S 8 R 10/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 R 10/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin zu erstatten.

Gründe:

Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss über die Kosten, wenn das Verfahren nicht durch Urteil beendet wird. Die Kostenentscheidung erfolgt nach dem Ermessen des Gericht nach Billigkeitsgesichtspunkten. Hierbei sind die Rechtsgedanken der §§ 91 ff. ZPO heranzuziehen (hierzu LSG NRW, Breithaupt 1996, S. 177). Bei teilweisem Erfolg wird daher regelmäßig eine Quotelung angemessen sein. Es darf aber nicht nur auf das Ergebnis des Rechtsstreits abgestellt werden. Vielmehr muss das Gericht alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Es gilt das Veranlassungsprinzip, d. h. das Gericht berücksichtigt auch, wer Anlass für Klageerhebung gegeben hat.

Der Leistungsträger ist gemäß § 20 SGB X verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen vollständig und richtig zu ermitteln. Hat der Leistungsträger diese Pflicht objektiv verletzt (d. h. der gerichtlich bestellte Gutachter ist überzeugend zu einem anderen Ergebnis gelangt), besteht jedenfalls dann eine Vermutung für eine Pflicht zur vollständigen Kostenerstattung, wenn sich das Maß des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten nicht eindeutig feststellen lässt und die Beteiligten sich insbesondere im Wege des Vergleichs zur rationellen Erledigung des Rechtsstreits geeinigt haben. So ist es hier. Der Klageantrag war darauf gerichtet, "volle Erwerbsminderungsrente zu gewähren". Diese Formulierung lässt noch keinen Schluss darauf zu, ob die Rente auf Zeit oder auf Dauer gewährt wird. Auch die Klagebegründung vom 09.02.2005 enthält entsprechende Darlegungen nicht. Dieser auf ein Grundurteil gerichtete, zulässigerweise teilweise unbestimmter und nach oben offene Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zwingend so zu deuten, als habe die Klägerin die maximal in Betracht kommende unbefristete Rente begehrt. Diese ist ohnehin gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI die Ausnahme (in diesem Sinne auch LSG NRW, Beschluss vom 26.07.2004 – L 4 B 1/04 RJ). Regelmäßig wird medizinisch auch kaum prognostizierbar sein, ob bei einem Kläger ein Dauerzustand vorliegt, oder ob Besserungsaussichten bestehen. Das Kostenrecht verlangt vom Bevollmächtigten nicht, sich insoweit festzulegen. Die Tatsache, dass es prozessual zulässig ist, einen insoweit unbestimmten Klageantrag zu stellen, zieht nach sich, dass dem Kläger, dessen Bevollmächtigter einen derartigen Antrag gestellt hat, für den Fall der Veranlassung des Rechtsstreits durch die Beklagte kostenrechtlich keine Nachteile entstehen.

Das Gericht betont, dass die vorliegenden Ausführungen nicht gelten, wenn der Bevollmächtigte bei einem nach dem Streitgegenstand unproblematisch teilbaren, auch in mehreren Bescheiden regelbaren, Anspruch (z. B. Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit) die höhere Leistung begehrt und nur mit dem geringeren Anspruch obsiegt. Denn dann hat die Beklagte hinsichtlich des überschießenden Teils des Streitgegenstands keinerlei Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Bei der Frage, ob eine Rente auf Zeit oder auf Dauer bewilligt ist, ist dies indes anders. Hierbei handelt es sich regelmäßig nicht um einen von vornherein logisch teilbaren Streitgegenstand, der auch in verschiedenen Bescheiden geregelt werden könnte.
Rechtskraft
Aus
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