Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 443/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 122/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 27.06.2002 streitig.
Aufgrund eines am 19.03.1998 entstandenen Anspruchs mit Anspruchsdauer von 971 Tagen erhielt der 1943 geborene Kläger bis 31.01.2000 Alg (Restanspruch von 287 Leistungstagen). Mit Veränderungsmitteilung vom 07.01.2000 teilte er die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 01.02.2000 mit und meldete sich aus dem Leistungsbezug ab. Am 27.06.2002 meldete er sich erneut arbeitslos und gab an, vom 01.02.2000 bis 30.06.2002 als selbständiger Versicherungsagent tätig gewesen zu sein.
Mit Bescheid vom 17.07.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist vor dem 01.07.2002 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Zur Begründung des Widerspruchs trug der Kläger vor, das Arbeitsamt sei seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen. Hätte er gewusst, dass sein Anspruch verfalle, hätte er seine Selbständigkeit früher aufgegeben. Die jetzige Aufgabe seiner Selbständigkeit sei willkürlich, der Betrieb hätte auch vorzeitig aufgegeben werden können bzw. müssen. Er habe jedoch versucht, aufgrund seines Alters - 59 Jahre und schwierige Vermittlungsmöglichkeit - solange wie möglich tätig zu sein. Die Notwendigkeit einer vorzeitigen Aufgabe seiner Selbständigkeit ergebe sich auch daraus, dass er mit der Agentur, mit der er zusammengearbeitet habe, vom 01.02.2002 bis 30.06.2002 eine Vereinbarung über eine geringfügige Beschäftigung gehabt habe. In einem Beratungsvermerk vom 14.02.2002 ist unter anderem festgehalten, dass der Kläger telefonisch mitgeteilt habe, dass sich die Selbständigkeit nicht mehr trage. Dabei sei er auf eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung und Antragstellung hingewiesen worden. Auf ein Schreiben der Beklagten zum Umfang der selbständigen Tätigkeit ab 14.02.2002 teilte der Kläger mit, dass er in der Zeit vom 14.02. bis 30.06.2002 den Verlust von 1.216,84 EUR zu verzeichnen gehabt habe. Seine Tätigkeit habe in der Kundenbetreuung und der Aquisition von Neugeschäften bestanden. Er habe seine Tätigkeit nicht schon früher aufgegeben, weil verschiedene Geschäfte sich in Anbahnung befunden hätten, die dann leider nicht zu Abschlüssen geführt hätten. Das Prämienvolumen für die sich anbahnenden Geschäfte hätte bei ca. 30.000,00 EUR gelegen, was Provisionen von ca. 3.000,00 EUR zu Folge gehabt hätte. Selbst bei Zustandekommen der Verträge und den daraus resultierenden Provisionsansprüchen wäre das wirtschaftliche Ergebnis im Verhältnis zu dem Verlust der Ansprüche auf Alg zu seinem Nachteil ausgefallen. In jedem Fall hätte er bei Kenntnis der Ausschlussfrist das wirtschaftlich negative Ergebnis und das damit verbundene Risiko nicht getragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der am 19.03.1998 entstandene Alg-Anspruch habe am 27.06.2002 (zum 01.07.2002) nicht mehr geltend gemacht werden können, weil nach seiner Entstehung bereits vier Jahre (Frist: 20.03.1998 bis 19.03.2002) verstrichen gewesen seien. Der Kläger habe auf Befragung des zuständigen Arbeitsvermittlers am 14.02.2002 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass sich seine Selbständigkeit nicht mehr tragen würde. Im Rahmen dieses Telefonats sei er vom Arbeitsvermittler ausdrücklich auf eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung und Antragstellung hingewiesen worden. Im Übrigen könne durch den vom Kläger geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsansruch die fehlende persönliche Arbeitslosmeldung vor dem 27.06.2002 allein durch den Anruf vom 14.02.2002 nicht ersetzt werden.
Zur Begründung der zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger erneut ausgeführt, dass der Arbeitsvermittler anlässlich seines Telefonats vom 14.02.2002 seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. Dieser hätte ihn auf die Vier-Jahres-Frist hinweisen müssen. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn er solange wie möglich seinen Arbeitswillen unter Beweis gestellt habe. Er müsse im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt werden, wie er bei entsprechender Beratung gestanden hätte, das hießt, als hätte er den Anspruch rechtzeitig geltend gemacht. Er bestreite, triftige Gründe gehabt zu haben, seine selbständige Tätigkeit über den 14.02.2002 hinaus fortzuführen.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) voll inhaltlich auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, der Gerichtsbescheid des SG Augsburg sei schon deshalb aufzuheben, weil dieses lediglich pauschal auf die rechtlichen Ausführungen der Beklagten verwiesen habe. Er hingegen habe ausführlich seinen Standpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dargelegt. Seine Äußerungen seien vom SG in keiner Weise berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 04.02.2004 und den Bescheid vom 17.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 27.06.2002 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid weist die Beklagte darauf hin, dass sie nicht verpflichtet sei, jemanden ausdrücklich auf den Ablauf der Ausschlussfrist hinzuweisen, wenn dies im Widerspruch zu den gesetzlichen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit stehe. Ebenso wie sie nicht dazu verpflichtet werden könne, jemanden zu raten, ein bestehendes Arbeitsverhältnis eher zu beenden, um einen Anspruch vor Ablauf der Ausschlussfrist geltend zu machen, könne es aus denselben Gründen nicht Aufgabe des Vermittlers sein, darauf hinzuwirken, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit vorzeitig beende. Im Übrigen habe der Kläger wohl nach den vorliegenden Unterlagen selbst noch auf eine weitere positive Entwicklung seiner Selbständigkeit gehofft, da er diese zunächst fortgeführt habe. Des Weiteren werde auf das Merkblatt, das dem Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung 1998 ausgehändigt worden sei, verwiesen, worin der ausdrückliche Hinweis enthalten sei, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden könne, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien. Somit sei der Kläger über die Ausschlussfrist informiert gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Zu Recht hat das SG Augsburg mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2004 die Klage abgewiesen, da der Bescheid vom 17.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 nicht zu beanstanden ist.
Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg ab 27.06.2002.
Anspruch auf Alg hat nach § 117 Abs.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nur, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Diese hat nach § 123 SGB III grundsätzlich erfüllt, wer in der Rahmenfrist zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Beginn und Ende der Rahmenfrist richten sich nach dem Tag, an dem die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit (§ 118 SGB III) erfüllt ist und die persönliche Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III) vorliegt.
Der Kläger hat sich am 27.06. zum 01.07.2002 persönlich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. Die dreijährige Rahmenfrist läuft somit grundsätzlich vom 01.07.1999 bis 30.06.2002.
Im Antragsvordruck hat der Kläger erklärt, "vom 01.02.2000 bis 30.06.2002 selbständig tätig gewesen zu sein". Diese Tätigkeit darf damit für den Zeitraum vom 01.02.2000 bis 30.06.2002 in die Rahmenfrist nicht eingerechnet werden.
Um diesen Zeitraum verlängert sich grundsätzlich die ursprüngliche Rahmenfrist (01.07.1999 bis 30.06.2002). Die verlängerte Rahmenfrist darf aber nach gesetzlicher Vorgabe einerseits fünf Jahre nicht überschreiten, andererseits nicht in eine frühere Rahmenfrist hineinreichen. Am 18.03.1998 endete eine frühere Rahmenfrist, weil am 19.03.1998 bereits ein Anspruch auf Alg entstanden war. Die Rahmenfrist verläuft daher vom 19.03.1998 bis 30.06.2002. Innerhalb dieser Rahmenfrist liegen keine Zeiten, die für die Erfüllung der Anwartschaftszeit berücksichtigt werden können, vor.
Der Kläger hat somit innerhalb der Rahmenfrist nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und damit die Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III nicht erfüllt mit der Folge, dass er keinen Alg-Anspruch hat.
Der am 19.03.1998 entstandene Alg-Anspruch konnte am 27.06.2002 (zum 01.07.2002) nicht mehr geltend gemacht werden, weil nach seiner Entstehung bereits vier Jahre (Frist: 20.03.1998 bis 19.03.2002) verstrichen waren (§ 147 Abs.2 SGB III).
Der Kläger hat aber auch im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -), verletzt hat; ferner muss zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können; die Korrektur muss dabei mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehen (vgl. BSG SozR 3-4100 § 249e Nr.4 S.37 mit zahlreichen Nachweisen).
Vom Ergebnis her kann es dahinstehen, ob die Beklagte ihre Auskunfts- und Beratungspflicht tatsächlich verletzt hat, was auch unter dem Gesichtspunkt einer sog. Spontanberatung (vgl. BSG vom 16.09.1998 - B 7 AL 17/98 R - in SGB 1999, S.251) gilt. Denn der durch ein eventuelles pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil kann nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, da ein rechtserheblicher Tatbestand vorliegt, den herzustellen nicht in der Verfügungsmacht der Beklagten steht. Denn der Leistungsträger darf nicht zu einem Handeln verpflichtet werden, das gesetzeswidrig ist. Demgemäß kann im Wege des Herstellungsanspruchs auch nicht eine fehlende persönliche Arbeitslosmeldung vor dem 27.06.2002 allein durch den Anruf am 14.02.2002 ersetzt werden. Nach Sinn und Zweck der persönlichen Arbeitslosmeldung soll das Arbeitsamt in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung (insbesondere Arbeitslosigkeit) erfüllt sind. Dazu gehört sowohl die Prüfung der Arbeitsfähigkeit als auch die Prüfung der Arbeitsbereitschaft des sich arbeitslos Meldenden. Demgemäß lässt sich eine nicht rechtzeitig vorgenommene persönliche Arbeitslosmeldung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht vordatieren.
Somit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Augsburg vom 04.02.2004 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 27.06.2002 streitig.
Aufgrund eines am 19.03.1998 entstandenen Anspruchs mit Anspruchsdauer von 971 Tagen erhielt der 1943 geborene Kläger bis 31.01.2000 Alg (Restanspruch von 287 Leistungstagen). Mit Veränderungsmitteilung vom 07.01.2000 teilte er die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 01.02.2000 mit und meldete sich aus dem Leistungsbezug ab. Am 27.06.2002 meldete er sich erneut arbeitslos und gab an, vom 01.02.2000 bis 30.06.2002 als selbständiger Versicherungsagent tätig gewesen zu sein.
Mit Bescheid vom 17.07.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist vor dem 01.07.2002 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Zur Begründung des Widerspruchs trug der Kläger vor, das Arbeitsamt sei seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen. Hätte er gewusst, dass sein Anspruch verfalle, hätte er seine Selbständigkeit früher aufgegeben. Die jetzige Aufgabe seiner Selbständigkeit sei willkürlich, der Betrieb hätte auch vorzeitig aufgegeben werden können bzw. müssen. Er habe jedoch versucht, aufgrund seines Alters - 59 Jahre und schwierige Vermittlungsmöglichkeit - solange wie möglich tätig zu sein. Die Notwendigkeit einer vorzeitigen Aufgabe seiner Selbständigkeit ergebe sich auch daraus, dass er mit der Agentur, mit der er zusammengearbeitet habe, vom 01.02.2002 bis 30.06.2002 eine Vereinbarung über eine geringfügige Beschäftigung gehabt habe. In einem Beratungsvermerk vom 14.02.2002 ist unter anderem festgehalten, dass der Kläger telefonisch mitgeteilt habe, dass sich die Selbständigkeit nicht mehr trage. Dabei sei er auf eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung und Antragstellung hingewiesen worden. Auf ein Schreiben der Beklagten zum Umfang der selbständigen Tätigkeit ab 14.02.2002 teilte der Kläger mit, dass er in der Zeit vom 14.02. bis 30.06.2002 den Verlust von 1.216,84 EUR zu verzeichnen gehabt habe. Seine Tätigkeit habe in der Kundenbetreuung und der Aquisition von Neugeschäften bestanden. Er habe seine Tätigkeit nicht schon früher aufgegeben, weil verschiedene Geschäfte sich in Anbahnung befunden hätten, die dann leider nicht zu Abschlüssen geführt hätten. Das Prämienvolumen für die sich anbahnenden Geschäfte hätte bei ca. 30.000,00 EUR gelegen, was Provisionen von ca. 3.000,00 EUR zu Folge gehabt hätte. Selbst bei Zustandekommen der Verträge und den daraus resultierenden Provisionsansprüchen wäre das wirtschaftliche Ergebnis im Verhältnis zu dem Verlust der Ansprüche auf Alg zu seinem Nachteil ausgefallen. In jedem Fall hätte er bei Kenntnis der Ausschlussfrist das wirtschaftlich negative Ergebnis und das damit verbundene Risiko nicht getragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der am 19.03.1998 entstandene Alg-Anspruch habe am 27.06.2002 (zum 01.07.2002) nicht mehr geltend gemacht werden können, weil nach seiner Entstehung bereits vier Jahre (Frist: 20.03.1998 bis 19.03.2002) verstrichen gewesen seien. Der Kläger habe auf Befragung des zuständigen Arbeitsvermittlers am 14.02.2002 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass sich seine Selbständigkeit nicht mehr tragen würde. Im Rahmen dieses Telefonats sei er vom Arbeitsvermittler ausdrücklich auf eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung und Antragstellung hingewiesen worden. Im Übrigen könne durch den vom Kläger geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsansruch die fehlende persönliche Arbeitslosmeldung vor dem 27.06.2002 allein durch den Anruf vom 14.02.2002 nicht ersetzt werden.
Zur Begründung der zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger erneut ausgeführt, dass der Arbeitsvermittler anlässlich seines Telefonats vom 14.02.2002 seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. Dieser hätte ihn auf die Vier-Jahres-Frist hinweisen müssen. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn er solange wie möglich seinen Arbeitswillen unter Beweis gestellt habe. Er müsse im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt werden, wie er bei entsprechender Beratung gestanden hätte, das hießt, als hätte er den Anspruch rechtzeitig geltend gemacht. Er bestreite, triftige Gründe gehabt zu haben, seine selbständige Tätigkeit über den 14.02.2002 hinaus fortzuführen.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) voll inhaltlich auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, der Gerichtsbescheid des SG Augsburg sei schon deshalb aufzuheben, weil dieses lediglich pauschal auf die rechtlichen Ausführungen der Beklagten verwiesen habe. Er hingegen habe ausführlich seinen Standpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dargelegt. Seine Äußerungen seien vom SG in keiner Weise berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 04.02.2004 und den Bescheid vom 17.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 27.06.2002 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid weist die Beklagte darauf hin, dass sie nicht verpflichtet sei, jemanden ausdrücklich auf den Ablauf der Ausschlussfrist hinzuweisen, wenn dies im Widerspruch zu den gesetzlichen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit stehe. Ebenso wie sie nicht dazu verpflichtet werden könne, jemanden zu raten, ein bestehendes Arbeitsverhältnis eher zu beenden, um einen Anspruch vor Ablauf der Ausschlussfrist geltend zu machen, könne es aus denselben Gründen nicht Aufgabe des Vermittlers sein, darauf hinzuwirken, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit vorzeitig beende. Im Übrigen habe der Kläger wohl nach den vorliegenden Unterlagen selbst noch auf eine weitere positive Entwicklung seiner Selbständigkeit gehofft, da er diese zunächst fortgeführt habe. Des Weiteren werde auf das Merkblatt, das dem Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung 1998 ausgehändigt worden sei, verwiesen, worin der ausdrückliche Hinweis enthalten sei, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden könne, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien. Somit sei der Kläger über die Ausschlussfrist informiert gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Zu Recht hat das SG Augsburg mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2004 die Klage abgewiesen, da der Bescheid vom 17.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 nicht zu beanstanden ist.
Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg ab 27.06.2002.
Anspruch auf Alg hat nach § 117 Abs.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nur, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Diese hat nach § 123 SGB III grundsätzlich erfüllt, wer in der Rahmenfrist zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Beginn und Ende der Rahmenfrist richten sich nach dem Tag, an dem die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit (§ 118 SGB III) erfüllt ist und die persönliche Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III) vorliegt.
Der Kläger hat sich am 27.06. zum 01.07.2002 persönlich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. Die dreijährige Rahmenfrist läuft somit grundsätzlich vom 01.07.1999 bis 30.06.2002.
Im Antragsvordruck hat der Kläger erklärt, "vom 01.02.2000 bis 30.06.2002 selbständig tätig gewesen zu sein". Diese Tätigkeit darf damit für den Zeitraum vom 01.02.2000 bis 30.06.2002 in die Rahmenfrist nicht eingerechnet werden.
Um diesen Zeitraum verlängert sich grundsätzlich die ursprüngliche Rahmenfrist (01.07.1999 bis 30.06.2002). Die verlängerte Rahmenfrist darf aber nach gesetzlicher Vorgabe einerseits fünf Jahre nicht überschreiten, andererseits nicht in eine frühere Rahmenfrist hineinreichen. Am 18.03.1998 endete eine frühere Rahmenfrist, weil am 19.03.1998 bereits ein Anspruch auf Alg entstanden war. Die Rahmenfrist verläuft daher vom 19.03.1998 bis 30.06.2002. Innerhalb dieser Rahmenfrist liegen keine Zeiten, die für die Erfüllung der Anwartschaftszeit berücksichtigt werden können, vor.
Der Kläger hat somit innerhalb der Rahmenfrist nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und damit die Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III nicht erfüllt mit der Folge, dass er keinen Alg-Anspruch hat.
Der am 19.03.1998 entstandene Alg-Anspruch konnte am 27.06.2002 (zum 01.07.2002) nicht mehr geltend gemacht werden, weil nach seiner Entstehung bereits vier Jahre (Frist: 20.03.1998 bis 19.03.2002) verstrichen waren (§ 147 Abs.2 SGB III).
Der Kläger hat aber auch im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -), verletzt hat; ferner muss zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können; die Korrektur muss dabei mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehen (vgl. BSG SozR 3-4100 § 249e Nr.4 S.37 mit zahlreichen Nachweisen).
Vom Ergebnis her kann es dahinstehen, ob die Beklagte ihre Auskunfts- und Beratungspflicht tatsächlich verletzt hat, was auch unter dem Gesichtspunkt einer sog. Spontanberatung (vgl. BSG vom 16.09.1998 - B 7 AL 17/98 R - in SGB 1999, S.251) gilt. Denn der durch ein eventuelles pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil kann nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, da ein rechtserheblicher Tatbestand vorliegt, den herzustellen nicht in der Verfügungsmacht der Beklagten steht. Denn der Leistungsträger darf nicht zu einem Handeln verpflichtet werden, das gesetzeswidrig ist. Demgemäß kann im Wege des Herstellungsanspruchs auch nicht eine fehlende persönliche Arbeitslosmeldung vor dem 27.06.2002 allein durch den Anruf am 14.02.2002 ersetzt werden. Nach Sinn und Zweck der persönlichen Arbeitslosmeldung soll das Arbeitsamt in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung (insbesondere Arbeitslosigkeit) erfüllt sind. Dazu gehört sowohl die Prüfung der Arbeitsfähigkeit als auch die Prüfung der Arbeitsbereitschaft des sich arbeitslos Meldenden. Demgemäß lässt sich eine nicht rechtzeitig vorgenommene persönliche Arbeitslosmeldung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht vordatieren.
Somit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Augsburg vom 04.02.2004 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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