Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 8 KR 39/03
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 59/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 16. Februar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung.
Die 1984 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie vollendete 2002 ihr 18. Lebensjahr. In der Zeit vom 1. Quartal 1995 bis zum 4. Quartal des Jahres 2001 befand sie sich in kieferorthopädischer Behandlung. Diese wurde zunächst bei Dr. M W in E und ab dem 1. Quartal 1998 bei Frau G Ga in Husum durchgeführt. Mit Bescheiden vom 19. Januar 1995 und 26. Mai 1999 erteilte die Beklagte der Klägerin Kostenzusagen. Der letztgenannte Bescheid enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass die Beklagte zu benachrichtigen sei, wenn die kieferorthopädische Behandlung abgebrochen oder aus einem anderen Anlass nicht abgeschlossen werde. Am 7. Januar 2002 bescheinigte Frau Ga der Klägerin, dass ihre Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfange abgeschlossen worden sei. Die Klägerin reichte die Bescheinigung am 26. Februar 2002 bei der Beklagten ein. Daraufhin zahlte die Beklagte der Mutter der Klägerin die Versicherten-Eigenanteile aus, nachdem sie zuvor im Schreiben vom 6. März 2002 auf den "erfolgreichen Abschluss" der kieferorthopädischen Behandlung hingewiesen hatte. Auf dieses Schreiben reagierten die Klägerin und deren Mutter nicht.
Am 23. Mai 2002 erstellte der Kieferorthopäde Dr. H einen kieferorthopädischen Behandlungsplan für eine voraussichtliche Dauer von 12 Quartalen und beantragte bei der Beklagten Kostenübernahme für die weitere kieferorthopädische Behandlung der Klägerin. Außerdem wies er darauf hin, er habe die Behandlung der Klägerin von Frau Ga übernommen. Die Beklagte holte ein kurzes Gutachten von Dr. K ein. Diese hielt eine weitere Behandlung entsprechend dem Behandlungsplan von Dr. H zwar für angezeigt, der KFO-Behandlungsplan werde aber nicht befürwortet, weil nach § 28 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Mit Schreiben vom 14. Juni 2002 teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten mit, es seien zivilrechtliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die Zahnärzte Dr. Ha und G Ga geltend gemacht worden. Mit Bescheiden vom 17. Juli 2002 und 15. August 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab und führte zur Begründung aus, zu verweisen sei auf den Beschluss Nr. 110 des Zahnarztvertrages. Hiernach sei vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung grundsätzlich der Gesamtumfang der überschaubaren Behandlung zu planen. Werde eine Behandlung später als vier Jahre seit Behandlungsbeginn notwendig, so sei der Vertragskasse ein neuer Behandlungsplan einzureichen. Dieser sei von der früheren Behandlungsmaßnahme unabhängig. Aus diesem Grunde habe Dr. H einen neuen kieferorthopädischen Behandlungsplan erstellt. Nach den gesetzlichen Vorschriften gehöre die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht zur vertragszahnärztlichen Behandlung. Die im Gesetz genannten Ausnahmetatbestände seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Eine Leistungspflicht bestehe daher nicht.
Die Klägerin legte am 7. August 2002 und Dr. H am 19. August 2002 Widerspruch ein. Die Klägerin trug vor, sie habe erst am 19. März 2002 einen Termin zur Weiterbehandlung bei Dr. H bekommen. Ihre kieferorthopädische Behandlung sei lediglich unterbrochen und nicht beendet worden. Außerdem verwies die Klägerin auf ein Schreiben von ihr vom 25. März 2002, das sich nicht in der Verwaltungsakte befindet. Dr. H führte zur Begründung aus, sein Antrag sei als Fortsetzung der Behandlung anzusehen. Der zeitliche Abstand zwischen dem Ende der Behandlung in der Praxis Ga und seiner Antragstellung sei durch die Patienten-Warteliste seiner Praxis begründet. Bei der Vorbehandlerin sei ein Behandlungserfolg ausgeblieben. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung zitierte sie erneut die gesetzlichen Vorschriften. Dem Antrag der Klägerin könne nicht entsprochen werden, da sie im Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen sei. Außerdem sei der Behandlungsplan nach Ablauf der in den Vorschriften genannten Frist von vier Jahren erstellt worden.
Die Klägerin hat am 14. Mai 2003 beim Sozialgericht Schleswig Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Es handele sich nicht um einen Neuantrag, sondern um die Fortsetzung der bereits in der Minderjährigkeit begonnenen, aber bislang mangels Behandlungserfolg noch nicht abgeschlossenen Behandlung. Ihr Zustand habe sich nicht verbessert, sondern sogar noch verschlimmert. Die von Frau Ga ausgestellte Bescheinigung sei schlichtweg falsch. Sie sei mit dem Ergebnis der Behandlung alles andere als zufrieden gewesen und habe sich deshalb an Dr. H gewandt. Ohne Rücksprache mit Dr. H habe sie keine fundierten Einwände gegen die Behandlung in der Praxis Ga und gegen die Bescheinigung vom 7. Januar 2002 erheben können.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung entsprechend dem Behandlungsplan des Dr. H vom 23. Mai 2002 zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin habe bei der Einreichung der Bescheinigung der Zahnärzte Ga nicht geltend gemacht, die Bescheinigung sei nicht korrekt. Nähere Nachforschungen bezüglich der Richtigkeit derartiger Bescheinigungen seien nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht erforderlich. Außerdem sei die Klägerin im Bewilligungsbescheid darauf hingewiesen worden, dass sie die Beklagte unter Angabe der Gründe informieren solle, sofern die kieferorthopädische Behandlung nicht abgeschlossen werde.
Mit Urteil vom 16. Februar 2004 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten der Weiterbehandlung durch Dr. H seien von der Beklagten zu übernehmen. Bei der vorangegangenen Behandlung sei ein Behandlungserfolg ausgeblieben, so dass auch nach Beendigung der Behandlung bei der Zahnärztin Ga die Notwendigkeit einer kieferorthopädischen Weiterbehandlung bestanden habe. In diesem Sinne könne nicht von einer sachgemäßen und fachgerechten Beendigung der notwendigen kieferorthopädischen Behandlung ausgegangen werden. Die von der Zahnarztpraxis Ga ausgestellte Bescheinigung sei unrichtig. Tatsächlich habe über das 4. Quartal des Jahres 2001 hinaus Behandlungsbedarf bestanden. Nach alledem sei die Behandlung durch den Kieferorthopäden Dr. H nicht als Neubehandlung, sondern als medizinisch notwendige Weiterbehandlung einer lange vor Vollendung des 18. Lebensjahres beantragten kieferorthopädischen Behandlung anzusehen.
Gegen das ihr am 28. April 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2004 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, weder der Behandlungsplan vom 23. Mai 2002 noch die Darstellung der Gutachterin Dr. K enthalte Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Weiterbehandlung bzw. Fortführung der vorausgegangenen kieferorthopädischen Behandlung gehandelt habe. Auch die Klägerin habe zunächst das Ende der Behandlung bei Frau Ga bestätigt. Ohne Beanstandungen sei daraufhin die Auszahlung der Eigenanteile erfolgt. Im Schreiben vom 6. August 2002 habe die Klägerin gegenüber der Beklagten bestätigt, dass sie im November 2001 aus der Behandlung entlassen worden sei. Im Nachhinein versuche die Klägerin nun, den Sachverhalt zu ihren Gunsten zu "gestalten".
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 16. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der unselbständigen Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, ab Behandlerwechsel die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Prof. Dr. F entsprechend dem Behandlungsplan vom 30. Oktober 2003 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin führt aus, sie habe die Beklagte so frühzeitig wie möglich über die ohne Behandlungserfolg beendete Behandlung bei Frau Ga informiert, und zwar mit Schreiben vom 25. März 2002. Die Behauptung der Beklagten, es würden Ansprüche im nachhinein konstruiert, sei völlig unverständlich. Sie habe sich bereits im Januar 2002 wegen anhaltender Beschwerden an Dr. H gewandt. Ein Termin sei aber erst für den 19. März 2002 vergeben worden. Unstreitig sei ein Behandlungserfolg nicht eingetreten. In diesem Sinne könne nicht von einer abgeschlossenen Behandlung ausgegangen werden. Weiter trägt die Klägerin vor, sie werde umzugsbedingt nunmehr von Prof. Dr. F in K auf der Basis seines Behandlungsplanes vom 30. Oktober 2003 behandelt. Die Beklagte sei aufgefordert worden, dem Behandlerwechsel zuzustimmen. Dies habe die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 2004 und 25. Mai 2004 abgelehnt.
Die Klägerin hat Kopien ihres Schreibens an die Beklagte vom 25. März 2001 und des Behandlungsplans des Prof. Dr. F zur Gerichtsakte gereicht.
Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Verfahrensakte liegen dem Senat vor.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, denn zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. H. Für ihr Begehren gibt es keine Rechtsgrundlage.
Nach § 28 Abs. 2 SGB V umfasst die zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 2 SGB V). Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert (Satz 7 der genannten Vorschrift).
Allein streitbefangen ist die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Beginn der Behandlung". Aus den Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. - 12/3608) ergibt sich, dass unter dem Beginn der Behandlung die Aufstellung des kieferorthopädischen Behandlungsplanes zu verstehen ist. Hier heißt es zur Begründung des § 28 SGB V: "Die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung von Versicherten, die bei Beginn der Behandlung (Aufstellung des kieferorthopädischen Behandlungsplanes) das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, werden zukünftig grundsätzlich nicht mehr von den Krankenkassen übernommen, da die Behandlung aus medizinischen Gründen vor Abschluss des Körperwachstums begonnen werden soll ..." (BT- Drucks. 12/3608, Seite 79). Vor dem Hintergrund der Altersgrenze in § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V hat der Behandlungsplan nicht nur eine zahnmedizinische, sondern darüber hinaus anspruchsbegründende Bedeutung. Das Datum des Behandlungsplanes belegt in nachprüfbarer Weise die Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit sowie den Behandlungswunsch des Versicherten und die Behandlungsbereitschaft des Zahnarztes; das deckt sich mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit und den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG - vom 25. März 2003, Az.: B 1 KR 17/01 R).
Im Falle der Klägerin sind - neben dem von Prof. Dr. F - zwei Behandlungspläne erstellt worden, der erste im ersten Quartal 1995 und der zweite von Dr. H am 23. Mai 2002. Durch den zweiten Behandlungsplan ist der Beginn einer weiteren Behandlung dokumentiert worden. Die Auffassung, hierin lediglich eine Fortsetzung der erfolglosen Behandlung bei Frau Ga zu sehen, findet im Gesetz keine Stütze. Denn nach Auffassung des Senats gilt der umfassend geregelte gesetzliche Leistungsausschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V grundsätzlich unabhängig von den Gründen, die zu einer Behandlungsnotwendigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres geführt haben. Dies hat auch das BSG in seinem Beschluss vom 19. Juli 2004, Az.: B 1 KR 2/04 BH, ausdrücklich festgestellt. Zu Recht führt das BSG hier aus, dass eine Rechtsgrundlage für die Einstandspflicht der Beklagten für frühere zahnärztliche Behandlungsfehler nicht ersichtlich sei. Der Leistungsausschluss könne auch nicht als verfassungswidrig angesehen werden, weil hier gesetzgeberisches Ermessen zu berücksichtigen sei. Der Gesetzgeber entscheide, welche Behandlungsmaßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet werden (vgl. hierzu auch Beschluss des BSG vom 20. Juni 2005, Az.: B 1 KR 20/04 B).
Die Klägerin selbst ist zunächst von einem Abschluss der Behandlung ausgegangen. Sie hat die Abschlussbestätigung der Frau Ga kommentarlos bei der Beklagten eingereicht. Anschließend hat sie sich bzw. ihrer Mutter von der Beklagten die Versicherten-Eigenanteile auszahlen lassen und hat der Feststellung eines "erfolgreichen Abschlusses" der Behandlung im Schreiben der Beklagten vom 6. März 2002 nicht unverzüglich widersprochen. Vielmehr hat sie in ihrem Schreiben vom 25. März 2002 der Beklagten sogar mitgeteilt: "Ich war zunächst 3 ½ Jahre in kieferorthopädischer Behandlung bei Dr. Ga in Hb , die im Herbst 2001 abgeschlossen wurde."
Im Übrigen ist – wie die Beklagte bereits zutreffend festgestellt hat - auf den Beschluss Nr. 110 der Arbeitsgemeinschaft gemäß § 22 des Zahnarzt-Ersatzkassenvertrages vom 29. November 1963, geändert durch Vereinbarung vom 31. Mai 1996, vom 1. März 2001 und vom 25. Oktober 2001 (EKV-Z) zu verweisen. Hierin ist vereinbart worden, dass vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung grundsätzlich der Gesamtumfang der überschaubaren Behandlung zu planen ist. Nur innerhalb der vierjährigen Regelbehandlungszeit hat der Vertragszahnarzt einen Verlängerungsantrag einzureichen. Wird eine Behandlung später als vier Jahre seit Behandlungsbeginn notwendig, so ist bei der Vertragskasse ein neuer Behandlungsplan einzureichen. Zwar betrifft diese Regelung nicht das Rechtsverhältnis zwischen Versicherten und Krankenkasse, sondern dasjenige zwischen den Leistungserbringern (Zahnärzten und Kieferorthopäden) und der Kasse. Aus der Anwendung dieser Regelung durch Dr. H , indem er einen neuen KFO-Behandlungsplan erstellte, ergibt sich aber, dass er selbst im Zeitpunkt der Planerstellung von einer neuen Behandlung ausgegangen war. Der Zusatz in dem Plan "Behandlungsübernahme Dr. Ga " kann in einem solchen neuen Behandlungsplan nur dahingehend verstanden werden, dass damit der Grund für die Notwendigkeit einer neuen Behandlung genannt wird, nämlich eine bisherige Fehlbehandlung. Dass mit dieser der von der Klägerin gewünschte Erfolg nicht eingetreten war, macht sie entgegen der Abschlussbestätigung der Praxis Ga - nicht zu einer unbeendeten Behandlung. Denn der Leistungserbringer schuldet dem Versicherten nicht die Erstellung eines bestimmten Werks im Sinne von § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern es sind die Maßstäbe des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff BGB) i.V.m. § 76 Abs. 4 SGB V) anzuwenden (Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Rdnr. 30 zu § 76). Danach hat der Zahnarzt in der zuvor festgelegten Art und Weise seine Dienste zu leisten. Sind diese erbracht, ist die Behandlung unabhängig vom eingetretenen Erfolg beendet. Fehlbehandlungen können höchstens zum Schadensersatzanspruch der Versicherten führen (wie er von der Klägerin ja auch geltend gemacht wurde), nicht zu einem Hinausschieben des Behandlungsendes.
Der Senat lässt dahinstehen, ob der von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren im Wege der unselbständigen Anschlussberufung gestellte Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Prof. Dr. F zu übernehmen, zulässig ist. Auf jeden Fall ist er unbegründet. Da es für den Anspruch auf Kostenübernahme für die Behandlung bei Dr. H an einer Rechtsgrundlage fehlt, hat dies selbstverständlich auch für die spätere Behandlung bei Prof. Dr. F zu gelten.
Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung.
Die 1984 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie vollendete 2002 ihr 18. Lebensjahr. In der Zeit vom 1. Quartal 1995 bis zum 4. Quartal des Jahres 2001 befand sie sich in kieferorthopädischer Behandlung. Diese wurde zunächst bei Dr. M W in E und ab dem 1. Quartal 1998 bei Frau G Ga in Husum durchgeführt. Mit Bescheiden vom 19. Januar 1995 und 26. Mai 1999 erteilte die Beklagte der Klägerin Kostenzusagen. Der letztgenannte Bescheid enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass die Beklagte zu benachrichtigen sei, wenn die kieferorthopädische Behandlung abgebrochen oder aus einem anderen Anlass nicht abgeschlossen werde. Am 7. Januar 2002 bescheinigte Frau Ga der Klägerin, dass ihre Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfange abgeschlossen worden sei. Die Klägerin reichte die Bescheinigung am 26. Februar 2002 bei der Beklagten ein. Daraufhin zahlte die Beklagte der Mutter der Klägerin die Versicherten-Eigenanteile aus, nachdem sie zuvor im Schreiben vom 6. März 2002 auf den "erfolgreichen Abschluss" der kieferorthopädischen Behandlung hingewiesen hatte. Auf dieses Schreiben reagierten die Klägerin und deren Mutter nicht.
Am 23. Mai 2002 erstellte der Kieferorthopäde Dr. H einen kieferorthopädischen Behandlungsplan für eine voraussichtliche Dauer von 12 Quartalen und beantragte bei der Beklagten Kostenübernahme für die weitere kieferorthopädische Behandlung der Klägerin. Außerdem wies er darauf hin, er habe die Behandlung der Klägerin von Frau Ga übernommen. Die Beklagte holte ein kurzes Gutachten von Dr. K ein. Diese hielt eine weitere Behandlung entsprechend dem Behandlungsplan von Dr. H zwar für angezeigt, der KFO-Behandlungsplan werde aber nicht befürwortet, weil nach § 28 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Mit Schreiben vom 14. Juni 2002 teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten mit, es seien zivilrechtliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die Zahnärzte Dr. Ha und G Ga geltend gemacht worden. Mit Bescheiden vom 17. Juli 2002 und 15. August 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab und führte zur Begründung aus, zu verweisen sei auf den Beschluss Nr. 110 des Zahnarztvertrages. Hiernach sei vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung grundsätzlich der Gesamtumfang der überschaubaren Behandlung zu planen. Werde eine Behandlung später als vier Jahre seit Behandlungsbeginn notwendig, so sei der Vertragskasse ein neuer Behandlungsplan einzureichen. Dieser sei von der früheren Behandlungsmaßnahme unabhängig. Aus diesem Grunde habe Dr. H einen neuen kieferorthopädischen Behandlungsplan erstellt. Nach den gesetzlichen Vorschriften gehöre die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht zur vertragszahnärztlichen Behandlung. Die im Gesetz genannten Ausnahmetatbestände seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Eine Leistungspflicht bestehe daher nicht.
Die Klägerin legte am 7. August 2002 und Dr. H am 19. August 2002 Widerspruch ein. Die Klägerin trug vor, sie habe erst am 19. März 2002 einen Termin zur Weiterbehandlung bei Dr. H bekommen. Ihre kieferorthopädische Behandlung sei lediglich unterbrochen und nicht beendet worden. Außerdem verwies die Klägerin auf ein Schreiben von ihr vom 25. März 2002, das sich nicht in der Verwaltungsakte befindet. Dr. H führte zur Begründung aus, sein Antrag sei als Fortsetzung der Behandlung anzusehen. Der zeitliche Abstand zwischen dem Ende der Behandlung in der Praxis Ga und seiner Antragstellung sei durch die Patienten-Warteliste seiner Praxis begründet. Bei der Vorbehandlerin sei ein Behandlungserfolg ausgeblieben. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung zitierte sie erneut die gesetzlichen Vorschriften. Dem Antrag der Klägerin könne nicht entsprochen werden, da sie im Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen sei. Außerdem sei der Behandlungsplan nach Ablauf der in den Vorschriften genannten Frist von vier Jahren erstellt worden.
Die Klägerin hat am 14. Mai 2003 beim Sozialgericht Schleswig Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Es handele sich nicht um einen Neuantrag, sondern um die Fortsetzung der bereits in der Minderjährigkeit begonnenen, aber bislang mangels Behandlungserfolg noch nicht abgeschlossenen Behandlung. Ihr Zustand habe sich nicht verbessert, sondern sogar noch verschlimmert. Die von Frau Ga ausgestellte Bescheinigung sei schlichtweg falsch. Sie sei mit dem Ergebnis der Behandlung alles andere als zufrieden gewesen und habe sich deshalb an Dr. H gewandt. Ohne Rücksprache mit Dr. H habe sie keine fundierten Einwände gegen die Behandlung in der Praxis Ga und gegen die Bescheinigung vom 7. Januar 2002 erheben können.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung entsprechend dem Behandlungsplan des Dr. H vom 23. Mai 2002 zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin habe bei der Einreichung der Bescheinigung der Zahnärzte Ga nicht geltend gemacht, die Bescheinigung sei nicht korrekt. Nähere Nachforschungen bezüglich der Richtigkeit derartiger Bescheinigungen seien nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht erforderlich. Außerdem sei die Klägerin im Bewilligungsbescheid darauf hingewiesen worden, dass sie die Beklagte unter Angabe der Gründe informieren solle, sofern die kieferorthopädische Behandlung nicht abgeschlossen werde.
Mit Urteil vom 16. Februar 2004 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten der Weiterbehandlung durch Dr. H seien von der Beklagten zu übernehmen. Bei der vorangegangenen Behandlung sei ein Behandlungserfolg ausgeblieben, so dass auch nach Beendigung der Behandlung bei der Zahnärztin Ga die Notwendigkeit einer kieferorthopädischen Weiterbehandlung bestanden habe. In diesem Sinne könne nicht von einer sachgemäßen und fachgerechten Beendigung der notwendigen kieferorthopädischen Behandlung ausgegangen werden. Die von der Zahnarztpraxis Ga ausgestellte Bescheinigung sei unrichtig. Tatsächlich habe über das 4. Quartal des Jahres 2001 hinaus Behandlungsbedarf bestanden. Nach alledem sei die Behandlung durch den Kieferorthopäden Dr. H nicht als Neubehandlung, sondern als medizinisch notwendige Weiterbehandlung einer lange vor Vollendung des 18. Lebensjahres beantragten kieferorthopädischen Behandlung anzusehen.
Gegen das ihr am 28. April 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2004 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, weder der Behandlungsplan vom 23. Mai 2002 noch die Darstellung der Gutachterin Dr. K enthalte Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Weiterbehandlung bzw. Fortführung der vorausgegangenen kieferorthopädischen Behandlung gehandelt habe. Auch die Klägerin habe zunächst das Ende der Behandlung bei Frau Ga bestätigt. Ohne Beanstandungen sei daraufhin die Auszahlung der Eigenanteile erfolgt. Im Schreiben vom 6. August 2002 habe die Klägerin gegenüber der Beklagten bestätigt, dass sie im November 2001 aus der Behandlung entlassen worden sei. Im Nachhinein versuche die Klägerin nun, den Sachverhalt zu ihren Gunsten zu "gestalten".
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 16. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der unselbständigen Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, ab Behandlerwechsel die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Prof. Dr. F entsprechend dem Behandlungsplan vom 30. Oktober 2003 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin führt aus, sie habe die Beklagte so frühzeitig wie möglich über die ohne Behandlungserfolg beendete Behandlung bei Frau Ga informiert, und zwar mit Schreiben vom 25. März 2002. Die Behauptung der Beklagten, es würden Ansprüche im nachhinein konstruiert, sei völlig unverständlich. Sie habe sich bereits im Januar 2002 wegen anhaltender Beschwerden an Dr. H gewandt. Ein Termin sei aber erst für den 19. März 2002 vergeben worden. Unstreitig sei ein Behandlungserfolg nicht eingetreten. In diesem Sinne könne nicht von einer abgeschlossenen Behandlung ausgegangen werden. Weiter trägt die Klägerin vor, sie werde umzugsbedingt nunmehr von Prof. Dr. F in K auf der Basis seines Behandlungsplanes vom 30. Oktober 2003 behandelt. Die Beklagte sei aufgefordert worden, dem Behandlerwechsel zuzustimmen. Dies habe die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 2004 und 25. Mai 2004 abgelehnt.
Die Klägerin hat Kopien ihres Schreibens an die Beklagte vom 25. März 2001 und des Behandlungsplans des Prof. Dr. F zur Gerichtsakte gereicht.
Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Verfahrensakte liegen dem Senat vor.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, denn zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. H. Für ihr Begehren gibt es keine Rechtsgrundlage.
Nach § 28 Abs. 2 SGB V umfasst die zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 2 SGB V). Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert (Satz 7 der genannten Vorschrift).
Allein streitbefangen ist die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Beginn der Behandlung". Aus den Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. - 12/3608) ergibt sich, dass unter dem Beginn der Behandlung die Aufstellung des kieferorthopädischen Behandlungsplanes zu verstehen ist. Hier heißt es zur Begründung des § 28 SGB V: "Die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung von Versicherten, die bei Beginn der Behandlung (Aufstellung des kieferorthopädischen Behandlungsplanes) das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, werden zukünftig grundsätzlich nicht mehr von den Krankenkassen übernommen, da die Behandlung aus medizinischen Gründen vor Abschluss des Körperwachstums begonnen werden soll ..." (BT- Drucks. 12/3608, Seite 79). Vor dem Hintergrund der Altersgrenze in § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V hat der Behandlungsplan nicht nur eine zahnmedizinische, sondern darüber hinaus anspruchsbegründende Bedeutung. Das Datum des Behandlungsplanes belegt in nachprüfbarer Weise die Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit sowie den Behandlungswunsch des Versicherten und die Behandlungsbereitschaft des Zahnarztes; das deckt sich mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit und den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG - vom 25. März 2003, Az.: B 1 KR 17/01 R).
Im Falle der Klägerin sind - neben dem von Prof. Dr. F - zwei Behandlungspläne erstellt worden, der erste im ersten Quartal 1995 und der zweite von Dr. H am 23. Mai 2002. Durch den zweiten Behandlungsplan ist der Beginn einer weiteren Behandlung dokumentiert worden. Die Auffassung, hierin lediglich eine Fortsetzung der erfolglosen Behandlung bei Frau Ga zu sehen, findet im Gesetz keine Stütze. Denn nach Auffassung des Senats gilt der umfassend geregelte gesetzliche Leistungsausschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V grundsätzlich unabhängig von den Gründen, die zu einer Behandlungsnotwendigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres geführt haben. Dies hat auch das BSG in seinem Beschluss vom 19. Juli 2004, Az.: B 1 KR 2/04 BH, ausdrücklich festgestellt. Zu Recht führt das BSG hier aus, dass eine Rechtsgrundlage für die Einstandspflicht der Beklagten für frühere zahnärztliche Behandlungsfehler nicht ersichtlich sei. Der Leistungsausschluss könne auch nicht als verfassungswidrig angesehen werden, weil hier gesetzgeberisches Ermessen zu berücksichtigen sei. Der Gesetzgeber entscheide, welche Behandlungsmaßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet werden (vgl. hierzu auch Beschluss des BSG vom 20. Juni 2005, Az.: B 1 KR 20/04 B).
Die Klägerin selbst ist zunächst von einem Abschluss der Behandlung ausgegangen. Sie hat die Abschlussbestätigung der Frau Ga kommentarlos bei der Beklagten eingereicht. Anschließend hat sie sich bzw. ihrer Mutter von der Beklagten die Versicherten-Eigenanteile auszahlen lassen und hat der Feststellung eines "erfolgreichen Abschlusses" der Behandlung im Schreiben der Beklagten vom 6. März 2002 nicht unverzüglich widersprochen. Vielmehr hat sie in ihrem Schreiben vom 25. März 2002 der Beklagten sogar mitgeteilt: "Ich war zunächst 3 ½ Jahre in kieferorthopädischer Behandlung bei Dr. Ga in Hb , die im Herbst 2001 abgeschlossen wurde."
Im Übrigen ist – wie die Beklagte bereits zutreffend festgestellt hat - auf den Beschluss Nr. 110 der Arbeitsgemeinschaft gemäß § 22 des Zahnarzt-Ersatzkassenvertrages vom 29. November 1963, geändert durch Vereinbarung vom 31. Mai 1996, vom 1. März 2001 und vom 25. Oktober 2001 (EKV-Z) zu verweisen. Hierin ist vereinbart worden, dass vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung grundsätzlich der Gesamtumfang der überschaubaren Behandlung zu planen ist. Nur innerhalb der vierjährigen Regelbehandlungszeit hat der Vertragszahnarzt einen Verlängerungsantrag einzureichen. Wird eine Behandlung später als vier Jahre seit Behandlungsbeginn notwendig, so ist bei der Vertragskasse ein neuer Behandlungsplan einzureichen. Zwar betrifft diese Regelung nicht das Rechtsverhältnis zwischen Versicherten und Krankenkasse, sondern dasjenige zwischen den Leistungserbringern (Zahnärzten und Kieferorthopäden) und der Kasse. Aus der Anwendung dieser Regelung durch Dr. H , indem er einen neuen KFO-Behandlungsplan erstellte, ergibt sich aber, dass er selbst im Zeitpunkt der Planerstellung von einer neuen Behandlung ausgegangen war. Der Zusatz in dem Plan "Behandlungsübernahme Dr. Ga " kann in einem solchen neuen Behandlungsplan nur dahingehend verstanden werden, dass damit der Grund für die Notwendigkeit einer neuen Behandlung genannt wird, nämlich eine bisherige Fehlbehandlung. Dass mit dieser der von der Klägerin gewünschte Erfolg nicht eingetreten war, macht sie entgegen der Abschlussbestätigung der Praxis Ga - nicht zu einer unbeendeten Behandlung. Denn der Leistungserbringer schuldet dem Versicherten nicht die Erstellung eines bestimmten Werks im Sinne von § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern es sind die Maßstäbe des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff BGB) i.V.m. § 76 Abs. 4 SGB V) anzuwenden (Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Rdnr. 30 zu § 76). Danach hat der Zahnarzt in der zuvor festgelegten Art und Weise seine Dienste zu leisten. Sind diese erbracht, ist die Behandlung unabhängig vom eingetretenen Erfolg beendet. Fehlbehandlungen können höchstens zum Schadensersatzanspruch der Versicherten führen (wie er von der Klägerin ja auch geltend gemacht wurde), nicht zu einem Hinausschieben des Behandlungsendes.
Der Senat lässt dahinstehen, ob der von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren im Wege der unselbständigen Anschlussberufung gestellte Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Prof. Dr. F zu übernehmen, zulässig ist. Auf jeden Fall ist er unbegründet. Da es für den Anspruch auf Kostenübernahme für die Behandlung bei Dr. H an einer Rechtsgrundlage fehlt, hat dies selbstverständlich auch für die spätere Behandlung bei Prof. Dr. F zu gelten.
Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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