Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 3383/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3216/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung sind auch nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb und Umwandlung des Vertrags auf ihn grundsätzlich in Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit erworben worden und deshalb der Beitragsbemessung in der Kranken- und Pflegeversicherung zu Grunde zu legen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherte die günstigeren Konditionen übernimmt.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15. April 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Beitragspflicht der Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1941 geborene Kläger, der bis zum 31.08.2004 bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich kranken- und pflegeversichert war, bezog ab 01.09.2003 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine monatliche Rente in Höhe von EUR 1.499,60.
Am 21.06.2004 teilte die N. Lebensversicherungs AG der Beklagten mit, dass dem Kläger zum 01.06.2004 als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersvorsorge ein Betrag in Höhe von EUR 28.278,86 ausbezahlt werde.
Die Beklagte forderte daraufhin mit Bescheiden vom 24.06.2004 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf diese Kapitalleistung. Dabei verteilte sie die Kapitalleistung auf 120 Monate und errechnete unter Anwendung des Beitragssatzes einen Monatsbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von EUR 35,82 und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 4,-.
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruches machte der Kläger geltend, dass in die ursprüngliche Direktversicherung nur zwischen 1991 und 1996 laufendes Einkommen über den Arbeitgeber eingezahlt worden sei. Seit 01.01.1997 sei er arbeitslos gewesen und habe den Vertrag als normale Lebensversicherung weitergeführt. In der Presse sei zu diesem Thema ausgeführt worden, dass Sozialbeiträge nur auf den Teil der Versicherungssumme gezahlt werden müssten, die vom Arbeitgeber überwiesen worden sei. Der Anteil, den er selbst aus versteuertem Einkommen (Arbeitslosengeld) gezahlt habe, sei beitragsfrei. Er fügte den Versicherungsausweis der A. Lebensversicherungs-AG vom 04.11.2003 bei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 13.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es handle sich um die Auszahlung einer sogenannten abgeschlossenen Direktversicherung. Die Direktversicherung sei eine Form der betrieblichen Altersversorgung. Versorgungsbezüge seien als der Rente vergleichbare Einnahmen beitragspflichtig, wenn sie auf eine frühere Erwerbstätigkeit des Versorgungsempfängers zurückzuführen seien und bei Eintritt eines Versicherungsfalles ausfallendes Erwerbseinkommen ersetzen oder im Falle des Todes der Sicherung von Hinterbliebenen dienen sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es nicht darauf an, wer die Leistungen im Ergebnis finanziert habe. Leistungen seien selbst dann beitragspflichtige Versorgungsbezüge, wenn sie überwiegend oder sogar ausschließlich durch Beiträge des Arbeitnehmers finanziert worden seien, sofern sie einen Betriebsbezug hätten. Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG) sei § 229 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mit Wirkung zum 01.01.2004 geändert worden. Durch die geänderte Fassung seien seit 01.01.2004 alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung dienen würden, der Beitragspflicht unterworfen, soweit ein Bezug zum früheren Erwerbsleben gegeben sei. Würden die Versorgungsbezüge als Kapitalleistung gewährt, gelte 1/120 der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag. Dabei werde der Betrag der Kapitalleistung auf höchstens zehn Jahre umgelegt. Eine spätere Umwandlung in eine freiwillige Weiterversicherung ändere nichts an der Beitragspflicht der Kapitalleistung. Der Zusammenhang mit der früheren Berufstätigkeit sei gewahrt geblieben.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG).
Das SG zog den den Kläger betreffenden Rentenbescheid der BfA vom 18.08.2004, den Auszahlungsbescheid der N. Lebensversicherungs AG vom 03.03.2004 und ein Schreiben der Versicherungs-AG vom 17.04.1997 über die Änderung der Versicherungsnehmereigenschaft auf den Kläger bei.
Mit Urteil vom 15.04.2005 hob das SG die Bescheide vom 24.06.2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.10.2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.07.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Zur Begründung führte das SG aus, die Beklagte sei verpflichtet, die Beitragsbestimmung aus der erhaltenen Kapitalleistung der N. Versicherung auf den Zeitraum der Direktversicherung zu begrenzen. Ob eine beitragspflichtige Rente der betrieblichen Altersversorgung vorliege, richte sich nach der Institution, die sie zahle bzw. dem Versicherungstyp. Damit sei die Abgrenzung gegenüber beitragsfreien sonstigen Renten aus privaten Lebensversicherungen gewährleistet. Die beim Kläger ursprünglich bestehende Direktversicherung sei mit Wirkung vom 01.06.1997 in eine private Lebensversicherung mit ihm als Versicherungsnehmer umgewandelt worden. Der Kläger sei ab diesem Zeitpunkt als Versicherungsnehmer eingetragen gewesen. Das Verfügungsrecht über die Versicherung sei ausschließlich bei ihm gelegen. Damit habe ab 01.06.1997 nur noch eine allgemeine Kapitallebensversicherung vorgelegen, die der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entzogen sei. Als Rechtsmittelbelehrung war dem Urteil beigefügt, dass es mit der Berufung angefochten werden könne.
Da aufgrund der zum 31.08.2004 beendeten Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten nur zwei Beitragsmonate streitbefangen waren, nahm die Beklagte ihre am 28.04.2005 eingelegte Berufung zurück und beantragte, die Berufung gegen das Urteil des SG vom 15.04.2005 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Dem kam der erkennende Senat mit Beschluss vom 26.07.2005 nach.
Zur Begründung der Berufung führte die Beklagte aus, beitragsfrei seien nur Einnahmen, die ohne Zusammenhang mit einer (früheren) Berufstätigkeit aus privater Vorsorge oder z.B. ererbtem Vermögen erworben worden seien. § 1 b Abs. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) regele, dass, soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung erfolge, der Arbeitnehmer seine Anwartschaft behalte, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls ende. Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer müsse dann das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen eingeräumt werden. Ihm sei ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen. So sei auch im Falle des Klägers verfahren worden. Hieraus folge, dass die Ablaufleistung, die sich betragsmäßig nach dem Versicherungsnehmerwechsel nicht geändert habe, als Kapitalleistung der betrieblichen Altersvorsorge insgesamt angesehen werden müsse. Der Versicherungstyp der Direktversicherung gebe der Leistung insgesamt ihr rechtliches Gepräge. Ohne die steuerlich begünstigte Direktversicherung, die den Bezug zu der früheren Berufstätigkeit des Klägers herstelle, wäre dem Kläger die von vornherein vereinbarte Versicherungssumme nicht ausgezahlt worden. Von einer Umwandlung in eine private Lebensversicherung könne deshalb keine Rede sein. Die Tatsache, dass der Kläger die Versicherung fortgeführt habe und die Beiträge allein finanziert habe, ändere hieran nichts.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.04.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine Auskunft der N. Lebensversicherung AG eingeholt. Darin wird mitgeteilt, bei der Versicherung des Klägers handele es sich um eine Direktversicherung mit Entgeltumwandlung. Es habe sich um einen Gruppensondertarif mit verbesserten Vertragskonditionen gehandelt. Nach der Umstellung der Direktversicherung auf den Kläger habe der Gruppensondertarif beibehalten werden können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Bescheide vom 24.06.2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.10.2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.07.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Die mit diesen Bescheiden getroffene Entscheidung der Beklagten zur Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entspricht dem seit 01.01.2004 gültigen Recht und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragsbemessung zur Krankenversicherung bei versicherungspflichtigen Rentnern und insbesondere die Vorschrift des § 229 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV -Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 sowie die maßgeblichen Normen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, diese Grundsätze zur Beitragsbemessung ebenfalls gelten.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von beitragsfreien Renten aus privaten Lebensversicherungen zu beitragspflichtigen Renten der betrieblichen Altersversorgung (zuletzt BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 4/00 R -), der sich der erkennende Senat bereits angeschlossen hat (Beschluss vom 24.01.2005 - L 11 KR 5405/04 NZB -), und unter Beachtung der vom Senat getätigten Ermittlungen ist die gesamte Kapitalleistung der N. Versicherung der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers ab 01.07.2004 entgegen der Auffassung des SG heranzuziehen.
Wie das SG zu Recht dargelegt hat, ist eine Lebensversicherung nach § 229 SGB V in der Fassung des GMG vom 14.11.2003 bei der Höhe der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge grundsätzlich anrechenbar (§ 237 Satz 1 Nr. 2, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Auch die Art der Berechnung des monatlichen Zahlbetrages bei einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V hat das SG in nicht zu beanstandender Weise erläutert. Gegen die danach errechnete Höhe der Beiträge hat der Kläger auch keine Einwendungen erhoben, insoweit sind Fehler zuungunsten des Klägers auch nicht erkennbar. Richtig ist auch, wenn das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG weiter ausführt, dass zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich alle Renten, die von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gezahlt würden, gehörten, wenn sie im Zusammenhang mit einer früheren beruflichen Tätigkeit erworben sind (vgl. BSGE 70, 105).
Nicht gefolgt werden kann dem SG jedoch, wenn es in Anbetracht dieser Ausführungen dann die Auffassung vertritt, ab 01.06.1997 habe nur noch eine allgemeine Kapitallebensversicherung vorgelegen, die der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entzogen sei, weil die bestehende Direktversicherung in eine private Lebensversicherung mit dem Kläger als Versicherungsnehmer umgewandelt worden sei.
Bei einer Direktversicherung handelt es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einem Versicherungsunternehmen im Wege einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitallebensversicherung, bei welcher der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Als Versicherungsnehmer ist der Arbeitgeber zur Zahlung der Prämien verpflichtet. Zusätzlich zum Lohn gezahlte Direktversicherungsbeiträge werden pauschal besteuert, wobei der Satz der Pauschalbesteuerung von ursprünglich 10 Prozent schrittweise auf 20 Prozent angehoben wurde (§ 40 b Einkommenssteuergesetz - EStG). Nach § 1 b Abs. 5 BetrAVG behält der Arbeitnehmer, soweit die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung erfolgt, seine Anwartschaft, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet. Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer muss das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beträgen eingeräumt werden. Im Falle einer Direktversicherung ist ihm mit Beginn der Entgeltumwandlung ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen.
Diese Konstellation lag im Falle des Klägers vor. Sein vormaliger Arbeitgeber, die G. Vertriebs GmbH, hatte im Rahmen der Direktversicherung zu seinen Gunsten für die Zeit ab 01.06.1991 bis 01.06.2004, mithin bis kurz vor Erreichen des 63. Lebensjahres, für ihn über einen Betrag von 42.182,- DM eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestätigte die N. Lebensversicherung AG dem Kläger mit Schreiben vom 17.04.1997, dass der Vertrag nicht mehr als Direktversicherung gelte und er nunmehr Vertragspartner sei. Dies entspricht den gesetzlichen Regelungen wie sie im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgesehen sind (§ 1b Abs. 5 BetrAVG). Im Hinblick auf den Vertrag war nach der Auskunft der N. Lebensversicherung AG ursprünglich mit der Firma G. ein Gruppensondertarif mit verbesserten Vertragskonditionen vereinbart worden. Dies war mit Kostenvorteilen verbunden. Nach Umstellung der Direktversicherung auf den Kläger blieb dieser Gruppensondertarif beibehalten. Der Kläger hatte den gleichen Beitrag zu leisten und erhielt bei Vertragsablauf den auch mit dem Arbeitgeber vereinbarten Betrag.
Damit bestand auch für die Zeit nach Vertragsumwandlung von der Direktversicherung in die private Lebensversicherung ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Klägers. Der Kläger hatte nur deshalb die Möglichkeit günstigere Beiträge zu entrichten und eine höhere Ablaufleistung zu erhalten, weil er früher in dem Betrieb tätig gewesen war und der Betrieb für ihn diese Direktversicherung abgeschlossen hatte. Dies führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Leistung der betrieblichen Altersversorgung auch nach der Umwandlung des Vertrags auf ihn im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit erworben hat. Ohne die frühere Betriebszugehörigkeit hätte er nicht diese günstigen Konditionen erhalten und beibehalten. Als Folge ist deshalb die gesamte Kapitalleistung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.
Die Berufung der Beklagten musste Erfolg haben. Das angefochtene Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Beitragspflicht der Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1941 geborene Kläger, der bis zum 31.08.2004 bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich kranken- und pflegeversichert war, bezog ab 01.09.2003 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine monatliche Rente in Höhe von EUR 1.499,60.
Am 21.06.2004 teilte die N. Lebensversicherungs AG der Beklagten mit, dass dem Kläger zum 01.06.2004 als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersvorsorge ein Betrag in Höhe von EUR 28.278,86 ausbezahlt werde.
Die Beklagte forderte daraufhin mit Bescheiden vom 24.06.2004 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf diese Kapitalleistung. Dabei verteilte sie die Kapitalleistung auf 120 Monate und errechnete unter Anwendung des Beitragssatzes einen Monatsbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von EUR 35,82 und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 4,-.
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruches machte der Kläger geltend, dass in die ursprüngliche Direktversicherung nur zwischen 1991 und 1996 laufendes Einkommen über den Arbeitgeber eingezahlt worden sei. Seit 01.01.1997 sei er arbeitslos gewesen und habe den Vertrag als normale Lebensversicherung weitergeführt. In der Presse sei zu diesem Thema ausgeführt worden, dass Sozialbeiträge nur auf den Teil der Versicherungssumme gezahlt werden müssten, die vom Arbeitgeber überwiesen worden sei. Der Anteil, den er selbst aus versteuertem Einkommen (Arbeitslosengeld) gezahlt habe, sei beitragsfrei. Er fügte den Versicherungsausweis der A. Lebensversicherungs-AG vom 04.11.2003 bei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 13.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es handle sich um die Auszahlung einer sogenannten abgeschlossenen Direktversicherung. Die Direktversicherung sei eine Form der betrieblichen Altersversorgung. Versorgungsbezüge seien als der Rente vergleichbare Einnahmen beitragspflichtig, wenn sie auf eine frühere Erwerbstätigkeit des Versorgungsempfängers zurückzuführen seien und bei Eintritt eines Versicherungsfalles ausfallendes Erwerbseinkommen ersetzen oder im Falle des Todes der Sicherung von Hinterbliebenen dienen sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es nicht darauf an, wer die Leistungen im Ergebnis finanziert habe. Leistungen seien selbst dann beitragspflichtige Versorgungsbezüge, wenn sie überwiegend oder sogar ausschließlich durch Beiträge des Arbeitnehmers finanziert worden seien, sofern sie einen Betriebsbezug hätten. Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG) sei § 229 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mit Wirkung zum 01.01.2004 geändert worden. Durch die geänderte Fassung seien seit 01.01.2004 alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung dienen würden, der Beitragspflicht unterworfen, soweit ein Bezug zum früheren Erwerbsleben gegeben sei. Würden die Versorgungsbezüge als Kapitalleistung gewährt, gelte 1/120 der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag. Dabei werde der Betrag der Kapitalleistung auf höchstens zehn Jahre umgelegt. Eine spätere Umwandlung in eine freiwillige Weiterversicherung ändere nichts an der Beitragspflicht der Kapitalleistung. Der Zusammenhang mit der früheren Berufstätigkeit sei gewahrt geblieben.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG).
Das SG zog den den Kläger betreffenden Rentenbescheid der BfA vom 18.08.2004, den Auszahlungsbescheid der N. Lebensversicherungs AG vom 03.03.2004 und ein Schreiben der Versicherungs-AG vom 17.04.1997 über die Änderung der Versicherungsnehmereigenschaft auf den Kläger bei.
Mit Urteil vom 15.04.2005 hob das SG die Bescheide vom 24.06.2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.10.2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.07.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Zur Begründung führte das SG aus, die Beklagte sei verpflichtet, die Beitragsbestimmung aus der erhaltenen Kapitalleistung der N. Versicherung auf den Zeitraum der Direktversicherung zu begrenzen. Ob eine beitragspflichtige Rente der betrieblichen Altersversorgung vorliege, richte sich nach der Institution, die sie zahle bzw. dem Versicherungstyp. Damit sei die Abgrenzung gegenüber beitragsfreien sonstigen Renten aus privaten Lebensversicherungen gewährleistet. Die beim Kläger ursprünglich bestehende Direktversicherung sei mit Wirkung vom 01.06.1997 in eine private Lebensversicherung mit ihm als Versicherungsnehmer umgewandelt worden. Der Kläger sei ab diesem Zeitpunkt als Versicherungsnehmer eingetragen gewesen. Das Verfügungsrecht über die Versicherung sei ausschließlich bei ihm gelegen. Damit habe ab 01.06.1997 nur noch eine allgemeine Kapitallebensversicherung vorgelegen, die der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entzogen sei. Als Rechtsmittelbelehrung war dem Urteil beigefügt, dass es mit der Berufung angefochten werden könne.
Da aufgrund der zum 31.08.2004 beendeten Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten nur zwei Beitragsmonate streitbefangen waren, nahm die Beklagte ihre am 28.04.2005 eingelegte Berufung zurück und beantragte, die Berufung gegen das Urteil des SG vom 15.04.2005 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Dem kam der erkennende Senat mit Beschluss vom 26.07.2005 nach.
Zur Begründung der Berufung führte die Beklagte aus, beitragsfrei seien nur Einnahmen, die ohne Zusammenhang mit einer (früheren) Berufstätigkeit aus privater Vorsorge oder z.B. ererbtem Vermögen erworben worden seien. § 1 b Abs. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) regele, dass, soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung erfolge, der Arbeitnehmer seine Anwartschaft behalte, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls ende. Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer müsse dann das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen eingeräumt werden. Ihm sei ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen. So sei auch im Falle des Klägers verfahren worden. Hieraus folge, dass die Ablaufleistung, die sich betragsmäßig nach dem Versicherungsnehmerwechsel nicht geändert habe, als Kapitalleistung der betrieblichen Altersvorsorge insgesamt angesehen werden müsse. Der Versicherungstyp der Direktversicherung gebe der Leistung insgesamt ihr rechtliches Gepräge. Ohne die steuerlich begünstigte Direktversicherung, die den Bezug zu der früheren Berufstätigkeit des Klägers herstelle, wäre dem Kläger die von vornherein vereinbarte Versicherungssumme nicht ausgezahlt worden. Von einer Umwandlung in eine private Lebensversicherung könne deshalb keine Rede sein. Die Tatsache, dass der Kläger die Versicherung fortgeführt habe und die Beiträge allein finanziert habe, ändere hieran nichts.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.04.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine Auskunft der N. Lebensversicherung AG eingeholt. Darin wird mitgeteilt, bei der Versicherung des Klägers handele es sich um eine Direktversicherung mit Entgeltumwandlung. Es habe sich um einen Gruppensondertarif mit verbesserten Vertragskonditionen gehandelt. Nach der Umstellung der Direktversicherung auf den Kläger habe der Gruppensondertarif beibehalten werden können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Bescheide vom 24.06.2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.10.2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.07.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Die mit diesen Bescheiden getroffene Entscheidung der Beklagten zur Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entspricht dem seit 01.01.2004 gültigen Recht und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragsbemessung zur Krankenversicherung bei versicherungspflichtigen Rentnern und insbesondere die Vorschrift des § 229 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV -Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 sowie die maßgeblichen Normen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, diese Grundsätze zur Beitragsbemessung ebenfalls gelten.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von beitragsfreien Renten aus privaten Lebensversicherungen zu beitragspflichtigen Renten der betrieblichen Altersversorgung (zuletzt BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 4/00 R -), der sich der erkennende Senat bereits angeschlossen hat (Beschluss vom 24.01.2005 - L 11 KR 5405/04 NZB -), und unter Beachtung der vom Senat getätigten Ermittlungen ist die gesamte Kapitalleistung der N. Versicherung der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers ab 01.07.2004 entgegen der Auffassung des SG heranzuziehen.
Wie das SG zu Recht dargelegt hat, ist eine Lebensversicherung nach § 229 SGB V in der Fassung des GMG vom 14.11.2003 bei der Höhe der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge grundsätzlich anrechenbar (§ 237 Satz 1 Nr. 2, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Auch die Art der Berechnung des monatlichen Zahlbetrages bei einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V hat das SG in nicht zu beanstandender Weise erläutert. Gegen die danach errechnete Höhe der Beiträge hat der Kläger auch keine Einwendungen erhoben, insoweit sind Fehler zuungunsten des Klägers auch nicht erkennbar. Richtig ist auch, wenn das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG weiter ausführt, dass zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich alle Renten, die von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gezahlt würden, gehörten, wenn sie im Zusammenhang mit einer früheren beruflichen Tätigkeit erworben sind (vgl. BSGE 70, 105).
Nicht gefolgt werden kann dem SG jedoch, wenn es in Anbetracht dieser Ausführungen dann die Auffassung vertritt, ab 01.06.1997 habe nur noch eine allgemeine Kapitallebensversicherung vorgelegen, die der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entzogen sei, weil die bestehende Direktversicherung in eine private Lebensversicherung mit dem Kläger als Versicherungsnehmer umgewandelt worden sei.
Bei einer Direktversicherung handelt es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einem Versicherungsunternehmen im Wege einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitallebensversicherung, bei welcher der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Als Versicherungsnehmer ist der Arbeitgeber zur Zahlung der Prämien verpflichtet. Zusätzlich zum Lohn gezahlte Direktversicherungsbeiträge werden pauschal besteuert, wobei der Satz der Pauschalbesteuerung von ursprünglich 10 Prozent schrittweise auf 20 Prozent angehoben wurde (§ 40 b Einkommenssteuergesetz - EStG). Nach § 1 b Abs. 5 BetrAVG behält der Arbeitnehmer, soweit die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung erfolgt, seine Anwartschaft, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet. Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer muss das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beträgen eingeräumt werden. Im Falle einer Direktversicherung ist ihm mit Beginn der Entgeltumwandlung ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen.
Diese Konstellation lag im Falle des Klägers vor. Sein vormaliger Arbeitgeber, die G. Vertriebs GmbH, hatte im Rahmen der Direktversicherung zu seinen Gunsten für die Zeit ab 01.06.1991 bis 01.06.2004, mithin bis kurz vor Erreichen des 63. Lebensjahres, für ihn über einen Betrag von 42.182,- DM eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestätigte die N. Lebensversicherung AG dem Kläger mit Schreiben vom 17.04.1997, dass der Vertrag nicht mehr als Direktversicherung gelte und er nunmehr Vertragspartner sei. Dies entspricht den gesetzlichen Regelungen wie sie im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgesehen sind (§ 1b Abs. 5 BetrAVG). Im Hinblick auf den Vertrag war nach der Auskunft der N. Lebensversicherung AG ursprünglich mit der Firma G. ein Gruppensondertarif mit verbesserten Vertragskonditionen vereinbart worden. Dies war mit Kostenvorteilen verbunden. Nach Umstellung der Direktversicherung auf den Kläger blieb dieser Gruppensondertarif beibehalten. Der Kläger hatte den gleichen Beitrag zu leisten und erhielt bei Vertragsablauf den auch mit dem Arbeitgeber vereinbarten Betrag.
Damit bestand auch für die Zeit nach Vertragsumwandlung von der Direktversicherung in die private Lebensversicherung ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Klägers. Der Kläger hatte nur deshalb die Möglichkeit günstigere Beiträge zu entrichten und eine höhere Ablaufleistung zu erhalten, weil er früher in dem Betrieb tätig gewesen war und der Betrieb für ihn diese Direktversicherung abgeschlossen hatte. Dies führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Leistung der betrieblichen Altersversorgung auch nach der Umwandlung des Vertrags auf ihn im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit erworben hat. Ohne die frühere Betriebszugehörigkeit hätte er nicht diese günstigen Konditionen erhalten und beibehalten. Als Folge ist deshalb die gesamte Kapitalleistung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.
Die Berufung der Beklagten musste Erfolg haben. Das angefochtene Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
Rechtskraft
Aus
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