L 3 KA 5012/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KA 5503/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 5012/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.11.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Disziplinarbescheides, mit dem eine Geldbuße von 1.000,00 DM festgesetzt wurde.

Der Kläger und Berufungskläger ist Zahnarzt und als Vertrags- zahnarzt in N. zugelassen.

Am 28.10.1988 gliederte er der Patientin G.B., geb. 11.02.1944, die bei der AOK, der Beigeladenen zu 1), versichert ist eine Oberkieferbrücke ein, die auf dem Zahn 17 als Pfeilerzahn ruhte. Dieser Pfeilerzahn musste am 13.03.1991 aus medizinischen Gründen durch Osteotomie entfernt werden. Als der Kläger daraufhin am 12.07.1991 einen neuen Heil- und Kostenplan vom 09.07.1991 für eine prothetische Versorgung der Patientin G.B. einreichte, beantragte die Beigeladene zu 1) am 16.07.1991 eine Begutachtung durch den Gutachter Dr. K ... Nachdem der Kläger nicht bereit war, dem Gutachter Unterlagen zur Verfügung zu stellen und auch für die Begutachtung des Heil- und Kostenplanes vom 09.07.1991 nicht die erforderlichen Röntgenbilder vorlegte, beantragte die AOK Bayern mit Schreiben vom 11.10.1991 die Durchführung eines Verfahrens zur Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 23 Abs.1 des Bundesmantelvertrags Zahnärzte (BMV-Z).

Zu Beginn dieses Verfahrens wies der Kläger mit Schreiben vom 30.01.1992 darauf hin, dass einem Antrag gemäß der Anlage 12 zum BMV-Z ein Gutachten beizulegen sei. Die Beklagte führte demgegenüber aus, dass die AOK zweimal versucht habe, eine Begutachtung durchzuführen, diese Versuche jedoch mangels der Mitwirkung des Klägers gescheitert seien. Im Übrigen sei in § 3 Abs.2 der Anlage 4d zum Gesamtvertrag Zahnärzte (GV-Z) vorgesehen, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung vom Zahnarzt und dem Kostenträger Auskünfte, Unterlagen usw. anfordern bzw. einholen könne. Die Beklagte forderte erneut die seinerzeit angefertigten Röntgenaufnahmen sowie eine Kopie der Karteikarte an, aus der der gesamte Behandlungsablauf ersichtlich sei.

Mit Bescheid vom 04.11.1992 verpflichtete der Schadensprüfungs- ausschuss den Kläger, die Kosten für die am 23.09.1988 einge- gliederte Brücke im Bereich der Zähne 17 bis 12 zurückzuerstat- ten. Der Schadensbeschwerdeausschuss wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.1993 zurück. Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht München blieb erfolglos. Die Berufung war erfolgreich und führte dazu, dass mit Urteil vom 23.09.1998 das Verfahren an den Schadensbeschwerdeausschuss zur erneuten Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zurückverwiesen wurde. Dieses Verfahren endete am 28.05.2002, da die AOK Bayern im Gerichtsverfahren auf Vorschlag des Gerichts den Antrag vom 11.10.1991 zurücknahm.

Im Schreiben vom 22.08.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der geschäftsführende Vorstand vorgeschlagen habe, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten. Zugleich wurde ihm gemäß § 4 Disziplinarordnung der KZVB Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen gegeben. Die Beklagte ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Der Kläger sei vom Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) im Urteil vom 23.09.1998 (L 12 KA 518/97) deutlich auf seine Mitwirkungspflicht, d.h. die Pflicht zur Vorlage entsprechender Behandlungsunterlagen hingewiesen worden. Das BayLSG habe auch dargelegt, dass er im Falle einer Weigerung mit einer disziplinarischen Ahndung rechnen müsse. Trotz dieses klaren Hinweises des LSG habe er mit Schreiben vom 23.01.2000 erneut die Vorlage von Röntgenaufnahmen und Behandlungsunterlagen verweigert und sich auf das Arztgeheimnis berufen.

In seiner Stellungnahme vom 12.09.2000 bezog sich der Kläger auf eine längst eingetretene Verjährung.

Am 12.01.2001 teilte der Disziplinarausschuss dem Kläger mit, dass der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung am 23.11.2000 beschlossen habe, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Mit Schreiben vom 22.01.2000 nahm der Kläger auf die Entscheidung des LSG Bezug und führte aus, dass § 298 des Sozialgesetzbuches, Fünftes Buch (SGB V) in der im Juli 1993 geltenden Fassung die Übermittlung von Angaben lediglich bezüglich der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit im Einzelfall erlaube, wobei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Zahnersatz gemäß § 2 Abs.3 der Anlage 12 zum BMV-Z ausgeschlossen sei. Im Übrigen wies er erneut darauf hin, dass eine Verjährung gemäß § 14 der Disziplinarordnung eingetreten sei.

Aufgrund der Sitzung vom 25.07.2001, zu der der Kläger nicht erschien, setzte der Disziplinarausschuss eine Geldbuße in Höhe von 1.000,00 DM fest. In der Begründung des Bescheides vom 05.12.2001 führte er insbesondere aus, dass der Kläger wegen der Nichtübersendung der im Behandlungsfall G.B. vom Schadens- beschwerdeausschuss angeforderten Unterlagen im Jahr 2000 seine vertragszahnärztlichen Pflichten schuldhaft verletzt habe. § 6 Abs.2 der Anlage 4d zum GV-Z in Verbindung mit § 8 Abs.2 Satz 2 der Anlage 4a zum GV-Z verpflichte den Vertragszahnarzt zur Vorlage der vom Schadensprüfungs- bzw. Schadensbeschwerdeausschuss angeforderten Behandlungsunterlagen. Gleiches ergebe sich aus § 6 Abs.4 der Satzung der Beklagten und auch aus § 21 Abs.2 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 298 SGB V. Eine Verjährung sei nicht eingetreten, da Anknüpfungspunkt für die dem Kläger zur Last gelegte Pflichtverletzung die Nichtübersendung der Behandlungsunterlagen an den Schadensbeschwerdeausschuss aufgrund dessen Anforderung vom 11.01.2000 sei. Die Nichtübersendung im Rahmen des Verfahrens in den Jahren 1992 und 1993 bliebe außer Betracht.

Bei der Festlegung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme sei zu Lasten des Betroffenen zu werten, dass er unbeirrbar an sei- ner rechtlichen Fehleinschätzung festhalte. Eine Verwarnung oder ein Verweis sei insofern nicht mehr ausreichend.

Gegen den Disziplinarbescheid hat der Kläger am 27.12.2001 Kla- ge beim Sozialgericht München (SG) eingelegt. Er hat beantragt, den Bescheid vom 05.11.2001 aufzuheben. Zur Begründung hat er eine Kopie seines Strafantrages gegen die Mitglieder des Disziplinarausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung beigelegt. Er hat im Kern ausgeführt, dass er sich bei einer Übersendung von Unterlagen ohne entsprechende Entbindungserklärung der Patientin strafbar gemacht hätte. Eine Übermittlung der Unterlagen nach § 298 SGB V scheide aus, da diese nur im Zusammenhang mit der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise im Einzelfall vorgesehen sei. Eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit sei jedoch im Bereich der prothetischen Versorgung durch § 2 Abs.3 der Anlage 12 zum BMV-Z ausgeschlossen. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für ein Verfahren zur Regelung eines sonstigen Schadens nicht gegeben, es fehle bereits an einem wirksamen Antrag.

Außerdem gebe es im Verfahren zur Regelung eines sonstigen Schadens entgegen der Rechtsauffassung des BayLSG keinerlei Verpflichtung zur Mitwirkung des behandelnden Zahnarztes. Mit Schreiben vom 25.07.2002 hat der Kläger gegenüber dem SG ausgeführt, dass die Übersendung von Behandlungsunterlagen wegen des Fehlens sowohl der materiellen als auch der formalen Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung eines sonstigen Schadens verweigert worden sei. Hätte eine Entbindungserklärung der Patientin G.B. vorgelegen, so wäre er zur Übersendung der Behandlungsunterlagen bereit gewesen. Nach seiner Kenntnis sei die Patientin mit dem Zahnersatz jedoch zufrieden gewesen, und es habe keine Anhaltspunkte für die Geltendmachung eines Mängelbeseitigungs- oder Schadensersatzanspruches durch sie gegeben. Mit Schreiben vom 31.12.2002 hat der Kläger ausgeführt, dass das Verfahren zur Feststellung eines sonstigen Schadens keineswegs ein "Amtsverfahren, das ausschließlich vom Amtsermittlungsgrundsatz bestimmt ist", sei, sondern ein Antragsverfahren. In einem Antragsverfahren werde dadurch eine Ausnahme vom Untersuchungsgrundsatz begründet, dass der Antragsteller die Beischaffung gewisser Grundlagen des Antrages bewerkstelligen müsse. Die Beklagte hat demgegenüber mit Schreiben vom 21.01.2003 auf die Rechtsgrundlagen hingewiesen, die den Kläger zur Übersendung von Behandlungsunterlagen an den Schadensbeschwerdeausschuss verpflichteten. Dies seien § 6 Abs.2 Anlage 4d zum GV-Z in Verbindung mit § 8 Abs.2 Satz 2 Anlage 4a zum GV-Z, § 6 Abs.4 der Satzung der Beklagten und § 21 Abs.2 Satz 3 SGB X in Verbindung mit § 298 SGB V. Die Replik des Klägers vom 01.02.2003 hat inhaltlich nichts Neues ergeben.

Mit Urteil vom 27.11.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Entscheidung des BayLSG vom 23.09.1998 hingewiesen und ausgeführt, dass der Kläger nach den gesetzlichen und vertragsrechtlichen Regelungen verpflichtet gewesen sei, die angeforderten Behandlungsunterlagen zu übersenden. Damit habe er seine vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt. Die Ahndung dieser Pflichtverletzung mit einer Geldbuße in Höhe von 1.000,00 DM sei angesichts der Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit des Klägers eher im untersten Bereich angesiedelt.

Gegen das am 02.04.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.04.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesent- lichen auf die Ausführungen im Sozialgerichtsverfahren verwie- sen. Erneut hat er ausgeführt, dass § 298 SGB V nur im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung anwendbar sei. Diese sei jedoch für die Fälle der prothetischen Versorgung ausgeschlossen. Der Amtsermittlungsgrundsatz verliere in einem Antragsverfahren seine Gültigkeit. Abschließend hat der Kläger ausgeführt, dass bei einem rechtswidrigen Verfahren keine Mitwirkungspflicht bestehe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.11.2003 und den Bescheid des Disziplinarausschusses vom 05.12.2001 auf- zuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.11.2003 zurückzuweisen.

Die Beigeladene schließt sich diesem Antrag an.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die Beklagtenakten, die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Akten des BayLSG im Verfahren L 12 KA 518/97, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Durchführung eines Vorverfahrens war gemäß § 81 Abs.5 Satz 4 SGB V nicht erforderlich.

II.

Sie ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung des Klägers und Berufungsklägers ist der Disziplinarbescheid rechtmäßig und verletzt seine Rechte nicht.

1. Der Disziplinarbescheid vom 05.12.2001 aufgrund der Sitzung des Disziplinarausschusses am 25.07.2001 entspricht den Vorgaben des SGB V sowie der Satzung der Beklagten, da der Kläger als Vertragszahnarzt Mitglied der Beklagten ist und seine vertragszahnärztlichen Pflichten nicht erfüllt hat (§ 81 Abs.5 SGB V, § 18 Abs.1 der Satzung der Beklagten).

Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger - wie auch vom BayLSG im Verfahren L 12 KA 518/97 festgestellt wurde - die Verpflichtung, dem Schadensbeschwerdeausschuss alle Behandlungsunterlagen, Modelle und Röntgenbilder im jeweils zu überprüfenden Einzelfall vorzulegen.

Diese Verpflichtung ergibt sich aus §§ 294 und 298 SGB V so- wie den diese Vorschriften konkretisierenden Satzungsvor- schriften der Selbstverwaltung (Satzung der Beklagten) und den Verträgen der gemeinsamen Selbstverwaltung (BMV-Z mit Anlagen und GV-Z mit Anlagen). § 294 SGB V verpflichtet die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Zahnärzte (§ 72 Abs.1 Satz 2 SGB V), die zur Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, Verordnung sowie Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften an die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen mitzuteilen. § 294 SGB V bezieht sich damit auf § 298 SGB V, der wiederum vorsieht, dass im Rahmen eines Prüfverfahrens die versichertenbezogene Übermittlung von Angaben über ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen zulässig ist, soweit die Wirtschaftlichkeit oder Qualität der ärztlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise im Einzelfall zu beurteilen ist. Diese Verpflichtung zur Übermittlung erforderlicher Unterlagen umfasst auch die Übermittlung von Behandlungsunterlagen an den Schadensprüfungs- bzw. den Schadensbeschwerdeausschuss nach § 23 BMV-Z, § 11 GV-Z und der Anlage 4d zum GV-Z. Die Auffassung des Klägers, dass die Feststellung eines sonstigen Schadens nach Anlage 4d zum GV-Z ein Aliud im Verhältnis zur Wirtschaftlichkeitsprüfung sei, ist nicht haltbar.

Der Senat teilt die Auffassung des 12. Senates des BayLSG, dass das Verfahren zur Feststellung eines sonstigen Schadens eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im weiteren Sinne ist (Urteil vom 23.09.1998, L 12 KA 518/97). Unwirtschaftlich ist nämlich auch eine schlechte, mangelhafte, nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistung (BayLSG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Diese Auslegung von § 298 SGB V wird durch den Gesetzgeber bestätigt. Er hat nämlich durch das Pflegeversicherungsgesetz vom 26.05.1994 (BGBl.I 1114) mit Wirkung ab 01.01.1995 einen wesentlichen Bereich des durch § 11 GV-Z und die Anlage 4d erfassten sonstigen Schadens in die gesetzliche Regelung über die Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) integriert: Seit 01.01.1995 wird in § 106 Abs.3a der Schadensersatzanspruch der Krankenkassen gegen den die Arbeitsunfähigkeit feststellenden Arzt geregelt, wenn die Arbeitsunfähigkeit verschuldet, d.h. grob fahrlässig oder vorsätzlich festgestellt worden ist, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen haben. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Feststellung eines sonstigen Schadens zur Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnet.

Dementsprechend gehen auch die Parteien des Bundesmantelvertrages davon aus, dass die Feststellung eines sonstigen Schadens Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist. Dies zeigen § 23a Abs.1 BMV-Z und § 48 BMV-Ä. Beide Regelungen weisen die Feststellung eines sonstigen Schadens den Prüfungseinrichtungen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu, dem Prüfungs- und dem Beschwerdeausschuss. In § 23 Abs.1 BMV-Z wird zudem klargestellt, dass die Prüfung der Verordnungsweise der Zahnärzte - also die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlich verordneten Leistung im Sinne von § 106 Abs.2 Satz 1 SGB V, den Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen zugewiesen ist. Dieselbe Regelung wird in § 23 Abs.1 Satz 2 BMV-Z für den sonstigen Schaden getroffen.

In der Gesamtschau zeigt sich, dass die Feststellung eines sonstigen Schadens Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne von § 298 SGB V ist und insoweit entgegen der Auffassung des Klägers eine Übermittlungspflicht für alle Behandlungsunterlagen und Röntgenaufnahmen besteht.

Auf der Basis dieser gesetzlichen Grundlage haben die Vertragsparteien entsprechende normkonkretisierende Regelungen in § 6 der Prüfvereinbarung (aktuelle Anlage 4a zum GV-Z, in Kraft ab 01.01.1995) getroffen. Danach sind den Prüfeinrichtungen alle Unterlagen und Röntgenbilder zur Verfügung zu stellen. Die Vorläuferregelung, die Verfahrensordnung, sah in § 8 Abs.2 und 3 eine entsprechende Regelung vor und normierte in § 8 Abs.4 eine Vorlagepflicht des Zahnarztes. Auch für das Verfahren zur Feststellung eines sonstigen Schadens begründet der GV-Z eine entsprechende Vorlagepflicht des Arztes. So ist zunächst in der Anlage 4d zum GV-Z in § 2 Abs.2 Satz 4 festgehalten, dass der Zahnarzt dem Gutachter alle vorhandenen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat. Darüber hinaus kann die Beklagte im Güteversuch gemäß § 3 Abs.2 vom Zahnarzt Auskünfte, Unterlagen etc. einholen bzw. anfordern. In § 6 ist im Übrigen eine Verweisung auf die Bestimmungen der Verfahrensordnung, die bis 1994 anzuwenden war, enthalten. Diese Verweisung auf die Verfahrensordnung und entsprechend auf die nunmehr seit 01.01.1995 geltende Prüfvereinbarung führt dazu, dass der Vertragszahnarzt über § 8 Abs.2 der Verfahrensordnung bzw. § 6 der Prüfvereinbarung (jeweils Anlage 4a zum GV-Z) zur Vorlage aller Unterlagen verpflichtet ist.

Soweit der Kläger meint, dass bei der prothetischen Versorgung eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist, verkennt er, dass die Parteien der Bundesmantelverträge zwischen einer präventiven Wirtschaftlichkeitsprüfung, die durch die Genehmigung der Heil- und Kostenpläne durch die Kassen erfolgt, und einer nachgehenden Wirtschaftlichkeitsprüfung im Rahmen von § 106 SGB V unterscheiden. Die Vertragsparteien schließen im Bundesmantelvertrag, Anlage 12, § 2 Abs.3 sowie präzisierend in der Prüfvereinbarung (Anlage 4a zum GV-Z), § 1 Abs.2 Satz 2 eine nachgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung nur für die Fälle und insoweit aus, als bereits eine präventive Wirtschaftlichkeitsprüfung, d.h. konkret eine Genehmigung eines Heil- und Kostenplanes durchgeführt wurde. Damit soll eine doppelte Prüfung, die uneffektiv wäre, ausgeschlossen werden. Darüber hinaus wird jedoch die Prüfungskompetenz weder der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse noch des Schadensprüfungs- und Schadensbeschwerdeausschusses beschränkt (ebenso BayLSG Urteil vom 23.09.1998, L 12 KA 518/97 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Die Genehmigung eines Heil- und Kostenplans ist also kein Freibrief für mangelhafte Leistungen.

Wenn der Kläger fortlaufend argumentiert, dass das Verfahren auf Feststellung eines sonstigen Schadens rechtswidrigerweise eingeleitet worden sei und er deshalb nicht am Verfahren mitwirke, verkennt er, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit ausschließlich der Sozialgerichtsbarkeit obliegt. Der Kläger hat kein "Selbsthilfe- oder Widerstandsrecht", er ist vielmehr auf die rechtsstaatlich vorgesehenen Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren verwiesen.

Bedenken gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes der Patienten durch die Anordnung einer Datenübermittlung nach § 298 SGB V bzw. nach den normkonkretisierenden Bestimmungen der gemeinsamen Selbstverwaltung bestehen nicht. Im Zusammenhang mit der Übermittlung von Diagnoseschlüsseln nach ICD 10 durch die Vertragsärzte an die Krankenkassen hat das Bundesverfassungsgericht bereits auf die besondere Bedeutung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen in der vertragsärztlichen Versorgung zur Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung hingewiesen, die auch Grundrechtseinschränkungen rechtfertigen (Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.04.2000, 1 BvR 422/00). Die besonderen Gemeinwohlbelange rechtfertigen nach Auffassung des Senats auch mögliche Enschränkungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Krankenversicherten, zumal ein Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art.2 Abs.1 Grundgesetz) bereits fraglich ist. In der Literatur wird nämlich die Auffassung verteten, dass derjenige, der als Patient Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nimmt, mit der Aushändigung des Kranken- oder Überweisungsscheins an den behandelnden Arzt zu erkennen gebe, dass er mit der Weitergabe aller für die Feststellung der Leistungspflicht der Krankenkasse erforderlichen Tatsachen einverstanden sei (Schlund in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Auflage, § 75 Rdnr.28).

Da die Verpflichtung zur Übermittlung von Behandlungsunter- lagen, Röntgenbildern und Modellen auf einer verfassungsmä- ßigen Rechtsgrundlage beruht, ist der Kläger sowohl mit Blick auf die ärztliche Berufsordnung als auch mit Blick auf § 203 des Strafgesetzbuches berechtigt, die Daten weiter zu geben.

Im Ergebnis steht fest, dass der Kläger als Vertragszahnarzt die Verpflichtung hatte, auf Anforderung des Schadensbe- schwerdeausschusses vom 11.01.2000 die Originalunterlagen, die Röntgenaufnahmen und die Modelle zu übermitteln. Da er dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, wie er insbesondere mit seinem Schreiben vom 23.01.2000 dokumentierte, hat er gegen eine ihm kraft Gesetzes obliegende Pflicht verstoßen. Damit ist insoweit der Tatbestand von § 18 Abs.1 der Satzung der Beklagten erfüllt.

2. Dieser Verstoß gegen eine gesetzliche Pflicht war vorsätz- lich. Der Kläger hat trotz vieler Hinweise auf seine gesetz- liche und bundesmantelvertragliche Pflicht auf seiner bishe- rigen Rechtsmeinung beharrt und damit den Verstoß bewusst in Kauf genommen.

3. Entgegen der klägerischen Behauptung ist auch keine Verjäh- rung eingetreten. § 14 der Disziplinarordnung der Beklagten schließt ein Disziplinarverfahren aus, wenn seit Bekanntwer- den der Pflichtverletzung zwei oder seit der Pflichtverlet- zung selbst fünf Jahre vergangen sind. Nachdem der Kläger sich am 23.01.2000 endgültig weigerte, der Anforderung des Schadensbeschwerdeausschusses vom 11.01.2000 - auch im Hinblick auf die Entscheidung des BayLSG vom 23.09.1998 - Folge zu leisten, liegt sein Pflichtverstoß im Januar 2000. Das Disziplinarverfahren wurde bereits am 22.08.2000 eingeleitet, so dass nicht ersichtlich ist, wieso eine Verjährung eingetreten sein sollte.

4. Die Festsetzung der Höhe der Geldbuße, die im sozialgericht- lichen Verfahren nur auf etwaige Ermessensverstöße hin über- prüft werden kann, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.11.2003 war deshalb zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des SGG, alte Fassung, da die Klage bereits am 28.12.2001 erhoben wurde.

IV.

Die Revision war nicht nach § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zuzulassen, da das Bundessozialgericht bereits zur früheren Rechtslage vor InKraft-Treten von §§ 294 und 298 SGB V entschieden hat, dass die Kassenzahnärzte zur Herausgabe der Unterlagen, deren Kenntnis die Gutachter zur Durchführung der Gutachterverfahren nach Anlage 6, 9 und 12 zum BMV-Z benötigen, kraft Gesetzes verpflichtet und damit auch befugt sind (BSGE 55, 150).
Rechtskraft
Aus
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