L 3 U 66/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 268/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 66/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Entschädigung des Ereignisses vom 12. März 2000 als Arbeitsunfall.

Der 1947 geborene Kläger ist seit Januar 1986 als Oberarzt in der Neurochirurgischen Klinik der C tätig. Er hat mit der Firma A, die u.a. Ventile für Hydrocephaluserkrankungen herstellt, einen Beratervertrag abgeschlossen, aufgrund dessen ihm die Firma nach seinen Angaben Zuschüsse für die Teilnahme an ein bis zwei Kongressen im Jahr zahlt und im Gegenzug dafür von ihm erwartet, dass er die Produkte dieser Firma in seinen Referaten erwähnt, ohne dass er dazu verpflichtet ist.

Vom 08. bis 10. März 2000 nahm der Kläger an dem Kongress "Hydrochephalus – Beyond 2000" teil, der in S/A stattfand und bei dem der Kläger am Freitag, den 10. März 2000, einen Vortrag hielt. Zum Organisationskomitee des Kongresses gehörte unter anderem Dr. Ch T, der für das wissenschaftliche Programm zuständig war. Der Arbeitgeber des Klägers hatte diesem zuvor die Genehmigung für eine Dienstreise für die Zeit vom 05. bis 15 März 2000 erteilt. Das Dienstgeschäft selbst, so die Bescheinigung der C vom 09. August 2000, werde vom 06. März 2000, 18 Uhr, bis 10. März 2000, 16 Uhr, genehmigt. Vom 11. März bis 15. März 2000 werde ein privater Aufenthalt/Urlaub genehmigt, d.h. dieser Teil werde als Freizeitteil innerhalb der Dienstreise von der Qualifizierung als Dienstreise ausgenommen. Eine Kostenerstattung durch den Arbeitgeber erfolge zwar nicht, dem Kläger werde jedoch eine Zuwendung von Dritten in Höhe von 1600.- DM genehmigt. Im Anschluss an den Kongress in Sydney wurde der Kläger von Dr. T eingeladen, in H V, einem Ort drei Stunden nördlich von S, in der Zeit vom 11. bis 13. März 2000 an einer Satellitenkonferenz teilzunehmen. Aus einer Bescheinigung des Dr. T vom 18. Juli 2000 ergab sich, dass das Treffen dazu diente, die Ergebnisse der Konferenz in S in einem mehr informellen Rahmen zu diskutieren. Vorsitzende der Satellitenkonferenz seien er selbst und Dr. H R, der Präsident der I SPN. An diesem Treffen nahm der Kläger teil.

Am 12. März 2000 erlitt der Kläger einen Unfall, als er auf dem Weg zu einem außerhalb gelegenen Hotel, in dem ein Mittagessen stattfinden und über fachliche Dinge gesprochen werden sollte, verunglückte. Der Weg zu diesem Hotel sollte mit einem Bus oder mit von dem Veranstalter gemieteten Motorrädern zurückgelegt werden. Der Kläger, der sich für die Fahrt mit dem Motorrad entschied, verlor die Kontrolle über die Maschine und fiel mit ihr auf sein rechtes Bein. Er zog sich bei dem Unfall ein Polytrauma mit Tibiakopfluxationsfraktur (L5 nach Moore) rechts, eine Unterschenkel-Mehretagen-Fraktur rechts sowie eine Scapulafraktur rechts, Thoraxprellung rechts und Schulterprellung zu. Die Verletzungen wurden in A mit der Anlage eines Isarov-Fixateurs und Verschraubung der Tibiakopfluxationsfraktur behandelt. Am 29. März 2000 erfolgte der Rücktransport nach Deutschland (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. H vom 31. März 2000). Aus dem Zwischenbericht der C vom 05. Mai 2000 über den stationären Aufenthalt vom 29. März bis 26. April 2000 ergab sich außerdem ein traumatischer Inlayverlust Zahn 1/8.

Nach Einholung von Auskünften durch die C und den Kläger selbst forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 19. September 2000 zur Erstattung der Kosten für Arznei und Heilmittel in Höhe von 340,51 DM (174,10 Euro) auf. Zur Begründung führte sie aus, ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung habe nicht vorgelegen. Der Arbeitgeber habe mitgeteilt, dass der Aufenthalt vom 11. bis 15. März 2000 als privater Aufenthalt bzw. Urlaub genehmigt und von der Qualifizierung der Dienstreise ausgenommen worden sei. Die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt sei somit als eigenwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen und stehe nicht unter Versicherungsschutz. Ein dienstliches Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme an der Motorradtour und den weiteren Veranstaltungen nach dem 10. März 2000 sei auszuschließen.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, zum Zeitpunkt der Beantragung der Dienstreise entschlossen gewesen zu sein, den Bitten des Veranstalters und seiner Kollegen, auch an der Satellitenkonferenz teilzunehmen, nicht nachzukommen, sondern im Anschluss an den Kongress einen fünftägigen Urlaub zu nehmen. Kurz vor dem Kongress habe er sich jedoch entschlossen, die Satellitenkonferenz direkt im Anschluss an den Kongress zu besuchen, da eine große Anzahl bedeutender Neurochirurgen an diesem Treffen teilnehmen wollten und davon auszugehen sei, dass dort für ihn und seinen Dienstherren bedeutsame Themen diskutiert werden würden. Dementsprechend hätten sich auch seine Flugpläne geändert, er habe entgegen seinem Urlaubsantrag bereits für den 13. März 2000, also direkt nach der Satellitenkonferenz, den Rückflug gebucht gehabt.

Daraufhin fragte die Beklagte bei der C nach, die mit Schreiben vom 31. Oktober 2000 mitteilte, der Verwaltung – Reisestelle – sei keine Terminänderung mitgeteilt worden, so dass auch keine geänderten Genehmigungen ausgesprochen worden seien. Mit weiterem Schreiben vom 01. Dezember 2000 teilte die C dem Kläger, der dieses Schreiben der Beklagten vorlegte, mit, der Kläger habe davon ausgehen können, dass er, hätte er rechtzeitig einen Antrag gestellt und die Kongressunterlagen eingereicht, ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Dienstreise genehmigt worden wäre. Der Kläger reichte außerdem die Unterlagen des "Hydrocephalus – Beyond 2000" – Kongress ein, sowie ein Gedächtnisprotokoll vom 04. Januar 2001 über einige auf der Satellitenkonferenz besprochenen Themen. Ergänzend gab der Kläger an, bei der Konferenz seien etwa 25 Teilnehmer anwesend gewesen. Weltweit seien etwa 100 Neurochirurgen auf dem Gebiet des Hydrocephalus, einem hoch anspruchsvollen Spezialgebiet der Neurochirurgie, spezialisiert. Die Satellitenkonferenz habe dem intensiven wissenschaftlichen Austausch und einem persönlichen Kennenlernen der Teilnehmer, das insbesondere auch den Austausch von Informationen und neuen Erkenntnissen vereinfachen sollte, gegolten. Dies hätte es ihm ermöglicht, weiterhin zu Kongressen – insbesondere als Redner – eingeladen zu werden und in Fachzeitschriften veröffentlichen zu können. Am zweiten Tag der Konferenz, am 12. März 2000, sei ein ca. dreistündiger gemeinsamer Ausflug geplant gewesen. Den Teilnehmern sei es freigestellt gewesen, an diesem Ausflug mit einem Bus oder per Motorrad teilzunehmen. Etwa die Hälfte der Teilnehmer habe sich dafür entschieden, an dem Ausflug per Motorrad teilzunehmen. Die Organisation der Anmietung der Motorräder habe der Veranstalter übernommen. Es sei ihm nicht möglich gewesen, an dieser Tour nicht teilzunehmen. Dies hätten die anderen Teilnehmer als Affront aufgefasst und seine für seine Forschung unerlässlichen Kontakte empfindlich gestört. Des Weiteren hat der Kläger eine Liste seiner bisherigen Veröffentlichungen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass er seit 1996 unter anderem mit dem Zeugen C M gearbeitet hat.

Durch Widerspruchsbescheid vom 15. März 2001 gab die Beklagte dem Widerspruch insoweit statt, als mit dem angefochtenen Bescheid der Betrag in Höhe von 174, 10 Euro zurückgefordert wurde. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch zurück, denn das Ereignis vom 12. März 2000 könne nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden, weil sich der Unfall nicht in Folge einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Bei der Motorradfahrt habe es sich um eine vom Veranstalter angebotene Freizeitveranstaltung zur Motivation der Fachspezialisten, an der Satellitenkonferenz teilzunehmen, gehandelt. Im Vordergrund der Motorradtour habe das Kennenlernen des Gastgeberlandes und nicht der fachmedizinische Erfahrungsaustausch gestanden. Es habe insoweit ein touristisches Vorhaben dargestellt, welches in keinem inneren Zusammenhang mit dem beruflichen Beschäftigungsverhältnis bei der Ch gestanden habe. Stünden aber Freizeit und Erholung – wie hier – im Vordergrund einer Veranstaltung, fehle es an einem wesentlichen Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit mit der Folge, dass ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nicht bestehe. Selbst unterstellt, es habe eine so genannte gemischte Tätigkeit während der Motorradtour vorgelegen, könne hier nicht erkannt werden, dass dabei die Belange des Arbeitgebers des Klägers im Vordergrund gestanden hätten. Die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen könne nach ständiger Rechtsprechung auch dann keinen Unfallversicherungsschutz auslösen, wenn sie für das Unternehmen zweckmäßig wären und ihm daher dienen würden.

Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Veranstalter des Hauptkongresses sowie der Satellitenkonferenz und auch andere Kollegen hätte ihn kurz vor dem Abflug zum Kongress immer wieder gedrängt, auch an der Satellitenkonferenz teilzunehmen. Schließlich habe er eingewilligt, um die mühsam aufgebauten Beziehungen nicht ausgerechnet am Ende des Kongresses zu belasten und um seine Kollegen nicht zu brüskieren, die selbstredend von seiner Teilnahme auch an der Satellitenkonferenz ausgegangen seien und es nicht verstanden hätten, wenn er sich ausgeschlossen hätte. Am 12. März 2000 hätten die Teilnehmer der Satellitenkonferenz von Hunter Valley am Rande ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit eine Besichtigungstour durchgeführt und hätten wahlweise mit dem Bus oder dem Motorrad fahren können. Ein gewisser touristischer Aspekt habe dem Ausflug zwar angehaftet, jedoch nur am Rande eine Rolle gespielt. Schwerpunkt auch dieses Ausflugs seien vielmehr die Pflege von Kontakten und das nähere Kennenlernen der Spezialisten der Neurochirurgie untereinander gewesen, um langfristige und intensive Beziehungen untereinander aufzubauen. Darum habe er sich entschieden, auch an dem Ausflug teilzunehmen und sich der Gruppe der Motorradfahrer anzuschließen. Dabei sei der Unfall geschehen, bei dem er sich erhebliche Verletzungen zugezogen habe, an deren Folgen er auch heute noch leide.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2002 hat der Kläger erklärt, im Anschluss an die Hauptkonferenz speziell von dem Veranstalter Prof. T zu einer Satellitenkonferenz eingeladen worden zu sein, um mit anderen über das Fachgebiet "Wasserkopf-Problematiken" zu diskutieren. Es sei speziell über neueste technische Entwicklungen auf dem Gebiet der Ableitung mit Ventilen, über das Verhältnis zur Industrie und über die Möglichkeit der Bereitstellung von preiswerten Produkten für die Dritte Welt zur Behandlung dieser Erkrankung gesprochen worden. Der zeitliche Rahmen der Satellitenkonferenz sei in der Weise geplant gewesen, dass die Teilnehmer am Samstag, den 11. März 2000 zu dem Besprechungsgebäude in H V fahren sollten. Am Abend des Samstages habe die erste Besprechung stattgefunden. Am Sonntag, den 12. März 2000, sei ein Ausflug zu einem außerhalb gelegenen Hotel zu einem "Lunch" vorgesehen gewesen. Bei dieser Fahrt sei er mit dem Motorrad verunglückt. Am Sonntagabend hätten wiederum Gespräche zu der Konferenz stattfinden sollen. Auch in dem Ausflugshotel habe über fachliche Dinge gesprochen werden sollen. Am Montag, den 13. März 2000, habe die allgemeine Abreise erfolgen sollen. Die Motorräder seinen von den Veranstaltern bereits in S gebucht und den Teilnehmern unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.

Der Kläger hat sich im Weiteren auf ein Schreiben von Dr. T vom 09. Februar 2002 bezogen.

Durch Urteil vom 15. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide verpflichtet, das Geschehen vom 12. März 2000 als Arbeitsunfall und einen Zustand nach Polytrauma mit Tibiakopfluxationsfraktur rechts, Unterschenkel-Mehretagen-Fraktur rechts, Scapulafraktur rechts, Thoraxprellung rechts und Schulterprellung als Folge dieses Arbeitsunfalls anzuerkennen.

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, bei dem Unfall vom 12. März 2000 habe es sich um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt. Das zum Unfall führende Geschehen, die Teilnahme an der Motorradtour, habe mit dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Oberarzt der C in einem rechtlich wesentlichen (inneren) Zusammenhang gestanden, der es rechtfertige, auch dieses Geschehen dem Unfallversicherungsschutz zu unterstellen. Die Teilnahme eines Versicherten an einer Fortbildungsveranstaltung stelle eine versicherte Tätigkeit dar, wenn der Versicherte von seinem Standpunkt aus der Meinung habe sein dürfen, dass dieses Unternehmen geeignet sei, den Interessen des Arbeitgebers zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze finde. Die Kammer sehe die in den verschieden Schriftsätzen des Klägers vertretene Auffassung, wonach die Satellitenkonferenz durch den wissenschaftlichen Austausch zu Themen der Hydrocephalusproblematik und das persönliche Kennenlernen anderer Experten auf diesem Gebiet zu einer Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit in dem von dem Kläger bei der Causgeübten Beruf führe und damit zugleich auch dem Renommee und den Interessen des Arbeitgebers diene, durch die objektiven Begleitumstände der Veranstaltung als bestätigt an. Die Kammer habe insoweit auf die Aussage des glaubwürdigen Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2002 abgestellt. Diese Ausführungen fänden ihre Bestätigung in dem Schreiben von Prof. Tvom 18. Juli 2000. Dass die Teilnahme des Klägers an der Satellitenkonferenz den Interessen seines Arbeitgebers auch tatsächlich entsprochen habe, sehe die Kammer nicht zuletzt durch das Schreiben der C vom 01. Dezember 2000 als bestätigt an. Der somit gegebene innere Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und der Satellitenkonferenz sei auch nicht durch den Einwand der Beklagten widerlegt worden, wonach speziell bei der Motorradtour am Vormittag des 12. März 2000 Freizeit und Erholung als private Interessen im Vordergrund gestanden hätten. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei der Fahrt mit den Motorrädern um eine versicherte (gemischte) Tätigkeit gehandelt habe, da die Veranstaltung zum einen durch touristische Aspekte geprägt gewesen sei und zum anderen zu einem Ort geführt habe, an dem Fachgespräche geführt werden sollten. Es sei auch einleuchtend, dass der Kläger durch die Teilnahme an der Motorradtour persönliche Kontakte zu anderen Experten auf dem Gebiet der Hydrocephalus-Chirurgie habe begründen und vertiefen können. Die unfallbringende Veranstaltung weise damit auch maßgebliche finale Handlungstendenzen in Bezug auf unfallversicherungsrechtlich geschützte Interessen auf. Die Klassifizierung als reine Freizeit- und Erholungsveranstaltung werde somit dem gesamten Gepräge der Motorradtour nicht gerecht. Darüber hinaus seien sowohl der Zweck der Gesamtveranstaltung wie auch der Zweck der Motorradtour deutlich über die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen hinausgegangen. Der Unfall habe deshalb unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, weshalb der Kläger auch Anspruch auf Anerkennung der hieraus resultierenden Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen habe.

Gegen das am 13. Juni 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. Juni 2002 Berufung eingelegt und geltend gemacht, in Anbetracht der Tatsache, dass die Kosten für An- und Abreise, für die Unterbringung sowie für die eigentliche Teilnahme des Klägers an beiden Konferenzen nicht vom Arbeitgeber getragen oder zumindest teilweise bezuschusst worden seien, könne ein vordergründiges Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme des Klägers an der Satellitenkonferenz gerade nicht unterstellt werden. Selbst wenn ein solches Interesse angenommen werden könne, sei gesetzlicher Unfallversicherungsschutz zum Unfallzeitpunkt nicht zu bejahen, denn im Hinblick auf die Teilnahme des Klägers an dem Ausflug am 12. März 2000 sei eine eindeutige Abgrenzung zwischen beruflichen und privaten Aspekten möglich. Es handele sich dabei um ein dem privaten Handlungsbereich zuzurechnendes Unternehmen des Klägers im Rahmen seiner (freiwilligen) Teilnahme an der Satellitenkonferenz, bei welcher Freizeit und Erholung im Vordergrund gestanden hätten. Der Kläger habe während der gesamten Dienstreise keinen dienstlichen Auftrag gehabt, neue Geschäftsbeziehungen zu knüpfen und aus diesem Grund den persönlichen Kontakt zu den anderen Teilnehmern zu pflegen. Vielmehr habe die Teilnahme an der Konferenz vordergründig der persönlichen Weiterbildung des Klägers auf seinem spezifischen Fachgebiet gedient. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass es sich bei der Teilnahme des Klägers an der Motorradtour um eine so genannte gemischte Tätigkeit gehandelt habe, sei nicht zu erkennen, dass diese Teilnahme rechtlich wesentlich dazu bestimmt gewesen sei, den Interessen des Arbeitgebers zu dienen. Der Kläger habe trotz mehrfacher Anfragen und Rücksprachen ihrer Mitarbeiter mit dessen Bevollmächtigten erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin angegeben, dass am Zielort der Motorradtour auch Fachliches habe besprochen werden sollen. Im Verwaltungsverfahren sei dies nicht ein einziges Mal ins Feld geführt worden. Der private Charakter des Ausfluges werde dadurch unterstrichen, dass an dem Ausflug am 12. März 2000 auch die Ehefrau des Klägers sowie auch Ehefrauen anderer Teilnehmer teilgenommen hätten. Die Dauer der geplanten Veranstaltung von ca. drei Stunden einschließlich Hin- und Rückfahrt spreche ebenfalls für ein eher touristisches Unterfangen und gegen die Annahme, dass am Zielort im Wesentlichen Fachgespräche zwischen den Teilnehmern hätten geführt werden sollen. Auch nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass nach einem dreitägigen Fachkongress und anschließender Satellitenkonferenz, welche unter anderem am Vormittag des Unfalltages geführt worden sei, der Ausflug in die Umgebung des H Vin der Tat vordergründig und wesentlich der Erholung der Teilnehmer und dem Kennenlernen des Gastgeberlandes gedient habe, jedoch nicht mehr dem fachlichen Erfahrungsaustausch. Unter Beachtung der Gesamtumstände des Einzelfalls sei nicht überzeugend, dass die Teilnahme des Klägers an der Motorradtour am 12. März 2000 dem betrieblichen Interesse seines Arbeitgebers wesentlich gedient habe oder aber zumindest seine Handlungstendenz zur Teilnahme an der Motorradtour im Wesentlichen davon geprägt gewesen sei. Im Vordergrund der Teilnahme an dem Ausflug habe lediglich die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen zu Fachkollegen gestanden, wodurch jedoch kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz ausgelöst werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Der innere Zusammenhang zwischen seiner beruflichen Tätigkeit bei der C und der Teilnahme an der Satellitenkonferenz vom 11. bis 13. März 2000 werde nicht dadurch entkräftet, dass sein Arbeitgeber weder die Kosten für die Teilnahme an dem Kongress in Sydney noch für die anschließende Satellitenkonferenz übernommen habe. Dieses Argument könne angesichts leerer Kassen bei allen Institutionen der öffentlichen Hand nicht überzeugen. Es sei vielmehr seit vielen Jahren üblich, dass die Kosten für die wissenschaftliche Tätigkeit herausragender Wissenschaftler, wie die Teilnahme an Kongressen und Veranstaltungen, für Publikationen usw. zumindest teilweise von Dritten übernommen würden. Häufig trügen sogar die Kongressteilnehmer selbst die Kosten für ihre Teilnahme. Auch dass in den Kongressunterlagen kein Hinweis darauf zu finden gewesen sei, dass er für seinen Arbeitgeber, die C, aufgetreten sei, stehe einem inneren Zusammenhang nicht entgegen. Dies sei nicht üblich. Es sei außerdem niemals die Rede davon gewesen, dass bei der Satellitenkonferenz ausschließlich touristische Ziele verfolgt werden sollten. Er sei allein zu diesem Kongress gereist, seine Frau oder andere Familienangehörige hätten ihn nicht begleitet. Zwar sei im Rahmen der Satellitenkonferenz ein touristischer Aspekt vorhanden gewesen, jedoch sollte mit dem Motorrad ein weiteres Ziel erreicht werden, an dem wiederum Fachgespräche geführt werden sollten. Mithin habe Versicherungsschutz bestanden.

Der Kläger hat außerdem ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass insbesondere zwei Kriterien für die Auswahl der teilnehmenden Ärzte an der Satellitenkonferenz maßgeblich gewesen seien: Einerseits seien jene Wissenschaftler eingeladen worden, die zu dieser Zeit die meisten Veröffentlichungen zu dem Thema Hydrocephalus aufzuweisen hatten und zum anderen seien überwiegend jüngere aktive Kollegen eingeladen worden, die eher als ältere Kollegen an der Verbindung zwischen Motorradtour und wissenschaftlicher Betätigung gefallen finden würden. Zu der Satellitenkonferenz seien nur männliche Teilnehmer eingeladen worden, nach seiner Erinnerung waren von insgesamt etwa 25 Teilnehmern nur etwa zwei oder drei in Begleitung ihrer Ehefrauen bzw. Lebensgefährtinnen gewesen.

Er habe den Antrag auf Urlaub und kongressfreie Tage bei seinem Arbeitgeber am 03. März 2000 gestellt, die Genehmigung sei jedoch erst am 08. März 2000, also nach seiner Abreise, erteilt worden. Wegen umfangreicher Vorbereitungen für die Hauptkonferenz habe er es versäumt, einen neuen Antrag auf Freistellung für die Satellitenkonferenz zu stellen und zu erklären, dass er auf seinen geplanten und genehmigten Urlaub verzichten werde. Wie sich aus der Umbuchung des Rückflugs ergebe, habe er jedoch vorgehabt, zugunsten der Satellitenkonferenz auf seinen genehmigten Kurzurlaub zu verzichten. Im Weiteren bezieht sich der Kläger auf die Einladung von Prof. T vom 11. Januar 2000.

Auf Befragen des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08. Dezember 2005 hat der Kläger zu den Einzelheiten der Satellitenkonferenz u.a. ausgeführt, er und die anderen Teilnehmer hätten die Fahrt am 11. März 2000 von S nach H V bereits mit dem Motorrad zurückgelegt. Am Abend des 11. März hätten fachliche Gespräche mit den Kollegen stattgefunden, ein besonderes Programm oder einen festgelegten Ablauf habe es nicht gegeben. Am nächsten Morgen seien sie gegen 8.30 bis 9.00 Uhr zu einem dreistündigen Motorradausflug durch schöne Landschaften aufgebrochen. Ziel sei ein 50 bis 60 km entfernt gelegenes Ausflugshotel gewesen, wo sie sich ein bis zwei Stunden hatten aufhalten wollen, um einen Lunch einzunehmen und fachliche Gespräche zu führen. Abends, nach der Rückkehr von dem Ausflug, habe das Abschlussgespräch stattfinden sollen.

Er habe von der Firma A im März 2000 einen Zuschuss von 1600 DM erhalten, die er für die Flugkosten verwendet habe. Das Motorrad habe er selbst bezahlt. Er hätte auch die Unterbringungskosten in H Vzahlen müssen, diese seien jedoch von dem Zeugen M übernommen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 12. März 2000 als Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2002 war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen; d.h. es muss ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang gegeben sein, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist im Wege einer wertenden Betrachtungsweise zu ermitteln, bei der untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (so BSG vom 4. Juni 2002, Az.: B 2 U 21/02 R).

Der Kläger war aufgrund eines Dienstverhältnisses als Oberarzt der Neurochirurgischen Klinik der C nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gegen Unfall versichert. Der Unfall am 12. März 2000 hat sich aber nicht bei einer mit diesem Dienstverhältnis in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stehenden Tätigkeit des Klägers ereignet.

Die Satellitenkonferenz in H Vin A in der Zeit vom 11. bis 13. März 2000 ist nicht von der C veranstaltet worden. Ihre Anerkennung als Betriebstätigkeit folgt auch nicht daraus, dass der Arbeitgeber für die Zeit vom 06. bis 15. März 2000 eine Dienstreise genehmigt hat. Wie sich aus der Auskunft vom 09. August 2000 ergibt, bezieht sich die Genehmigung auf das Dienstgeschäft für die Zeit vom 06. März 2000, 18.00 Uhr bis 10. März 2000, 16.00 Uhr. Das Ende des genehmigten Dienstgeschäfts fällt damit mit dem Ende der Konferenz in S zusammen, die, wie sich aus den Kongressunterlagen ergibt, in der Zeit vom 8. bis 10. März 2000 zu dem Thema "Hydrocephalus - Beyond 2000" stattfand. Für die Zeit vom 11. bis 15. März 2000 ist dem Kläger ein "privater Aufenthalt/Urlaub" genehmigt worden, der als Freizeitteil innerhalb der Dienstreise von der Qualifizierung als Dienstreise ausgenommen wurde. Eine Genehmigung als Dienstreise auch für die Teilnahme an der Satellitenkonferenz im Anschluss an die Konferenz in S ist von dem Kläger nicht beantragt worden, die Teilnahme war seinem Arbeitgeber auch nicht bekannt.

Die Chat zwar mit Schreiben vom 01. Dezember 2000 bestätigt, sie hätte bei rechtzeitiger Antragstellung und Einreichen entsprechender Kongressunterlagen die Teilnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Dienstreise genehmigt. Abgesehen davon, dass hieran bereits deshalb Zweifel bestehen, weil es ja für die Satellitenkonferenz gar keine Konferenzunterlagen gab, kommt es darauf aber letztlich nicht an, denn eine tatsächlich erteilte oder sogar nur beabsichtigte Genehmigung einer Dienstreise zu dem Zweck, den Versicherungsschutz auf der Reise zu gewährleisten, ist sozialversicherungsrechtlich ohne Bedeutung. Es ist nämlich nicht entscheidend, welche rechtliche Wertung die Beteiligten ihren Vertragsbeziehungen angedeihen lassen. Vielmehr kommt es auf die tatsächliche Gestaltung der Beziehung an. Es ist damit auch die Bezeichnung "Dienstreise" für die Frage des Versicherungsschutzes unerheblich (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90 m.w.N.).

Es kommt deshalb auch nicht darauf an, wie das Finanzamt die Reise bewertet hat, denn dessen Entscheidungen binden nicht die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Dessen Bewertung kann allenfalls Anhaltspunkte für die Entscheidung der Frage, ob die Teilnahme an der Satellitenkonferenz unter Versicherungsschutz stand, geben.

Gleichwohl wäre der betriebliche Bezug hergestellt und damit Versicherungsschutz gegeben, wenn die Teilnahme an der Satellitenkonferenz der Fortbildung hätte dienen sollen mit dem Ziel, eine Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit im erlernten und ausgeübten Beruf zu erreichen. Dies vorausgesetzt, verhielte sich der Kläger wie auch bei den sonstigen versicherten Tätigkeiten in ihrer finalen Zielsetzung sozial- wie auch arbeitsrechtlich norm- und vertragsgerecht.

Die Fortbildung dient dem Erhalt der durch Aus- und ggf. Weiterbildung erworbenen fachlichen Kompetenz und ihrer Fortentwicklung durch Anpassung an den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dieser finalen Handlungstendenz kommt entscheidende Bedeutung für den Versicherungsschutz zu. Die rechtliche Beurteilung einer Handlung in ihrer Ziel- und Zwecksetzung orientiert sich aus der betrieblichen Sphäre selbst, also aus den Rechten und Pflichten des Versicherten im Rahmen seiner Einordnung in den Betrieb (so BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90).

Die Stellung des Klägers als Oberarzt verpflichtet ihn sowohl im Interesse seines Arbeitgebers als auch der ihm anvertrauten Patienten zur Fortbildung. Es wird für die Annahme von Versicherungsschutz nicht vorausgesetzt, dass der Versicherte bei einer Fortbildungsreise sich ausschließlich der Fortbildung zuwendet. So gelten bei Fortbildungsreisen, die üblicherweise sowohl privaten unversicherten als auch betrieblichen Interessen dienen, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der gemischten Tätigkeit (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 480 q ff). Dabei ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit sich eindeutig in zwei Teile zerlegen lässt, wobei die eine der versicherten und die andere der nicht versicherten Verrichtung gedient hat. Hat sich in einem solchen Fall der Unfall bei der zuletzt genannten Tätigkeit ereignet, ist der Versicherungsschutz zu verneinen. Ist eine Trennung hingegen nicht möglich, besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Zwecken wesentlich dient, sie braucht ihnen nicht überwiegend gedient zu haben. Bei der Beurteilung, ob eine Reise wesentlich zu beruflichen Zwecken unternommen wird, ist weniger Gewicht auf den Zeitaufwand der betrieblichen Tätigkeit im Verhältnis zur privaten Verrichtung zu legen, sondern die Bedeutung der betrieblichen Betätigung für das Unternehmen festzustellen. Andererseits ist der Zeitaufwand nicht gänzlich außer Betracht zu lassen, jedoch nur als Merkmal für das Gewicht der beruflichen Betätigung und nicht als bloße Zahl zur Ermittlung des Verhältnisses von betrieblicher zu privater Betätigung (so BSG a.a.O.)

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Teilnahme an der Satellitenkonferenz in H V vom 11. bis 13. März 200 wesentlich der Fortbildung und damit den Interessen des Arbeitgebers gedient hat. Die objektiven Umstände sprechen gegen eine solche Bewertung.

Gegen eine im betrieblichen Interesse der C stehende Veranstaltung ist anzuführen, dass es keinerlei Tagungsprogramm oder sonstige Unterlagen über den Ablauf der geplanten Veranstaltung gab. Geplant waren nur Gespräche und das gegenseitige Kennenlernen der Ärzte, ohne dass ein bestimmter Ablauf vorgesehen war. Es stand den Teilnehmern daher frei, wie und wo und mit wem sie Gespräche mit welchem Inhalt auch immer führen wollten. Es kann somit nicht festgestellt werden, wann sich der Kläger rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussten und wann den betriebsdienlichen Belangen widmen wollte und konnte.

Gespräche zur Pflege kollegialer Beziehungen sind nicht der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen (so BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 17). Auch Gespräche über dienstliche Belange, Ablauf und Inhalt einer Veranstaltung sind danach nicht ausreichend. Wollte man nämlich allein durch die Gesprächsthemen einen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit als gegeben erachten, wäre jede Unterhaltung - gleich wo und unter welchen Umständen sie stattfindet - sofern sie sich nur auf betriebliche Vorgänge bezieht, als Betriebstätigkeit anzusehen; dadurch würde aber eine sinnvolle Abgrenzung zwischen betrieblicher und persönlicher Sphäre schlechthin unmöglich gemacht (BSG vom 26. Januar 1983, Az.: 9b/8 RU 38/81).

Auch der zeitliche Umfang von Freizeit und Fortbildung während der Veranstaltung ist nicht geklärt. Es ist weder ein Überwiegen des fachlichen Teils erkennbar, noch ist überhaupt ersichtlich, ob sich die Teilnehmer an der Satellitenkonferenz nicht nur gelegentlich der Freizeitaktivitäten über Fachliches ausgetauscht haben. Dies lässt sich den Schilderungen des Klägers auch nicht entnehmen. Danach wurden erstmals am Abend des 11. März 2000, also nach der Anreise mit dem Motorrad, fachliche Gespräche geführt. Im Übrigen war ein Fachgespräch nur noch für den 12. März 2000 während des Mittagessens geplant, abends nach der Rückkehr von der Motorradfahrt war bereits die Abschlussbesprechung vorgesehen. Dass in dieser von Freizeitaktivitäten geprägten Atmosphäre außer privaten auch noch fachliche Gespräche geführt werden sollten, die wesentlich für die Veranstaltung waren, ist wenig überzeugend. Vielmehr lag der Schwerpunkt in Fahrten durch das Umland, insbesondere mit dem Motorrad.

Die Auswahl der Teilnehmer an der Veranstaltung lässt ebenfalls erhebliche Zweifel an einem im Vordergrund stehenden betrieblichen Zweck aufkommen. Abgesehen davon, dass Ärzte mit aktuellen Veröffentlichungen zur Hydrocephalusproblematik ausgewählt wurden, wurden ansonsten nur männliche Teilnehmer angesprochen, die zudem auch noch so jung waren, dass bei Ihnen Interesse an der Teilnahme an einer Motorradtour vermutet werden konnte. Außerdem konnten Ehefrauen bzw. Lebensgefährtinnen mitgenommen werden. Diese Auswahlkriterien lassen nicht nur Zweifel an dem Willen des Veranstalters aufkommen, eine im Wesentlichen als Fortbildung zu bezeichnende Veranstaltung auszurichten, sondern begründen auch erhebliche Zweifel an dem ernsthaften Willen der Teilnehmer, sich fortzubilden. Auch ist die Behauptung des Klägers, er habe sich der Einladung nicht entziehen können, ohne für sein berufliches Fortkommen Nachteile befürchten zu müssen, bereits angesichts der Auswahl der Teilnehmer und der Gestaltung der Veranstaltung nicht geeignet, sein Begehren zu stützen. Der von ihm genannte Grund für die Teilnahme an der Konferenz, weiterhin zu Kongressen als Redner eingeladen zu werden und in Fachzeitschriften veröffentlichen zu können, liegt vielmehr primär in seinem eigenen Interesse, denn die daraus resultierenden, insbesondere finanziellen Vorteile kommen in erster Linie ihm selbst zugute.

Aus diesen Gründen konnte sich der Senat bereits nicht davon überzeugen, dass die Teilnahme an der Satellitenkonferenz als solche durch betriebliche Belange geprägt war. Selbst wann man diese Frage bejahen wollte, ist jedoch der Ausflug am 12. März 2000, bei dem der Kläger verunglückt ist, zumindest jedoch die Motorradfahrt, als eine abgrenzbare Veranstaltung im Rahmen der Konferenz zu bewerten, bei der eigenwirtschaftliche Zwecke eindeutig überwogen.

Dies ergibt sich bereits aus dem Ablauf der Tagestour. Diese begann nach den Schilderungen des Klägers gegen 8.30 bis 9.00 Uhr und sollte drei Stunden durch ein landschaftlich reizvolles Gebiet führen. Ziel der Fahrt war ein Ausflugshotel, in dem zu Mittag gegessen werden sollte. Nach einem ein- bis zweistündigen Aufenthalt sollte die Rückfahrt angetreten werden. Zwar wurde nach den Angaben des Klägers der direkte Weg zu dem Hotel zurückgelegt, bei einer Gesamtfahrtstrecke von 50 bis 60 Kilometern ist es jedoch nicht überzeugend, dass dafür drei Stunden angesetzt waren. Da der Kläger nicht von unwegsamen Straßen berichtet hat, ist die lange Fahrtdauer nur durch Umwege oder längere Pausen zu erklären. Dies spricht aber ebenso wie die Art der benutzten Fortbewegungsmittel für einen überwiegend touristischen Zweck der Fahrt. Es ist weder eine Notwendigkeit dafür erkennbar, zum Zweck der Fortbildung ein anderes Hotel als das Tagungshotel aufzusuchen, noch hat der Kläger einen solchen Grund dafür vorgetragen. Er hat vielmehr selbst eingestanden, dass der Fahrt ein touristischer Zweck angehaftet habe. Dieser war zur Überzeugung des Gerichts auch ausschließlicher Grund für die Tour, denn offensichtlich sollte den teilnehmenden Ärzten das Land gezeigt werden und das auf eine Art und Weise, die den eher sportlichen, jungen und männlichen Teilnehmern entgegen kam. Es ist außerdem nicht erkennbar, inwieweit eine Motorradtour betrieblichen Belangen dienen kann. Während der Fahrt ist ein Meinungsaustausch zwischen den Ärzten natürlich nicht möglich. Es ist außerdem auch lebensfremd anzunehmen, dass nach einer solchen Fahrt, nach der Ankunft in einem Ausflugshotel und außerdem noch während des Mittagessens Fachgespräche nicht nur gelegentlich, sondern als Hauptzweck geführt werden. Die Motorradtour und der Ausflug schlechthin dienten vielmehr ganz offensichtlich touristischen und damit eigenwirtschaftlichen Zwecken.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bereits die Satellitenkonferenz vom 11. bis 13. März 2000 als solche nicht als eine betrieblichen Zwecken dienende Veranstaltung anzusehen ist, weil der touristische Zweck ihr das Gepräge gab. Der am 12. März 2000 durchgeführte Ausflug mit den Motorrädern ist als abgrenzbare Veranstaltung im Rahmen der Satellitenkonferenz anzusehen, bei der Unterhaltung, Freizeit und Erholung eindeutig überwogen. Die Motorradtour, bei der der Kläger verunglückt ist, diente ausschließlich eigenwirtschaftlichen Belangen. Dass, was der Senat zugunsten des Klägers unterstellt, fachliche Gespräche – auch während des Lunchs in dem Ausflugshotel – vorgesehen waren, ist nicht ausreichend, die Satellitenkonferenz oder sogar den Ausflug als Fortbildungsveranstaltung, die betrieblichen Interessen wesentlich diente, zu qualifizieren. Stehen – wie hier - Freizeit, Unterhaltung und Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 21).

Damit war der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung während der Motorradfahrt ausgeschlossen, der Sturz ist nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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