L 11 B 568/04 AL ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 674/04 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 568/04 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 13.10.2004 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 23.05.2001/Widerspruchsbescheid vom 09.07.2001 forderte die Antragsgegnerin (Ag) vom Antragssteller (ASt) Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 6.177,37 EUR. Die hiergegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (S 10 AL 339/01) nahm der ASt am 08.07.2003 zurück. Gleichzeitig beantragte er Stundung der Erstattungsforderung. Die Ag lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 19.08.2003/ Widerspruchsbescheid vom 17.11.2003 ab. Die sofortige Einziehung der Forderung bedeute für den ASt keine besondere Härte. Vorhandenes Vermögen sei zumutbar zu verwerten, denn es handele sich nicht um privilegiertes Vermögen. Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Ausbildung zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in absehbarer Zeit tatsächlich realisiert würde, lägen nicht vor. Im Stundungsfall sei von einer Gefährdung der Forderung auszugehen.

Dagegen erhob der ASt am 28.11.2003 Klage zum SG (S 4 AL 667/03). Er sei zur Finanzierung der geplanten Ausbildung auf sein noch vorhandenes Vermögen angewiesen. Auch hoffe er, in absehbarer Zeit einen entsprechenden Ausbildungsplatz zu erhalten. Über diese Klage hat das SG noch nicht entschieden.

Am 08.10.2004 beantragte der ASt beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung der o.a. Klage festzustellen (S 4 AL 674/04 ER). Es sei ihm vom Hauptzollamt R. die Vollstreckung über 6.208,52 EUR angedroht worden.

Die Ag wies darauf hin, dass die Forderung selbst bestandskräftig festgestellt sei. Im noch anhängigen Klageverfahren S 4 AL 667/03 sei lediglich die Ablehnung der ratenfreien Stundung dieser Forderung streitig. Dieser Klage komme jedoch aufschiebende Wirkung nicht zu. Da der Ablehnungsbescheid keinen vollzugsfähigen Inhalt habe, gehe der Antrag des ASt ins Leere, selbst wenn man ihn auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichtet deute.

Das SG wertete den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 08.10.2004 als Antrag auf Zuerkennung der vorläufigen ratenfreien Stundung und wies den Antrag mit Beschluss vom 13.10.2004 mit der Begründung zurück, der ASt habe nicht belegt, dass ihm nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, wenn die angekündigte Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt werde. Er habe nämlich die in Aussicht gestellte Ausbildung weder aufgenommen noch einen konkreten Termin für deren Beginn benannt. Auch seien bei summarischer Prüfung keine Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu erkennen. Im Hinblick auf das Fehlen einer besonderen Härte sei nicht von einem Ermessensfehlgebrauch der Ag auszugehen.

Gegen diesen Beschluss hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben. Wegen eines Sprachfehlers - der sich auch negativ auf sein Privatleben ausgewirkt habe - habe er bisher keine Anstellung finden können. Er erwarte daher Chancengleichheit durch Wertung seines Vermögens als privilegiertes Vermögen für die beabsichtigte Ausbildung/Gründung einer selbstständigen Praxis und Annahme eines Härtefalls. Die Beschwerde beinhalte zugleich den Antrag auf Stundung der Forderung.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Ag beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, die Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur ratenfreien Stundung der Forderung zu verpflichten.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfGE 79, 69/74; 46, 166/179).

Eine solche Regelungsanordnung setzt voraus, dass der ASt einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) und einen Anordnungsanspruch (materiell-rechtlicher Anspruch) glaubhaft machen kann (§ 86 b Abs 2 Satz 2, 4 SGG iVm §§ 920 Abs 2, 294 Abs 1 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund.

Bei der Regelungsanordnung besteht der Anordnungsgrund in der Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Dem ASt darf es unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen nicht zumutbar sein, die Hauptsacheentwicklung abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8.Auflage § 86 b RdNr 7 a).

Vorliegend ist dem ASt ein Abwarten zuzumuten. Er erleidet nämlich durch die Ablehnung der ratenfreien Stundung und damit durch die Fortsetzung des Einziehungsverfahrens keine wesentlichen, nicht wieder gutzumachenden Nachteile. Hat er im noch anhängigen Hauptsacheverfahren (Überprüfung der Stundungsablehnung) Erfolg, wird die Ag bis dahin eingezogene Beträge an den ASt zurückzuerstatten haben. Auch hat der ASt weder vorgetragen noch belegt, dass er die Ausbildung, für die er finanzielle Mittel zurückhält, bereits begonnen hat bzw. deren Beginn unmittelbar bevorsteht. Dem ASt ist es daher zuzumuten, die von ihm bereits angestrebte Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Daher hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 174 SGG).
Rechtskraft
Aus
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