Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 201/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 51/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.
Mit Bescheid vom 03.12.2004 lehnte die Beklagte den am 02.11. 2004 gestellten Antrag des 1950 geborenen Klägers auf Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht hilfebedürftig. Der Kläger hat eine Lebensversicherung abgeschlossen, deren aktueller Rückkaufswert 23.262,10 EUR beträgt. Insgesamt hat er für diese 20.462,64 EUR eingezahlt.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Ablehnung sei rechtswidrig, weil das SGB II erst zum 01.01.2005 in Kraft getreten sei. Die Beklagte stelle auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aus der Zeit vor dem Januar 2005 ab. Die Höhe der im SGB II vorgesehenen Regelleistungen gewährleiste nicht das Existenzminimum, sie verletze die Menschenwürde und beinhalte einen Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot. Die generelle sofortige Vollziehbarkeit von Bescheiden gemäß § 39 SGB II verletze das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Die Bewertung seiner Lebensversicherung als Vermögen sei verfassungswidrig; hierin liege eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Vermögenswerten wie beispielsweise Grundstücken, Eigentumswohnungen und Häusern. Die Lebensversicherung stelle eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit dar bzw. diene seiner Altersvorsorge; im Falle seines vorzeitigen Ablebens sei sie zur finanziellen Absicherung seiner Mutter gedacht. Die Verwertung der Lebensversicherung sei zudem unwirtschaftlich. Bei normalem Versicherungsverlauf ergäben sich Ansprüche in Höhe von 31.496,08 Euro, dem stehe ein aktueller Rückkaufswert von 23.262.10 Euro gegen-über; dies bedeute einen Verlust in Höhe von 26,14%.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Lebensversicherung des Klägers habe einen Rückkaufswert von 23.262,10 Euro. Diese stelle einen verwertbaren Vermögensgegenstand dar, der den maßgeblichen Freibetrag von 11.550,00 Euro (gemäß § 12 Abs.2 Nr.1 SGB II in Höhe von 10.800,00 Euro sowie gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 Euro) um 11.712,10 Euro übersteige. Die Verwertung sei bei bisherigen Einzahlungen in Höhe von 20.462,64 Euro nicht unwirtschaftlich.
Mit seiner zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, der geforderte Einsatz seiner seit dem 01.12.1976 bestehenden Kapitallebensversicherung stelle einen unzumutbaren Eingriff dar. Die Beiträge stammten aus versteuertem, hart erarbeitetem Verdienst. Die Versicherung sei abgeschlossen worden, um im Alter eine finanzielle Absicherung zu haben. Dies sei sie nur bei vollständiger Laufzeit bis ins Jahr 2010. Seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien schlecht. Von staatlicher Seite könne nicht in einen laufenden Vertrag eingegriffen werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.09.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Lebensversicherung des Klägers sei verwertbares Vermögen, sie unterfalle nicht § 12 Abs. 3 SGB II, wonach bestimmte Vermögensgegenstände unberücksichtigt bleiben. Die Nr.3 dieser Vorschrift greife nicht, weil hierfür erforderlich sei, dass ein Vermögensgegenstand für die Altersvorsorge bestimmt werde und der Hilfebedürftige von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, was beim Kläger aber nicht der Fall sei.
Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Verwertung der Lebensversicherung auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alternative SGB II offensichtlich unwirtschaftlich. § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II bestimme, dass das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sei für die Bewertung der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung der Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird. Hiermit sei klargestellt, dass der von der Beklagten in Ansatz gebrachte aktuelle Rückkaufswert der Lebensversicherung in Höhe von 23.262,10 Euro zu Recht dem Einzahlungsbetrag von 20.462,64 Euro gegenübergestellt wurde mit der Folge, dass eine Unwirtschaftlichkeit nicht gegeben sei. Der vom Kläger gewünschte Vergleich mit einem möglichen Auszahlungsbetrag bei Fortbestehen der Lebensversicherung bis ins Jahr 2010 finde im Gesetz keine Stütze; § 12 SGB II schütze nicht den Erwerb zukünftiger Vermögenszuwächse, sondern die Substanz des Vermögens.
Die geforderte Verwertung der Lebensversicherung stelle keine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II dar. Von dieser Ausnahmevorschrift würden nur atypische (ungewöhnliche) Fälle erfasst, bei denen aufgrund einer Gesamtbetrachtung besondere Umstände des Einzelfalls eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation werden lassen, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden nachhaltig beeinträchtigt ist, wobei insbesondere auch auf die künftige Verwendung des Vermögens abzustellen sei.
Die vom Kläger angeführte Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung begründe eine besondere Härte im Sinne des Gesetzes nicht, da der Gesetzgeber diesen Aspekt bereits in § 12 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 und Abs. 3 Nr. 3 SGB II berücksichtigt habe. Wenn aber bereits eine Absicherung des Klägers im Alter nicht berücksichtigungsfähig sei, gelte dies erst recht für die vorgetragene Absicherung der Mutter des Klägers im Falle seines vorzeitigen Ablebens.
Soweit der Kläger geltend mache, die Lebensversicherung im Falle einer eintretenden Berufsunfähigkeit zu benötigen, begründe auch dies keine besondere Härte, weil er mit dem geforderten Vermögenseinsatz nicht anders als jeder andere Inhaber einer Lebensversicherung betroffen sei. Über die von der Beklagten erfolgte Absetzung der Freibeträge gemäß § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 SGB II hinaus bestehe kein Anspruch auf Absetzung weiterer Beträge. So habe der Kläger selbst nicht geltend gemacht, dass seine Lebensversicherung unter Nr. 2 dieser Vorschrift falle, die ausdrücklich zur Altersvorsorge gefördertes Vermögen schütze. Auch die Voraussetzungen der Nr. 3 lägen nicht vor, wonach geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, dann geschützt sind, wenn der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann; auch dies sei nicht der Fall. Daher sei die Forderung der Beklagten, der Kläger müsse erst sein übersteigendes Einkommen in Höhe von 11.712,10 EUR für die Deckung seines Lebensunterhalts verwenden, bevor er einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, nicht zu beanstanden. Sie folge aus dem Grundsatz des Nachrangs staatlicher Sozialleistungen bei bestehenden Selbsthilfemöglichkeiten und stelle keinen staatlichen Eingriff in einen privatrechtlichen Vertrag dar.
Die Argumente des Klägers, die auf die Verfassungswidrigkeit des SGB II abzielen, seien nicht geeignet, einen Anspruch des Klägers zu begründen. Dem Gesetzgeber sei auf dem Gebiet des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet. So sei nicht zu beanstanden, dass Kapitallebensversicherungen anders behandelt werden, als z.B. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Dass der Gesetzgeber dem Verbleiben im bisherigen (angemessenen) Wohnraum ein höheres Gewicht zumesse als einer nicht den Kriterien eines zur Altersvorsorge bestimmten Vermögenswerts entsprechenden Lebensversicherung, sei nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen das am 01.10.2005 zugestellte Urteil mit einem am 12.10.2005 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, seine Lebensversicherung sei nicht als Vermögen anzurechnen, weil der Rückkaufswert einen wirtschaftlichen Verlust gegenüber seinem bereits erworbenen Anspruch darstelle. Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Vermögenswerten sei verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichtes Regensburg vom 16. September 2005 sowie des Bescheides der Beklagten vom 03.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2005 zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden. Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn der Kläger begehrt Geldleistungen von mehr als 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zusteht. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 SGB II nur Personen, die unter anderem hilfebedürftig sind. Zutreffend hat das SG entschieden, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil die Lebensversicherung (teilweise) als Vermögen anzurechnen ist. Der Senat schließt sich diesbezüglich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den Gründen des angefochtenen Urteils an.
Dass das Gesetz Lebensversicherungen grundsätzlich als verwertbares Vermögen behandelt, ist nicht verfassungswidrig. Zutreffend hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.10.1987 in BVerfGE 77, 84). Auch aus dem Sozialstaatsprinzip ist keine Rechts- oder Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 12 SGB II abzuleiten; denn daraus ergibt sich für den Gesetzgeber nicht die Verpflichtung, soziale Leistung in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Grundsätzlich ist es die Entscheidungsbefugnis des Gesetzgebers, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichrangiger Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll (BVerfGE 82, 60, 80).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.
Mit Bescheid vom 03.12.2004 lehnte die Beklagte den am 02.11. 2004 gestellten Antrag des 1950 geborenen Klägers auf Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht hilfebedürftig. Der Kläger hat eine Lebensversicherung abgeschlossen, deren aktueller Rückkaufswert 23.262,10 EUR beträgt. Insgesamt hat er für diese 20.462,64 EUR eingezahlt.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Ablehnung sei rechtswidrig, weil das SGB II erst zum 01.01.2005 in Kraft getreten sei. Die Beklagte stelle auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aus der Zeit vor dem Januar 2005 ab. Die Höhe der im SGB II vorgesehenen Regelleistungen gewährleiste nicht das Existenzminimum, sie verletze die Menschenwürde und beinhalte einen Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot. Die generelle sofortige Vollziehbarkeit von Bescheiden gemäß § 39 SGB II verletze das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Die Bewertung seiner Lebensversicherung als Vermögen sei verfassungswidrig; hierin liege eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Vermögenswerten wie beispielsweise Grundstücken, Eigentumswohnungen und Häusern. Die Lebensversicherung stelle eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit dar bzw. diene seiner Altersvorsorge; im Falle seines vorzeitigen Ablebens sei sie zur finanziellen Absicherung seiner Mutter gedacht. Die Verwertung der Lebensversicherung sei zudem unwirtschaftlich. Bei normalem Versicherungsverlauf ergäben sich Ansprüche in Höhe von 31.496,08 Euro, dem stehe ein aktueller Rückkaufswert von 23.262.10 Euro gegen-über; dies bedeute einen Verlust in Höhe von 26,14%.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Lebensversicherung des Klägers habe einen Rückkaufswert von 23.262,10 Euro. Diese stelle einen verwertbaren Vermögensgegenstand dar, der den maßgeblichen Freibetrag von 11.550,00 Euro (gemäß § 12 Abs.2 Nr.1 SGB II in Höhe von 10.800,00 Euro sowie gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 Euro) um 11.712,10 Euro übersteige. Die Verwertung sei bei bisherigen Einzahlungen in Höhe von 20.462,64 Euro nicht unwirtschaftlich.
Mit seiner zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, der geforderte Einsatz seiner seit dem 01.12.1976 bestehenden Kapitallebensversicherung stelle einen unzumutbaren Eingriff dar. Die Beiträge stammten aus versteuertem, hart erarbeitetem Verdienst. Die Versicherung sei abgeschlossen worden, um im Alter eine finanzielle Absicherung zu haben. Dies sei sie nur bei vollständiger Laufzeit bis ins Jahr 2010. Seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien schlecht. Von staatlicher Seite könne nicht in einen laufenden Vertrag eingegriffen werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.09.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Lebensversicherung des Klägers sei verwertbares Vermögen, sie unterfalle nicht § 12 Abs. 3 SGB II, wonach bestimmte Vermögensgegenstände unberücksichtigt bleiben. Die Nr.3 dieser Vorschrift greife nicht, weil hierfür erforderlich sei, dass ein Vermögensgegenstand für die Altersvorsorge bestimmt werde und der Hilfebedürftige von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, was beim Kläger aber nicht der Fall sei.
Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Verwertung der Lebensversicherung auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alternative SGB II offensichtlich unwirtschaftlich. § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II bestimme, dass das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sei für die Bewertung der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung der Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird. Hiermit sei klargestellt, dass der von der Beklagten in Ansatz gebrachte aktuelle Rückkaufswert der Lebensversicherung in Höhe von 23.262,10 Euro zu Recht dem Einzahlungsbetrag von 20.462,64 Euro gegenübergestellt wurde mit der Folge, dass eine Unwirtschaftlichkeit nicht gegeben sei. Der vom Kläger gewünschte Vergleich mit einem möglichen Auszahlungsbetrag bei Fortbestehen der Lebensversicherung bis ins Jahr 2010 finde im Gesetz keine Stütze; § 12 SGB II schütze nicht den Erwerb zukünftiger Vermögenszuwächse, sondern die Substanz des Vermögens.
Die geforderte Verwertung der Lebensversicherung stelle keine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II dar. Von dieser Ausnahmevorschrift würden nur atypische (ungewöhnliche) Fälle erfasst, bei denen aufgrund einer Gesamtbetrachtung besondere Umstände des Einzelfalls eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation werden lassen, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden nachhaltig beeinträchtigt ist, wobei insbesondere auch auf die künftige Verwendung des Vermögens abzustellen sei.
Die vom Kläger angeführte Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung begründe eine besondere Härte im Sinne des Gesetzes nicht, da der Gesetzgeber diesen Aspekt bereits in § 12 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 und Abs. 3 Nr. 3 SGB II berücksichtigt habe. Wenn aber bereits eine Absicherung des Klägers im Alter nicht berücksichtigungsfähig sei, gelte dies erst recht für die vorgetragene Absicherung der Mutter des Klägers im Falle seines vorzeitigen Ablebens.
Soweit der Kläger geltend mache, die Lebensversicherung im Falle einer eintretenden Berufsunfähigkeit zu benötigen, begründe auch dies keine besondere Härte, weil er mit dem geforderten Vermögenseinsatz nicht anders als jeder andere Inhaber einer Lebensversicherung betroffen sei. Über die von der Beklagten erfolgte Absetzung der Freibeträge gemäß § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 SGB II hinaus bestehe kein Anspruch auf Absetzung weiterer Beträge. So habe der Kläger selbst nicht geltend gemacht, dass seine Lebensversicherung unter Nr. 2 dieser Vorschrift falle, die ausdrücklich zur Altersvorsorge gefördertes Vermögen schütze. Auch die Voraussetzungen der Nr. 3 lägen nicht vor, wonach geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, dann geschützt sind, wenn der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann; auch dies sei nicht der Fall. Daher sei die Forderung der Beklagten, der Kläger müsse erst sein übersteigendes Einkommen in Höhe von 11.712,10 EUR für die Deckung seines Lebensunterhalts verwenden, bevor er einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, nicht zu beanstanden. Sie folge aus dem Grundsatz des Nachrangs staatlicher Sozialleistungen bei bestehenden Selbsthilfemöglichkeiten und stelle keinen staatlichen Eingriff in einen privatrechtlichen Vertrag dar.
Die Argumente des Klägers, die auf die Verfassungswidrigkeit des SGB II abzielen, seien nicht geeignet, einen Anspruch des Klägers zu begründen. Dem Gesetzgeber sei auf dem Gebiet des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet. So sei nicht zu beanstanden, dass Kapitallebensversicherungen anders behandelt werden, als z.B. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Dass der Gesetzgeber dem Verbleiben im bisherigen (angemessenen) Wohnraum ein höheres Gewicht zumesse als einer nicht den Kriterien eines zur Altersvorsorge bestimmten Vermögenswerts entsprechenden Lebensversicherung, sei nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen das am 01.10.2005 zugestellte Urteil mit einem am 12.10.2005 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, seine Lebensversicherung sei nicht als Vermögen anzurechnen, weil der Rückkaufswert einen wirtschaftlichen Verlust gegenüber seinem bereits erworbenen Anspruch darstelle. Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Vermögenswerten sei verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichtes Regensburg vom 16. September 2005 sowie des Bescheides der Beklagten vom 03.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2005 zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden. Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn der Kläger begehrt Geldleistungen von mehr als 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zusteht. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 SGB II nur Personen, die unter anderem hilfebedürftig sind. Zutreffend hat das SG entschieden, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil die Lebensversicherung (teilweise) als Vermögen anzurechnen ist. Der Senat schließt sich diesbezüglich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den Gründen des angefochtenen Urteils an.
Dass das Gesetz Lebensversicherungen grundsätzlich als verwertbares Vermögen behandelt, ist nicht verfassungswidrig. Zutreffend hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.10.1987 in BVerfGE 77, 84). Auch aus dem Sozialstaatsprinzip ist keine Rechts- oder Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 12 SGB II abzuleiten; denn daraus ergibt sich für den Gesetzgeber nicht die Verpflichtung, soziale Leistung in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Grundsätzlich ist es die Entscheidungsbefugnis des Gesetzgebers, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichrangiger Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll (BVerfGE 82, 60, 80).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved