L 19 R 533/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 18 R 4238/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 533/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.05.2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1941 geborene Klägerin hat den Beruf einer Einzelhandelskauffrau erlernt (Prüfung 1959) und bis 1967 nach eigenen Angaben als kaufmännische Angestellte versicherungspflichtig gearbeitet. Im Versicherungsverlauf vom 13.12.2004 sind zuletzt vom 01.08.1997 bis 06.10.1997 drei Monate Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit und vom 01.04.1999 bis 31.12.1999 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung (beim Ehemann) vorgemerkt. Am 01.10.2004 beantragte die Klägerin, bei der am 09.09.2004 eine Exstirpation eines zystischen Adnextumors links und eine Adnektomie rechts durchgeführt wurde, Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beinahme des Operationsberichts des Klinikums N. , Frauenklinik, und im Anschluss an den Heilverfahrens-Entlassungsbericht der B.-Klinik F. (AHB vom 15.10. bis 05.11.2004) nahm die Beklagte den Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 29.02.2004 an.

Mit Bescheid vom 07.01.2005 lehnte die Beklagte der Klägerin gegenüber Rentenleistungen ab. Obwohl sie seit dem 29.02.2004 voll erwerbsgemindert sei, könne eine entsprechende Rente nicht gezahlt werden, weil im maßgebenden Fünfjahreszeitraum keine Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Widerspruch und Klage waren erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.03.2005). Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat nach entsprechenden Hinweisen die Klage durch Gerichtsbescheid vom 24.05.2005 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen auf die Gründe im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen den am 10.06.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.07.2005 Berufung eingelegt mit der Begründung, es wolle ihr nicht in den Kopf, dass die Beklagte zwar feststelle, dass sie seit Februar 2004 total arbeitsunfähig und erwerbsgemindert sei, um gleichzeitig mitzuteilen, dass Anwartschaftserhaltungszeiten nicht belegt seien. Sie weist darauf hin, dass sie zu 70 % schwerstbehindert sei und nichts dafür könne, dass sie krank ist. Außerdem habe das SG mit dem Hin- weisschreiben vom 25.04.2005 einen Formfehler begangen, denn daraus sei beim besten Willen nicht zu erkennen, dass der Richter sie nicht anhören wolle.

Die Klägerin, für die in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 24.05.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2005 zu verurteilen, ihr ab 01.10.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte auf ihre angefochtenen Bescheide.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt, in der Sache aber nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn die hierfür erforderlichen besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG und die diesem zugrunde liegenden Entscheidungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden.

Ein Verfahrensfehler in Bezug auf § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG; Entscheidung durch Gerichtsbescheid) liegt nicht vor.

Gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 SGG kann das SG den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Hierzu sind die Beteiligten vorher zu hören (§ 105 Abs 1 Satz 2 SGG). Sie sollen darauf hingewiesen werden, dass das Gericht die Durchführung der grundsätzlich zu erwartenden mündlichen Verhandlung (§ 124 Abs 1 SGG) in diesem Fall nicht beabsichtigt.

Das Anhörungsschreiben des SG vom 25.04.2005 entspricht diesen Vorgaben. Eine Frist zur Stellungnahme der Beteiligten ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Vorliegend hatte die Klägerin auch hinreichend Zeit im Rahmen der Anhörung gehabt, nachdem das Anhörungsschreiben des SG vom 25.04.2005 datiert und der angefochtene Gerichtsbescheid am 24.05.2005 erlassen wurde.

In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach der ab 01.01.2001 gültigen Rechtslage, da ein Anspruch nach dem 31.12.2000 geltend gemacht wird. Nach § 43 Abs 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser / voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise / voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäfti gung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Was die sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des streitigen Anspruchs angeht, fordert das Gesetz sowohl für die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit als auch für den Nachweis von "drei Jahren Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren", dass die entsprechenden Versicherungszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung zurückgelegt sind.

Ausgangspunkt der Entscheidung des Senats ist zunächst, dass über den Eintritt des Leistungsfalles der vollen Erwerbsminderung zwischen den Beteiligten kein Streit besteht. Die Beklagte hat zu Recht den Leistungsfall mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 29.02.2004 angenommen. Auch der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Leistungsfall früher eingetreten sein könnte. Insoweit liegt keinerlei objektiver Nachweis darüber vor, dass die Klägerin bereits vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 29.02.2004 in ihrer Erwerbsfähigkeit in rentenrechtlich relevanter Weise eingeschränkt gewesen wäre. Die in erster Linie zum Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung führende Gesundheitsstörung der Klägerin (Ovarial-Ca) hat sich im Laufe der Jahre entwickelt und führte dann zu der o.a. Arbeitsunfähigkeit und zu der Operation am 09.09.2004 und im Anschluss daran zu weiteren Operationen. Zwar besteht durchaus die Möglichkeit, dass bereits vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Klägerin vorgelegen hat. Eine solche ist aber für die Zeit vor Februar 2004 nicht nachgewiesen.

Ausgehend von einem am 29.02.2004 eingetretenen Leistungsfall ergibt sich ein Fünfjahreszeitraum vom 01.02.1999 bis 31.01.2004. In diesem Zeitraum ist nicht ein einziger Monat mit einem Pflichtbeitrag belegt; erforderlich wären aber 36 Monate an Pflichtbeiträgen. Dies hat zur Folge, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen teilweiser und auch voller Erwrbsminderung nicht erfüllt sind.

Nach den §§ 241 Abs 2, 240 Abs 2 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit Antwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Dies ist bei der Klägerin eindeutig nicht der Fall, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Die Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht durch eine nachträgliche Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit ab 01.01.1984 geschlossen werden, da die Fristen des § 1418 Abs 1 Reichsversicherungsordnung bzw. § 197 Abs 2 SGB VI abgelaufen sind. Auch scheidet vorliegend eine Altersrente für Schwerbehinderte (§ 236a SGB VI) aus, weil die Klägerin die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren nicht erfüllt hat (Abs 1 Nr 3).

Bei dieser Sachlage musste die Berufung der Klägerin zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung der Klägerin erfolglos blieb.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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