L 16 RA 165/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 RA 4459/96 W03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 165/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist die Witwe des 1936 geborenen und 1998 verstorbenen P H (Versicherter). Der Versicherte war in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 1. November 1982 bis zum 31. Dezember 1989 als Parteisekretär bei der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland (SED) beschäftigt; er war in diesem Zeitraum in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung der Partei (Zusatzversorgungssystem Nr. 27 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz -AAÜG-) einbezogen (Beitrittsnachweiskarte der SED).

Mit Bescheid vom 28. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1996 stellte die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) in ihrer damaligen Eigenschaft als Versorgungsträger im Sinne von § 8 Abs. 4 AAÜG die Zeit vom 1. November 1982 bis zum 31. Dezember 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 27 der Anlage 1 zum AAÜG fest und teilte die in diesem Zeitraum erzielten tatsächlichen Entgelte und die nach den Vorschriften des AAÜG für die Rentenberechnung zu berücksichtigenden Entgelte nach Kürzung auf die Werte der Anlage 5 zum AAÜG mit.

Im Klageverfahren erteilte die PDS den Bescheid vom 8. Januar 1997, mit dem sie die berücksichtigungsfähigen Entgelte für die Zeit vom 1. November 1982 bis zum 31. Dezember 1984 ohne Begrenzung nach § 6 Abs. 2 AAÜG mitteilte. Mit Bescheid vom 6. November 2001 teilte die PDS mit, dass die übermittelten Daten auch für Leistungszeiträume ab dem 1. Juli 1993 bindend seien.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der "Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs. 2 AAÜG" gerichtete Klage mit Urteil vom 11. Oktober 2004 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als unzulässig abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter; auf ihre Schriftsätze vom 5. Januar 2005 und 31. März 2005 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 28. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1996 und der Bescheide vom 8. Januar 1997 und 6. November 2001 zu verpflichten, die Feststellungen für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1989 im Sinne einer Aufhebung der Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz zu ändern, hilfsweise das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG weiter verfolgt, ist nicht begründet. Denn diese Klage ist bereits unzulässig.

Die Klägerin hat sowohl bei dem SG als auch im Berufungsverfahren (ausschließlich) beantragt, die kraft gesetzlichen Beteiligtenwechsels nunmehrige Beklagte (vgl. § 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG in der ab 1. August 2002 geltenden Fassung) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, das Arbeitsentgelt des Versicherten auch für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1989 ohne "Entgeltbegrenzung", d.h. in tatsächlich gezahlter Höhe, zu bescheinigen. Insoweit bestand und besteht auch eine Kompetenz und Befugnis der Beklagten bzw. bis 31. Juli 2002 der PDS als Versorgungsträger, eine entsprechende feststellende Regelung durch Verwaltungsakt zu treffen (vgl. zur Regelungsbefugnis des Versorgungsträgers BSG, Urteile vom 18. Juli 1996 = SozR 3-8570 § 8 Nr. 2; vom 4. August 1998 -B 4 RA 4/96 R- nicht veröffentlicht; vom 10. November 1998 -B 4 RA 30/98 R- nicht veröffentlicht; vom 20. Dezember 2001 -B 4 RA 6/01 R = SozR 3-8570 § 8 Nr. 7). Es besteht aber insoweit nicht die Möglichkeit, dass die Klägerin durch die entsprechenden Feststellungsentscheidungen der PDS in Rechten beeinträchtigt, also beschwert und demzufolge klagebefugt sein kann. Denn in den angefochtenen Bescheiden wurden die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte des Versicherten im streitigen Zeitraum festgestellt und damit das Klagebegehren bereits erfüllt, ohne dass es diesbezüglich der Einreichung einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bedurft hätte. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen Änderungen dieser Feststellungen die Beklagte von Rechts wegen verpflichtet sein sollte. Soweit die rechtskundig vertretene Klägerin bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 SGG) sich auch gegen die "Entgeltbegrenzung" nach § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes wendet, ist sowohl die Anfechtungs- als auch die Verpflichtungsklage insoweit ebenfalls unzulässig. Denn die Klage wäre insoweit schon wegen eines fehlenden anfechtbaren Verwaltungsakts der PDS bzw. der Beklagten nicht statthaft. Die Entscheidung über die rentenversicherungsrechtlichen Fragen, insbesondere die Frage, welche Beitragsbemessungsgrenze für welche Zeiträume und Arbeitsverdienste maßgeblich ist, obliegt allein dem Rentenversicherungsträger. Auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 2 AAÜG kann sich daher erst im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger stellen, so dass das - hilfsweise beantragte - Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2004 (1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03) schon aus diesem Grunde nicht in Betracht kam. § 6 Abs. 2 AAÜG war vorliegend weder von der Beklagten noch von dem Gericht "anzuwenden", so dass das Verfahren auch nicht auszusetzen war, bis der Gesetzgeber die verfassungswidrige Vorschrift des § 6 Abs. 2 AAÜG durch mit der Verfassung vereinbare Regelungen ersetzt hat oder deren Nichtigkeit mangels einer verfassungsgemäßen Neuregelung bis zum 30. Juni 2005 eintritt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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