L 10 V 1/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 31 V 66/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 V 1/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.12.1999 abgeändert. Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 08.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.1999 verurteilt, dem Kläger Berufsschadensausgleich ab 01.01.1993 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu 1/2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Berufsschadensausgleich statt ab Januar 1997 bereits ab März bzw. Mai 1988 zu zahlen ist.

Mit Bescheid vom 04.08.1950 erkannte das Versorgungsamt Regensburg bei dem 1922 geborenen Kläger als Schädigungsfolgen nach dem BVG

1. Verletzung des rechten Scheitelbeines und des darunter liegenden Gehirns durch Granatsplitter

2. Innenohrschwerhörigkeit beiderseits mit einer MdE um 50 v.H. an.

Mit Schreiben vom 16.09.1987 hat der Kläger einen Verschlimmerungsantrag gestellt und hierzu ausgeführt, aufgrund seiner schweren Kriegsverletzung habe sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechtert; er stelle hiermit den Antrag auf Neufeststellung seiner Grundrente. Der Beklagte übersandte dem Kläger hierauf am 25.09.1987 die Vordrucke A 45 und A 46. In der Folge forderte der Beklagte den Kläger am 24.09.1987, 03.11.1987, 10.12.1987 und mit Fristsetzung am 20.01.1988 auf, den Antragsvordruck zurückzusenden. Mit Bescheid vom 23.02.1988 hat der Beklagte die Neufeststellung der Versorgungsbezüge gem. § 66 SGB I versagt. In seinem Widerspruch vom 22.03.1988 hat der Kläger - wörtlich - geltend gemacht:

" ... Der gestellte Verschlimmerungsantrag beruht und bezieht sich nur auf das anerkannte Versorgungsleiden, bedarf daher weder einer zusätzlichen Mitwirkung und Aufklärung meinerseits. Für die Entscheidung und Neufestsetzung der Versorgungsrente liegen Ihnen ausführliche ärztliche Unterlagen und Kurberichte vor, die zu bewerten sind und in die Entscheidung einfließen müssen. Im übrigen liegt es in Ihrem Ermessen eine zusätzliche Nachuntersuchung anzuordnen. Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dass ich den Vordruck-Verschlimmerungsantrag den ich ausfüllen und unterschrieben zurückschicken sollte, habe ich nicht erhalten. Ich bitte um Aufklärung, warum ich ein doppelten Verschlimmerungsantrag eingereicht werden muss. Wie dargelegt, hat die Verwaltungsentscheidung keinen Bestand, an die Neufestsetzung der Versorgungsrente halte ich weiterhin fest."

Nunmehr übersandte der Beklagte unter dem 28.03.1988 nochmals die Vordrucke A 45 und A 46. Den Vordruck A 45 - Anfrage gem. § 12 VfG - reichte der Kläger am 10.05.1988 zurück. Dieser Vordruck ist inhaltlich wie folgt gestaltet und vom Kläger beantwortet worden:

Der Beklagte veranlasste nunmehr eine versorgungsärztliche Untersuchung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S ... am 13.07.1988. Ausweislich des Gutachtens vom 03.08.1988 hat der Kläger dem Gutachter u.a. berichtet, er habe im Alter von 60 Jahren seine Berufstätigkeit aufgegeben, Hauptgrund dafür sei die Hirnverletzung gewesen. Das Gutachten ist am 14.10.1988 beim Versorgungsamt Düsseldorf eingegangen.

Nach Einholung eines weiteren versorgungsärztlichen Gutachtens lehnte der Beklagte den Antrag auf höhere Versorgung durch Bescheid vom 10.05.1990 ab. Da der Kläger seine fehlende Mitwirkung nachgeholt hatte, half der Beklagte gleichzeitig dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.03.1988 ab. Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 10.05.1990 blieben erfolglos. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG Nordrhein-Westfalen den Beklagten verurteilt, ab dem 01.09.1987 Versorgung nach einer MdE um 60 v.H. zu gewähren, davon 10 v.H. wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit gem. § 30 Abs. 2 BVG (Urteil vom 14.03.1995 - L 6 V 93/94 -). Die zugelassene Revision führte zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (BSG vom 12.12.1995 - 9 RV 16/95 - ). Mit Urteil vom 03.09.1996 - L 6 V 24/96 - hat das LSG die Berufung des Klägers sodann rechtskräftig zurückgewiesen.

Mit Verfügung vom 04.10.1996 reichte das Landesversorgungsamt die B-Akten an das Versorgungsamt Düsseldorf mit dem Bemerken zurück, das BSG habe die Auffassung des LSG nicht bestätigt, der Kläger habe einen Anspruch auf Erhöhung der Versorgungsrente nach § 30 Abs. 2 BVG deswegen, weil er nur wegen der schädigungsbedingten Schwerbehinderteneigenschaft mit dem 60. Lebensjahr unter Inanspruchnahme des flexiblen Altersruhegeldes aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. Allerdings könnte die Prüfung eines Anspruchs auf Berufsschadensausgleich in Betracht kommen. Am 19.12.1996 hat das Versorgungsamt einen Antrag auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs angeregt. Der Kläger hat den Antrag am 02.01.1997 gestellt. Mit Bescheid vom 08.12.1997 hat der Beklagte sodann Berufsschadensausgleich ab 01/97 bewilligt.

Hiergegen hat der Kläger am 26.01.1998 Widerspruch eingelegt und geltend gemacht, er sei im September 1982 wegen der Schädigungsfolgen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden; das LSG habe bereits festgestellt, dass die Berechnung des Berufsschadensausgleichs mindestens ab September 1987 vorzunehmen sei; außerdem sei die Einstufung in die Leistungsgruppe IV fehlerhaft.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 11.01.1999 zurückgewiesen. Das LSG habe in seinem Urteil vom 14.03.1995 keine Aussage zum Beginn des Berufsschadensausgleichs getroffen. In jenem Verfahren sei es auch nur um eine Erhöhung der MdE gegangen. Selbst bei großzügiger Auslegung lasse sich aus dem Antrag vom 16.09.1987 (eingegangen am 21.09.1987) kein Antrag auf einkommensabhängige Leistungen entnehmen. Die Einstufung in die Leistungsgruppe IV (kaufmännischer Angestellter in der gesamten Industrie) sei angesichts der Auskunft des letzten Arbeitgebers als wohlwollend anzusehen.

Mit der fristgerecht erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Der Antrag vom 21.08.1997 bilde eine Einheit. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung von Berufsschadensausgleich seien schon damals erfüllt gewesen.

Mit Beschluss vom 08.11.1999 hat das Sozialgericht das Verfahren S 31 SB 66/99 getrennt. Soweit es um die Eingruppierung gehe, werde es unter einem neuen Aktenzeichen fortgeführt. Hinsichtlich der Frage, ab wenn BSA zu gewähren sei, verbleibe es beim alten Aktenzeichen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung bzw. Abänderung des Bescheides vom 08.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.1999 zu verurteilen, BSA ab März 1988 (Antrag) zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Aus heutiger Sicht seien die Grundvoraussetzungen für die Gewährung eines BSA ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben (Oktober 1982) zwar erfüllt gewesen. Zu bedenken sei jedoch, dass sich die einschlägige Rechtsprechung des BSG erst weit später verfestigt habe. Das Schreiben vom 02.05.1988 sei auch unter Berücksichtigung der VV Nr. 1 zu § 1 BVG nicht als Antrag auf BSA anzusehen. Ein solcher Antrag müsse entweder ausdrücklich gestellt werden, zumindest aber müssten Ausführungen gemacht werden, die auf eine schädigungsbedingte Einkommensminderung schließen lassen würden. In dem zur Begründung eines ausschließlich auf eine Verschlimmerung in medizinischer Hinsicht gestützten Neufeststellungsantrags übersandten Vordruck habe der Kläger die Frage 10 mit "war während der beruflichen Tätigkeit immer nachteilig" beantwortet. Damit habe er nicht eine Beeinträchtigung durch das auf einen ganz konkreten Zeitpunkt bezogene Ausscheiden aus dem Erwerbsleben geltend gemacht, vielmehr nur ausgeführt, während des Erwerbslebens immer beeinträchtigt gewesen zu sein. Führe man sich die vom Kläger tatsächlich erzielten Werteinheiten vor Augen, so weise sein Vorbringen allenfalls auf eine Beeinträchtigung im Sinn von § 30 Abs. 2 Ziffer b) BVG hin, nicht jedoch auf einen schädigungsbedingten Einkommensverlust, der auch tatsächlich nicht vorgelegen habe. Im übrigen habe der Kläger das Verfahren zu keinem Zeitpunkt betrieben oder weiter betrieben.

Mit Urteil vom 06.12.1999 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 08.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.1999 dem Kläger BSA ab März 1988 zu zahlen. Angesichts der VV Nr. 1 zu § 1 BVG sei der Antrag vom März 1988 auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen anzusehen. Der Kläger habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schädigungsfolgen ihn im Erwerbsleben beeinträchtigen würden. Gebe jemand an, die Gesundheitsstörungen hätten sich nachteilig auf seine berufliche Tätigkeit ausgewirkt, so müsse das Versorgungsamt auf einen Antrag nach § 30 Abs. 2 BVG bzw. auf einen Antrag auf BSA schließen und entsprechende Ermittlungen anstellen. So wie der Fragebogen ausgerichtet sei, könne dies nur als Antrag nach § 30 Abs. 2 oder 3 BVG verstanden werden.

Mit seiner fristgerecht eingelegten Berufung macht der Beklagte geltend: Selbst wenn der Ansicht des Sozialgerichts gefolgt und der Vordruck als Antrag auf BSA angesehen werden würde, könnte BSA erst ab Mai 1988 gewährt werden. Der Vordruck sei vom Kläger erst am 02.05.1988 ausgefüllt worden und am 10.05.1988 beim Versorgungsamt eingegangen. Der Auffassung des Sozialgerichts könne auch im übrigen nicht beigetreten werden. Der Vordruck A 45 sei dem Kläger im Rahmen der Bearbeitung eines Widerspruchs als Anlage zu einem Anschreiben vom gleichen Tag übersandt worden. Der Widerspruch habe sich auf den Bescheid vom 23.02.1988 bezogen, mit dem die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden sei; dabei sei es allein um die Frage gegangen, ob sich die anerkannten Schädigungsfolgen verschlimmert hätten. Ein beruflicher Schaden in Form einer schädigungsbedingten Einkommenseinbuße sei im Antragsverfahren nicht einmal andeutungsweise geltend gemacht worden. Ein solcher habe im ganz überwiegenden Teil des Erwerbslebens auch nicht vorgelegen. Wenn der Kläger die Frage nach den beruflichen Auswirkungen unter Ziffer 10 des Vordrucks A 45 dahin beantwortet habe, dass die Schädigungsfolgen "während der beruflichen Tätigkeit immer nachteilig" gewesen seien, könne dies sich nur auf den gesundheitlichen, nicht aber den wirtschaftlichen Aspekt beziehen. Die Ausführungen des Sozialgerichts dazu, wie "die seinerzeit benutzten Antragsvordrucke des Versorgungsamtes ... ausgelegt" waren, würden neben der Sache liegen. Bei dem Vordruck A 45 handele es sich nicht um einen Antragsvordruck; dieser sei vielmehr formlos gestellt worden. Entgegen der Darstellung des Sozialgerichts sei im Widerspruchsbescheid dementsprechend auch nicht behauptet worden, der Kläger habe im Antragsvordruck lediglich angegeben, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert; vielmehr würden sich die diesbezüglichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid ausschließlich und ausdrücklich mit dem formlosen Antrag vom 16.09.1987 befassen. Das Formblatt A 45 sei kein Antragsvordruck sondern ein für die zweckmäßige Durchführung der Ermittlungen entwickeltes Formblatt, das an einen bereits erstellten Antrag anschließe. Dies folge unmittelbar aus dem einleitenden Text des Formblattes. Zwar sei nicht ausgeschlossen, dass auch einem solchen Formblatt ein - über den bisherigen Antrag - hinausgehender Antrag zu sehen sei. Für einen entsprechenden Willen müssten aber konkrete Anhaltspunkte erkennbar sein; das sei hier nicht der Fall. Die Auffassung des Sozialgerichts, die unter Ziffer 10 des Formblatts gestellte Frage mache nur dann Sinn, wenn das Versorgsamt aus entsprechenden Antworten auf entsprechende Anträge schließe, sei unzutreffend. Aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der MdE-Feststellung folge vielmehr, dass die Versorgungsverwaltung zu allen, die MdE beeinflussenden Faktoren - sowohl nach § 30 Abs. 1 BVG als auch nach § 30 Abs. 2 BVG - ermittele. Die Sinnhaftigkeit der Frage zu Ziffer 10 des Vordrucks werde letztlich auch dadurch belegt, dass der anschließende Rechtsstreit gerade wegen § 30 Abs. 2 BVG geführt worden sei. Auch das BSG habe in jenem Streitverfahren keinen Anlass gesehen, darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf BSA vorliege. Hierzu hätte umso mehr Anlass bestanden, als es in jenem Rechtsstreit um die Frage gegangen sei, ob die Rechtsprechung des BSG zum Anspruch auf BSA bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auch auf § 30 Abs. 2 BVG anzuwenden sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte missachte die Entscheidung des BSG. Eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum er seiner Informationspflicht über zweckmäßige Leistungen ab Antragstellung (März 1988) nicht nachgekommen sei, fehle bislang. Klärungsbedürftig sei, warum der Beklagte einen zusammenhängenden Sachverhalt - BSA und Einstufung - ohne berechtigte Gründe auf zwei unterschiedlichen Gerichtsstufen abhandeln lasse. Hinsichtlich der richtigen Leistungsgruppeneinstufung könne der Nachweis über die gehobene Stellung ohne Verzögerung vorgelegt werden.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Gerichte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie die Streitakte S 31 V 1/91 (SG Düsseldorf). Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden, denn der ordnungemäß geladene Kläger ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts ist abzuändern, denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 08.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.1999 ist rechtmäßig soweit dem Kläger Berufsschadensausgleich vor dem 01.01.1993 versagt worden ist. Im übrigen erweist sich der Bescheid - soweit es um die in diesem Rechtsstreit allein streitbefangene Frage der Antragstellung geht - als rechtswidrig.

I.

1)

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat der Kläger nicht schon im März 1988 einen Antrag auf BSA gestellt hat. Ausweislich seiner Entscheidungsgründe (S. 4 des Urteils) bezieht sich das Sozialgericht hierzu auf den vom Kläger eingereichten Vordruck und dabei insbesondere auf die Antwort zu Frage 10. Dieser Vordruck ist vom Kläger indessen erst mit Datum vom 02.05.1988 unterzeichnet worden und am 10.05.1988 beim Versorgungsamt eingegangen. Für März 1988 ist aktenkundig lediglich der Widerspruch des Klägers vom 22.03.1988 (Eingang beim Versorgungsamt: 23.03.1988) gegen den Bescheid vom 23.02.1988. Hierauf bezieht sich das Sozialgericht in seinen Überlegungen allerdings nicht; das im Ergebnis zu Recht, denn diesem Schreiben ist ein Begehren, das als Antrag auf Gewährung von BSA verstanden werden könnte, insbesondere auch unter Berücksichtigung des seinerzeit bekannten Akteninhalts, nicht ansatzweise zu entnehmen.

2)

Demgemäss besteht vorrangig Streit darum, ob der Inhalt des vom Kläger ausgefüllten Vordrucks A 45 (beim Versorgungsamt eingegangen am 10.05.1988) sowie ggf. weitere vorgängige Schreiben als Antrag auf BSA anzusehen sind.

Ausdrücklich hat der Kläger weder im Vordruck A 45 noch in sonstigen Schreiben einen Antrag auf BSA gestellt. Allerdings ist ein Antrag nach der VV Nr. 1 zu § 1 BVG auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen gerichtet anzusehen, es sei denn, dass er auf bestimmte Leistungen ausdrücklich beschränkt ist.

Der Kläger hat den Antrag nicht ausdrücklich beschränkt. Dies würde voraussetzen, dass er beispielsweise erklärt hätte, den Antrag nur wegen einer Verschlimmerung der Schädigungsfolgen und nicht wegen etwaiger wirtschaftlicher Folgen der Schädigung zu stellen. Eine solche oder vergleichbare, das Verwaltungsverfahren ausdrücklich begrenzende Erklärung hat der Kläger nicht abgegeben. Da sonach weder ausdrücklich BSA beantragt ist, noch der Antrag ausdrücklich auf eine MdE-Erhöhung beschränkt ist, muß nach der Konzeption der VV Nr. 1 Satz 1 zu § 1 BVG geprüft werden, welche Leistungen nach Lage des Falles in Betracht kommen. Dem entspricht die Rechtsprechung des BSG. Danach wird für die Auslegung eines Antrags als maßgebend angesehen, dass derjenige, der zu einem bestimmten Sachverhalt einen Leistungsantrag stellt, damit im Zweifel alle Ansprüche geltend machen will, die ihm aus diesem Sachverhalt gegen den Versorgungsträger zustehen; entscheidend ist, ob mit dem Antrag nach dem erkennbaren Willen des Klägers durch schädigungsbedingte Einkommenseinbußen entstandene wirtschaftliche Schäden mittels BSA ausgeglichen werden sollten (vgl. BSG vom 28.04.1999 - B 9 V 16/98 R -; BSG vom 29.05.1980 - 9 RV 18/79 -; BSG vom 16.08.1973 - 3 RK 94/72 - in E 36, 120 ff).

Das ist nicht der Fall. Eingeleitet hat der Kläger das Verwaltungsverfahren durch Schreiben vom 16.09.1987. Es besteht aus zwei Teilen. Im ersten Absatz will der Kläger vom Versorgungsamt erläutet haben, warum dieses eine Geburts- und Heiratsurkunde anfordert. Im zweiten Absatz verweist er darauf, dass sich aufgrund seiner schweren Kriegsverletzung sein Gesundheitszustand verschlechtert habe und er hiermit einen Antrag auf Neufeststellung seiner Grundrente stelle. Der insoweit vom Kläger unterbreitete Sachverhalt ist eindeutig. Es geht allein um eine Erhöhung der MdE infolge Verschlechterung der Schädigungsfolgen. Mit diesem Antrag hat der Kläger ersichtlich keine schädigungsbedingten wirtschaftlichen Einbußen geltend gemacht, die Anlass sein könnten, hierin einen Antrag auf BSA zu sehen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des bis zum Antrag bekannten aktenkundigen Sachverhalts. Anhaltspunkte für schädigungsbedingte Einkommenseinbußen hat der Kläger niemals vorgetragen. Lediglich in der Vorgeschichte zum Kurgutachten vom 17.01.1986 ist auf die Frage nach der derzeitigen Tätigkeit festgehalten: "keine Berufstätigkeit z.Zeit ". Dies genügt indessen nicht, um den Antrag vom 16.09.1987 dahin zu interpretieren, dass der Kläger auch BSA begehrt. Denn jedenfalls der einschränkende Zusatz "z.Zeit" wies auf einen lediglich vorübergehenden Berufsunfähigkeitsstatus hin.

Der Widerspruch des Klägers vom 22.03.1988 gegen den Bescheid vom 23.02.1988 weist gleichermaßen nicht auf einen Sachverhalt hin, der es rechtfertigen könnte, das klägerische Begehren als Antrag auf BSA zu interpretieren. Der Kläger erklärt hierin ausdrücklich, dass sich der gestellte Verschlimmerungsantrag nur auf das anerkannte Versorgungsleiden beziehe; daher bedürfe es weder einer zusätzlichen Mitwirkung noch Aufklärung seinerseits. Hieraus wird neuerlich deutlich, dass es ihm nicht um den Ausgleich einer schädigungsbedingten Einkommenseinbuße geht. Dies wird ergänzend aus Absatz 3 und Absatz 4 dieses Schreibens deutlich, in dem er die Ansicht äußert, für die Entscheidung und Neufestsetzung der Versorgungsrente lägen ausführliche ärztliche Unterlagen und Kurberichte vor (Absatz 3), an der Neufestsetzung der Versorgungsrente halte er weiterhin fest (Absatz 4).

Soweit es die Auslegung des Vordrucks A 45 anlangt, ergibt sich:

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts handelt es sich hierbei nicht um einen Antragsvordruck. Bereits aus dem ersten Absatz des Vordruck folgt, dass auf einen bereits gestellten Antrag Bezug genommen wird. Der mit dem Vordruck verfolgte Zweck wird sodann unmittelbar anschließend und unmissverständlich dahin erläutert, dass die Beantwortung der im Vordruck gestellten Fragen der Sachverhaltsaufklärung dient. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Angaben des Klägers im Vordruck A 45 den Anforderungen der VV Nr. 1 zu § 1 BVG bzw. der Rechtsprechung des BSG aaO genügen und hierin doch ein Antrag auf BSA gesehen werden kann. Der vom Kläger unterbreitete Sachverhalt genügt dem indessen nicht.

Insbesondere aus Frage 10 und der Antwort des Klägers hierzu lässt sich nichts dafür herleiten, dass der Kläger auch eine schädigungsbedingte Einkommenseinbuße hätte geltend machen wollen. Die Frage 10 "Hat sich die Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen oder die unter 1 b) angegebene Gesundheitsstörung nachteilig auf Ihre berufliche Tätigkeit ausgewirkt und ggf. wie ?" zielt darauf ab, ob eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinn des § 30 Abs. 2 BVG vorliegen könnte. Dies folgt - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - sowohl aus der Diktion der Frage als auch aus dem mit dem Vordruck A 45 verfolgten Zweck, nämlich die Sachaufklärung im Rahmen eines Verschlimmerungsantrags zu erleichtern. Anhaltspunke dafür, dass das Versorgungsamt mit der Frage 10 auch Informationen zu etwaigen schädigungsbedingten Einkommenseinbußen erfragt, sind hiernach nicht ansatzweise erkennbar.

Die Antwort des Klägers "war während der beruflichen Tätigkeit immer nachteilig" ist demgemäss zunächst im Zusammenhang mit der gestellten Frage auszulegen. Danach bejaht er im Ergebnis eine besondere berufliche Betroffenheit für die Dauer seiner gesamten Berufstätigkeit. Dem ist der Beklagte dann zwar nicht weiter nachgegangen; der Kläger war seit 1983 Rentner. Insbesondere hat der Beklagte hierüber im Bescheid vom 10.05.1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1990 nicht ausdrücklich entschieden. Indessen war diese Frage unter dem Gesichtspunkt einer MdE-Erhöhung infolge Ausscheidens aus dem Erwerbsleben Gegenstand des nachfolgenden Streitverfahrens S 31 V 1/91 (SG Düsseldorf) und ist letztlich durch Urteil des LSG NRW vom 03.09.1996 - L 6 V 24/96 - negativ entschieden worden.

3)

Auch im übrigen lässt sich aus der Antwort des Klägers auf die Frage 10 des Vordrucks A 45 nichts für eine schädigungsbedingte Einkommenseinbuße herleiten. Zumindest ansatzweise hätte der Kläger etwas dazu vortragen müssen, dass auch nur darauf hindeuten kann, sein Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit habe sich durch die Schädigungsfolgen gemindert. Daran fehlt es. Dass sich Schädigungsfolgen während des gesamten Berufslebens nachteilig hierauf ausgewirkt haben, rechnet in dieser Allgemeinheit nicht zu den Tatbestandsvoraussetzung des § 30 Abs. 3 ff BVG, sondern - wie dargestellt - eher zu denen des § 30 Abs. 2 BVG. Es mangelt an jeglichem Hinweis auf einen - wie auch immer gearteten - wirtschaftlichen Schaden. Dass der Kläger mit seiner Antwort auf Ziffer 10 des Vordrucks schädigungsbedingte wirtschaftliche Einbußen im Sinn des § 30 Abs. 3 ff BVG nicht geltend gemacht hat, folgt schließlich auch daraus, dass er weder vorher (hierzu oben) noch nachfolgend diesen Gesichtspunkt weiterverfolgt hat. Auch soweit es die Antworten auf die Fragen 1 bis 9 und 11 des Vordrucks anlagt, ergibt sich hierfür nichts. Die Fragen 1 bis 4 beziehen sich allein auf eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen bzw. weitere schädigungsbedingter Gesundheitsstörungen. Die Antworten des Klägers entsprechen dem inhaltlich. Die Fragen 5 bis 8 hat der Kläger nicht beantwortet. Die Antworten auf die Fragen 9 und 11 stehen mit etwaigen wirtschaftlichen Schäden in keinem Zusammenhang.

4)

Allerdings ist dem versorgungsärztlichen Gutachten vom 03.08.1988 unter der Rubrik "Klagen" zu entnehmen, dass der Kläger dem Gutachter erklärt hat, er habe im Alter von 60 Jahren seine Berufstätigkeit aufgegeben, der Hauptgrund dafür sei die Hirnverletzung gewesen. Indessen kann auch dies nicht als Antrag auf BSA angesehen werden. Grundvoraussetzung ist, dass der Kläger zu einem bestimmten Sachverhalt einen Leistungsantrag stellt (BSG aaO und BSG vom 16.08.1973 - 3 RK 94/72 - in E 36, 120 ff). Der Leistungsantrag des Klägers bezieht sich - wie dargestellt - nur auf eine Neufeststellung seiner Versorgungsbezüge infolge Verschlimmerung der Schädigungsfolgen. Einen Leistungsantrag hinsichtlich BSA hat er weder unter dem 02.05.1988 noch vorher gestellt. Das Vorbringen des Klägers gegenüber dem versorgungsärztlichen Gutachten mag zwar als Sachverhalt zu verstehen sein, der auf eine schädigungsbedingte Einkommenseinbuße hindeutet. Indessen reicht dies nicht aus, um hieraus einen Antrag herzuleiten. Jedem Antrag muß auch bei weitestem Verständnis ein Erklärungswille innewohnen, er ansonsten zu einem rechtlichem Nullum denaturiert und es nur noch darauf ankommt, ob aus einem bestimmten Sachverhalt ein bestimmter Anspruch herrühren kann. Dann allerdings wäre das Antragsprinzip (§ 1 Abs. 1 BVG) durch das Offizialprinzip verdrängt, was erkennbar dem Gesetz widerspricht. Erklärungswille ist das Leistungsbegehren (vgl. BSGE 36, 20 ff), also der aus dem Antrag erkennbare Wille, sämtliche aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts in Betracht kommenden Ansprüche geltend zu machen ( vgl. auch BSG vom 28.04.1999 - B 9 V 16/98 R -).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers gegenüber dem Versorgungsarzt am 03.08.1988 nicht. Der Kläger schildert lediglich einen Sachverhalt, nämlich Aufgabe der Berufstätigkeit im Alter von 60 Jahren, und verbindet hiermit wertend, dass Hauptgrund hierfür die Hirnverletzung sei. Der Wille, hieraus Ansprüche herzuleiten, lässt sich dem nicht entnehmen. Dies hätte umso mehr nahegelegen, als der Kläger seine tatsächlichen oder vermeintlichen Ansprüche nachfolgend intensiv betrieben hat.

5)

Ist die fragliche Äußerung des Klägers gegenüber dem Versorgungsarzt zwar nicht als Antrag zu verstehen, so ist sie rechtlich gleichwohl nicht bedeutungslos. Der Beklagte war nunmehr gehalten, angesichts der ihm obliegenden Aufklärungs- und Beratungspflichten (§§ 13, 14 SGB I) einen Antrag auf BSA anzuregen. Das ist nicht geschehen, so dass sich Kläger auf einen Herstellungsanspruch berufen kann. Dass der Beklagte hierüber nicht entschieden hat, ist unschädlich. Der Herstellungsanspruch ist lediglich eine Anspruchsgrundlage innerhalb des vorgegebenen Streitgegenstandes (vgl. BSG vom 29.05.1980 - 9 RV 18/79 -).

a)

Wegen Verletzung von Beratungs- und Belehrungspflichten durch einen Sozialleistungsträger besteht ein Herstellungsanspruch dann, wenn der Sozialleistungsträger die sich aus dem Versorgungsrechtsverhältnis ergebenden Nebenpflicht zur individuellen Beratung verletzt hat (zB BSG vom 27.09.1983 - 12 RK 75/82 -). Der Herstellungsanspruch ist auf Herstellung derjenigen Rechtsposition gerichtet, in der sich der Beteiligte bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung und Erfüllung sozialrechtlicher Nebenpflichten innerhalb des betreffenden Sozialrechtsverhältnisses befinden würde (vgl. nur BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 69/95 - in NZS 1997, 283 ff und BSG vom 15.12.1999 - B 9 V 12/99 R-). Allerdings hat die individuelle Beratungs- und Hinweispflicht Grenzen; der Leistungsträger ist auch angesichts der ihm obliegenden Betreuungspflicht von Amts wegen zur Erteilung eines Hinweises nur verpflichtet, wenn ein konkreter Anlass vorliegt, den Versicherten spontan auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die jeder verständige Versicherte mutmaßlich nutzen würde (vgl. schon BSG vom 27.09.1983 - 12RK 75/82 - sowie vom 09.12.1997 - 8 RKn 1/97 - und vom 25.08.1993 - 13 RJ 43/92 - in SozR 5750 Art 2 § 6 ArVNG Nr. 7).

b)

So liegt es hier. Die Erklärung des Klägers gegenüber dem Versorgungsarzt anlässlich der Untersuchung vom 13.07.1988, er habe im Alter von 60 Jahren seine Berufstätigkeit aufgegeben, dafür sei Hauptgrund die Hirnverletzung gewesen, ist typisches Vorbringen zur Begründung eines Anspruchs auf Berufsschadensausgleichs. Hiermit verweist der Kläger auf eine schädigungsbedingte Einkommenseinbuße. Damit bestand nunmehr ein konkreter Anlass, den Kläger spontan auf eine klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeit - Antrag auf BSA - hinzuweisen.

c)

Der Verstoß gegen die Pflicht zur Spontanberatung aus aktuellem Anlass führt nur dann zu einem Herstellungsanspruch, wenn er ursächlich dafür gewesen ist, dass der Kläger die Antragstellung unterlassen hat. Der Senat hat keinerlei Zweifel, dass der Kläger bei zutreffender Beratung bereit gewesen wäre, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dies folgt schon daraus, dass er nach Beratung einen Antrag auf BSA späterhin tatsächlich gestellt hat.

d)

Das versorgungsärztliche Gutachten vom 03.08.1988 ist beim Versorgungsamt Düsseldorf am 14.10.1988 eingegangen. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Beabreitungszeit hätte der Beklagte den Kläger ab 01.01.1989 beraten müssen. Der Kläger ist mithin so zustellen, als ob er den Antrag bereits im Januar 1989 gestellt hätte. Indessen führt dies nicht dazu, dass ihm BSA-Leistungen ab 01.01.1989 zu gewähren sind. Denn § 44 Abs 4 SBG X ist bei einer sich aus einem Herstellungsanspruch ergebenden rückwirkenden Leistungsgewährung entsprechend anwendbar (BSG vom 11.04.1985 - 4b/9a RV 5/84 -; BSG vom 09.09.1986 - 11a RA 28/85 - SozR 1300 § 44 Nr 24; BSG vom 28.04.1999 -B 9 V 16/98 R -; BSG vom 28. 01. 1999 - B 14 EG 6/98 B -; a.A. SG Detmold vom 16.05.1991 - S 13 An 43/88-; einschränkend auch: BSG vom 14.05.1985 - 5a RKn 23/84- in SozR 1300 § 44 Nr 18). Dies mutet zwar zunächst befremdlich an (so Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht, 4. Auflage, 1999, S. 150). Der Senat tritt dem dennoch bei, denn es wäre nicht gerechtfertigt, wenn einem Berechtigten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein rückwirkender Anspruch über die Vier-Jahres-Frist des § 44 Abs. 4 SGB X hinaus zustehen soll, einem anderen Berechtigten, dem dieselbe oder eine gleichartige Leistung jedoch aufgrund eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes vorenthalten worden ist, bei Rücknahme des Verwaltungsaktes die Leistungseinschränkung des § 44 Abs. 4 SGB X gegen sich gelten lassen muss (so zutreffend Erlenkämper/Fichte aaO). Ausgehend vom Antragsdatum (Januar 1997) ergibt sich demnach , dass der Anspruch des Klägers infolge der vierjährigen Ausschluss frist des § 44 Abs. 4 SGB X auf den Zeitraum vom 01.01.1993 bis zur Antragstellung (Januar 1997) beschränkt ist.

II.

Der Trennungsbeschluss vom 08.11.1999 war unzulässig. In der Folge hat das SG durch (unzulässiges) Teilurteil entschieden. Dies begründet einen Verfahrensmangel im Sinn von § 159 SGG. Von einer Zurückverweisung sieht der Senat gleichwohl ab, weil die Sache aus den Gründen zu I. entscheidungsreif ist.

Verfahrensmangel im Sinn des § 159 SGG ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift. Wesentlich ist der Mangel, wenn das Urteil des Sozialgerichts auf ihm beruhen kann (Meyer-Ladewig, SGG, 5. Auflage, § 159 Rdn. 3 mwN). Mit Beschluss vom 08.11.1999 hat das Sozialgericht das Verfahren S 31 SB 66/99 getrennt. Gegenstand dieses Verfahren war nunmehr nur noch die Frage, wann der Kläger einen Antrag auf Gewährung von BSA gestellt hat. Soweit es hingegen um die Eingruppierung geht, hat das Sozialgericht ein neues Verfahren eingetragen.

Unter welchen Voraussetzungen eine Trennung zulässig ist, wird im SGG nicht bestimmt. § 113 SGG regelt lediglich die Verbindung mehrerer Rechtsstreitigkeiten vollständig, die Trennung hingegen nur lückenhaft (vgl. Bley in Gesamt-Kommentar, § 113 SGG, Anm. 1 b). Nach § 113 Abs. 1 SGG kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Rechtstreitigkeiten derselben Beteiligten zur gemeinschaftlichen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang stehen oder von vornherein in einer Klage hätten geltend gemacht werden können. Vorliegend indessen hat das Sozialgericht nicht mehrere Ansprüche zunächst verbunden, sondern den vom Kläger geltend gemachten Anspruch getrennt. Dieser Fall ist im SGG nicht geregelt (Bley aaO Anm. 1 b sowie Anm. 10). Deswegen gilt hierfür § 202 SGG iVm § 145 Abs. 1 ZPO. Hiernach ist die Trennung auch dann zulässig (bzw. geboten), wenn die gemeinsam erhobenen Ansprüche in keinem Zusammenhang stehen, sondern auch bei bestehendem Zusammenhang (Bley aa0 Anm. 10a). Voraussetzung einer Trennung ist dieselbe wie in § 5 ZPO; sie erfaßt die Klägerhäufung und/oder die Anspruchshäufung (Baumbach-Hartmann, ZPO, 56. Auflage, § 145 Rdn. 4). Daran fehlt es. Der Kläger hat vor dem Sozialgericht lediglich einen Anspruch mit der Klage geltend gemacht. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens waren allein Fragen des BSA. Demgemäss verhält sich der Widerspruchsbescheid auch nur zur Frage, wann der Kläger einen hierauf gerichteten Antrag gestellt hat, welches Vergleichseinkommen heranzuziehen und ob bei der Berechnung des BSA gemäß § 30 Abs. 6 BVG die Nettorente abzüglich des Pflegeversicherungsanteils berücksichtigt worden ist. Mit der gegen den Widerspruchsbescheid gerichteten Klage hat der Kläger das Streitprogramm festgelegt und beschränkt (§ 123 SGG). Er wendet sich nämlich nur gegen die Auffassung des Beklagten, der Antrag sei im Januar 1997 gestellt worden sowie gegen die Eingruppierung im Rahmen des BSA. Streitig sind damit lediglich unselbständige Elemente des einheitlichen Streitgegenstandes "Anspruch auf BSA". Insbesondere die vom Sozialgericht durch die Trennung zum Gegenstand eines eigenständigen Rechtsstreits gemachte Frage, wann der Kläger erstmals einen Antrag auf BSA gestellt hat, ist rechtlich neben weiteren in § 30 Abs. 3 ff BVG iVm der BSchAV normierten Voraussetzungen nur ein - materiell- konstitutiver - Teil der Anspruchsvoraussetzungen (§ 1 Abs. 1 BVG iVm § 30 Abs. 3 BVG). Im Ergebnis hat das Sozialgericht durch Teilurteil (§ 202 SGG iVm § 301 ZPO) entschieden, obgleich die Voraussetzungen hierfür, nämlich Teilbarkeit des Klagegegenstandes in mehrere selbständige Ansprüche, nicht gegeben waren (hierzu BSG vom 28.04.1999 - B 6 KA 52/98 R -; Baumbach aaO § 301 Rdn. 10, 11: Unzulässigkeit eines Teilurteils über einzelne Elemente des Anspruchs bzw. bei Einheitlichkeit des Anspruchs; vgl. auch LSG Baden-Württemberg vom 12.09.1984 - L 2 Ua 580/83 - in Breithaupt 1985, 399 ff).

Die hiernach den Normzweck überschreitende und damit ermessensfehlerhafte Handhabung des § 145 Abs. 1 ZPO macht den Trennungsbeschluss rechtswidrig (hierzu Bley aaO Anm. 10 a; BGH vom 06.07.1995 - I ZR 20/93 - in MDR 1996, 269 zu § 145 ZPO). Dieser ist zwar nicht gesondert anfechtbar (§ 172 Abs. 2 SGG), indessen kann die Trennung ein Verfahrensmangel sein, wenn ein sachlicher Grund hierfür nicht erkennbar ist (Baumbach aaO, vgl. auch BGH aaO zu § 145 ZPO für Revisionsinstanz). So liegt es hier. Aus welchem rechtlichen Grund das Sozialgericht die Trennung vorgenommen haben könnte, ist nicht ersichtlich. Die Frage, wann der Kläger erstmals einen Antrag auf BSA gestellt hat, hätte das Sozialgericht unschwer mit den weiteren vom Kläger zur Prüfung gestellten Fragen klären können. Prozessökonomisch ist die Trennung gleichermaßen nicht. Der Kläger ist bereits im Oktober 1982 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. In dem vor dem SG noch anhängigen Rechtsstreit ist streitig nur die Einstufung des Klägers. Selbst wenn sich der Senat der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen hätte, wären für den dann noch verbliebenen BSA-Zeitraum ab Januar 1997 keine anderen Ermittlungen als für die davor liegende Zeit durchzuführen.

Zwar hat der Kläger die Trennung ausdrücklich beanstandet, dennoch macht der Senat von der in seinem Ermessen stehenden Möglichkeit der Zurückverweisung an das SG gemäß § 159 Abs 1 SGG aus prozessökonomischen Erwägungen keinen Gebrauch, denn der angefallene Rechtsstreit ist entscheidungsreif (hierzu BSG vom 09.09.1998 - B 6 KA 34/98 B -). Eine Zurückverweisung würde nur zu weiteren Verzögerungen führen. Im übrigen hat sich der Berufungsführer zur Problematik der Trennung nicht geäußert, so dass anzunehmen ist, eine Sachentscheidung liege auch in seinem Interesse.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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