L 1 R 111/05 KN

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 20 RJ 275/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 111/05 KN
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 24. März 2005 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Altersrente nach durchgeführter Beitragserstattung. Darüber hinaus macht der Kläger die Erstattung des vom Arbeitgeber gezahlten Anteils der Rentenversicherungsbeiträge an sich geltend.

Der am X.XXXXX 1942 geborene türkische Kläger legte vom 25. Mai 1971 bis 5. Oktober 1989 u.a. Beitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurück. Seit Mitte 1990 lebt er wieder in der Türkei. Auf seinen Antrag hin wurden ihm mit Bescheid vom 30. November 1992 die Hälfte der Pflicht- und freiwilligen Grundbeiträge sowie die auf Ausfallzeiten entrichteten Beiträge in voller Höhe erstattet.

Mit Schreiben vom 15. April 2003 beantragte er die Gewährung einer Altersrente aus dem ihm nicht erstatteten, vom Arbeitgeber für Pflichtbeitragszeiten getragenen Beitragsanteil. Die Beklagte lehnte die Rentengewährung mit Bescheid vom 19. Mai 2003 ab. Durch die Beitragserstattung seien sämtliche Leistungsansprüche aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erloschen. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2004 zurück.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, dass ihm zumindest der vom Arbeitgeber getragene Anteil der Pflichtbeiträge noch zu erstatten sei, damit er diesen Betrag rentensteigernd beim türkischen Rentenversicherungsträger einzahlen könne. Die seinerzeitige Beitragserstattung habe er bereits in entsprechender Weise verwendet. Der gesetzliche Ausschluss einer Erstattung des Arbeitgeberanteils der Beiträge verstoße gegen das Gleichheitsprinzip, denn ohne die damalige Beitragserstattung wäre der vom Arbeitgeber getragene Beitragsanteil bei der Ermittlung der Rentenhöhe mit berücksichtigt worden. Die Beklagte hat die Auffassung geäußert, der angegriffene Bescheid sei nicht zu beanstanden.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. März 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt, die er trotz Ankündigung nicht näher begründet hat.

Er beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 24. März 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Altersrente zu gewähren, hilfsweise über die im Jahre 1992 erstatteten Beiträge hinaus auch den vom Arbeitgeber getragenen Beitragsanteil zu erstatten.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 23. November 2005 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Trotz des Nichterscheinens des Klägers zum Verhandlungstermin konnte der Senat den Rechtsstreit entscheiden, weil dieser vom Termin benachrichtigt und darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens entschieden werden könne (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Terminsbenachrichtigung ist ausweislich der Postbescheinigung offensichtlich einem Hausgenossen des Klägers ausgehändigt worden. Es bestehen jedoch keine Zweifel, dass der Kläger die Terminsbenachrichtigung erhalten hat, da auch frühere Sendungen des Gerichts den Kläger über diesen Weg ohne Verzögerung erreicht haben. Dies ist ausreichend, weil Ladungen gemäß § 63 SGG den Beteiligten nur bekannt gegeben werden müssen und selbst im Falle einer vorgeschriebenen Zustellung ein Zustellmangel dann unschädlich wäre, wenn der Beteiligte die Ladung tatsächlich erhalten hat (vgl. § 202 SGG iVm § 189 Zivilprozessordnung).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente. Gemäß § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie u.a. die allgemeine Wartezeit vom 60 Kalendermonaten (§ 50 Abs. 1 SGB VI) zurückgelegt haben. Der Kläger ist weder Versicherter noch erfüllt er die allgemeine Wartezeit. Durch die 1992 durchgeführte Beitragserstattung wurde das damalige Versicherungsverhältnis aufgelöst und Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen (§ 210 Abs. 6 Satz 2 SGB VI). Nach der Erstattung hat der Kläger nicht erneut Versicherungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt.

Soweit der Kläger die Rückerstattung des vom Arbeitgeber getragenen Beitragsanteils begehrt, ist seine Klage unzulässig. Die Frage einer weiteren Beitragserstattung war nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und damit auch nicht ursprünglicher Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens. Über den Umfang der Beitragserstattung wurde mit Bescheid vom 30. November 1992 entschieden. Mangels Widerspruchs des Klägers wurde dieser Bescheid bestandskräftig. Weder hat der Kläger die Überprüfung der damaligen Entscheidung beantragt, noch hat die Beklagte von sich aus im Bescheid vom 19. Mai 2003 oder im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2004 die Frage einer weiteren Beitragserstattung aufgegriffen. Die in der Klagebegründung erfolgte Erweiterung des Begehrens ist nicht zulässig. Gemäß § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte hat nicht eingewilligt, insbesondere sich nicht in einem Schriftsatz auf die geänderte Klage eingelassen. Das Gericht hält die Klagerweiterung nicht für sachdienlich, weil es an der Prüfung des Begehrens auf weitere Beitragserstattung durch die Beklagte in einem Verwaltungsverfahren und in dem gemäß § 78 SGG vorgeschriebenen Vorverfahren fehlt.

Im Übrigen ergibt sich aus § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI, dass Beiträge nur erstattet werden können, soweit der Arbeitnehmer sie getragen hat. Eine Erstattung des Arbeitgeberanteils ist also - unabhängig von der Zulässigkeit der Klage - aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ausgeschossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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