L 5 KR 86/04

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 1 KR 99/03
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 86/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 13. Mai 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 5. November 1999 in der Fassung des Wi-derspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um das Vorliegen eines sozialversiche-rungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) beim Kläger vom 1. Januar 1996 bis 30. April 1999.

Der Beigeladene zu 1) ist Inhaber der Firma H S Systemberatung. Er war vom 1. Januar 1996 bis 30. April 1999 als EDV-Kaufmann in der Firma Computer- und Schiffstechnik M K tätig. Ab 1. Mai 1999 arbeitet er im Anstellungsverhältnis bei der Firma E GmbH. Vor Januar 1996 war der Beigeladene zu 1) ebenfalls mit dem Kläger tätig, zwischen den Beteiligten unstreitig selbstständig.

Im Oktober 1999 übersandte der Beigeladene zu 1) der Beklagten einen von ihm ausgefüllten Fragebogen zur Beurteilung der Sozi-alversicherungspflicht bis zum 30. April 1999. Dort gab er u.a. an, vor der streitigen Tätigkeit für den gleichen Auftraggeber nicht als Arbeitnehmer tätig gewesen zu sein. Er sei für andere Auftraggeber nicht tätig gewesen, habe seit 1995 ein Gewerbe als EDV-Vertrieb angemeldet, sei aber nicht in der Handwerks-rolle eingetragen und auch nicht im Handelsregister angemeldet. Er unterhalte keine eigenen Geschäfts- bzw. Büroräume, beschäf-tige keine Arbeitnehmer/Auszubildenden und habe kein eigenes Kapital und/oder eine Sicherheitsleistung erbracht. Er könne die Übernahme bestimmter Aufträge nicht ablehnen und er gestal-te auch seine Preise nicht frei bzw. gebe selbst keine Angebote ab. Er erbringe die Leistungen ausschließlich im Namen und auf Rechnung seines Auftraggebers und erhalte als Vergütung ein Fi-xum. Er habe keinen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf bezahlten Ur-laub. Er erhalte 5.125,00 DM monatlich und führe Umsatzsteuer ab. Seine Arbeitsbedingungen seien schriftlich nicht festge-legt. Er habe eine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeit von mindestens neun Stunden täglich einzuhalten. Seine Abwesen-heitszeiten habe er vorher mit seinem Auftraggeber abzustimmen. Er stelle keine Ersatzkraft bei Arbeitsunfähigkeit oder Urlaub und gebe bei Arbeitsunfähigkeit nicht erledigte Aufträge an den Auftraggeber zurück. Die Arbeiten führe er in den Räumen seines Auftraggebers aus. Er könne seinen Arbeitsort nicht frei wählen und ihm würden Weisungen hinsichtlich der Ausführung seiner Tä-tigkeit erteilt. Er führe die gleichen Arbeiten wie festange-stellte Mitarbeiter aus und müsse über seine Tätigkeit Berichte mündlich abgeben. Auch sei er verpflichtet, die Arbeiten per-sönlich auszuführen und setze keine Hilfskräfte ein. Er betrei-be keine eigene Werbung. Sein Auftraggeber bestimme, welche Ar-beitsmittel einzusetzen seien. Sein Auftraggeber stelle ihm die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung, und zwar kostenfrei.

Mit Bescheid vom 5. November 1999 stellte die Beklagte gegen-über dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass letzterer abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig ge-wesen sei. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Wider-spruch ein, der Beigeladene zu 1) habe mit seinem Einzelunter-nehmen für den Kläger den Vertrieb eigenverantwortlich übernom-men und durch Provisionsrechnungen abgerechnet. Zur Durchfüh-rung des Vertriebes sei er im Innen- und Außenverhältnis tätig gewesen. Die Arbeitszeit habe er sich selbst eingeteilt. Eine Delegation durch ihn sei möglich gewesen. Er habe auch seine Ehefrau als Arbeitnehmerin beschäftigt. Zudem habe er eigene Geschäftsräume in Sa gehabt und eigene Arbeitsmittel bis auf den Firmen-Pkw eingesetzt. Dieser sei ihm zur Verfügung ge-stellt worden, nachdem die in Rechnung gestellten Fahrkosten bis zum 31. Dezember 1995 zu hoch geworden seien. Der Beigela-dene zu 1) sei auch für diverse andere Auftraggeber tätig ge-worden. Dazu hat der Kläger verschiedene vom Beigeladenen zu 1) erteilte Rechnungen eingereicht. Der Beigeladene zu 1) erwider-te daraufhin, im September 1995 habe ihm der Kläger erklärt, dass er ab 1996 zukünftig seine Provision anhand der effektiv getätigten Umsätze in der bisherigen Höhe nicht mehr zahlen könne. Es würde von ihm nur noch eine monatliche Pauschale unabhängig von seinen real getätigten Umsätzen und dem Ertrag seines Betriebes - gezahlt werden. Eine In-Rechnungstellung von anteiligen Nebenkosten solle entfallen. Alle technischen Hilfs- und Betriebsmittel inklusive der Betriebskosten würden ihm ohne Berechnung ab dieser Zeit zur Verfügung gestellt werden. Alle betriebsbedingten Entscheidungen habe der Kläger allein getrof-fen. Urlaub habe er selten in Anspruch genommen, in den Jahren 1997 bis 1999 seien es 20 Tage gewesen. Für Zusatzverdienste habe es gar keine Zeit gegeben. Er, der Beigeladene, habe die Beratung, den Verkauf, die Auslieferung und den Einkauf be-treut. Der Kläger selbst habe das Management übernommen. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass das Verfahren aus formalen Gründen einzustellen sei. Die BfA sei zuständig. Außerdem trete die Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des Bescheides ein, also nach Beendigung der Tätigkeit.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat am 13. Februar 2003 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und ergänzend ausgeführt, die Zusammenarbeit habe im IV. Quartal 1994 begonnen. Damals hätten die Firmen H S Systemberatung und Computer- und Schiffs-technik K bestanden. Im Januar 1995 seien gemeinsam ge-nutzte Räumlichkeiten in Ka angemietet worden. Jeder habe zu-nächst seine eigene Firma weitergeführt. Im Sommer 1995 habe man sich auf einen gemeinsamen Namen, nämlich "Computer- und Schiffstechnik M K " (CST) geeinigt. Es sei die Betreuung des jeweils eigenen Kundenstammes festgesetzt worden. Neue Kunden seien nach Anwesenheit der Beteiligten zwischen ih-nen beiden aufgeteilt worden. Die Ein- und Ausgaben der beiden Firmen seien über die neu gegründete Firma gelaufen. Der Beige-ladene zu 1) habe der Firma eine Provisionsrechnung abzüglich der Kosten für Miete, Strom, Telefon, Fahrzeug usw. gestellt. Im Oktober 1995 habe man auch nach außen gemeinsam auftreten wollen. Die Kunden seien nicht mehr unterschieden worden, die Provisionsabrechnungen seien wie bisher gelaufen. Wegen Fehlern in der Provisionsabrechnung und des geringen Leistungsanteils des Beigeladenen zu 1) sei seit Anfang 1996 eine feste Provisi-on vereinbart worden, die auch sämtliche Kosten mit einbezogen habe. So sei es bis Ende April 1999 gelaufen. Arbeitsplatz sei ein Schreibtisch gewesen, den der Beigeladene zu 1) von einem Geschäftsfreund geschenkt bekommen habe. Die Ausstattung seines Büros habe der Beigeladene zu 1) selbst mitgebracht. Auch habe dieser seine eigenen Geschäfte weiter geführt. Im Februar 1999 sei es sogar zu einem Übernahmeverlangen des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Firma CST gekommen. Außerdem ergebe sich aus Äußerungen des Beigeladenen zu 1) gegenüber Dritten zum damali-gen Zeitpunkt, dass dieser selbst von einer selbstständigen Tä-tigkeit ausgegangen sei. Auch seine Ehefrau hätte sich entspre-chend geäußert. Für das Jahr 1997 habe der Beigeladene zu 1) Reisekosten für 20.034 km steuerlich geltend gemacht. Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn er als Angestellter mit einem Fir-menwagen gefahren wäre. Unzutreffend seien die Angaben des Bei-geladenen zu 1) hinsichtlich der festen An- und Abwesenheits-zeiten, des Arbeitsortes und der Arbeitszeit. In einem Anzeige-blatt habe er für eine Ferienhausvermittlung, die er mit seiner Ehefrau betrieben habe, geworben.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt, sie sei zuständig für die versicherungsrechtliche Beurteilung. Es sei bekannt ge-wesen, dass der Beigeladene zu 1) noch in einem gewissen Umfang nebenberuflich selbstständig tätig gewesen sei. Dies sei aber für die Beurteilung seiner Tätigkeit als Beschäftigung für den Kläger unbeachtlich.

Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausgeführt, den Mietvertrag für das gemeinsame Geschäft habe der Kläger geschlossen. Er, der Beigeladene zu 1), habe seinen eigenen Rechner in das Büro gestellt und über das Netzwerk auch auf die Datenbank des Klägers zugegriffen. Er könne nicht bestätigen, dass er Provisionsrechnungen erstellt habe. Die Rechnung aus dem Jahre 1999 habe Provisionsforderun-gen für das Jahr 1995 betroffen. Bis Januar 1996 seien die un-ternehmerischen Entscheidungen gemeinsam vom Kläger und ihm ge-troffen worden, mit Beginn der Zahlung des Fixums sei das nicht mehr der Fall gewesen. In die finanzielle Situation des Betrie-bes habe er nur sporadisch Einblick gehabt. Er habe keine Kon-tovollmacht gehabt. Die Bareinzahlungsformulare seien von dem Kläger vorbereitet worden. Er, der Beigeladene zu 1), sei damit zur Bank gegangen. Die Samstagsarbeitszeit sei immer nur von einem wahrgenommen worden, das habe der Kläger gewesen sein können, der Mitarbeiter Sb oder er. Er habe die finanziel-le Situation des Betriebes bemerkt und sich bemüht, einen ande-ren Arbeitsplatz zu bekommen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13. Mai 2004 die Klage ab-gewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der angefochtene Be-scheid der Beklagten sei formell rechtmäßig, da weder die Bun-desversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gegenüber der Be-klagten vorrangig zuständig, noch eine Feststellung der Sozial-versicherungspflicht für die Vergangenheit ausgeschlossen sei. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei auch materiell rechtmäßig, da mehr Merkmale für eine abhängige Beschäftigung vorlägen als dagegen. Zwar habe der Beigeladene zu 1) ganz of-fensichtlich bei der Durchführung seiner Tätigkeiten vor Ort beim Kunden eine gewisse Entscheidungsfreiheit gehabt, über z.B. Investitionen habe aber der Kläger entschieden. Nach außen sei nicht der Beigeladene zu 1), sondern der Kläger als Unter-nehmer aufgetreten. Dessen Name sei z.B. in dem Firmennamen aufgetaucht, nicht jedoch der des Beigeladenen zu 1). Der Bei-geladene zu 1) habe keinerlei Kapital für das Unternehmen des Klägers eingesetzt und ab Beginn des streitgegenständlichen Zeitraumes einen festen monatlichen Betrag in Höhe von 5.250,00 DM unabhängig vom Umsatz und Urlaub erhalten. Damit habe er kein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Der Prüfer des Finanzamtes sei ebenfalls zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei der durch den Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit um eine nichtselbstständige Tätigkeit gehandelt habe. Der Bei-geladene zu 1) habe bei seiner Tätigkeit für den Kläger keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und sei auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, nämlich den Kläger, tätig gewesen. Jedenfalls fielen die Nebentätigkei-ten wirtschaftlich gegenüber dem Tätigkeitsumfang des Beigela-denen zu 1) für den Kläger nicht ins Gewicht.

Gegen das ihm am 5. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 30. Juli 2004. Er trägt ergän-zend vor: Nach außen sei man ab Oktober 1995 gemeinsam aufge-treten ohne Unterscheidung zwischen Kunden des Klägers und Kun-den des Beigeladenen zu 1). Er, der Kläger, sei von seiner gan-zen Ausbildung und Ausrichtung her Techniker und kein Ver-triebsmann. Aus diesem Grunde habe der Beigeladene zu 1) mit seinen anfangs überragenden Fähigkeiten als Vertriebsmann in die gemeinsame Unternehmung hineingepasst. Der Beigeladene zu 1) habe ab 1996 höhere Einnahmen aus der Firma erzielt als der Kläger selbst. Bereits dies spreche massiv gegen eine Ange-stelltentätigkeit. Die Auffassung des Sozialgerichts, der Bei-geladene zu 1) habe nicht über Investitionen entscheiden kön-nen, treffe nicht zu. Es habe vielmehr an dessen mangelnden In-teresse gelegen. Aus diesem Grund habe auch er, der Kläger, die Einnahmen und die Entwicklung überwacht. Der Beigeladene zu 1) sei einzelverfügungsberechtigt über das Vermögen der Firma ge-wesen. Dies spreche ebenfalls gegen seine Beschäftigung, da ein Mitarbeiter nicht mit einer solchen Verfügungsberechtigung aus-gestattet werde. Der Beigeladene zu 1) habe vollen Einblick in alle Finanzdaten gehabt. Er habe uneingeschränkt Kontovollmacht besessen und sei verfügungsberechtigt über das Sparbuch gewe-sen. Er habe eine Euro-Card und eine EC-Card für das Geschäftskonto gehabt. Die an ihn gerichteten Überweisungen und Schecks habe er selbst ausgestellt. Die Entscheidung über die Arbeits-zeiten habe man gemeinsam getroffen, so z.B. über die Öffnung am Samstag. Ihm, dem Kläger, sei die Mitarbeit des Beigeladenen zu 1) als Partner so wichtig gewesen, dass er ihn mit seinem extremen Bedürfnis nach finanzieller Absicherung mit einem Festbetrag als Partner an das Unternehmen habe binden wollen. Der Beigeladene zu 1) habe auch Provisionsrechnungen erstellt. Der Mitarbeiter Sb , der noch heute für ihn, den Kläger, tätig sei, habe bestätigt, dass auch der Beigeladene zu 1) ihm gegenüber weisungsbefugt gewesen sei. Der PC-Händler R Ma sei Untermieter in den gleichen Räumen wie der Kläger zwischen 1996 und 1999 gewesen. Er habe bestätigt, dass ihm der Beigeladene zu 1) als Partner vorgestellt worden sei und er während der gesamten Zeit nie den Eindruck gehabt habe, dass es hätte anders sein können. Herr C E , der spätere Ar-beitgeber des Beigeladenen zu 1), habe ebenfalls bestätigt, dass der Beigeladene zu 1) und der Kläger ihm gegenüber stets als gleichberechtigte Partner aufgetreten seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 13. Mai 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 5. November 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Beigeladene zu 1) trägt vor: Zu den weiteren vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Rechnungen der Firma H S Systemberatung könne er nichts sagen. Das Gewerbe habe er erst 2000 rückwirkend abgemeldet, weil ihm zu dem Zeitpunkt bewusst geworden sei, dass die Eintragung zu Un-recht erfolgt sei. Er gehe davon aus, dass seine Frau das Schreiben an das Bundesverwaltungsamt vom 23. März 1997 mit ihm abgesprochen habe. Die Formulierung dort, er sei selbstständig, sei ihm nicht erklärlich.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwal-tungs- und Gerichtsakten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, in der der Kläger und der Bei-geladene zu 1) angehört worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten, wonach der Beigeladene zu 1) bei dem Kläger abhängig beschäftigt gewe-sen sei, sind unzutreffend und daher, ebenso wie die sie bestä-tigende Entscheidung des Sozialgerichts, aufzuheben.

Allerdings sprechen keine "formellen Gründe", wie der Kläger meint, gegen die grundsätzlich bestehende Zuständigkeit der Be-klagten, eine solche Feststellung, und diese auch für die Ver-gangenheit, zu treffen. Dabei verkennt der Kläger, dass Grund-lage für die Feststellung durch die Beklagte nicht § 7a SGB IV ist. Insoweit fehlt es bereits an einem Antrag eines Beteilig-ten nach dieser Vorschrift. Zudem übersieht der Kläger, dass das in § 7a SGB IV geregelte Anfrageverfahren eine Regelung ist, die erst am 1. Januar 2000 und damit nach dem Beitragsbe-scheid der Beklagten vom 5. November 1999 in Kraft trat. Dieser Verwaltungsakt hat vielmehr seine Grundlage in § 28h Abs. 2 SGB IV, wonach die Einzugsstelle (also die Krankenkasse) über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Ar-beitsförderung entscheidet.

Auch der weiterhin aufrecht erhaltene Einwand des Klägers, die Versicherungspflicht trete erst mit Bekanntgabe der Entschei-dung über die Versicherungspflicht ein, geht fehl. In der Kla-geschrift nimmt hierzu der Kläger auf § 7c SGB IV Bezug. Diese Vorschrift geht jedoch von der Entscheidung der BfA über die Versicherungspflicht aus und bestimmt in Satz 2 des Abs. 1 aus-drücklich, dass diese Vorschrift keine Anwendung bei Entschei-dungen der Einzugsstelle findet.

Begründet ist der Einwand des Klägers jedoch insoweit, als er sich gegen die in den angefochtenen Bescheiden getroffene Fest-stellung, der Beigeladene zu 1) sei bei ihm versicherungs-pflichtig in der streitigen Zeit beschäftigt gewesen, wendet. Eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung lag zu keiner Zeit vor. Eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Ar-beit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsge-bers. Die Eingliederung in den Betrieb wird deutlich an der Un-terordnung unter ein vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ar-beitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers, das dieser auch an andere Personen weitergeben kann. Es muss eine fremdbestimmte Leistung verbleiben, die Dienstleistung also zu-mindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also im Wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder fügt er sich nur in die von ihm selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die zudem regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist. Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat indizielle Wirkung. Dabei kommt es für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätig-keit vorliegt, vorrangig auf die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an, die vertraglich vereinbarte Rechtslage ist demgegenüber nachrangig. § 7 Abs. 4 SGB IV regelte darüber hinaus von 1999 bis 2002, dass bei einer erwerbsmäßig tätigen Person, die ihre Mitwirkungspflicht nach § 206 SGB V oder nach § 196 Abs. 1 SGB VI nicht erfüllt hat, vermutet wird, dass sie beschäftigt ist, wenn mindestens drei der folgenden fünf Merk-male vorliegen:

1. Die Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis re-gelmäßig im Monat 325,00 EUR übersteigt; 2. sie ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftrag-geber tätig; 3. ihr Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäf-tigte Arbeitnehmer verrichten; 4. ihre Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen; 5. ihre Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.

Satz 3 bestimmte, dass die Vermutung widerlegt werden kann. Da-bei gilt hierzu das Gleiche wie das oben zu Abs. 1 Satz 2 Ge-sagte. Diese Vorschrift galt zwar nur für die Zeit von 1999 bis 2002, und die Voraussetzungen der Nichterfüllung von Mitwir-kungspflichten sind bei dem Kläger nicht ersichtlich. Gleich-wohl hat der Gesetzgeber damit die bereits vorher bestehende und auch weiterhin geltende Rechtsprechung aufgegriffen, so dass sie als Grundlage für die Entscheidung herangezogen werden kann.

Die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV greift hier nicht zugunsten einer abhängigen Beschäftigung. Der Beigeladene zu 1) war nicht nur für den Kläger tätig, wie sich aus den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergebenen Rechnungen und Aufträgen ergibt. Diese verdeutlichen, dass der Beigeladene zu 1) in der streitigen Zeit im Rahmen seiner Firma H S Systemberatung jedenfalls für die SPD, die Firma M Ea , Mb /Westfalen, nochmals für die SPD-Landtagsfraktion und für den F -Verlag oHG, Sc , tätig war. Letzt-genannter Auftrag erfolgte im Rahmen der Erfassung der Gemein-dekarten Kropp, Silberstedt und Eggebek. Die Rechnungen bzw. Auftragserteilungen erfolgten ausdrücklich unter der Firmenbe-zeichnung des Beigeladenen zu 1) H S , System-beratung.

Der Kläger hat entsprechende Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) auch nicht regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten lassen. Vielmehr erfolgte nach dem Vortrag der Be-teiligten in dem Betrieb eine Arbeitsteilung dergestalt, dass der Vertrieb (allein) durch den Beigeladenen zu 1) erfolgte und der Kläger der Techniker in der Firma war.

Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) entsprach auch nicht der Tätigkeit, die er für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte. Vielmehr be-steht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, dass vor dem streitigen Zeitraum der Beigeladene als Selbstständiger mit dem Kläger zusammen das Unternehmen geführt hatte. Damit lagen nicht mindestens drei der Merkmale aus den Nrn. 1 bis 5 des § 7 Abs. 4 SGB IV vor.

Nach der Anhörung der Beteiligten vermag der Senat nicht zu er-kennen, dass sich an der selbstständigen Tätigkeit des Beigela-denen zu 1) über 1995 hinaus etwas geändert hat. So war die Tä-tigkeit sowohl bis 1995 als auch darüber hinaus dadurch ge-prägt, dass der Kläger für die Technik zuständig war, während der Beigeladene zu 1) den Vertrieb der Computer übernommen hat-te. Die Einschätzung durch den Kläger und den Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Fortsetzung der Tätigkeit als jeweils Selbstständige änderte sich auch nach 1995 nicht. Diese Ein-schätzung wird insbesondere aus dem Schreiben der Ehefrau des Beigeladenen zu 1) D P an das Bundesverwaltungsamt vom 23. März 1997 deutlich, dessen Inhalt, davon geht auch der Beigeladene zu 1) aus, mit ihm abgesprochen war. Darin teilte seine Ehefrau dem Bundesverwaltungsamt im Rahmen eines Antrags auf Teilerlass wegen Kinderbetreuung nach § 18b Abs. 5 des Bun-desausbildungsförderungsgesetzes mit, Haupterwerbsperson in der Familie sei ihr Ehegatte. "Er ist selbstständig und hat zur Zeit ein Einkommen von ca. 4.600,00 DM brutto." Und der Beige-ladenen zu 1) selbst schrieb am 17. Januar 1996 dem Rechtsan-walt und Notar Rb G , dass eine Zusammenarbeit mit M K bestehe und alle wichtigen Entscheidungen vorher besprochen und gemeinsam beschlossen würden. Dass der Beigela-dene zu 1) von der Fortsetzung der selbstständigen Tätigkeit (zunächst) ausging, verdeutlicht auch die Gewerbeabmeldung erst im Jahre 2000 und der Umstand, dass er weniger Urlaub in An-spruch nahm, als ihm als Arbeitnehmer gesetzlich zugestanden hätte.

Allerdings fand Anfang 1996 insoweit eine Änderung statt, als nunmehr der Beigeladene zu 1) zum Teil gleichbleibende monatli-che Zahlungen erhielt, zunächst 8.695,65 DM für zwei Monate (Januar/Februar 1996), dann 5.000,00 DM in den Monaten März und April, 4.891,30 DM im Monat Mai, 4.782,61 DM im Monat Juni, ab Juli 1996 4.565,22 DM, ab November 1996 4.891,30 DM und dann wieder ab Februar 1997 4.565,22 DM. Gleichbleibende monatliche Zahlungen sind grundsätzlich ein Indiz für eine abhängige Be-schäftigung, da die selbstständige Tätigkeit geprägt ist durch das Unternehmerrisiko und dieses sich insbesondere durch wech-selnde laufende Zahlungen, je nach Unternehmenserfolg, verdeut-licht. Gleichwohl geht der Senat von einer weiterhin bestehen-den selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) mit dem Kläger aus, da diese Honorarzahlungen nicht weitestgehend be-stimmt durch einen Arbeitgeber waren, sondern auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) er-folgte. Diese Zahlungen an den Beigeladenen zu 1) erfolgten auch nicht als Lohnzahlungen, sondern, mit Ausnahme der Monate Januar bis März 1996, ausgewiesen als Provisionen zuzüglich ge-setzlicher Mehrwertsteuer und darüber hinaus auf die Rechnung der Firma des Beigeladenen zu 1) H S Systembe-ratung hin. Lohnzahlungen hingegen erfolgen nicht auf Rechnung, sondern auf Grund einer Vereinbarung zu Beginn der Beschäfti-gung.

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Geschäftskontoinhaber der Klä-ger war und er den Mietvertrag für die Räume der Firma unter-schrieben hatte. Aus dem oben bereits zitierten Schreiben des Beigeladenen zu 1) an den Rechtsanwalt G vom 17. Januar 1996 wird ersichtlich, dass die Übernahme des Mietvertrages und des Firmenkontos durch den Kläger bereits mit Beginn der Zusammenarbeit im Januar 1995 so vereinbart war. Insoweit ergab sich mithin über das Jahr 1995 hinaus keine Änderung sondern eine Fortführung der bereits vorher vereinbarten Aufgabenzutei-lungen.

Unzutreffend ist die Feststellung des Sozialgerichts, dass der Beigeladene zu 1) keinerlei Kapital für das Unternehmen einge-setzt hatte. So schreibt der Kläger in dem bereits zitierten Schreiben vom 17. Januar 1996 dem Rechtsanwalt und Notar G , dass die Kosten für die Ladenausstattung geteilt worden seien, ebenso wie Kosten für Telefon/Fax, Miete und Wer-bung sowie Pkw. Die zu teilenden Kosten würden ihm von dem Klä-ger in Rechnung gestellt. Zur gleichen Zeit, also bereits im streitigen Zeitraum, dachte der Kläger, wie ebenfalls das Schreiben verdeutlicht, über eine Firmennamenänderung in der Form nach, dass in dem Firmennamen auf Partner (also ihn) ver-wiesen wird.

Vor dem Hintergrund, dass Merkmale sowohl für als auch gegen eine abhängige Beschäftigung/Selbstständigkeit sprechen, nimmt der Senat eine Gewichtung dahingehend vor, dass die Merkmale für eine Selbstständigkeit überwiegen. Im Rahmen auch der Anhö-rung des Klägers und des Beigeladenen zu 1) durch den Senat ist dieser zu der Einschätzung gekommen, dass die wesentlichen Ent-scheidungen in der Firma CST von dem Kläger und dem Beigelade-nen zu 1) gemeinsam getroffen wurden, mithin es an einer Wei-sungsunterworfenheit und Eingliederung in eine fremde Arbeits-organisation für den Beigeladenen zu 1) fehlte. Die im Wesent-lichen gleichbleibende Honorierung und der geringe Kapitalein-satz sowie der Firmenname, der auf den Kläger lautete, tritt dagegen nach Auffassung des Senats zurück.

Dass seitens des Finanzamts Kiel-Süd die Tätigkeit des Beigela-denen zu 1) als nichtselbstständige Tätigkeit bewertet wurde, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Aus dem Lohnsteuerbericht vom 24. August 2001 wird lediglich deutlich, dass das Finanzamt zu der Einschätzung zwar über § 7 Abs. 4 SGB IV gekommen ist, dies jedoch nur mit der unbegründeten Behauptung, dass die Ver-mutungskriterien auf den Beigeladenen zu 1) im Wesentlichen zu-treffen. Das ist, wie oben ausgeführt, jedoch nicht der Fall.

Nach alledem waren die Bescheide der Beklagten und die sie bestätigende Entscheidung des Sozialgerichts Kiel aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Verwaltungs-gerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197a SGG in Verbindung mit 52 Abs. 2 GKG in der ab 1. Juli 2004 gel-tenden Fassung.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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