L 16 AL 68/04*10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AL 5046/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 68/04*10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Tatbestand: Die Beteiligten streiten über die Höhe der durch die Beklagte zu übernehmenden Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 207a Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Der 1961 geborene Kläger bezog von der Beklagten vom 23. Januar 2001 bis zum 17. Januar 2002 Arbeitslosengeld (Anspruchserschöpfung) und anschließend Arbeitslosenhilfe. Er schloss mit der S Krankenversicherung a.G. (SKV) einen privaten Kranken- (Versicherungsbeginn 1. März 1992) und Pflegeversicherungsvertrag (Versicherungsbeginn 1. Januar 1995) und ließ sich ab dem 23. Januar 2001 von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht befreien (Bescheid der AOK B vom 16. Februar 2001). In der Folge übernahm die Beklagte entsprechend den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen die Beiträge des Klägers, die dieser an die SKV zu zahlen hatte. Mit Schreiben vom 16. April 2003 teilte die SKV dem Kläger mit, dass zwischen den vertraglich geschuldeten Beiträgen und den von der Beklagten geleisteten Zahlungen für den Zeitraum bis zum 31. März 2003 ein Differenzbetrag von 1.276,15 Euro aufgelaufen sei, der von dem Kläger beglichen werden müsse. Der Versicherungsvertrag wurde schließlich von der SKV wegen Nichtzahlung der Beiträge gekündigt; eine Beitragspflicht bestand bis Mai 2004.

Im Juli 2003 legte der Kläger gegen einen "Bescheid vom 21. Juni 2003" Widerspruch ein, mit dem er die Übernahme des Rückstandes in Höhe von 1.276,15 Euro sowie für die Zeit ab April 2003 der vollen (privaten) Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bis zum vollzogenen Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse geltend machte. Zur Begründung führte er aus, er habe jeweils die Schreiben der SKV über die Erhöhung der Beiträge bei der Beklagten abgegeben. Damit habe er davon ausgehen können, dass die Beklagte die Beiträge in voller Höhe übernehmen und direkt an die SKV überweisen werde. Wäre eine entsprechende Aufklärung seitens der Beklagten erfolgt, hätte er notgedrungen die private Krankenkasse gekündigt und sich gesetzlich versichert. Der Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26. August 2003 zurückgewiesen. Der Widerspruch sei als unzulässig zu verwerfen. Nach § 62 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.V.m. § 78 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei der Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X zulässig. Mit dem angefochtenen Schreiben seien Rechte des Widerspruchsführers weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt worden. Es sei keine Entscheidung über einen Rechtsanspruch getroffen worden. Das Schreiben habe vielmehr zur Information in einer Leistungsangelegenheit gedient. Der hier zu entscheidende Widerspruch richte sich gegen die Höhe der vorgenommenen Überweisung an die SKV. Dieses Verwaltungshandeln habe nicht den Rechtscharakter eines Verwaltungsaktes. Die Zahlungsanweisung sei eine rein tatsächliche Handlung, durch die eine für den Adressaten verbindliche Regelung nicht getroffen worden sei.

Die auf Aufhebung des Bescheides vom 21. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2003 und auf Zahlung von 1.276,15 Euro an den Kläger sowie auf volle Übernahme der ab dem 1. April 2003 entstandenen privaten Krankenkassenbeiträge, hilfsweise auf Zahlung von 1.276,15 Euro an den Kläger sowie auf volle Übernahme der ab dem 1. April 2003 entstandenen privaten Krankenkassenbeiträge, gerichtete Klage ist durch das Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 28. Juni 2004 abgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger könne nicht die Übernahme höherer Zuschüsse für die Beiträge für seine private Krankenversicherung gemäß § 207a SGB III und entsprechende Nachzahlungen verlangen, weil die Beklagte ihre gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllt habe. Einen Anspruch auf sozialrechtliche Herstellung habe der Kläger nicht.

Mit der Berufung erstrebt der Kläger, nachdem er zunächst sein Begehren im Sinne des erstinstanzlich gestellten Hilfsantrages weiter verfolgt hat, zuletzt (nur noch) die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit vom 1. August 2002 bis 31. Mai 2004 die vollen an die SKV zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu tragen. Er trägt vor: Seit seiner Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sei das Gesetz, die Zuschüsse der Beklagten zur privaten Krankenversicherung betreffend, zweimal geändert worden. Nunmehr dürfe der Beitrag nicht höher sein, als sich bei Zugrundelegung der tatsächlich gezahlten Unterstützung bei der Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung als Beitrag ergebe. Hieraus habe sich eine Lücke zwischen dem Krankenkassenbeitrag und dem von der Beklagten gezahlten Beitrag ergeben. Die Beklagte sei zur vollen Übernahme der Krankenkassenbeiträge verpflichtet. Die Änderung der Beitragshöhe verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Er habe eine unwiderrufliche Entscheidung treffen müssen, denn einen Weg zurück in die gesetzliche Krankenkasse gebe es nicht. Die vom SG angewandte einfachgesetzliche Regelung (§ 207a SGB III) sei verfassungswidrig. Es hätte damit eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht erfolgen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die vollen an die Signal Iduna Krankenversicherungsverein a.G. zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. August 2002 bis 31. Mai 2004 zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und den Inhalt des angefochtenen Urteils.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Leistungsakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die erst im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere handelt es sich bei dem von dem Kläger vorgenommenen Übergang von der (echten) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG, mit der er auch beim SG ungeachtet des formulierten Klageantrages nach seinem Vorbringen auch die Übernahme der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung erstrebt hat, zur Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG nicht um eine Klageänderung, deren Zulässigkeit gemäß §§ 99 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG gesondert hätte geprüft werden müssen, denn der Kläger hat hierdurch unter Beibehaltung des Klagegrundes lediglich seinen Klageantrag gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der Hauptsache beschränkt (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage, § 99, Rdnr. 4). Der Zulässigkeit der nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGG statthaft erhobenen Feststellungsklage steht auch die grundsätzlich zu beachtende Subsidiarität gegenüber der noch im Verfahren vor dem SG mit dem Hauptantrag erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), welcher der Senat folgt, ist bei einem Streit über die richtige Berechnung von Beiträgen die Feststellungsklage nach § 55 Abs. 2 SGG zulässig, wenn ein Verwaltungsverfahren stattgefunden, die Anfechtungsklage aber nicht zu einer Sachentscheidung geführt hat (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 -B 12 KR 13/99 R = SozR 3-2500 § 308 Nr. 1; BSGE 58,134, 136 = SozR 2200 § 385 Nr. 14 S. 56/57). Ein solcher Fall ist auch hier gegeben, denn die erstinstanzlich erhobene Anfechtungsklage war schon deshalb als unzulässig abzuweisen, weil ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X nicht erlassen worden ist. Der "Bescheid vom 21. Juni 2003" ist in den Akten der Beklagten nicht vorhanden und nach den Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren auch nicht existent. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers durch den Widerspruchsbescheid vom 26. August 2003 folglich auch zu Recht als unzulässig verworfen.

Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die Beklagte zur Übernahme höherer Beiträge für die bei der SKV abgeschlossene private Kranken- und Pflegeversicherung verpflichtet ist. Nach § 207a Abs. 2 Satz 1 SGB III übernimmt die Beklagte die von dem Leistungsbezieher an das private Krankenversicherungsunternehmen zu zahlenden Beiträge, aber nur der Höhe nach begrenzt auf die Beiträge, die sie ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen hätte. Nach § 207a Abs. 2 Satz 2 SGB III sind hierbei zu Grunde zu legen, 1. für die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen (§ 245 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V); wobei der zum 1. Januar des Vorjahres festgestellte Beitragssatz jeweils vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des laufenden Kalenderjahres gilt, 2. für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung der Beitragssatz nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI). Die von der Beklagten im streitigen Zeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. Mai 2004 übernommenen Beiträge des Klägers an die SKV entsprechen hinsichtlich der Höhe diesen in § 207a Abs. 2 SGB III getroffenen Regelungen; insoweit besteht aber zwischen den Beteiligten kein Streit.

Eine Übernahme höherer Beiträge durch die Beklagte auf Grund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs infolge fehlender Aufklärung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch Kasseler Kommentar, Seewald, Band 1, Stand September 2003, vor §§ 38 - 47 SGB I, Rdnrn. 30 ff). So lässt sich bereits eine unterlassene oder fehlerhafte Aufklärung im Sinne des § 13 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) durch die Beklagte nicht feststellen. Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Beantragung von Arbeitslosengeld im Februar 2001 bestätigt, dass er vom Inhalt des Merkblattes I für Arbeitslose Kenntnis genommen hat. Abschnitt 5 dieses Merkblattes (Stand April 2000) enthält jedoch Informationen über die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht sowie über die Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung durch die Beklagte. Zudem ist der Kläger durch das Schreiben der Beklagten vom 19. Februar 2001 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht unwiderruflich sei. Das von dem Kläger erstrebte Ziel der Übernahme höherer als der in § 207a SGB III vorgesehenen Beiträge durch die Beklagte lässt sich aber auch bei Unterstellung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht erreichen. Das mit dem Herstellungsanspruch Begehrte muss nämlich rechtlich zulässig sein; die Verwaltung darf also selbst im Falle unzutreffender oder unterlassener Beratung nur die für das betreffende Sozialrechtsverhältnis gesetzlich vorgesehenen Leistungen gewähren (Kasseler Kommentar, Seewald, a.a.O., Rdnr. 43 ff.). Hier begehrt der Kläger aber eine Leistung, die über die in § 207a SGB III gesetzlich geregelte Leistung hinausgeht.

Die Vorschrift des § 207a Abs. 2 SGB III ist entgegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsauffassung auch verfassungsgemäß. Insbesondere liegt der von dem Kläger gerügte Verstoß gegen das im Rechtsstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verankerte so genannte Rückwirkungsverbot nicht vor. Hiernach ist vor allem eine so genannte "echte Rückwirkung" in Anbetracht der aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit grundsätzlich verboten (BVerfGE 13, 261 / 272; 95, 64 / 86; 101, 239 / 263). Eine "echte Rückwirkung" liegt jedoch erst dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift, wenn die Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht für einen nach der Verkündung beginnenden Zeitraum, wenn also der von der Rückwirkung betroffene Sachverhalt in der Vergangenheit, d.h. vor der Verkündung des Gesetzes, nicht nur begonnen hat, sondern bereits abgewickelt war (vgl. zusammenfassend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Auflage, Artikel 20, Rdnr. 68; Maunz/Dürig, Grundgesetz, Band 3, Stand Februar 2004, Artikel 20, VII, Rdnr. 68). Eine derartige Rückwirkung hat indes § 207a Abs. 2 SGB III nicht zur Folge. Die Vorschrift ist seit ihrer Einführung mit Wirkung vom 1. April 1998 durch Gesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970) selbst unverändert geblieben. Lediglich die für die Bemessung der (fiktiven) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung maßgeblichen Parameter sind (bereits nach dem Wortlaut) des § 207a Abs. 2 Satz 2 SGB III veränderlich. So wird etwa gemäß § 207a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III hinsichtlich des für die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung relevanten Beitragssatzes auf § 245 SGB V verwiesen, wonach sieben Zehntel des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen als Beitragssatz zu Grunde zu legen sind, den allgemeinen Beitragssatz stellt das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit jeweils zum 1. Januar eines Jahres fest. Nach § 207a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III gilt dieser Beitragssatz dann vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des Folgejahres. Demgegenüber ist der Beitragssatz von 1,7 % ab dem 1. Juli 1996 gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, auf den § 207a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung verweist, nicht mehr geändert worden.

Die für die Ermittlung der Beitragshöhe maßgeblichen beitragspflichtigen Einnahmen gemäß § 223 SGB V werden in Bezug auf § 207a Abs. 2 SGB III in § 232a SGB V geregelt. Nach § 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V gelten bei Beziehern von Arbeitslosengeld als beitragspflichtige Einnahmen 80 v.H. des der Leistung zu Grunde liegenden durch sieben geteilten wöchentlichen Arbeitsentgelts. Diese Vorschrift ist seit Einführung des § 232a SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 1998 durch Gesetz vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594, 692) im Wesentlichen unverändert geblieben. Bis zum 31. Dezember 2000 war auch gemäß § 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe insoweit auf 80 v.H. des Bemessungs-Arbeitsentgelts abzustellen. Durch Gesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1971) ist dieser Vom-Hundert-Satz mit Wirkung vom 1. Januar 2001 auf 58 v.H. herabgesenkt worden mit der Folge, dass auf Grund deutlich geringerer beitragspflichtiger Einnahmen ein niedrigerer Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu zahlen gewesen ist und entsprechend auch im Rahmen des § 207a SGB III der von der Beklagten zu übernehmende Betrag niedriger ausgefallen ist. Durch Gesetz vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) galten mit Wirkung vom 1. Januar 2003 als beitragspflichtige Einnahmen bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe die durch sieben geteilte wöchentlich gezahlte Arbeitslosenhilfe.

Nach alledem scheidet aber eine Regelung in der Vergangenheit liegender, abgeschlossener Sachverhalte infolge der für die Anwendung des § 207a Abs. 2 SGB III relevanten Rechtsänderungen aus. Als Sachverhalt in diesem Sinne ist nämlich der für die Berechnung der Beiträge, die die Beklagte ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung zu tragen hätte, maßgebliche Kalendermonat anzusehen. So werden gemäß § 23 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung bei dem Bezug u.a. von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe grundsätzlich am achten Tag des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats fällig. Die jeweils zum Monatsbeginn einsetzenden Rechtsänderungen hinsichtlich der Höhe der von der Beklagten zu übernehmenden privaten Versicherungsbeiträge können sich damit aber nur auf Zeiträume auswirken, die ihrer jeweiligen Verkündung nachfolgen.

Damit liegt auch keine "unechte Rückwirkung" bzw. "tatbestandliche Rückanknüpfung" vor, denn dieses würde voraussetzen, dass eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, bzw. eine Norm künftige Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht (vgl. Jarrass/Pieroth, a.a.O., Rdnr. 69).

Unabhängig hiervon kann sich der Kläger aber bereits deshalb nicht auf eine Verletzung seines Vertrauens berufen, da die sich auch für ihn ungünstig auswirkende Herabsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe von 80 v.H. auf 58 v.H. des Bemessungs-Arbeitsentgelts im Rahmen des § 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V bereits vor seiner Befreiung von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht ab dem 23. Januar 2001 durch Bescheid der AOK vom 16. Februar 2001 am 1. Januar 2001 wirksam geworden ist (s.o.). Zudem verkennt der Kläger, dass sich die Diskrepanz zwischen den von der Beklagten nach § 207a SGB III übernommenen und den der SKV geschuldeten Beiträgen zu einem nicht unmaßgeblichen Teil daraus ergeben hat, dass die SKV ihre Beiträge erhöht hat. Laut Schreiben der SKV vom 15. November 2001 wurde der Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Januar 2002 von 340,13 Euro auf 380,64 Euro angehoben. Ausweislich des Schreibens der SKV vom 14. November 2002 wurde der Versicherungsbeitrag ab 1. Januar 2003 auf 400,29 Euro erhöht. Zudem hat auch jüngst das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass von Verfassungs wegen kein Wahlrecht dahingehend besteht, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. August 2004 -1 BvR 285/01 = FamRZ 2004, 1706); dem schließt sich auch der erkennende Senat an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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