche Eilbedürftigkeit vor. Dabei berücksichtigt die erkennende Kammer insbesondere, dass der Beigeladene zu 1.) dem Bundestag gemäß § 6 c Satz 1 SGB II bis zum 31. Dezember 2008 über die Erfahrungen mit der Experimentierklausel berichten soll. Das Zeitfenster für die Erprobung des Optionsmodells ist mit insgesamt vier Jahren, von denen eines inzwischen bereits fast verstrichen ist, ohnehin recht eng gesetzt. Dem Antragsteller, der als optierende Kommune grundsätzlich dazu berechtigt ist, die ihm aus der Wahrnehmung der Option entstehenden Kompetenzen gerichtlich durchzusetzen, ist es vor diesem Hintergrund nicht zuzumuten, den ordentlichen Instanzenzug vollständig zu durchlaufen, weil bis zum Zeitpunkt einer letztlich rechtskräftigen Entscheidung der Berichtszeitraum des § 6 c Satz 1 SGB II mit großer Wahrscheinlichkeit bereits abgelaufen wäre.

Überdies gibt die Kammer zu bedenken, dass es auch den vom Antragsteller betreuten Hilfesuchenden nicht zuzumuten sein dürfte, während des Instanzenzugs auf Vermittlungsangebote zu verzichten, die den im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgemeinschaften lebenden Hilfesuchenden zur Verfügung stehen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahren.

4. Der Streitwert ist gemäß §§ 62 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz - GKG - mangels anderweitiger genügender Anhaltspunkte für den Wert des Begehrens auf 5.000,- Euro festzusetzen gewesen.
Rechtskraft
Aus
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