S 25 AL 60/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 AL 60/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 05.10.2004 in Verbindung mit dem Bewilligungsbescheid vom 07.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2004 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab dem 01.10.2004 ohne Anrechnung eines Minderungsbetrags zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beklagte den Arbeitslosenhilfeanspruch der Klägerin zurecht wegen verspäteter arbeitsuchend Meldung gemindert hat.

Die Klägerin war zuletzt als Altenpflegerin ab dem 15.04.2004 bei der Firma I Q GmbH beschäftigt. Grundlage für das Arbeitsverhältnis war ein befristeter Arbeitsvertrag bis zum 14.10.2004. Das Arbeitsverhältnis wurde dann aber arbeitgeberseitig mit Kündigung vom 10.08.2004 zum 30.09.2004 vorzeitig beendet. Das Kündigungsschreiben enthielt keinen Hinweis auf die Meldeobliegenheit. Zum 01.10.2004 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte im Rahmen eines Fortzahlungsantrag Arbeitslosenhilfe. Mit Bescheid vom 07.10.2004 bewilligte die Beklagte Arbeitslosenhilfe mit einem wöchentlichen Leistungssatz in Höhe von 90,79 EUR. Bereits mit Bescheid vom 05.10.2004 minderte die Beklagte jedoch den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gemäß §§ 37b, 140 SGB III. Die Klägerin habe sich bereits am 12.08.2004 melden müssen, die Meldung sei hingegen erst am 01.10.2004 erfolgt, die Klägerin habe sich daher 49 Tage zu spät gemeldet, der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe sei daher in Höhe von 1.050,- EUR zu mindern gewesen. Hiergegen legte die Klägerin mit Datum vom 11.10.2004 Widerspruch ein, sie sei in der Zeit vom 02.08.2004 bis zum 30.09.2004 krankgeschrieben gewesen. Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2004 als unbegründet zurück. Das Arbeitsverhältnis sei vom 03.05.2004 bis zum 14.10.2004 befristet gewesen. In diesem Falle entstehe die Meldefrist drei Monate vor Ablauf der Befristung, also am 14.07.2004, daher käme es auch nicht auf den Einwand der Klägerin an, sie sei ab dem 02.08.2004 arbeitsunfähig erkrankt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Meldeobliegenheit in § 37b S. 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse mit seiner Formulierung " ... frühestens ..." sei nicht eindeutig und dürfe nicht zulasten der Klägerin ausgelegt werden. Außerdem sei § 140 SGB III, der die Minderung regele, ausschließlich auf Arbeitslosengeld anwendbar nicht auch auf Arbeitslosenhilfe.

Mit ihrer Klage vom 00.00.0000, beim Sozialgericht Düsseldorf am 00.00.0000 eingegangen, verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Begehren auf Aufhebung des Minderungsbescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 05.10.2004 in Verbindung mit dem Bewilligungsbescheid vom 07.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2004 zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab dem 01.10.2004 ohne Anrechnung eines Minderungsbetrags zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Meldepflicht aus S. 2 müsse im engen Zusammenhang mit der Meldepflicht bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen gem. § 37b S. 1 SGB III gesehen werden, und hier spreche das Gesetz von unverzüglich. Außerdem sei die Ermächtigungsgrundlage § 140 SGB III zum Erlass eines Minderungsbescheides auch auf Arbeitslosenhilfe anwendbar. Dies ergebe sich aus der Verweisungsvorschrift des § 198 SGB III in der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung.

Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Kd.-Nr. 000A000000) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als kombinierte Leistungs- und Anfechtungsklage im Sinne von § 54 IV SGG statthaft.

II. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Bescheide sind daher aufzuheben; der Klägerin ist Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Oktober 2004 ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages zu zahlen.

1. Es liegen bereits die Voraussetzungen für den Erlass des Minderungsbescheides im Sinne von § 140 S. 1 SGB III nicht vor. Eine Minderung bei verspäteter arbeitsuchend Meldung ist entgegen der Auffassung der Beklagte und mit der Auffassung der Klägerin nur bei Bezug von Arbeitslosengeld und nicht bei Bezug von Arbeitslosenhilfe möglich. § 140 S 1 SGB III nimmt ausdrücklich nur auf Arbeitslosengeld Bezug.

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verweisungsvorschrift des § 198 SGB III. § 198 S. 2 SGB III stellt Regelbeispiele auf, wonach die Vorschriften über das Arbeitslosengeld auch für den Bezug von Arbeitslosenhilfe anwendbar ist. Das Recht zur Minderung im Sinne von § 140 SGB III ist im Regelbeispielskatalog ausdrücklich nicht aufgeführt. Der Regelbeispielskatalog ist nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung " insbesondere " ergibt. Aber auch nach teleologischer Auslegung der Regelbeispiele ergibt sich, dass das Sanktionsinstrument Minderung im Sinne von § 140 SGB III nicht von der Verweisungsvorschrift des § 198 SGB III erfasst ist. die Regelbeispiele sind nach ihrer Intention her auszulegen. Sämtliche Regelbeispiele erfassen ausschließlich anspruchsbegründende Tatbestände aus den Vorschriften über das Arbeitslosengeld. Namentlich die Arbeitslosigkeit und die persönliche Arbeitslosmeldung sind hier zu nennen. In den Regelbeispielen ist hingegen kein Verweis auf das Sanktionsinstrumentarium der Arbeitsverwaltung enthalten. Anspruchsvernichtende Regelungen aus den Vorschriften über Arbeitslosengeld – wie beispielsweise die Regelung über die Sperrzeit im Sinne von § 144 SGB III oder auch die Regelung über die Säumniszeit im Sinne von § 145 SGB III – sind in der Verweisungsvorschrift des § 198 S. 2 SGB III nicht in Bezug genommen. Nach Auslegung der Verweisungsvorschrift und der in ihr enthaltenen Regelbeispiele scheidet daher auch die Anwendung des Sanktionsinstruments der Minderung im Sinne von § 140 SGB III aus (i.E. auch SG Duisburg 12. Kammer, Urteil vom 8. Februar 2005, Az: S 12 AL 40/04 und SG Aachen 8. Kammer, Urteil vom 5. November 2004, Az: S 8 AL 128/04).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Rechtskraft
Aus
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