Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 990/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 64/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung des Wirbelsäulenleidens des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1952 geborene Kläger war in der Zeit von September 1969 bis August 1975 als Baumaschinenkraftfahrer bei der V, von August 1975 bis August 1977 als Kraftfahrer/Maschinist/Straßenbauarbeiter beim R, von Juli 1977 bis Januar 1981 als Kraftfahrer/Maschinist beim Z, von Januar 1981 bis September 1983 als Kraftfahrer beim V und in der Folgezeit als Kraftfahrer mit Be- und Entladetätigkeit tätig, und zwar von September 1983 bis September 1989 beim V, von Dezember 1989 bis August 1993 bei der Firma Th GmbH und in der Zeit ab August 1993 bei der Firma H GmbH, wo er ab 2. Januar 1997 wegen eines Lendenwirbelsäulen(LWS)-Syndroms arbeitsunfähig und im Juli 1998 gekündigt wurde.
Im März 1997 zeigte die AOK Berlin gegenüber der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach den Nrn. 2108, 2109 bzw. 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BeKV) in der Fassung vom 18. Dezember 1992 (bandscheibenbedingte Erkrankung der Hals?/Lendenwirbelsäule) an, die das Verfahren zuständigkeitshalber an die Beklagte übergab. Die AOK Berlin übersandte ferner u.a. einen vom Kläger ausgefüllten Fragebogen "Wirbelsäulenerkrankung", eine Bestätigung über Versicherungszeiten und eine Aufstellung von Arbeitsunfähigkeitszeiten.
Die Beklagte holte über einen Versichertenfragebogen und mehrere Kurzerhebungsbögen weitere Auskünfte des Klägers zu seinen Tätigkeiten und zu durchgeführten Behandlungen ein. In dem Kurzerhebungsbogen zu den Berufskrankheiten Nr. 2108/2109 vom 1. Oktober1997 gab der Kläger an, während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer mit Lade? und Liefertätigkeit für die Spedition H diverse Speditionsgüter von Hand gehoben oder getragen zu haben. Die Frage, wie häufig Lasten pro Tag gehoben oder getragen worden seien, beantwortete der Kläger mit "100 bis 1.000 x". Die durchschnittliche Trageentfernung sei 1.000 Meter gewesen, der einzelne Haltevorgang habe 10 Sekunden bis 10 Minuten gedauert. Als technische Hilfsmittel seien Sackkarre, Hubwagen und Seile verwendet worden. Diese Belastung habe an allen Tagen im Jahr vorgelegen. In weiteren Erhebungsbögen vom 30. April und 8. Juli 1998 gab der Kläger an, für die VEB Man 260 Tagen im Jahr Lasten unterschiedlichen Gewichts und für die Firma T GmbH an 230 Arbeitstagen pro Jahr Gegenstände bis zu 100 kg zwischen 10 bis 100 Metern getragen zu haben, der einzelne Hebe? oder Tragevorgang habe 10 Sekunden bis 2 Minuten gedauert.
Die Beklagte richtete diesbezüglich Anfragen an die früheren Arbeitgeber des Klägers. Die M GmbH teilte u.a. in einem Kurzerhebungsbogen zu den Berufskrankheiten 2108/2109 vom 19. Juni 1998 mit, dass der Kläger von Hand Gegenstände bis 10 kg 40 mal täglich getragen hätte. Transportarbeiten von Hand seien nicht regelmäßig erfolgt, sondern seien auf einzelne Aktivitäten während eines Arbeitstages verteilt gewesen und nicht täglich durchgeführt worden. Die Angaben beruhten allerdings hauptsächlich auf Schätzungen und der Befragung älterer Kollegen, die nicht direkt mit dem Kläger zusammengearbeitet hätten. Andere Quellen seien nicht mehr verfügbar. Die Firma T GmbH teilte mit Schreiben vom 27. April 1998 mit, keinen Ansprechpartner gefunden zu haben, der die spezifischen Fragen zur Tätigkeit des Klägers noch hätte beantworten können. Die Firma H GmbH teilte mit Schreiben vom 31. Mai 1997, zwei Kurzerhebungsbögen zu den Berufskrankheiten Nr. 2108/2109 und 2110 der BeKV vom 31. Mai 1997 und vom 15. Mai 1998 und in einer Anzeige über eine Berufskrankheit mit, der Kläger sei als Staplerfahrer bzw. als Kraftfahrer im Nahverkehr tätig gewesen. In der Regel habe die Tätigkeit auch das Be? und Entladen des Fahrzeuges umfasst. Üblicherweise stünden zur Be? und Entladung Hubwagen oder Stapler zur Verfügung. Inwieweit hierbei die Ladung von Hand bewegt worden sei, sei ihr unbekannt. Beim Heben oder Tragen könne es sich allenfalls um kleinere Gewichte in geringeren Mengen gehandelt haben. Die tägliche Fahrzeit sei sehr wechselhaft gewesen, da die Dauer der Be? und Entladungen unterschiedlich gewesen sei. Die Arbeitstage pro Jahr seien abzüglich 30 Tage Urlaub und abzüglich unzähliger Krankheitstage zu berechnen.
Die Beklagte schaltete zu den Angaben betreffend die Tätigkeit in der Zeit von 1983 bis 1989 im V den Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der der Holz-Berufsgenossenschaft (HBG) ein, der am 29. Oktober 1998 mitteilte, dass konkrete Angaben zu Hebe? und Tragetätigkeiten vom Versicherten nicht hätten gemacht werden können und eine gesonderte Bewertung der Exposition durch Heben und Tragen schwerer Lasten im Sinne der BK-Nr. 2108 nicht möglich sei; Hinweise auf eine Belastung im Sinne der BK-Nr. 2109 hätten sich im Gespräch nicht ergeben. Man übernehme allerdings die weitere Bearbeitung bezüglich der BK Nr. 2110 (Schreiben der HBG vom 4. Februar und 13. April 1999).
Der TAD der Beklagten teilte auf weitere Nachfrage für die Zeit von Dezember 1989 bis August 1993 und die Zeit ab August 1993 bis auf weiteres am 19. November 1998 mit, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der Nr. 2109 der Berufskrankheitenliste der BKV auszuschließen seien, da keine Lastgewichte von 50 kg und mehr mit einer Regelmäßigkeit und Häufigkeit auf der Schulter getragen worden seien. Daher sei keine berufsbedingte und schädigende Zwangshaltung der Halswirbelsäule bewirkt worden. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der BK-Nr. 2108 seien nicht gegeben gewesen. Das Kriterium bezüglich der Häufigkeit der schweren Lastenmanipulation in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten sei nicht erfüllt. Das Schieben und Ziehen von Lasten stelle keine Belastung der Bandscheiben dar, wie sie durch schweres Heben und Tragen bewirkt werden könne.
Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin teilte auf Anfrage durch Schreiben vom 12. August 1999 mit, nach Durchsicht der zur Verfügung gestellten Unterlagen die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108/2109 nicht vorschlagen zu können, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Verursachung der Berufskrankheit nicht gegeben seien.
Die Beklagte holte ferner einen Krankheitsbericht durch die behandelnden Ärzte für Orthopädie Dr. M/K (erstattet am 27. November 1997) ein, die ebenfalls eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit erstatteten. Beigefügt war das Ergebnis einer CT-Untersuchung der Wirbelsäule vom 19. November 1997 und ein an die LVA Brandenburg gerichteter Entlassungsbericht der BKlinik vom 25. November 1997 über eine Behandlung des Klägers in der Zeit vom 8. bis 29. Oktober 1997. Die Beklagte zog weiter den Sozialversicherungsausweis des Klägers bei.
Durch Bescheid vom 31. August 1999 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Ihr Technischer Aufsichtsdienst habe eine Expositionsanalyse für die Tätigkeiten bei den Firmen T GmbH und H GmbH erstellt, wonach die Exposition aufgrund der geringen Häufigkeit der entsprechenden Hebe? und Tragetätigkeiten nicht geeignet gewesen sei, eine bandscheibenbedingte Erkrankung zu verursachen.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch, mit dem er ausführte, dass das Transportgut nicht in der Regel palettiert gewesen sei. Es sei fast regelmäßig täglich vorgekommen, dass Stückgut manuell von ihm hätte bewegt werden müssen. Hubwagen und Gabelstapler seien oft auf einem voll beladenen Lkw nicht einsetzbar. Das Heben und Schieben und Tragen sei ständig in einer Zwangshaltung geschehen, die schädigend auf die Wirbelsäule eingewirkt habe. Das Schieben und Ziehen von schweren Lasten (voll beladene Paletten bis 1.000 kg) hätte nur mit äußerster Kraftanstrengung und in verbogener Körperhaltung bewerkstelligt werden können.
Die Beklagte richtete eine weitere Anfrage an das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (Stellungnahme vom 1. Dezember 1999) sowie an ihren TAD, der mit Schreiben vom 11./17. Januar 2000 mitteilte, er habe bezüglich der Beschäftigungszeiträume von Dezember 1989 bis Juli 1998 nachermittelt. Im Juli 1998 sei dem Kläger gekündigt worden, seitdem sei er arbeitslos gemeldet und gehe nur einer geringfügigen Beschäftigung durch das Verteilen von Prospekten nach. Eine genaue Angabe der Belastungen sei nicht möglich. Die Vielfalt der zu transportierenden Speditionsgüter sowie deren Transportverpackungen sei zu groß und unterschiedlich, sie reiche von Paketen ab ca. 10 kg bis zu Gebinden von 1.000 kg. Zusammenfassend sei anzumerken, dass der Kläger wahrscheinlich nicht an mindestens 110 Tagen im Jahr ) 50 kg auf der Schulter getragen habe. Es könne davon ausgegangen werden, dass er an manchen Tagen zwar mindestens 40 Lastenmanipulationen am Tag mit schweren Lasten von über 20 bis 25 kg vorgenommen hat, dies sei aber nicht an mindestens 110 Arbeitstagen im Jahr geschehen und als Ausnahme anzusehen. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14. November 2000 unter Bezugnahme auf die Feststellungen des TAD zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger ein Attest des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. M vom 26. Oktober 2000 beigebracht, in dem ausgeführt ist, dass zwischen der der langjährigen Tätigkeit als Lkw-Fahrer mit Ladetätigkeit und den Degenerationen an der Wirbelsäule ein kausaler Zusammenhang "nahe" liege.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes ein fachorthopädisches Gutachten durch Prof. Dr. N vom Ekrankenhaus S eingeholt. Dieser kam in seinem Gutachten vom 15. November 2002 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger deutliche degenerative Veränderungen im Bereich der LWS, akzentuiert im Bereich L2/L3 sowie L3/L4 bestünden, die sich radiologisch durch eine Facettenhypertrophie sowie spondylophytäre Spangenbildungen zeigten. Des Weiteren bestehe eine mediale Bandscheibenprotrusion im Bereich L4/L5. Diese Befunde bedingten ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom. Die Gesundheitsstörungen seien jedoch nicht auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen. Für die Anerkennung einer BK Nr. 2108 sei zu fordern, dass ein belastungskonformes Schädigungsmuster der Wirbelsäule vorliege, dass die Lendenwirbelsäule also in typischer Weise durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeuge bzw. Heben schwerer Lasten geschädigt worden sei. Durch biomechanische Untersuchungen sei belegt, dass durch eine so geartete Exposition insbesondere die Lendenwirbelsäulensegmente L5/S1 und L4/L5 belastet werden. Die Belastungen seien nach brustwirbelsäulenwärts abnehmend, so dass die Segmente L3/L4, L2/L3 und L1/L2 nur geringer belastet würden. Im vorliegenden Fall ergebe sich jedoch das Bild, dass die Wirbelsäulensegmente L2 bis L4 eine deutliche Degeneration zeigten, während die Segmente L5/S1 und L4/L5 eine weniger deutlich bzw. nur gering ausgeprägte Degeneration aufwiesen. Gerade die geringer belasteten Segmente wiesen also eine stärkere Degeneration auf als die stärker belasteten Segmente. Daher seien die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufserkrankung nach BK 2108 nicht gegeben.
Beigebracht wurde ferner ein fachorthopädisches Gutachten durch Prof. Dr. W der S vom 20. Oktober 1999, welches auf Veranlassung der HBG erstattet worden ist. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass es aus gutachterlicher Sicht lediglich möglich, nicht jedoch wahrscheinlich erscheine, dass der beim Kläger nachzuweisende Körperschaden vorwiegend auf seine berufliche Tätigkeit als Baumaschinist und Kraftfahrer zurückzuführen sei. Die computertomographisch nachgewiesenen Veränderungen im Bereich der LWS in den Segmenten L3 bis S1 seien als nicht das Altersmaß wesentlich überschreitend zu werten, auch der Bandscheibenvorfall stelle berufsunabhängig keinen außergewöhnlichen Befund dar. Ferner liege beim Kläger eine Fehlstatik der Wirbelsäule durch eine deutlich abgeflachte BWS-Kyphose sowie kyphotische Knickbildung im Bereich des thorakolumbalen Überganges vor, die sich in einer Verkürzung von Muskeln und Aufhebung der Schwingung manifestiere und somit zu einer Überlastungsreaktion im Bereich der darunterliegenden Segmente führen könne.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 18. Juni 2003 abgewiesen. Die Einschätzung von Prof. Dr. N sei nachvollziehbar, da die Interpretation der Röntgenbilder der Lendenwirbelsäule vom 13. Januar 1997 sowie des CT-Befundes der LWS vom 17. November 1999 durch Prof. Dr. N eine erhebliche Degeneration in der oberen bis mittleren Lendenwirbelsäule erkennen lasse. Sie stehe in Einklang mit dem von der Beklagten von Dr. M eingeholten Befundbericht vom 27. November 1997, der ebenfalls massive Osteochondrosen und Vorderkantenausziehungen der Lendenwirbelkörper 1 bis 4 angegeben habe. Das vom Kläger vorgelegte Attest von Dr. M vom 26. Oktober 2000 habe hingegen nicht zu überzeugen vermocht, zumal dieses auch keine weitergehenden Begründungen für die Vermutung eines kausalen Zusammenhanges erkennen lasse. Die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2109 scheitere bereits daran, dass der gesamte Akteninhalt keine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule erkennen lasse.
Gegen dieses ihm am 4. September 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Oktober 2003 eingegangene Berufung, die nicht begründet worden ist.
Aus dem Vorbringen des Klägers folgt sein Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108/2109 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung eine Verletztenteilrente nach einer MdE von mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe.
Das Landessozialgericht Berlin hat den Kläger in einem Erörterungstermin vom 29. Juni 2004 darauf hingewiesen, dass es die Berufung nach dem gegenwärtigen Sach? und Streitstand für aussichtslos halte und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach? und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die form? und fristgemäß erhobene Berufung ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage zur BKV.
Anspruch auf Rente haben gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles ? eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ? um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach Nr. 2108 der Anlage der BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung dieser Berufskrankheit setzt voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen (haftungsbegründenden) Voraussetzungen in der Person des Klägers gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsausfüllende Kausalität). Danach müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit ausreicht (Bundessozialgericht -BSG?, SozR 3?2200 § 551 Nr. 16 m.w.N.).
Vorliegend fehlt es, wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, am Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2108, da das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit nicht gegeben ist. Prof. Dr. N hat in seinem Gutachten – in Übereinstimmung mit der medizinischen Lehrmeinung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 578 f.) - dargelegt, dass für die Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2108 ein sog. belastungskonformes Schädigungsmuster der Wirbelsäule vorliegen muss. Art, Ausprägung und Lokalisation des Krankheitsbildes müssen der spezifischen Einwirkung bzw. der beruflichen Exposition entsprechen. Dies bedeutet, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung im beruflich belasteten Abschnitt sich vom Degenerationszustand belastungsferner Abschnitte deutlich abheben muss. Durch biomechanische Untersuchungen ist belegt, dass die Belastungen durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeuge bzw. Heben schwerer Lasten insbesondere bei den Lendenwirbelsäulen-Segmenten L5/S1 und L4/L5 kumulierten. Die Belastung sei nach brustwirbelsäulenwärts abnehmend, so dass die Segmente L3/4, L2/3 und L1/L2 nur geringer belastet werden. Vorliegend sei jedoch deutlich zu erkennen, dass beim Kläger gerade die durch langjähriges Heben schwerer Lasten geringer belasteten Segmente eine stärkere Degeneration aufwiesen als die stärker belasteten Segmente. Bei diesem Schadensbild sind auch zur Überzeugung des Senats die medizinischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2108 nicht gegeben.
Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2108 überhaupt gegeben wären. Die Beklagte hat aber bereits aufgrund der Untersuchungen des TAD zu Recht darauf hingewiesen, dass die Arbeitsbelastungen sowohl im Hinblick auf die zu bewegenden Gewichte als auch im Hinblick auf die Dauer der Belastungen sehr unregelmäßig gewesen seien und dass daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass an mindestens 110 Arbeitstagen im Jahr erforderliche Lastenmanipulationen mit schweren Lasten von über 20 bis 25 kg vorgenommen worden sind.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen der BK Nr. 2109 vorliegen. Diese Berufskrankheit setzt zunächst eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule voraus, für deren Vorliegen ? wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat ? keine Anhaltspunkte bestehen.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung des Wirbelsäulenleidens des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1952 geborene Kläger war in der Zeit von September 1969 bis August 1975 als Baumaschinenkraftfahrer bei der V, von August 1975 bis August 1977 als Kraftfahrer/Maschinist/Straßenbauarbeiter beim R, von Juli 1977 bis Januar 1981 als Kraftfahrer/Maschinist beim Z, von Januar 1981 bis September 1983 als Kraftfahrer beim V und in der Folgezeit als Kraftfahrer mit Be- und Entladetätigkeit tätig, und zwar von September 1983 bis September 1989 beim V, von Dezember 1989 bis August 1993 bei der Firma Th GmbH und in der Zeit ab August 1993 bei der Firma H GmbH, wo er ab 2. Januar 1997 wegen eines Lendenwirbelsäulen(LWS)-Syndroms arbeitsunfähig und im Juli 1998 gekündigt wurde.
Im März 1997 zeigte die AOK Berlin gegenüber der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach den Nrn. 2108, 2109 bzw. 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BeKV) in der Fassung vom 18. Dezember 1992 (bandscheibenbedingte Erkrankung der Hals?/Lendenwirbelsäule) an, die das Verfahren zuständigkeitshalber an die Beklagte übergab. Die AOK Berlin übersandte ferner u.a. einen vom Kläger ausgefüllten Fragebogen "Wirbelsäulenerkrankung", eine Bestätigung über Versicherungszeiten und eine Aufstellung von Arbeitsunfähigkeitszeiten.
Die Beklagte holte über einen Versichertenfragebogen und mehrere Kurzerhebungsbögen weitere Auskünfte des Klägers zu seinen Tätigkeiten und zu durchgeführten Behandlungen ein. In dem Kurzerhebungsbogen zu den Berufskrankheiten Nr. 2108/2109 vom 1. Oktober1997 gab der Kläger an, während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer mit Lade? und Liefertätigkeit für die Spedition H diverse Speditionsgüter von Hand gehoben oder getragen zu haben. Die Frage, wie häufig Lasten pro Tag gehoben oder getragen worden seien, beantwortete der Kläger mit "100 bis 1.000 x". Die durchschnittliche Trageentfernung sei 1.000 Meter gewesen, der einzelne Haltevorgang habe 10 Sekunden bis 10 Minuten gedauert. Als technische Hilfsmittel seien Sackkarre, Hubwagen und Seile verwendet worden. Diese Belastung habe an allen Tagen im Jahr vorgelegen. In weiteren Erhebungsbögen vom 30. April und 8. Juli 1998 gab der Kläger an, für die VEB Man 260 Tagen im Jahr Lasten unterschiedlichen Gewichts und für die Firma T GmbH an 230 Arbeitstagen pro Jahr Gegenstände bis zu 100 kg zwischen 10 bis 100 Metern getragen zu haben, der einzelne Hebe? oder Tragevorgang habe 10 Sekunden bis 2 Minuten gedauert.
Die Beklagte richtete diesbezüglich Anfragen an die früheren Arbeitgeber des Klägers. Die M GmbH teilte u.a. in einem Kurzerhebungsbogen zu den Berufskrankheiten 2108/2109 vom 19. Juni 1998 mit, dass der Kläger von Hand Gegenstände bis 10 kg 40 mal täglich getragen hätte. Transportarbeiten von Hand seien nicht regelmäßig erfolgt, sondern seien auf einzelne Aktivitäten während eines Arbeitstages verteilt gewesen und nicht täglich durchgeführt worden. Die Angaben beruhten allerdings hauptsächlich auf Schätzungen und der Befragung älterer Kollegen, die nicht direkt mit dem Kläger zusammengearbeitet hätten. Andere Quellen seien nicht mehr verfügbar. Die Firma T GmbH teilte mit Schreiben vom 27. April 1998 mit, keinen Ansprechpartner gefunden zu haben, der die spezifischen Fragen zur Tätigkeit des Klägers noch hätte beantworten können. Die Firma H GmbH teilte mit Schreiben vom 31. Mai 1997, zwei Kurzerhebungsbögen zu den Berufskrankheiten Nr. 2108/2109 und 2110 der BeKV vom 31. Mai 1997 und vom 15. Mai 1998 und in einer Anzeige über eine Berufskrankheit mit, der Kläger sei als Staplerfahrer bzw. als Kraftfahrer im Nahverkehr tätig gewesen. In der Regel habe die Tätigkeit auch das Be? und Entladen des Fahrzeuges umfasst. Üblicherweise stünden zur Be? und Entladung Hubwagen oder Stapler zur Verfügung. Inwieweit hierbei die Ladung von Hand bewegt worden sei, sei ihr unbekannt. Beim Heben oder Tragen könne es sich allenfalls um kleinere Gewichte in geringeren Mengen gehandelt haben. Die tägliche Fahrzeit sei sehr wechselhaft gewesen, da die Dauer der Be? und Entladungen unterschiedlich gewesen sei. Die Arbeitstage pro Jahr seien abzüglich 30 Tage Urlaub und abzüglich unzähliger Krankheitstage zu berechnen.
Die Beklagte schaltete zu den Angaben betreffend die Tätigkeit in der Zeit von 1983 bis 1989 im V den Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der der Holz-Berufsgenossenschaft (HBG) ein, der am 29. Oktober 1998 mitteilte, dass konkrete Angaben zu Hebe? und Tragetätigkeiten vom Versicherten nicht hätten gemacht werden können und eine gesonderte Bewertung der Exposition durch Heben und Tragen schwerer Lasten im Sinne der BK-Nr. 2108 nicht möglich sei; Hinweise auf eine Belastung im Sinne der BK-Nr. 2109 hätten sich im Gespräch nicht ergeben. Man übernehme allerdings die weitere Bearbeitung bezüglich der BK Nr. 2110 (Schreiben der HBG vom 4. Februar und 13. April 1999).
Der TAD der Beklagten teilte auf weitere Nachfrage für die Zeit von Dezember 1989 bis August 1993 und die Zeit ab August 1993 bis auf weiteres am 19. November 1998 mit, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der Nr. 2109 der Berufskrankheitenliste der BKV auszuschließen seien, da keine Lastgewichte von 50 kg und mehr mit einer Regelmäßigkeit und Häufigkeit auf der Schulter getragen worden seien. Daher sei keine berufsbedingte und schädigende Zwangshaltung der Halswirbelsäule bewirkt worden. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der BK-Nr. 2108 seien nicht gegeben gewesen. Das Kriterium bezüglich der Häufigkeit der schweren Lastenmanipulation in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten sei nicht erfüllt. Das Schieben und Ziehen von Lasten stelle keine Belastung der Bandscheiben dar, wie sie durch schweres Heben und Tragen bewirkt werden könne.
Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin teilte auf Anfrage durch Schreiben vom 12. August 1999 mit, nach Durchsicht der zur Verfügung gestellten Unterlagen die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108/2109 nicht vorschlagen zu können, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Verursachung der Berufskrankheit nicht gegeben seien.
Die Beklagte holte ferner einen Krankheitsbericht durch die behandelnden Ärzte für Orthopädie Dr. M/K (erstattet am 27. November 1997) ein, die ebenfalls eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit erstatteten. Beigefügt war das Ergebnis einer CT-Untersuchung der Wirbelsäule vom 19. November 1997 und ein an die LVA Brandenburg gerichteter Entlassungsbericht der BKlinik vom 25. November 1997 über eine Behandlung des Klägers in der Zeit vom 8. bis 29. Oktober 1997. Die Beklagte zog weiter den Sozialversicherungsausweis des Klägers bei.
Durch Bescheid vom 31. August 1999 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Ihr Technischer Aufsichtsdienst habe eine Expositionsanalyse für die Tätigkeiten bei den Firmen T GmbH und H GmbH erstellt, wonach die Exposition aufgrund der geringen Häufigkeit der entsprechenden Hebe? und Tragetätigkeiten nicht geeignet gewesen sei, eine bandscheibenbedingte Erkrankung zu verursachen.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch, mit dem er ausführte, dass das Transportgut nicht in der Regel palettiert gewesen sei. Es sei fast regelmäßig täglich vorgekommen, dass Stückgut manuell von ihm hätte bewegt werden müssen. Hubwagen und Gabelstapler seien oft auf einem voll beladenen Lkw nicht einsetzbar. Das Heben und Schieben und Tragen sei ständig in einer Zwangshaltung geschehen, die schädigend auf die Wirbelsäule eingewirkt habe. Das Schieben und Ziehen von schweren Lasten (voll beladene Paletten bis 1.000 kg) hätte nur mit äußerster Kraftanstrengung und in verbogener Körperhaltung bewerkstelligt werden können.
Die Beklagte richtete eine weitere Anfrage an das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (Stellungnahme vom 1. Dezember 1999) sowie an ihren TAD, der mit Schreiben vom 11./17. Januar 2000 mitteilte, er habe bezüglich der Beschäftigungszeiträume von Dezember 1989 bis Juli 1998 nachermittelt. Im Juli 1998 sei dem Kläger gekündigt worden, seitdem sei er arbeitslos gemeldet und gehe nur einer geringfügigen Beschäftigung durch das Verteilen von Prospekten nach. Eine genaue Angabe der Belastungen sei nicht möglich. Die Vielfalt der zu transportierenden Speditionsgüter sowie deren Transportverpackungen sei zu groß und unterschiedlich, sie reiche von Paketen ab ca. 10 kg bis zu Gebinden von 1.000 kg. Zusammenfassend sei anzumerken, dass der Kläger wahrscheinlich nicht an mindestens 110 Tagen im Jahr ) 50 kg auf der Schulter getragen habe. Es könne davon ausgegangen werden, dass er an manchen Tagen zwar mindestens 40 Lastenmanipulationen am Tag mit schweren Lasten von über 20 bis 25 kg vorgenommen hat, dies sei aber nicht an mindestens 110 Arbeitstagen im Jahr geschehen und als Ausnahme anzusehen. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14. November 2000 unter Bezugnahme auf die Feststellungen des TAD zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger ein Attest des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. M vom 26. Oktober 2000 beigebracht, in dem ausgeführt ist, dass zwischen der der langjährigen Tätigkeit als Lkw-Fahrer mit Ladetätigkeit und den Degenerationen an der Wirbelsäule ein kausaler Zusammenhang "nahe" liege.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes ein fachorthopädisches Gutachten durch Prof. Dr. N vom Ekrankenhaus S eingeholt. Dieser kam in seinem Gutachten vom 15. November 2002 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger deutliche degenerative Veränderungen im Bereich der LWS, akzentuiert im Bereich L2/L3 sowie L3/L4 bestünden, die sich radiologisch durch eine Facettenhypertrophie sowie spondylophytäre Spangenbildungen zeigten. Des Weiteren bestehe eine mediale Bandscheibenprotrusion im Bereich L4/L5. Diese Befunde bedingten ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom. Die Gesundheitsstörungen seien jedoch nicht auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen. Für die Anerkennung einer BK Nr. 2108 sei zu fordern, dass ein belastungskonformes Schädigungsmuster der Wirbelsäule vorliege, dass die Lendenwirbelsäule also in typischer Weise durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeuge bzw. Heben schwerer Lasten geschädigt worden sei. Durch biomechanische Untersuchungen sei belegt, dass durch eine so geartete Exposition insbesondere die Lendenwirbelsäulensegmente L5/S1 und L4/L5 belastet werden. Die Belastungen seien nach brustwirbelsäulenwärts abnehmend, so dass die Segmente L3/L4, L2/L3 und L1/L2 nur geringer belastet würden. Im vorliegenden Fall ergebe sich jedoch das Bild, dass die Wirbelsäulensegmente L2 bis L4 eine deutliche Degeneration zeigten, während die Segmente L5/S1 und L4/L5 eine weniger deutlich bzw. nur gering ausgeprägte Degeneration aufwiesen. Gerade die geringer belasteten Segmente wiesen also eine stärkere Degeneration auf als die stärker belasteten Segmente. Daher seien die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufserkrankung nach BK 2108 nicht gegeben.
Beigebracht wurde ferner ein fachorthopädisches Gutachten durch Prof. Dr. W der S vom 20. Oktober 1999, welches auf Veranlassung der HBG erstattet worden ist. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass es aus gutachterlicher Sicht lediglich möglich, nicht jedoch wahrscheinlich erscheine, dass der beim Kläger nachzuweisende Körperschaden vorwiegend auf seine berufliche Tätigkeit als Baumaschinist und Kraftfahrer zurückzuführen sei. Die computertomographisch nachgewiesenen Veränderungen im Bereich der LWS in den Segmenten L3 bis S1 seien als nicht das Altersmaß wesentlich überschreitend zu werten, auch der Bandscheibenvorfall stelle berufsunabhängig keinen außergewöhnlichen Befund dar. Ferner liege beim Kläger eine Fehlstatik der Wirbelsäule durch eine deutlich abgeflachte BWS-Kyphose sowie kyphotische Knickbildung im Bereich des thorakolumbalen Überganges vor, die sich in einer Verkürzung von Muskeln und Aufhebung der Schwingung manifestiere und somit zu einer Überlastungsreaktion im Bereich der darunterliegenden Segmente führen könne.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 18. Juni 2003 abgewiesen. Die Einschätzung von Prof. Dr. N sei nachvollziehbar, da die Interpretation der Röntgenbilder der Lendenwirbelsäule vom 13. Januar 1997 sowie des CT-Befundes der LWS vom 17. November 1999 durch Prof. Dr. N eine erhebliche Degeneration in der oberen bis mittleren Lendenwirbelsäule erkennen lasse. Sie stehe in Einklang mit dem von der Beklagten von Dr. M eingeholten Befundbericht vom 27. November 1997, der ebenfalls massive Osteochondrosen und Vorderkantenausziehungen der Lendenwirbelkörper 1 bis 4 angegeben habe. Das vom Kläger vorgelegte Attest von Dr. M vom 26. Oktober 2000 habe hingegen nicht zu überzeugen vermocht, zumal dieses auch keine weitergehenden Begründungen für die Vermutung eines kausalen Zusammenhanges erkennen lasse. Die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2109 scheitere bereits daran, dass der gesamte Akteninhalt keine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule erkennen lasse.
Gegen dieses ihm am 4. September 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Oktober 2003 eingegangene Berufung, die nicht begründet worden ist.
Aus dem Vorbringen des Klägers folgt sein Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108/2109 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung eine Verletztenteilrente nach einer MdE von mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe.
Das Landessozialgericht Berlin hat den Kläger in einem Erörterungstermin vom 29. Juni 2004 darauf hingewiesen, dass es die Berufung nach dem gegenwärtigen Sach? und Streitstand für aussichtslos halte und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach? und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die form? und fristgemäß erhobene Berufung ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage zur BKV.
Anspruch auf Rente haben gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles ? eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ? um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach Nr. 2108 der Anlage der BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung dieser Berufskrankheit setzt voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen (haftungsbegründenden) Voraussetzungen in der Person des Klägers gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsausfüllende Kausalität). Danach müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit ausreicht (Bundessozialgericht -BSG?, SozR 3?2200 § 551 Nr. 16 m.w.N.).
Vorliegend fehlt es, wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, am Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2108, da das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit nicht gegeben ist. Prof. Dr. N hat in seinem Gutachten – in Übereinstimmung mit der medizinischen Lehrmeinung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 578 f.) - dargelegt, dass für die Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2108 ein sog. belastungskonformes Schädigungsmuster der Wirbelsäule vorliegen muss. Art, Ausprägung und Lokalisation des Krankheitsbildes müssen der spezifischen Einwirkung bzw. der beruflichen Exposition entsprechen. Dies bedeutet, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung im beruflich belasteten Abschnitt sich vom Degenerationszustand belastungsferner Abschnitte deutlich abheben muss. Durch biomechanische Untersuchungen ist belegt, dass die Belastungen durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeuge bzw. Heben schwerer Lasten insbesondere bei den Lendenwirbelsäulen-Segmenten L5/S1 und L4/L5 kumulierten. Die Belastung sei nach brustwirbelsäulenwärts abnehmend, so dass die Segmente L3/4, L2/3 und L1/L2 nur geringer belastet werden. Vorliegend sei jedoch deutlich zu erkennen, dass beim Kläger gerade die durch langjähriges Heben schwerer Lasten geringer belasteten Segmente eine stärkere Degeneration aufwiesen als die stärker belasteten Segmente. Bei diesem Schadensbild sind auch zur Überzeugung des Senats die medizinischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2108 nicht gegeben.
Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2108 überhaupt gegeben wären. Die Beklagte hat aber bereits aufgrund der Untersuchungen des TAD zu Recht darauf hingewiesen, dass die Arbeitsbelastungen sowohl im Hinblick auf die zu bewegenden Gewichte als auch im Hinblick auf die Dauer der Belastungen sehr unregelmäßig gewesen seien und dass daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass an mindestens 110 Arbeitstagen im Jahr erforderliche Lastenmanipulationen mit schweren Lasten von über 20 bis 25 kg vorgenommen worden sind.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen der BK Nr. 2109 vorliegen. Diese Berufskrankheit setzt zunächst eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule voraus, für deren Vorliegen ? wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat ? keine Anhaltspunkte bestehen.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved