Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 20 AY 4/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 1008/05 AY ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. September 2005 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 01. September 2005 wird zurückgewiesen. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozess- bevollmächtigten bewilligt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für den Antragsteller.
Der 1963 geborene Antragsteller, ein Staatsangehöriger K, reiste 1987 nach Deutschland ein, um in B an der T Universität Maschinenbau zu studieren. Nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis und vergeblichen Abschiebungsversuchen stellte er einen Asylantrag, über den noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Gemäß einer Auflage zu seiner Aufenthaltsgestattung ist er verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft in P zu wohnen. Ihm ist nicht erlaubt, während des Asylverfahrens einem Studium oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und nach B zu reisen. Der Antragsteller ist noch immer – inzwischen im 29. Semester - als Student der T Universität B immatrikuliert.
Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, zuletzt laufende Hilfe zum Lebensunterhalt analog Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für den August 2005. Mit Bescheid vom 10. August 2005 lehnte die Antragsgegnerin es ab, dem Antragsteller vom 01. September 2005 an Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, weil er noch immer an der T Universität studiere und diese Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig sei und damit entsprechend § 22 Abs. 1 SGB XII der Anspruch auf Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen sei. Gegen diese Ablehnung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 26. August 2005 Widerspruch ein.
Am 01. September 2005 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Potsdam beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat unter Aufrecherhaltung ihrer Rechtsauffassung aus dem Widerspruchsbescheid beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 14. September 2005 hat das Sozialgericht Potsdam die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für den Zeitraum vom 01. September 2005 bis zum 31. Oktober 2005 Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII zu gewähren. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruchsausschluss entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII greife nicht, weil der Antragsteller einem öffentlich-rechtlichen Verbot zu studieren unterliege und mithin nur pro forma Student sei. Dieses Studium sei nicht dem Grunde nach förderungsfähig, denn dies setze voraus, dass die Förderung prinzipiell möglich sei. Das öffentlich-rechtliche Studierverbot stehe einer Förderungsfähigkeit dem Grunde nach aber entgegen.
Gegen den am 15. September 2005 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 05. Oktober 2005 Beschwerde eingelegt. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII betreffe die abstrakte Förderungsfähigkeit einer Ausbildung nach dem BAföG oder dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III -, unabhängig von im konkreten Fall fehlenden Voraussetzungen nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Studierende an staatlichen Hochschulen seien stets dem Grunde nach BAföG berechtigt, sofern sie sich in einem Vollstudiengang befinden, es sei denn, es liege eine Beurlaubung vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII seien nicht erkennbar. Der Antragsteller habe es in der Hand, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII zu schaffen, indem er sich exmatrikuliere oder sich zumindest beurlauben lasse.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. September 2005 aufzuheben und
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 01. September 2005 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Aufgrund des ihm auferlegten Studienverbotes liege keine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung vor. Da wegen des Studienverbots nicht davon ausgegangen werden könne, dass er die Hilfe zum Lebensunterhalt beantragt habe, um ein Studium durchführen und zu einem Abschluss bringen zu können, würde es sich bei der Leistungsgewährung auch nicht um eine versteckte Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene handeln. Im Übrigen sei der Ablehnungsbescheid ermessensfehlerhaft ergangen, weil die Antragsgegnerin nicht geprüft habe, ob er wegen des ihm auferlegten Arbeitsverbots als Härtefall einzustufen sei. Die Antragsgegnerin hätte sich auch mit der Frage befassen müssen, ob er aufgrund seiner psychischen Erkrankung überhaupt als arbeitsfähig einzustufen sei. Wäre dies nicht der Fall, wäre eine Kausalität zwischen Ausbildung und Hilfebedürftigkeit nicht gegeben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Potsdam hat die Antragsgegnerin zu Unrecht im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt an den Antragsteller verpflichtet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -). Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung.
Der Antragsteller hat schon einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Einem Anspruch des Antragstellers auf Leistungen zum Lebensunterhalt in analoger Anwendung der Vorschriften des SGB XII gemäß § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) steht § 22 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Eine Ausbildung ist dann dem Grunde nach förderungsfähig, wenn sie abstrakt, d. h. unabhängig von in der Person des Auszubildenden liegenden Ausschlussgründen, förderungsfähig ist. Entscheidend ist allein, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz eine Ausbildung als förderungsfähig erklärt (BVerwG FEVS 44, 138 m. w. N. zu § 26 BSHG). Bei dem Hochschulstudium Maschinenbau handelt es sich um eine unter die Regelungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes fallende dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Darauf, dass die Aufnahme dieser Ausbildung dem Antragsteller ausländerrechtlich verboten und er sowohl, weil er als Asylbewerber nicht unter den begünstigten Personenkreis des § 8 BAföG fällt, als auch, weil er die maßgebliche Förderungshöchstdauer überschritten hat, nicht gefördert werden könnte, kommt es nicht an. Die Anwendung des § 22 Abs. 1 SGB XII wäre auch nicht ausgeschlossen, wenn im Falle des Antragstellers lediglich eine "pro-forma-Immatrikulation" vorläge. Denn ob § 22 SGB XII greift, ist allein nach den objektiven Verhältnissen (Immatrikulation) zu beurteilen (OVG Lüneburg FEVS 48, 468 zu § 26 BSHG). An der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, dem Besuch einer Ausbildungsstätte, fehlt es während des Bestehens der formalen Immatrikulation nur, wenn und solange der Auszubildende von der Ausbildungsstätte beurlaubt ist (BVerwG, Beschluss vom 25. August 1999 - 5 B 153/99 - juris).
Der Antragsteller kann auch die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht für sich in Anspruch nehmen. Nach dieser Vorschrift kann in besonderen Härtefällen Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet werden. Ein besonderer Härtefall ist aber auch unter Berücksichtigung des den Antragsteller als Asylbewerber treffenden Arbeitsverbotes nicht erkennbar. Ob eine besondere Härte gegeben und ein Ermessen des Leistungsträgers überhaupt eröffnet ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Ein besonderer Härtefall liegt nach der zu § 26 Satz 2 BSHG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses nach Satz 1 der Vorschrift über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen (BVerwGE 94, 224). Ein danach erforderlicher atypischer Fall liegt jedoch nicht vor. Vielmehr entspricht der Ausschluss von Sozialleistungen für die Ausbildung der bewussten gesetzlichen Wertung, dass Asylbewerbern auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung nicht dieselben Rechte wie Deutschen oder anerkannten Asylberechtigten gewährt werden. Die Beschränkung der Ausbildungsförderung auf den Personenkreis des § 8 BAföG, also zwar auf anerkannte Asylberechtigte, nicht aber auf Asylbewerber, denen regelmäßig eine Erwerbstätigkeit ausländerrechtlich untersagt ist, stellt eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung dar, die nicht über die Anwendung des § 22 Satz 2 SGB XII auf diese Fälle unterlaufen werden darf (vgl. OVG Saarlouis FEVS 38, 116 m.w.N.).
Eine besondere Härte könnte sich allenfalls aus zusätzlichen Gesichtspunkten ergeben. Solche hat der Antragsteller aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere hat er eine von seiner Prozessbevollmächtigten als Frage aufgeworfene Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht im Ansatz glaubhaft gemacht. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich insoweit lediglich entnehmen, dass der Antragsteller nach Einschätzung seines Hausarztes, eines Facharztes für Allgemeinmedizin, an einer depressiven Entwicklung leide, die durch die Art seiner Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft und die dortigen Mitbewohner verursacht werde. Der Antragsteller sei daher Ende März 2005 zur Weiterbehandlung an die Psychiatrie/Neurologie überwiesen worden. Eine Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers ist hiermit weder vorgetragen noch gar glaubhaft gemacht.
Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei kommt es auf die Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung nicht an, da er in erster Instanz obsiegt und der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für den Antragsteller.
Der 1963 geborene Antragsteller, ein Staatsangehöriger K, reiste 1987 nach Deutschland ein, um in B an der T Universität Maschinenbau zu studieren. Nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis und vergeblichen Abschiebungsversuchen stellte er einen Asylantrag, über den noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Gemäß einer Auflage zu seiner Aufenthaltsgestattung ist er verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft in P zu wohnen. Ihm ist nicht erlaubt, während des Asylverfahrens einem Studium oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und nach B zu reisen. Der Antragsteller ist noch immer – inzwischen im 29. Semester - als Student der T Universität B immatrikuliert.
Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, zuletzt laufende Hilfe zum Lebensunterhalt analog Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für den August 2005. Mit Bescheid vom 10. August 2005 lehnte die Antragsgegnerin es ab, dem Antragsteller vom 01. September 2005 an Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, weil er noch immer an der T Universität studiere und diese Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig sei und damit entsprechend § 22 Abs. 1 SGB XII der Anspruch auf Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen sei. Gegen diese Ablehnung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 26. August 2005 Widerspruch ein.
Am 01. September 2005 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Potsdam beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat unter Aufrecherhaltung ihrer Rechtsauffassung aus dem Widerspruchsbescheid beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 14. September 2005 hat das Sozialgericht Potsdam die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für den Zeitraum vom 01. September 2005 bis zum 31. Oktober 2005 Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII zu gewähren. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruchsausschluss entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII greife nicht, weil der Antragsteller einem öffentlich-rechtlichen Verbot zu studieren unterliege und mithin nur pro forma Student sei. Dieses Studium sei nicht dem Grunde nach förderungsfähig, denn dies setze voraus, dass die Förderung prinzipiell möglich sei. Das öffentlich-rechtliche Studierverbot stehe einer Förderungsfähigkeit dem Grunde nach aber entgegen.
Gegen den am 15. September 2005 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 05. Oktober 2005 Beschwerde eingelegt. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII betreffe die abstrakte Förderungsfähigkeit einer Ausbildung nach dem BAföG oder dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III -, unabhängig von im konkreten Fall fehlenden Voraussetzungen nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Studierende an staatlichen Hochschulen seien stets dem Grunde nach BAföG berechtigt, sofern sie sich in einem Vollstudiengang befinden, es sei denn, es liege eine Beurlaubung vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII seien nicht erkennbar. Der Antragsteller habe es in der Hand, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII zu schaffen, indem er sich exmatrikuliere oder sich zumindest beurlauben lasse.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. September 2005 aufzuheben und
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 01. September 2005 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Aufgrund des ihm auferlegten Studienverbotes liege keine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung vor. Da wegen des Studienverbots nicht davon ausgegangen werden könne, dass er die Hilfe zum Lebensunterhalt beantragt habe, um ein Studium durchführen und zu einem Abschluss bringen zu können, würde es sich bei der Leistungsgewährung auch nicht um eine versteckte Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene handeln. Im Übrigen sei der Ablehnungsbescheid ermessensfehlerhaft ergangen, weil die Antragsgegnerin nicht geprüft habe, ob er wegen des ihm auferlegten Arbeitsverbots als Härtefall einzustufen sei. Die Antragsgegnerin hätte sich auch mit der Frage befassen müssen, ob er aufgrund seiner psychischen Erkrankung überhaupt als arbeitsfähig einzustufen sei. Wäre dies nicht der Fall, wäre eine Kausalität zwischen Ausbildung und Hilfebedürftigkeit nicht gegeben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Potsdam hat die Antragsgegnerin zu Unrecht im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt an den Antragsteller verpflichtet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -). Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung.
Der Antragsteller hat schon einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Einem Anspruch des Antragstellers auf Leistungen zum Lebensunterhalt in analoger Anwendung der Vorschriften des SGB XII gemäß § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) steht § 22 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Eine Ausbildung ist dann dem Grunde nach förderungsfähig, wenn sie abstrakt, d. h. unabhängig von in der Person des Auszubildenden liegenden Ausschlussgründen, förderungsfähig ist. Entscheidend ist allein, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz eine Ausbildung als förderungsfähig erklärt (BVerwG FEVS 44, 138 m. w. N. zu § 26 BSHG). Bei dem Hochschulstudium Maschinenbau handelt es sich um eine unter die Regelungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes fallende dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Darauf, dass die Aufnahme dieser Ausbildung dem Antragsteller ausländerrechtlich verboten und er sowohl, weil er als Asylbewerber nicht unter den begünstigten Personenkreis des § 8 BAföG fällt, als auch, weil er die maßgebliche Förderungshöchstdauer überschritten hat, nicht gefördert werden könnte, kommt es nicht an. Die Anwendung des § 22 Abs. 1 SGB XII wäre auch nicht ausgeschlossen, wenn im Falle des Antragstellers lediglich eine "pro-forma-Immatrikulation" vorläge. Denn ob § 22 SGB XII greift, ist allein nach den objektiven Verhältnissen (Immatrikulation) zu beurteilen (OVG Lüneburg FEVS 48, 468 zu § 26 BSHG). An der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, dem Besuch einer Ausbildungsstätte, fehlt es während des Bestehens der formalen Immatrikulation nur, wenn und solange der Auszubildende von der Ausbildungsstätte beurlaubt ist (BVerwG, Beschluss vom 25. August 1999 - 5 B 153/99 - juris).
Der Antragsteller kann auch die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht für sich in Anspruch nehmen. Nach dieser Vorschrift kann in besonderen Härtefällen Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet werden. Ein besonderer Härtefall ist aber auch unter Berücksichtigung des den Antragsteller als Asylbewerber treffenden Arbeitsverbotes nicht erkennbar. Ob eine besondere Härte gegeben und ein Ermessen des Leistungsträgers überhaupt eröffnet ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Ein besonderer Härtefall liegt nach der zu § 26 Satz 2 BSHG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses nach Satz 1 der Vorschrift über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen (BVerwGE 94, 224). Ein danach erforderlicher atypischer Fall liegt jedoch nicht vor. Vielmehr entspricht der Ausschluss von Sozialleistungen für die Ausbildung der bewussten gesetzlichen Wertung, dass Asylbewerbern auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung nicht dieselben Rechte wie Deutschen oder anerkannten Asylberechtigten gewährt werden. Die Beschränkung der Ausbildungsförderung auf den Personenkreis des § 8 BAföG, also zwar auf anerkannte Asylberechtigte, nicht aber auf Asylbewerber, denen regelmäßig eine Erwerbstätigkeit ausländerrechtlich untersagt ist, stellt eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung dar, die nicht über die Anwendung des § 22 Satz 2 SGB XII auf diese Fälle unterlaufen werden darf (vgl. OVG Saarlouis FEVS 38, 116 m.w.N.).
Eine besondere Härte könnte sich allenfalls aus zusätzlichen Gesichtspunkten ergeben. Solche hat der Antragsteller aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere hat er eine von seiner Prozessbevollmächtigten als Frage aufgeworfene Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht im Ansatz glaubhaft gemacht. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich insoweit lediglich entnehmen, dass der Antragsteller nach Einschätzung seines Hausarztes, eines Facharztes für Allgemeinmedizin, an einer depressiven Entwicklung leide, die durch die Art seiner Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft und die dortigen Mitbewohner verursacht werde. Der Antragsteller sei daher Ende März 2005 zur Weiterbehandlung an die Psychiatrie/Neurologie überwiesen worden. Eine Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers ist hiermit weder vorgetragen noch gar glaubhaft gemacht.
Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei kommt es auf die Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung nicht an, da er in erster Instanz obsiegt und der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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