Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 AL 305/01
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 54/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 04. Dezember 2002 sowie der Bescheid vom 16. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2001 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung eines Lohnkos-tenzuschusses (LKZ) im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme Ost für Wirtschafts-unternehmen (SAM-OfW) für den Zeitraum vom 12. November 1998 bis 11. November 1999 zurückgenommen und für diesen Zeitraum eine Erstattungsforderung von 24.000,00 DM erhoben hat.
Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer einen Abschlepp- und Bergungsdienst sowie eine Autoverwertung. Für den Bereich der Autoverwertung beantragte er am 10. November 1998 für die Einstellung des bisher arbeitslosen Mitarbeiters D ... (D.) für die Zeit vom 12. November 1998 bis 11. November 1999 einen LKZ. D. wurde mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden zu einem Bruttoarbeitsentgelt von 16 DM/Std. eingestellt.
Im von der – im Betrieb des Klägers mitarbeitenden - Ehefrau des Klägers ausgefüllten und unterschriebenen Antragsvordruck gab diese unter "5. Angaben zur Beschäftigungs-entwicklung im Betrieb" auf die Frage 5.1 "Wie viele Arbeitnehmer (Angestellte, Arbeiter, Auszubildende, Volontäre), einschließlich der mit LKZ Ost bzw. SAM-Ost für Wirt-schaftsunternehmen geförderten Arbeitnehmer sind gegenwärtig im Betrieb beschäftigt?": "5 Arbeitnehmer, davon 4 in Vollzeit und 1 in Teilzeit, davon 1 mit 30 Std./Woche", auf die Frage 5.2 "Hat sich die Zahl der gegenwärtig im Betrieb beschäftigten Arbeitneh-mer gegenüber dem Stand vor sechs Monaten verringert?": "nein", auf die Frage 5.3 "Ist eine Verringerung des gegenwärtigen Personalstandes bis zum Zeit-punkt des Endes der beantragten Förderung absehbar?": "nein" an.
Dem Antragsformular war als Anlage ein Abdruck des Wortlautes von § 415 Abs. 3 Drit-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 226 (Einstellungszuschuss bei Neugründungen) und § 275 (Höhe der Förderung) beigefügt. In der anlässlich der Antragstellung unter-schriebenen Erklärung hieß es, der Antragsteller verpflichte sich, jede Änderung gegenüber den im Antrag gemachten Angaben, die sich auf die Zahlung des LKZ auswirke, der Be-klagten mitzuteilen, insbesondere die Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förde-rungszeitraumes sowie die hierfür maßgeblichen Gründe. Weiter verpflichte er sich, nach Bewilligung der Förderung jede nicht nur vorübergehende Verringerung der Beschäftig-tenzahl in dem Betrieb, in dem der geförderte Arbeitnehmer beschäftigt ist, dem Ar-beitsamt anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 01. Dezember 1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 12. November 1998 den beantragten LKZ in Höhe von 2.000 DM monatlich für 12 Monate. Der Bewilligungsbescheid enthielt unter Ziff. 6 einen Passus, wonach er unter der Bedingung ergehe, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wäh-rend der Förderung mit SAM-OfW nicht verringere. Komme es während der Förderungs-dauer zu einer nicht nur vorübergehenden Verringerung der Beschäftigtenzahl in dem Be-trieb, in dem der geförderte Arbeitnehmer beschäftigt sei, sei der Bewilligungsbescheid regelmäßig nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III aufzuheben und die Förderung ab dem Zeitpunkt der Verringerung der Beschäftigtenzahl einzustellen. Weiter ergehe der Bescheid mit der Auflage (8.3), dass dem Arbeitsamt unverzüglich mit-geteilt werde, wenn sich die Beschäftigtenzahl in dem Betrieb, in dem der geförderte Ar-beitnehmer beschäftigt sei, nicht nur vorübergehend verringere. Werde eine Auflage nicht eingehalten, könne der Bewilligungsbescheid ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zu-kunft oder die Vergangenheit aufgehoben werden.
In der Anlage zum Formblatt SAM-OfW 6 gab der Kläger an, dass die Anzahl aller be-schäftigten Arbeitnehmer im Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung ohne den geförderten Arbeitnehmer fünf betragen habe. Am letzten Tag der Förderung habe die An-zahl aller beschäftigten Arbeitnehmer im Unternehmen sechs betragen. Von den sechs Ar-beitnehmern seien fünf in Vollzeit und einer in Teilzeit von nicht mehr als 10 Stunden wö-chentlichem Umfang beschäftigt gewesen.
Mit Schlussbescheid vom 18. Januar 2000 bewilligte die Beklagte über die bisher geleiste-ten Zahlungen von 21.266,66 DM hinaus einen weiteren Betrag von 2.733,34 DM, so dass insgesamt ein Anspruch von 24.000 DM festgesetzt wurde.
Nach Überprüfung stellte die Beklagte fest, dass im Mai 1998 fünf Arbeitnehmer, im Ju-ni 1998, Juli 1998 und vom 01. August bis zum 21. August 1998 (dem Tag des Ausschei-dens des Mitarbeiters P ... - P.) ein Personalbestand von sechs Arbeitnehmern in der Firma festzustellen war. Im September 1998 waren fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Ende September 1998 schied auch der Arbeitnehmer R. aus, so dass sich der Personal-bestand im Oktober 1998 auf vier belief. Im November 1998 (09.11.) wurde die Mitarbei-terin M ... mit 30 Wochenstunden eingestellt, so dass sich der Personalbestand ohne den geförderten Arbeitnehmer auf 4,75 belief und mit dem geförderten Arbeitnehmer ab dem 12. November 1998 auf 5,75. Die Beklagte wurde auf die Veränderungen des Per-sonalbestandes erst durch Abfrage des Personalbestandes in einer anderen Maßnahme aufmerksam.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2000 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass sich der Per-sonalbestand innerhalb der Sechs-Monats-Frist vor Maßnahmebeginn verringert habe und deswegen, weil damit die Zusätzlichkeit des geförderten Arbeitnehmers nicht vorgelegen habe, der Bewilligungsbescheid gemäß § 45 SGB X aufgehoben werden und eine Erstat-tung von 24.000 DM erhoben werden solle.
Der Kläger wies darauf hin, ein halbes Jahr vor Beginn der ersten Maßnahme fünf Beschäftigte gehabt zu haben. Im Monat November 1998 habe er sechs und im De-zember 1998 sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitnehmer, die zwischenzeitlich ausgeschieden seien, habe nicht er gekündigt, sondern diese hätten selbst gekündigt. Er habe ständig Arbeitskräfte über Zeitungsanzeigen, Internet und auch über das Arbeitsamt gesucht und unzählige Vorstellungsgespräche geführt. Die Einstellung einer Ersatzkraft sei jedoch wegen der Arbeitszeiten gescheitert.
Er legte den Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer P. zum 21. August 1998 sowie die Kündigungen der Arbeitnehmer R. vom 01. September 1998 und H ... (H.) zum 14. Juni 1999 vor.
Mit streitigem Bescheid vom 16. Januar 2001 nahm die Beklagte den Bewilligungsbe-scheid vom 01. Dezember 1998 einschließlich etwaiger Ergänzungsbescheide mit Wirkung vom 12. November 1998 sowie den Schlussbescheid vom 18. Januar 2000 zurück. Inner-halb der 6-Monatsfrist vor Förderung sei auf Grund des Ausscheidens des P. am 22. August 1998 und des R. per 30. September 1998 eine Verringerung des Personal-bestandes eingetreten, so dass die Voraussetzungen der Zusätzlichkeit für D. ab Maßnah-mebeginn (12. November 1998) nicht vorgelegen habe. Die Entscheidung werde gemäß § 45 SGB X i. V. m. § 330 SGB III zurückgenommen. § 50 SGB X zu erstatten.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde damit begründet, dass zwar P. und R. ausge-schieden seien, in dieser Zeit aber auch L., T. und M. eingestellt worden seien. Zu Beginn der Maßnahme am 11. November 1998 seien fünf Beschäftigte, ebenso wie am 12. Mai 1998, vorhanden gewesen. Ab 12. November 1998 seien es sechs gewesen. Im Antragsformular werde zur Frage nach der Zahl der Beschäftigten sechs Monate vor und zu Beginn der Maßnahme gefragt. Daher sei davon ausgegangen worden, dass auch Ar-beitskräfte sozusagen ausgetauscht werden könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sechs Monate vor Förderungsbeginn seien sechs Arbeitnehmer be-schäftigt gewesen. Am 12. November 1998 habe die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer ohne den geförderten Arbeitnehmer 4,75 betragen. Damit sei eine Reduzierung vor Förde-rungsbeginn erfolgt, so dass die Voraussetzungen für die Förderung von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Da der Wortlaut des § 415 Abs. 3 SGB III dem Antrag beigegeben ge-wesen sei, der Kläger am 12. November 1998 die Kenntnisnahme der Hinweise und die Richtigkeit aller Angaben im Antrag bestätigt habe, habe er wissen müssen, dass nur zu-sätzliche Beschäftigungen arbeitsloser Arbeitnehmer gefördert werden könnten und des-halb die Förderung des D. nicht möglich sei. Sollte er den Wortlaut des Gesetzestextes nicht zur Kenntnis genommen haben, hätte er die erforderliche Sorgfalt in so schwerem Maße verletzt, dass zumindest grobe Fahrlässigkeit vorliege. Der Verwaltungsakt werde daher gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III zurückge-nommen. Die gezahlten 24.000 DM seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Die Arbeitnehmer L. und T. seien bereits vor dem Ausscheiden des P. eingestellt worden. Mit dem Ausscheiden des P. habe sich die Zahl der Arbeitnehmer von sechs auf fünf ver-ringert. Als R. ausgeschieden sei, habe sich die Zahl der Arbeitnehmer auf vier verringert. Dieser Stellenabbau sei auch nicht durch die Einstellung der Teilzeitbeschäftigten M. aus-geglichen worden.
Hiergegen hat der Kläger am 05. April 2001 Klage beim Sozialgericht Leipzig (SG) erho-ben. Er hat vorgetragen, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut von § 415 Abs. 3 SGB III eindeutig und unmissverständlich ergebe, dass das Gesetz danach differenziere, ob von Seiten des Arbeitgebers die Beschäftigtenanzahl verringert werde oder nicht. Der Kläger habe keinem einzigen Arbeitnehmer gekündigt oder in sonstiger Weise von sich aus dem Arbeitsverhältnis entlassen.
Mit Urteil vom 04. Dezember 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Förderung des D. hätten nicht vorgelegen. Die Verminderung der Beschäftigtenzahl vor dem 12. November 1998 sei nicht durch die Neu-einstellung der Teilzeitkraft M. ausgeglichen worden. Es sei unerheblich, ob die Verringe-rung der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber zu vertreten sei oder nicht. Im Übrigen werde auf die zutreffenden, umfangreichen und detaillierten Ausführungen im Widerspruchsbe-scheid verwiesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 2003 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) einge-gangene Berufung. Der Kläger trägt vor, er habe trotz seiner Bemühungen die Arbeitneh-mer, die selbst gekündigt hätten, nicht durch Einstellung anderer Arbeitnehmer ersetzen können. Seine Ehefrau habe "das Kaufmännische" erledigt. Auch die Angaben im LKZ-Antrag stammten von ihr. Sie habe den Antrag auch selbst unterschrieben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 04. Dezember 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Urteil sei zu bestätigen. Der Kläger habe im Antrag falsche Angaben gemacht. Er habe angegeben, dass im Betrieb gegenwärtig fünf Arbeitnehmer ? davon einer in Teilzeit ? beschäftigt seien. Die Frage, ob sich die Zahl der gegenwärtig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem Stand von vor sechs Monaten verrin-gert habe, habe er mit "nein" beantwortet. Sowohl am 12. Mai 1998 als auch am 01. Mai 1998 habe er jedoch fünf Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. Die Angabe im Antrag sei daher falsch gewesen. Dass bei der Beschäftigtenzahl Teilzeitkräfte nicht wie eine Vollzeitkraft zählten, ergebe sich aus der unmittelbar vorhergehenden Frage unter 5.1 und im Hinweisblatt, wo ausdrücklich erklärt werde, dass bei der Feststellung der beschäf-tigten Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit nicht mehr als 30 Stunden nur mit 0,75 zu berücksichtigen seien.
Diese Angabe sei grob fahrlässig erfolgt. Bei Anstellung einfachster Überlegungen habe er erkennen müssen, dass die Frage falsch beantwortet sei. Die Frage beziehe sich allein auf die Tatsache der Personalreduzierung und sei unabhängig davon zu beantworten, auf wes-sen Verhalten die Personalreduzierung beruhe. Die Bewilligung beruhe auch auf den un-richtigen Angaben. Selbst wenn man wegen der Stichtagsregelung zu Gunsten des Klägers die Teilzeitkraft mit zähle, obwohl diese ausschließlich im Antragsmonat, genau zum maßgeblichen Stichtag, für nur 19 Tage beschäftigt war, liege noch immer eine Personal-reduzierung von 0,25 zum Stichtag von sechs Monaten vor der Förderung vor. Ihrer Auffassung nach könnten die Fragen 5.1 und 5.2 nicht lediglich "zahlenmäßig" ver-standen werden, ihr Verständnis ergebe sich vielmehr insbesondere unter Einbeziehung des § 226 SGB III. Der Kläger habe die Fragen auch nach der gesetzlichen Wertung hin ver-standen, wofür seine Stellungnahmen im Anhörungsschreiben und auch sein Wider-spruchsschreiben sprächen.
Der Senat hat die Ehefrau des Klägers als Zeugin gehört. Wegen des Ergebnisses der Be-weisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. Juni 2005 verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist statthaft, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Wert der Beschwer 500 EUR übersteigt.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht Leipzig (SG) hat zu Unrecht die Klage abgewiesen und den Bescheid vom 16. Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2001 bestä-tigt.
Zwar ist die gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Anhörung erst durch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zur Frage der groben Fahrlässigkeit nachgeholt worden. Dies war jedoch angesichts des § 41 Satz 2 SGB X in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung noch möglich. Die Rücknahme des Bescheides wird jedoch nicht von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X gedeckt.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht begründet hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nach Eintritt seiner Unanfechtbarkeit unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zu-rückgenommen werden.
Der Bescheid vom 01. Dezember 1998 war materiell-rechtlich rechtswidrig. Der bewilligte Lohnkostenzuschuss hätte rechtmäßig nur dann bewilligt werden können, wenn die Vor-aussetzungen des § 415 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorgelegen hätten. Diese Vorschrift bestimmte, dass als Strukturanpassungsmaßnahmen im Beitritts-gebiet auch zusätzliche Einstellungen arbeitsloser Arbeitnehmer in Wirtschaftsunterneh-men im gewerblichen Bereich förderungsfähig waren, wenn der Arbeitgeber 1. in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer nicht verringert und 2. für die Arbeitnehmer während der Zuweisung berufliche Qualifizierung vorsah, die die Vermittlungschancen der Arbeit-nehmer im Anschluss an die Zuweisung verbessern konnten. § 415 Abs. 3 Satz 4 SGB III bestimmte, dass für die Feststellung der Zahl der förderbaren und der beschäftigten Arbeit-nehmer bei Teilzeitbeschäftigten die dafür getroffene Regelung beim Einstellungszuschuss bei Neugründung entsprechend gelte. Insoweit bestimmte die maßgebliche Vorschrift des § 226 SGB III in ihrem Absatz 4, dass bei der Feststellung der Zahl der förderbaren und der beschäftigten Arbeitnehmer Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 10 Stunden mit 0,25, nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen seien.
Unter Berücksichtigung dieser Vorschrift hat die Beklagte zwar zutreffend festgestellt, dass im Mai 1998 fünf Arbeitnehmer und bis zum 21. August 1998 sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren. Im November 1998 belief sich der Personalbestand hingegen ohne den geförderten Arbeitnehmer auf 4,75. Es hat also in dem Zeitraum von sechs Monaten vor der Förderung eine Verringerung der Zahl der im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitneh-mer stattgefunden. Damit lagen die Voraussetzungen des § 415 Abs. 3 SGB III nicht vor. Dennoch durfte die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 01. Dezember 1998 nicht zurücknehmen. Dies ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach darf ein rechtswid-riger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begüns-tigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwä-gung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. So liegt es hier. Der Kläger hat die erbrachten Leistungen verbraucht. Die Vertrauensausschlussgründe des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X greifen nicht ein. Danach kann sich auf Vertrauen der Begüns-tigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahr-lässig, in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorg-falt im besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Voraussetzungen der Nr. 1 sind nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht gegeben.
Dem Kläger selbst kann hier keine Falschangabe vorgeworfen werden. Hinsichtlich der grob fahrlässigen Falschangaben ist – weil der Kläger die Angaben nicht selbst gemacht hat, sondern seine Ehefrau damit bevollmächtigt hatte – nicht auf die Person des Klägers, sondern auf seine Ehefrau abzustellen (vgl. BSGE, 28, 258 sowie Wiesner in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., Rdnr. 22 zu § 45). Eine etwa zu bejahende "grobe Fahrlässigkeit" seiner Ehefrau wäre dem Kläger zuzurechnen.
Am 12. Mai 1998 waren im Betrieb des Klägers fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Am 12. November 1998 waren ebenfalls fünf Personen, davon eine in Teilzeit, beschäftigt. Die Frage 5.1 hatte die Ehefrau des Klägers damit zutreffend beantwortet. Auch die Frage 5.2 konnte sie dahin verstehen, dass lediglich die Zahl der beschäftigten Personen erfragt wur-de. Dass hierbei § 415 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 226 SGB III maßgeblich gewesen wären, musste sich der Ehefrau des Klägers nicht ohne weiteres erschließen. Dies mag fahrlässig gewesen sein. Den Vorwurf erheben zu können, sie habe die sie treffende Sorgfaltspflicht in außergewöhnlich hohem Ausmaß verletzt, ist jedoch nicht zu ersehen. Wenn die Beklag-te meint, die Fragen 5.1 und 5.2 könnten nicht nur (kopf-)"zahlenmäßig" verstanden wer-den, sondern unter Berücksichtigung des § 226 SGB III seien die entsprechenden Subsum-tionen vorzunehmen, so kann dem nicht gefolgt werden. Wenn die Beklagte entsprechende Subsumtionen unter gesetzliche Vorschriften verlangt, so muss sie dies in den Fragestel-lungen deutlich machen. Dies ist nicht geschehen. Es hätte dann einer Verknüpfung zwi-schen den Fragestellungen und den Auszügen aus dem SGB III bedurft, um eine entspre-chende Sensibilisierung der Ehefrau des Klägers vorzunehmen um sicherzustellen, dass die Fragen, die sich nach Auffassung der Beklagten stellen müssten, sich auch der Ehefrau des Klägers stellten. Soweit die Ehefrau des Klägers entsprechende Überlegungen angestellt hätte, wären diese jedenfalls durch die Auskunft einer Mitarbeiterin der Beklagten "überlagert", wonach das Einzige, was zu beachten sei, die Tatsache sei, dass während der Maßnahme niemand ent-lassen werden dürfe. Der Erhalt einer solchen Auskunft wurde von der Ehefrau des Klägers glaubwürdig vorgetragen, zumal nach den Erfahrungen des Senats aus anderen ähnlich gelagerten Verfahren durch dafür zuständige Bedienstete der Beklagten solche Auskünfte auch tatsächlich erteilt wurden. Angesichts dessen kann der Ehefrau des Klägers jedenfalls nicht vorgeworfen werden, die erforderliche Sorgfalt beim Ausfüllen der entsprechenden Fragen in besonders schwerem Maße verletzt zu haben.
Der weitere Inhalt der bei der Antragstellung benutzen Vordrucke führt zu keinem anderen Ergebnis. Frage 5.3 ist so global gehalten, dass sie nur dann, wenn ersichtlich ist, dass bei bevorstehendem Ausscheiden eines Arbeitnehmers keine Ersatzkraft mehr eingestellt wird, mit ja zu beantworten ist. Insoweit gelten die Ausführungen aber zu Frage 5.1 und 5.2 entsprechend.
Dass der Kläger bzw. dessen Ehefrau zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 01. Dezember 1998 die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannten oder infolge gro-ber Fahrlässigkeit nicht kannten, konnte somit nicht nachgewiesen werden. Die Beklagte trifft insoweit die Beweislast. Die Ehefrau des Klägers ? und damit auch über die entspre-chende Wissensvermittlung der Kläger selbst – durfte nach der ihr erteilten Auskunft, es komme lediglich darauf an, dass die Beschäftigtenzahl während der Dauer der Zuweisung nicht verringert werde, der Meinung sein, dass die Personalfluktuation in den der Bewilli-gungsentscheidung vorangegangenen sechs Monate ohne Bedeutung sei. Zwar hätte sich möglicherweise anderes aus der Lektüre der Gesetzesvorschriften unter Heranziehung wei-terer Informationsquellen ergeben. Solches war jedoch von der Ehefrau des Klägers und diesem selbst jedenfalls angesichts der eben genannten Auskünfte einer Mitarbeiterin der Beklagten gegenüber der Ehefrau des Klägers nicht mehr im Rahmen der ihnen obliegen-den Pflichten zu fordern.
Mangels grober Fahrlässigkeit des Klägers bzw. seiner Ehefrau liegen keine Rücknahme-voraussetzungen vor. Für die Erstattungsforderung existiert daher auch keine Rechtsgrund-lage.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, da der Rechtsstreit vor dem 01. Januar 2002 rechtshängig geworden ist. Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung eines Lohnkos-tenzuschusses (LKZ) im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme Ost für Wirtschafts-unternehmen (SAM-OfW) für den Zeitraum vom 12. November 1998 bis 11. November 1999 zurückgenommen und für diesen Zeitraum eine Erstattungsforderung von 24.000,00 DM erhoben hat.
Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer einen Abschlepp- und Bergungsdienst sowie eine Autoverwertung. Für den Bereich der Autoverwertung beantragte er am 10. November 1998 für die Einstellung des bisher arbeitslosen Mitarbeiters D ... (D.) für die Zeit vom 12. November 1998 bis 11. November 1999 einen LKZ. D. wurde mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden zu einem Bruttoarbeitsentgelt von 16 DM/Std. eingestellt.
Im von der – im Betrieb des Klägers mitarbeitenden - Ehefrau des Klägers ausgefüllten und unterschriebenen Antragsvordruck gab diese unter "5. Angaben zur Beschäftigungs-entwicklung im Betrieb" auf die Frage 5.1 "Wie viele Arbeitnehmer (Angestellte, Arbeiter, Auszubildende, Volontäre), einschließlich der mit LKZ Ost bzw. SAM-Ost für Wirt-schaftsunternehmen geförderten Arbeitnehmer sind gegenwärtig im Betrieb beschäftigt?": "5 Arbeitnehmer, davon 4 in Vollzeit und 1 in Teilzeit, davon 1 mit 30 Std./Woche", auf die Frage 5.2 "Hat sich die Zahl der gegenwärtig im Betrieb beschäftigten Arbeitneh-mer gegenüber dem Stand vor sechs Monaten verringert?": "nein", auf die Frage 5.3 "Ist eine Verringerung des gegenwärtigen Personalstandes bis zum Zeit-punkt des Endes der beantragten Förderung absehbar?": "nein" an.
Dem Antragsformular war als Anlage ein Abdruck des Wortlautes von § 415 Abs. 3 Drit-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 226 (Einstellungszuschuss bei Neugründungen) und § 275 (Höhe der Förderung) beigefügt. In der anlässlich der Antragstellung unter-schriebenen Erklärung hieß es, der Antragsteller verpflichte sich, jede Änderung gegenüber den im Antrag gemachten Angaben, die sich auf die Zahlung des LKZ auswirke, der Be-klagten mitzuteilen, insbesondere die Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förde-rungszeitraumes sowie die hierfür maßgeblichen Gründe. Weiter verpflichte er sich, nach Bewilligung der Förderung jede nicht nur vorübergehende Verringerung der Beschäftig-tenzahl in dem Betrieb, in dem der geförderte Arbeitnehmer beschäftigt ist, dem Ar-beitsamt anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 01. Dezember 1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 12. November 1998 den beantragten LKZ in Höhe von 2.000 DM monatlich für 12 Monate. Der Bewilligungsbescheid enthielt unter Ziff. 6 einen Passus, wonach er unter der Bedingung ergehe, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wäh-rend der Förderung mit SAM-OfW nicht verringere. Komme es während der Förderungs-dauer zu einer nicht nur vorübergehenden Verringerung der Beschäftigtenzahl in dem Be-trieb, in dem der geförderte Arbeitnehmer beschäftigt sei, sei der Bewilligungsbescheid regelmäßig nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III aufzuheben und die Förderung ab dem Zeitpunkt der Verringerung der Beschäftigtenzahl einzustellen. Weiter ergehe der Bescheid mit der Auflage (8.3), dass dem Arbeitsamt unverzüglich mit-geteilt werde, wenn sich die Beschäftigtenzahl in dem Betrieb, in dem der geförderte Ar-beitnehmer beschäftigt sei, nicht nur vorübergehend verringere. Werde eine Auflage nicht eingehalten, könne der Bewilligungsbescheid ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zu-kunft oder die Vergangenheit aufgehoben werden.
In der Anlage zum Formblatt SAM-OfW 6 gab der Kläger an, dass die Anzahl aller be-schäftigten Arbeitnehmer im Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung ohne den geförderten Arbeitnehmer fünf betragen habe. Am letzten Tag der Förderung habe die An-zahl aller beschäftigten Arbeitnehmer im Unternehmen sechs betragen. Von den sechs Ar-beitnehmern seien fünf in Vollzeit und einer in Teilzeit von nicht mehr als 10 Stunden wö-chentlichem Umfang beschäftigt gewesen.
Mit Schlussbescheid vom 18. Januar 2000 bewilligte die Beklagte über die bisher geleiste-ten Zahlungen von 21.266,66 DM hinaus einen weiteren Betrag von 2.733,34 DM, so dass insgesamt ein Anspruch von 24.000 DM festgesetzt wurde.
Nach Überprüfung stellte die Beklagte fest, dass im Mai 1998 fünf Arbeitnehmer, im Ju-ni 1998, Juli 1998 und vom 01. August bis zum 21. August 1998 (dem Tag des Ausschei-dens des Mitarbeiters P ... - P.) ein Personalbestand von sechs Arbeitnehmern in der Firma festzustellen war. Im September 1998 waren fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Ende September 1998 schied auch der Arbeitnehmer R. aus, so dass sich der Personal-bestand im Oktober 1998 auf vier belief. Im November 1998 (09.11.) wurde die Mitarbei-terin M ... mit 30 Wochenstunden eingestellt, so dass sich der Personalbestand ohne den geförderten Arbeitnehmer auf 4,75 belief und mit dem geförderten Arbeitnehmer ab dem 12. November 1998 auf 5,75. Die Beklagte wurde auf die Veränderungen des Per-sonalbestandes erst durch Abfrage des Personalbestandes in einer anderen Maßnahme aufmerksam.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2000 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass sich der Per-sonalbestand innerhalb der Sechs-Monats-Frist vor Maßnahmebeginn verringert habe und deswegen, weil damit die Zusätzlichkeit des geförderten Arbeitnehmers nicht vorgelegen habe, der Bewilligungsbescheid gemäß § 45 SGB X aufgehoben werden und eine Erstat-tung von 24.000 DM erhoben werden solle.
Der Kläger wies darauf hin, ein halbes Jahr vor Beginn der ersten Maßnahme fünf Beschäftigte gehabt zu haben. Im Monat November 1998 habe er sechs und im De-zember 1998 sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitnehmer, die zwischenzeitlich ausgeschieden seien, habe nicht er gekündigt, sondern diese hätten selbst gekündigt. Er habe ständig Arbeitskräfte über Zeitungsanzeigen, Internet und auch über das Arbeitsamt gesucht und unzählige Vorstellungsgespräche geführt. Die Einstellung einer Ersatzkraft sei jedoch wegen der Arbeitszeiten gescheitert.
Er legte den Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer P. zum 21. August 1998 sowie die Kündigungen der Arbeitnehmer R. vom 01. September 1998 und H ... (H.) zum 14. Juni 1999 vor.
Mit streitigem Bescheid vom 16. Januar 2001 nahm die Beklagte den Bewilligungsbe-scheid vom 01. Dezember 1998 einschließlich etwaiger Ergänzungsbescheide mit Wirkung vom 12. November 1998 sowie den Schlussbescheid vom 18. Januar 2000 zurück. Inner-halb der 6-Monatsfrist vor Förderung sei auf Grund des Ausscheidens des P. am 22. August 1998 und des R. per 30. September 1998 eine Verringerung des Personal-bestandes eingetreten, so dass die Voraussetzungen der Zusätzlichkeit für D. ab Maßnah-mebeginn (12. November 1998) nicht vorgelegen habe. Die Entscheidung werde gemäß § 45 SGB X i. V. m. § 330 SGB III zurückgenommen. § 50 SGB X zu erstatten.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde damit begründet, dass zwar P. und R. ausge-schieden seien, in dieser Zeit aber auch L., T. und M. eingestellt worden seien. Zu Beginn der Maßnahme am 11. November 1998 seien fünf Beschäftigte, ebenso wie am 12. Mai 1998, vorhanden gewesen. Ab 12. November 1998 seien es sechs gewesen. Im Antragsformular werde zur Frage nach der Zahl der Beschäftigten sechs Monate vor und zu Beginn der Maßnahme gefragt. Daher sei davon ausgegangen worden, dass auch Ar-beitskräfte sozusagen ausgetauscht werden könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sechs Monate vor Förderungsbeginn seien sechs Arbeitnehmer be-schäftigt gewesen. Am 12. November 1998 habe die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer ohne den geförderten Arbeitnehmer 4,75 betragen. Damit sei eine Reduzierung vor Förde-rungsbeginn erfolgt, so dass die Voraussetzungen für die Förderung von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Da der Wortlaut des § 415 Abs. 3 SGB III dem Antrag beigegeben ge-wesen sei, der Kläger am 12. November 1998 die Kenntnisnahme der Hinweise und die Richtigkeit aller Angaben im Antrag bestätigt habe, habe er wissen müssen, dass nur zu-sätzliche Beschäftigungen arbeitsloser Arbeitnehmer gefördert werden könnten und des-halb die Förderung des D. nicht möglich sei. Sollte er den Wortlaut des Gesetzestextes nicht zur Kenntnis genommen haben, hätte er die erforderliche Sorgfalt in so schwerem Maße verletzt, dass zumindest grobe Fahrlässigkeit vorliege. Der Verwaltungsakt werde daher gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III zurückge-nommen. Die gezahlten 24.000 DM seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Die Arbeitnehmer L. und T. seien bereits vor dem Ausscheiden des P. eingestellt worden. Mit dem Ausscheiden des P. habe sich die Zahl der Arbeitnehmer von sechs auf fünf ver-ringert. Als R. ausgeschieden sei, habe sich die Zahl der Arbeitnehmer auf vier verringert. Dieser Stellenabbau sei auch nicht durch die Einstellung der Teilzeitbeschäftigten M. aus-geglichen worden.
Hiergegen hat der Kläger am 05. April 2001 Klage beim Sozialgericht Leipzig (SG) erho-ben. Er hat vorgetragen, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut von § 415 Abs. 3 SGB III eindeutig und unmissverständlich ergebe, dass das Gesetz danach differenziere, ob von Seiten des Arbeitgebers die Beschäftigtenanzahl verringert werde oder nicht. Der Kläger habe keinem einzigen Arbeitnehmer gekündigt oder in sonstiger Weise von sich aus dem Arbeitsverhältnis entlassen.
Mit Urteil vom 04. Dezember 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Förderung des D. hätten nicht vorgelegen. Die Verminderung der Beschäftigtenzahl vor dem 12. November 1998 sei nicht durch die Neu-einstellung der Teilzeitkraft M. ausgeglichen worden. Es sei unerheblich, ob die Verringe-rung der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber zu vertreten sei oder nicht. Im Übrigen werde auf die zutreffenden, umfangreichen und detaillierten Ausführungen im Widerspruchsbe-scheid verwiesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 2003 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) einge-gangene Berufung. Der Kläger trägt vor, er habe trotz seiner Bemühungen die Arbeitneh-mer, die selbst gekündigt hätten, nicht durch Einstellung anderer Arbeitnehmer ersetzen können. Seine Ehefrau habe "das Kaufmännische" erledigt. Auch die Angaben im LKZ-Antrag stammten von ihr. Sie habe den Antrag auch selbst unterschrieben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 04. Dezember 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Urteil sei zu bestätigen. Der Kläger habe im Antrag falsche Angaben gemacht. Er habe angegeben, dass im Betrieb gegenwärtig fünf Arbeitnehmer ? davon einer in Teilzeit ? beschäftigt seien. Die Frage, ob sich die Zahl der gegenwärtig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem Stand von vor sechs Monaten verrin-gert habe, habe er mit "nein" beantwortet. Sowohl am 12. Mai 1998 als auch am 01. Mai 1998 habe er jedoch fünf Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. Die Angabe im Antrag sei daher falsch gewesen. Dass bei der Beschäftigtenzahl Teilzeitkräfte nicht wie eine Vollzeitkraft zählten, ergebe sich aus der unmittelbar vorhergehenden Frage unter 5.1 und im Hinweisblatt, wo ausdrücklich erklärt werde, dass bei der Feststellung der beschäf-tigten Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit nicht mehr als 30 Stunden nur mit 0,75 zu berücksichtigen seien.
Diese Angabe sei grob fahrlässig erfolgt. Bei Anstellung einfachster Überlegungen habe er erkennen müssen, dass die Frage falsch beantwortet sei. Die Frage beziehe sich allein auf die Tatsache der Personalreduzierung und sei unabhängig davon zu beantworten, auf wes-sen Verhalten die Personalreduzierung beruhe. Die Bewilligung beruhe auch auf den un-richtigen Angaben. Selbst wenn man wegen der Stichtagsregelung zu Gunsten des Klägers die Teilzeitkraft mit zähle, obwohl diese ausschließlich im Antragsmonat, genau zum maßgeblichen Stichtag, für nur 19 Tage beschäftigt war, liege noch immer eine Personal-reduzierung von 0,25 zum Stichtag von sechs Monaten vor der Förderung vor. Ihrer Auffassung nach könnten die Fragen 5.1 und 5.2 nicht lediglich "zahlenmäßig" ver-standen werden, ihr Verständnis ergebe sich vielmehr insbesondere unter Einbeziehung des § 226 SGB III. Der Kläger habe die Fragen auch nach der gesetzlichen Wertung hin ver-standen, wofür seine Stellungnahmen im Anhörungsschreiben und auch sein Wider-spruchsschreiben sprächen.
Der Senat hat die Ehefrau des Klägers als Zeugin gehört. Wegen des Ergebnisses der Be-weisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. Juni 2005 verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist statthaft, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Wert der Beschwer 500 EUR übersteigt.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht Leipzig (SG) hat zu Unrecht die Klage abgewiesen und den Bescheid vom 16. Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2001 bestä-tigt.
Zwar ist die gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Anhörung erst durch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zur Frage der groben Fahrlässigkeit nachgeholt worden. Dies war jedoch angesichts des § 41 Satz 2 SGB X in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung noch möglich. Die Rücknahme des Bescheides wird jedoch nicht von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X gedeckt.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht begründet hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nach Eintritt seiner Unanfechtbarkeit unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zu-rückgenommen werden.
Der Bescheid vom 01. Dezember 1998 war materiell-rechtlich rechtswidrig. Der bewilligte Lohnkostenzuschuss hätte rechtmäßig nur dann bewilligt werden können, wenn die Vor-aussetzungen des § 415 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorgelegen hätten. Diese Vorschrift bestimmte, dass als Strukturanpassungsmaßnahmen im Beitritts-gebiet auch zusätzliche Einstellungen arbeitsloser Arbeitnehmer in Wirtschaftsunterneh-men im gewerblichen Bereich förderungsfähig waren, wenn der Arbeitgeber 1. in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer nicht verringert und 2. für die Arbeitnehmer während der Zuweisung berufliche Qualifizierung vorsah, die die Vermittlungschancen der Arbeit-nehmer im Anschluss an die Zuweisung verbessern konnten. § 415 Abs. 3 Satz 4 SGB III bestimmte, dass für die Feststellung der Zahl der förderbaren und der beschäftigten Arbeit-nehmer bei Teilzeitbeschäftigten die dafür getroffene Regelung beim Einstellungszuschuss bei Neugründung entsprechend gelte. Insoweit bestimmte die maßgebliche Vorschrift des § 226 SGB III in ihrem Absatz 4, dass bei der Feststellung der Zahl der förderbaren und der beschäftigten Arbeitnehmer Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 10 Stunden mit 0,25, nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen seien.
Unter Berücksichtigung dieser Vorschrift hat die Beklagte zwar zutreffend festgestellt, dass im Mai 1998 fünf Arbeitnehmer und bis zum 21. August 1998 sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren. Im November 1998 belief sich der Personalbestand hingegen ohne den geförderten Arbeitnehmer auf 4,75. Es hat also in dem Zeitraum von sechs Monaten vor der Förderung eine Verringerung der Zahl der im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitneh-mer stattgefunden. Damit lagen die Voraussetzungen des § 415 Abs. 3 SGB III nicht vor. Dennoch durfte die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 01. Dezember 1998 nicht zurücknehmen. Dies ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach darf ein rechtswid-riger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begüns-tigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwä-gung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. So liegt es hier. Der Kläger hat die erbrachten Leistungen verbraucht. Die Vertrauensausschlussgründe des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X greifen nicht ein. Danach kann sich auf Vertrauen der Begüns-tigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahr-lässig, in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorg-falt im besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Voraussetzungen der Nr. 1 sind nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht gegeben.
Dem Kläger selbst kann hier keine Falschangabe vorgeworfen werden. Hinsichtlich der grob fahrlässigen Falschangaben ist – weil der Kläger die Angaben nicht selbst gemacht hat, sondern seine Ehefrau damit bevollmächtigt hatte – nicht auf die Person des Klägers, sondern auf seine Ehefrau abzustellen (vgl. BSGE, 28, 258 sowie Wiesner in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., Rdnr. 22 zu § 45). Eine etwa zu bejahende "grobe Fahrlässigkeit" seiner Ehefrau wäre dem Kläger zuzurechnen.
Am 12. Mai 1998 waren im Betrieb des Klägers fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Am 12. November 1998 waren ebenfalls fünf Personen, davon eine in Teilzeit, beschäftigt. Die Frage 5.1 hatte die Ehefrau des Klägers damit zutreffend beantwortet. Auch die Frage 5.2 konnte sie dahin verstehen, dass lediglich die Zahl der beschäftigten Personen erfragt wur-de. Dass hierbei § 415 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 226 SGB III maßgeblich gewesen wären, musste sich der Ehefrau des Klägers nicht ohne weiteres erschließen. Dies mag fahrlässig gewesen sein. Den Vorwurf erheben zu können, sie habe die sie treffende Sorgfaltspflicht in außergewöhnlich hohem Ausmaß verletzt, ist jedoch nicht zu ersehen. Wenn die Beklag-te meint, die Fragen 5.1 und 5.2 könnten nicht nur (kopf-)"zahlenmäßig" verstanden wer-den, sondern unter Berücksichtigung des § 226 SGB III seien die entsprechenden Subsum-tionen vorzunehmen, so kann dem nicht gefolgt werden. Wenn die Beklagte entsprechende Subsumtionen unter gesetzliche Vorschriften verlangt, so muss sie dies in den Fragestel-lungen deutlich machen. Dies ist nicht geschehen. Es hätte dann einer Verknüpfung zwi-schen den Fragestellungen und den Auszügen aus dem SGB III bedurft, um eine entspre-chende Sensibilisierung der Ehefrau des Klägers vorzunehmen um sicherzustellen, dass die Fragen, die sich nach Auffassung der Beklagten stellen müssten, sich auch der Ehefrau des Klägers stellten. Soweit die Ehefrau des Klägers entsprechende Überlegungen angestellt hätte, wären diese jedenfalls durch die Auskunft einer Mitarbeiterin der Beklagten "überlagert", wonach das Einzige, was zu beachten sei, die Tatsache sei, dass während der Maßnahme niemand ent-lassen werden dürfe. Der Erhalt einer solchen Auskunft wurde von der Ehefrau des Klägers glaubwürdig vorgetragen, zumal nach den Erfahrungen des Senats aus anderen ähnlich gelagerten Verfahren durch dafür zuständige Bedienstete der Beklagten solche Auskünfte auch tatsächlich erteilt wurden. Angesichts dessen kann der Ehefrau des Klägers jedenfalls nicht vorgeworfen werden, die erforderliche Sorgfalt beim Ausfüllen der entsprechenden Fragen in besonders schwerem Maße verletzt zu haben.
Der weitere Inhalt der bei der Antragstellung benutzen Vordrucke führt zu keinem anderen Ergebnis. Frage 5.3 ist so global gehalten, dass sie nur dann, wenn ersichtlich ist, dass bei bevorstehendem Ausscheiden eines Arbeitnehmers keine Ersatzkraft mehr eingestellt wird, mit ja zu beantworten ist. Insoweit gelten die Ausführungen aber zu Frage 5.1 und 5.2 entsprechend.
Dass der Kläger bzw. dessen Ehefrau zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 01. Dezember 1998 die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannten oder infolge gro-ber Fahrlässigkeit nicht kannten, konnte somit nicht nachgewiesen werden. Die Beklagte trifft insoweit die Beweislast. Die Ehefrau des Klägers ? und damit auch über die entspre-chende Wissensvermittlung der Kläger selbst – durfte nach der ihr erteilten Auskunft, es komme lediglich darauf an, dass die Beschäftigtenzahl während der Dauer der Zuweisung nicht verringert werde, der Meinung sein, dass die Personalfluktuation in den der Bewilli-gungsentscheidung vorangegangenen sechs Monate ohne Bedeutung sei. Zwar hätte sich möglicherweise anderes aus der Lektüre der Gesetzesvorschriften unter Heranziehung wei-terer Informationsquellen ergeben. Solches war jedoch von der Ehefrau des Klägers und diesem selbst jedenfalls angesichts der eben genannten Auskünfte einer Mitarbeiterin der Beklagten gegenüber der Ehefrau des Klägers nicht mehr im Rahmen der ihnen obliegen-den Pflichten zu fordern.
Mangels grober Fahrlässigkeit des Klägers bzw. seiner Ehefrau liegen keine Rücknahme-voraussetzungen vor. Für die Erstattungsforderung existiert daher auch keine Rechtsgrund-lage.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, da der Rechtsstreit vor dem 01. Januar 2002 rechtshängig geworden ist. Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
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