Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 1394
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 3448/05 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch bei der Geltendmachung von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich nicht gegeben, wenn nur noch streitig ist, ob der Freibetrag gemäß § 30 SGB II nach dem Brutto- oder nach dem Nettoeinkommen zu bestimmen ist.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juli 2005 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Antrags- und im Beschwerdeverfahren trägt die Antragsgegnerin.
Gründe:
I.
Der Antragsteller erstrebt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).
Der am ... geborene Antragsteller bezog von der Antragsgegnerin bis 28.05.1996 Arbeitslosengeld und anschließend bis Ende 2004 Arbeitslosenhilfe, zuletzt in der Zeit vom 01.06. bis 31.12.2004 in Höhe von wöchentlich 253,26 EUR. Er bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau ein in seinem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit vier Zimmern, einer Küche und einem Bad. Der Wohnflächenanteil beträgt 124 m2. Beheizt wird das Haus mit Gas; hierfür muss er monatliche Abschlagzahlungen von 131,- EUR an die MVV Energie AG entrichten. Das Warmwasser wird mit Hilfe elektrischer Boiler zubereitet. Die Ehefrau des Antragstellers ist erwerbstätig und erzielt ein monatliches Bruttoneinkommen aus unselbständiger Tätigkeit in Höhe von 953,02 EUR.
Am 17.12.2004 beantragte der Antragsteller bei der Agentur für Arbeit Mannheim die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 12.01.2005 wurden dem Antragsteller für sich und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Leistungen für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 in Höhe von monatlich 485,59 EUR bewilligt. Als Absender des Bescheides war folgende Stelle aufgeführt: ALG II - Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis), Fabrikweg 5, 6949 Weinheim. Beigefügt war u.a. folgender Hinweis: Erstbescheide für Anträge, die vor dem 01.01.2005 gestellt wurden, ergehen hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung im gesetzlichen Auftrag für den kommunalen Träger (§ 65a SGB II). Im Berechnungsbogen, der dem Bescheid ebenfalls beigefügt war, wird der Gesamtbedarf der aus dem Antragsteller und seiner Ehefrau bestehenden Bedarfsgemeinschaft mit 884,36 EUR angegeben. Er setzt sich aus den Regelleistungen für die Eheleute von 622,- EUR (2 x 311,00 EUR) und Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) von 262,36 EUR zusammen. Von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wird ein Betrag von 398,77 EUR als anrechenbares Einkommen der Ehefrau abgezogen, sodass sich ein Gesamtbetrag für Leistungen zum Lebensunterhalt und KdU in Höhe von 485,59 EUR ergibt. Das Schreiben endet mit folgender Rechtsmittelbelehrung: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem verpflichteten Träger einzulegen. Dies ist für die Kosten für Unterkunft und Heizung, Erstausstattung für Bekleidung und Wohnung sowie Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten folgender kommunaler Träger: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, Sozialamt, Kurfürstenanlage 38-40, 69115 Heidelberg, in den übrigen Fällen die Agentur für Arbeit Mannheim, M 3 a, 68161 Mannheim. Die Widerspruchsfrist von einem Monat beginnt frühestens am 01.01.2005 (Inkrafttreten des SGB II), zuvor eingehende Widersprüche wirken auf diesen Termin."
Der Antragsteller wandte sich daraufhin mit verschiedenen Widerspruchsschreiben sowohl an "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" als auch die Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit Mannheim sowie auch an das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Er verwies zur Begründung zum einen darauf, bisher Leistungen der Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III bezogen zu haben. Bei seiner Erklärung hierzu sei ihm von der Bundesagentur für Arbeit im Erklärungsformular ausdrücklich zugesichert worden, dass er Arbeitslosenhilfe bis zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente beziehen könne. Der neue Leistungsanspruch des Arbeitslosengeldes II liege weit unter der bisherigen Leistungshöhe der Arbeitslosenhilfe. Er beantrage daher, ihm weiterhin die gleiche Leistungshöhe zu zahlen, wie sie ihm durch Arbeitslosenhilfe bis zum 31.12.2004 zugestanden habe. Die vom Gesetzgeber bewirkte Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verletze mit Blick auf § 428 SGB III den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutz sowie Eigentumsschutz (Art. 14 und 20 Grundgesetz). Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung machte er verschiedene Unklarheiten und fehlenden Beträge geltend. Die Antragsgegnerin änderte mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2005 "den Bescheid der Agentur für Arbeit vom 12.01.2005" dahingehend ab, dass wegen des Einkommens der Ehefrau ein Betrag von 379,41 EUR auf die Regelleistung anzurechnen sei. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Sie führte im Wesentlichen aus, von dem Bruttoeinkommen der Ehefrau des Antragstellers von 953,02 EUR verblieben nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 562,34 EUR. Hiervon seien abzuziehen der Pauschbetrag für Versicherungen in Höhe von 30,- EUR, der Beitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 21,69 EUR, die Werbungskostenpauschale in Höhe von 15,33 EUR sowie Fahrtkosten für drei Kilometer an 19 Tagen monatlich in Höhe von 3,42 EUR. Es ergebe sich damit ein bereinigtes Nettoeinkommen von 491,90 EUR. Hiervon sei ein Freibetrag von 112,49 EUR abzusetzen, so dass 379,41 EUR Erwerbseinkommen dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft aus dem Antragsteller und seiner Ehefrau von 622,- EUR gegenüber stünden. Damit bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 242,59 EUR monatlich. Die Tatsache, dass der Antragsteller als Begründung anführe, er habe seinerzeit die Regelung zum Bezug von Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III im Vertrauen darauf unterschrieben, dass er bis zum Erhalt der Altersrente Arbeitslosenhilfe beziehen könne, vermöge keinen Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen. Von der Agentur für Arbeit seien die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beachten und die ab 01.01.2005 geltenden Gesetze sähen keinen Bezug von Arbeitslosenhilfe mehr vor. Die Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit entscheide mit diesem Widerspruchsbescheid allerdings nur über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Für letzteres sei der kommunale Träger zuständig.
Der kommunale Träger, der Rhein-Neckar-Kreis - Landratsamt - Sozialamt -, hat die ihm zur Bearbeitung des Widerspruchs zugeleiteten Unterlagen hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung mit Schreiben vom 25.05.2005 wieder an die Agentur für Arbeit Mannheim zurückgesandt mit der Bitte, den Widerspruch in eigener Zuständigkeit zu bearbeiten. Die Agentur für Arbeit wiederum hat wiederholt erklärt, für den Widerspruch hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht zuständig zu sein. Nachdem für den Bereich des Rhein-Neckar-Kreises eine Arbeitsgemeinschaft (zur einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II) nicht zustande gekommen sei, entscheide grundsätzlich die Agentur für Arbeit somit über die Regelleistungen und der kommunale Träger über die Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II. Die Übergangsregelung des § 65 a SGB II, die vorliegend zu einer einheitlichen Zuständigkeit der Agentur für Arbeit für die Erstbewilligung geführt habe, gelte nicht für die Entscheidung über den Widerspruch.
Der Antragsteller hat am 13.05.2005 beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben (Az.: S 10 AS 1390/05) und zugleich eine einstweilige Anordnung beantragt. Er hat ausführlich dargelegt und durch Vorlage entsprechender Unterlagen auch belegt, er sei in akute finanzielle Bedrängnis geraten. Zahlreiche Lastschriften auf seinem Girokonto könnten nicht mehr eingelöst werden, ihn erreichten zahlreiche Mahnungen und die Sparkasse Rhein-Neckar-Nord habe mittlerweile mit Schreiben vom 30. Juni 2005 per Gerichtsvollzieher die Kündigung seines Girokontos zustellen lassen. In der Sache hat er vorgetragen, schon die Höhe des Regelsatzes nach dem SGB II sei verfassungswidrig (Rechtsstaatsprinzip, Menschenwürde, Sozialstaatsprinzip). Zum Verstoß gegen Eigentumsschutz und Vertrauensschutz durch den Entzug der Arbeitslosenhilfe auch für solche Menschen, die eine Erklärung gemäß § 428 SGB III abgegeben hatten, hat er ein Rechtsgutachten von Prof. Mayer von der Universität Hamburg vorgelegt. Ferner hat er eingewandt, der Freibetrag nach § 30 SGB II sei aus dem Bruttoeinkommen, nicht aus dem Nettoeinkommen zu berechnen. Die Pauschalierungen hinsichtlich Versicherungen, Werbungskosten und Fahrtkosten seien unangemessen und nicht verfassungskonform. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sei auch eine anstehende notwendige Instandhaltung der Regenrinne seines Hauses mit Kosten von voraussichtlich 2704,73 EUR zu berücksichtigen, da durch die schadhafte Dachrinne mittlerweile das Mauerwerk in Mitleidenschaft gezogen werde und die Feuchtigkeit bereits in die Innenräume eindringe.
Die Antragsgegnerin ist dem Rechtsschutzbegehren entgegengetreten. Die Berechnung der dem Antragsteller bewilligten Leistungen entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Unstreitig gestellt hat die Antragsgegnerin allerdings, dass von den Kosten für Gas kein Abzug zu machen ist im Hinblick auf Warmwasser, da dieses im Falle des Antragstellers mit Strom erhitzt wird. Auch seien zusätzlich 13,- EUR monatlich Stromverbrauch für die zum Betrieb der Heizung erforderliche Umwälzpumpe zu berücksichtigen und die Heizungswartung werde auch einmal jährlich bei den Unterkunftskosten berücksichtigt. Hinsichtlich der Erneuerung der Dachrinne verweise sie darauf, dass der Kostenvoranschlag hierfür schon vor Jahren erstellt worden sei, sodass von einer Dringlichkeit und Notwendigkeit nicht ausgegangen werden könne. Auch dürfte durch den Steuerzahler keine Wertsteigerung finanziert werden.
Nach Klageerhebung sind für den Zeitraum ab 01.06.2005 Leistungen wie folgt bewilligt worden: Durch "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" - Bescheid vom 10.06.2005 - mit gleicher Rechtsbehelfsbelehrung wie im Bescheid vom 12.01.2005 monatliche Leistungen für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 242,59 EUR, durch den Rhein-Neckar-Kreis - Landratsamt - mit Bescheid vom 07.07.2005 monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung ab 01.06.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 261,58 EUR.
Das SG hat mit Beschluss vom 22.07.2005 dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teilweise stattgegeben und der Antragsgegnerin aufgegeben, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 617,28 EUR monatlich (einschließlich der KdU) für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 und in Höhe von 348,05 EUR (ohne KdU) monatlich für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2005 zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für den Erlass einer einstweiligen Anordnung seien ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch erforderlich. Der Anordnungsgrund sei die Notwendigkeit der Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller. Dies sei vorliegend grundsätzlich ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht durch die vom Kläger eingereichten Unterlagen. Hiernach befinde sich der Antragsteller in akuter Finanznot. Hinsichtlich der KdU für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 komme noch hinzu, dass mit einer Entscheidung der Verwaltung über den Widerspruch in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne. Entsprechend den Erfahrungen des Gerichts in verschiedenen Parallelfällen werde der Zuständigkeitskonflikt hinsichtlich der Widersprüche in Übergangsfällen der hier vorliegenden Art von der Agentur für Arbeit Heidelberg bzw. Mannheim und dem Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis dahingehend gelöst, dass keiner der beiden Träger die entsprechenden Widersprüche hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung bearbeite.
Jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises auch nicht beizuladen. Dies ergebe sich aus folgender Erwägung: Über die KdU für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 sei bisher keinerlei wirksame Verwaltungsentscheidung getroffen worden. Der Bescheid von "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" vom 12.01.2005 sei nämlich ebenso wie der Bescheid aus demselben Hause vom 10.06.2005 nichtig gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB X. Beide Verwaltungsakte seien schriftlich erlassen und ließen die erlassende Behörde nicht erkennen. "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" sei keine Behörde. Den beiden Bescheiden sei auch nicht zu entnehmen, welche Behörde tatsächlich entschieden hat. Die bloße Angabe des Dienstgebäudes Fabrikweg 5 in Weinheim reiche nicht aus, um für den Adressaten identifizierbar zu machen, welche Behörde diesen Bescheid erlassen hat. In einem Gebäude könnten bekanntlich mehrere Behörden sitzen und gerade im Bereich des SGB II sei es an der Tagesordnung, dass entsprechende Arbeitsgemeinschaften, Jobcenter etc., teils in Dienstgebäuden der Bundesagentur für Arbeit, teils in Dienstgebäuden der Sozialhilfeträger, teils auch in anderen Gebäuden angesiedelt werden. Der Adressangabe sei damit nur zu entnehmen, dass es sich um irgendeine Stelle handeln muss, die wohl im selben Gebäude wie die Agentur für Arbeit angesiedelt ist. Dass es sich um einen Bescheid der Agentur für Arbeit handeln soll, sei nicht erkennbar, insbesondere auch nicht aus der Rechtsbehelfsbelehrung, die nämlich gerade zwei verschiedene Stellen als für den Widerspruch zuständig angebe. Letztendlich sei aus dem Briefkopf sogar eher zu vermuten, dass es sich um eine Dienststelle des Rhein-Neckar-Kreises handeln könnte. Die Antragsgegnerin teile diese Rechtsauffassung des Gerichts nicht. Sie sei dementsprechend nicht gewillt, erneut wirksam zu bescheiden, so dass auch aus diesem Grund eine gerichtliche Anordnung erforderlich ist. Einer Beiladung des Landratsamtes bedürfte es eventuell dann, wenn hinsichtlich der KdU bereits das Widerspruchsverfahren erreicht wäre. Da der angefochtene Ausgangsbescheid aber nichtig sei, sei es ausreichend, die Agentur für Arbeit als für die Erstbewilligung zuständigen Träger zu verpflichten.
Eine einstweilige Anordnung des Gerichts könne aber nichts desto weniger nur soweit gehen, als die Klage in der Hauptsache nicht offensichtlich unbegründet sei. Bei offenem Ausgang der Klage in der Hauptsache sei eine Interessenabwägung erforderlich zwischen den Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen würde, dass der Anspruch besteht, bzw. auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich dabei im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass der Anspruch nicht bestehe. Dabei seien in die Interessenabwägung einzubeziehen die Intensität einer drohenden Verletzung von Grundrechten, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, eine unbillige Härte. Insbesondere seien aber auch die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen.
Hiernach ergebe sich, dass im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Leistung in Höhe der Arbeitslosenhilfe nicht zugesprochen werden kann. Die Erklärung des Arbeitslosen nach § 428 SGB III sei jedenfalls nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung eine Erklärung des Arbeitslosen, zum frühest möglichen Zeitpunkt Rente in Anspruch nehmen zu wollen. Im Gegenzug entfalle für ihn die Verpflichtung zu uneingeschränkter Arbeitsbereitschaft und dazu, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Die Aussicht, die Zeit zwischen dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs und dem Beginn der Altersrente durch den Bezug von Arbeitslosenhilfe überbrücken zu können, stelle sicherlich in gewisser Weise eine Art "Geschäftsgrundlage" der entsprechenden umfangreich praktizierten Vorruhestandsmodelle dar. Eine schriftliche Zusicherung, Arbeitslosenhilfe in der im Wesentlichen gleich bleibenden Höhe bis zum Rentenbeginn weiterzuzahlen, könne die Kammer allerdings nicht erkennen. Die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte seien durchaus gewichtig. Allerdings bleibe es dabei, dass die Arbeitslosenhilfe nicht eine beitragsfinanzierte, sondern eine steuerfinanzierte Leistung ist. Der Gesetzgeber dürfte deshalb seinen Gestaltungsspielraum nicht überschreiten, wenn er bedürftigkeitsabhängige steuerfinanzierte Leistungen der Höhe nach auch für den Personenkreis des § 428 SGB III einschränkt. Jedenfalls eine ganz überwiegende Erfolgsaussicht sei insoweit nicht gegeben.
In der Abwägung hierzu sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bzw. seine Ehefrau über ein eigen genutztes Einfamilienhaus verfügt mit einer Wohnfläche von 124 m2 plus Grundstück von 500 m2 (lt. Antrag) bzw. 196 m2 plus Keller (lt. Versicherungsschein der Gebäudeversicherung). Auch wenn es sich dabei um ein älteres Haus mit Baujahr 1908 handelt, sei es sicherlich möglich, dieses Haus durch Hypothekenkredite, für die derzeit sehr günstige Zinsen zu erhalten sind, in einem höheren Umfang als bisher zu belasten. Bisher sei das Haus nach den vorliegenden Unterlagen nur mit 10000,- EUR belastet. Den Nachteil, einen solchen Kredit in Anspruch nehmen zu müssen, könne man dem Antragsteller in Abwägung damit, dass es sich bei der Streichung der Arbeitslosenhilfe zum 31.12.2004 um geltendes Recht handelt, durchaus bis zur Entscheidung in der Hauptsache sowie durch das Bundesverfassungsgericht zumuten.
Allerdings habe das Gericht, nachdem die Bescheide von "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" nichtig sind, eine eigene - vorläufige -Entscheidung für die Zeiträume vom 01.01. bis 31.05.2005 (Kosten der Unterkunft und Heizung) bzw. 01.01. bis 30.11.2005 (Regelleistung) getroffen.
Hiernach ergebe sich hinsichtlich der Regelleistung folgende Berechnung: Vom Nettoeinkommen der Ehefrau nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 562,34 EUR seien mit der Berechnung der Antragsgegnerin Kosten für die Kfz-Haftpflichtversicherung sowie Pauschalen für Versicherungen, Werbungskosten und Fahrtkosten abzuziehen. Von den danach verbleibenden 491.90 EUR sei ein Freibetrag in Höhe von 217,95 EUR abzuziehen. Danach verbleibe ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 273,95 EUR und die Regelleistung sei mit 348,05 EUR anzunehmen. Maßgeblich dazu seien folgende Erwägungen: Bei den Versicherungen sei nicht die Gebäudeversicherung zu berücksichtigen, da diese zu den Kosten der Unterkunft zähle (bei der eigen genutzten Immobilie). Hinsichtlich der anderen Punkte (Versicherungen, Werbungskosten, Fahrtkosten) seien höhere tatsächliche Aufwendungen gegenüber den Pauschalen nicht nachgewiesen. Die bloße Berücksichtigung im Steuerrecht reiche nicht aus. Der Verordnungsgeber sei keinesfalls gezwungen, im Bereich des Arbeitslosengeld II dieselben Werbungskosten anzuerkennen wie bei der Einkommensteuer. Allerdings sei der Freibetrag gemäß § 30 SGB II nicht aus dem Netto-, sondern aus dem Bruttolohn des Betroffenen zu berechnen (so auch Hengelhaupt, in: Hauck, SGB II, Kommentar, Stand 2. Lieferung Juni 2005, § 30 RdNr. 17 ff mit ausführlicher Begründung).
Hinsichtlich der KdU ergäben sich jeweils monatlich: Zinsaufwendungen von 50,42 EUR, Grundsteuer von 7,79 EUR, Gebäudeversicherungsbeitrag in Höhe von 8,43 EUR, Wasser und Abwasser in Höhe von 28,96 EUR, Müllgebühren in Höhe von 21,64 EUR, Heizungswartung und Schornsteinfeger in Höhe von 10,57 EUR, Gas und anteilige Stromkosten für die Umwälzpumpe in Höhe von 141,42 EUR, mithin insgesamt 269,23 EUR. Die Haushaftpflichtversicherung sei hier nicht zu berücksichtigen, da sie bei eigen genutzten Wohnräumen in der Privathaftpflichtversicherung inbegriffen sei, die bereits bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens in der Versicherungspauschale von 30,- EUR monatlich berücksichtigt sei. Die zuletzt vom Antragsteller geltend gemachte Nachzahlung an Heizungskosten sei zwar grundsätzlich berücksichtigungsfähig (vgl. Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, SGB II, Stand: 3. Lieferung Jan. 2005, § 22 Rd.Nr. 15). Sie betreffe aber den Zeitraum ab 01.06.2005 und sei damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens auf einstweilige Anordnung gegen die Bundesagentur für Arbeit.
Über die Berücksichtigungsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen für die Reparatur der Dachrinne sei im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Grundsätzlich könnten notwendige Instandhaltungsmaßnahmen am Haus bei den Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden. Nach dem Vorbringen des Antragstellers gehe die Kammer allerdings davon aus, dass damit auch noch einige Monate zugewartet werden könne und es sich nicht um eine sofort zwingend auszuführende Maßnahme handele. Im Übrigen bestehe im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz vorzunehmenden Abwägung und angesichts der hier nur begrenzten Ermittlungsmöglichkeiten auch die Möglichkeit, dass der Kläger insoweit einen mit einer Grundschuld auf das Haus abgesicherten Kredit aufnehme. Ob diese Kosten dann von der Antragsgegnerin bzw. dann ggf. von dem Landratsamt - Sozialamt - zu übernehmen seien, könne auch noch im Hauptsacheverfahren durch entsprechende Beweisaufnahme geklärt werden, ohne dass dem Antragsteller hierdurch unzumutbare Nachteile entstünden.
Der Beschluss des SG ist dem Antragsteller am 27.07.2005 und der Antragsgegnerin am 26.07.2005 zugestellt worden. Der Antragsteller hat am 22.08.2005 und die Antragsgegnerin hat am 25.08.2005 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Der Antragsteller hat seine Beschwerde mit einem am 05.10.2005 beim LSG eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten wieder zurückgenommen.
Die Antragsgegnerin trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor, zumindest ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben. Die Bescheide vom 12.01. und 10.06.2005 seien nicht nichtig. Daher könne über die KdU auch nicht ohne Beiladung des Rhein Neckar-Kreises entschieden werden. Zwar handele es sich bei der Angabe in den Briefköpfen "Alg II - Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" um keine Behörde, für den Antragsteller sei aber klar erkennbar gewesen, dass die Bescheide von der Agentur für Arbeit erlassen worden seien. Die genannten Bescheide seien auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Freibetrag gemäß § 30 SGB II sei nicht aus dem Bruttolohn des Betroffenen zu berechnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juli 2005 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er hält die Beschwerde der Antragsgegnerin für unbegründet. Seine Auffassung hat er mit Schriftsatz vom 11.10.2005 näher begründet; hierauf wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Das SG ist in seinem Beschluss vom 22.07.2005 zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben ist. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
Ein Anordnungsgrund ist nicht gegeben. Für die Prüfung der Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung ist der Streitgegenstand zu berücksichtigen. Danach geht es nur um höhere Leistungen für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2005. Unstreitig stehen dem Antragsteller folgende Leistungen zu: im Zeitraum vom 01.01. bis 31.05.2005 monatliche Leistungen für KdU von 262,36 EUR (Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.01.2005) sowie Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) in Höhe von 242,59 (Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 11.04.2005), zusammen also monatlich 504,95 EUR, und im Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2005 Leistungen für KdU von 261,58 (Bescheid des Landratsamtes für den Rhein-Neckar-Kreis vom 07.07.2005) sowie Regelleistungen in Höhe von 242,59 EUR (Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.06.2005), zusammen also 504,17 EUR. Ferner verfügte die Ehefrau des Antragstellers, deren Einkommen bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu berücksichtigen ist (§§ 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3 Nr. Buchst a) SGB II), in der Zeit vom 01.01. bis 30.11.2005 über ein monatliches Bruttoeinkommen von 953,02 EUR bzw. ein Nettoeinkommen (nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) von 562,34 EUR. Damit standen dem Antragsteller und seiner Ehefrau (Bedarfsgemeinschaft), die mietfrei im eigenen Haus wohnen, im streitigen Zeitraum rund 1000,- EUR netto zur Verfügung. Berücksichtigt man zusätzlich, dass die Gerichte auch nach Ansicht des BVerfG berechtigt sind, bei der Zuerkennung von Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein Abschlag vorzunehmen, um eine (vollständige) Vorwegnahme der Hautsache zu vermeiden, vermag der Senat eine Eilbedürftigkeit für die Entscheidung der noch streitigen Frage, ob der Freibetrag gemäß § 30 SGB II nach dem Brutto- oder nach dem Nettoeinkommen zu bestimmen ist, nicht zu erkennen. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, die Klärung (auch) dieser Frage im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Die vom SG aufgeworfene Frage nach der Nichtigkeit der Bescheide vom 12.01.2005 und 10.06.2005 braucht jedenfalls im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht entschieden zu werden. Der Antragsteller ist durch die Zuerkennung von Leistungen in den genannten Bescheiden nicht beschwert und kann eine Beschwer auch nicht dadurch herbeiführen, dass er die Nichtigkeit dieser Bescheide geltend macht. Entscheidend ist, ob er Leistungen erhält oder nicht. Ob er die zur Bestreitung des Existenzminimums erforderlichen Leistungen von einer zuständigen oder unzuständigen Behörde erhält, ist von nachrangiger Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei sieht es der Senat als sachgerecht an, dass die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Antrags- und im Beschwerdeverfahren trägt. Unabhängig von der Frage, ob die Auffassung der Antragsgegnerin zur Zuständigkeitsverteilung für so genannte Übergangsfälle nach § 65a SGB II richtig ist oder nicht, war die Antragsgegnerin nach § 43 Abs. 1 SGB I zur (vorläufigen) Leistung an den Antragsteller verpflichtet. Nach dieser Bestimmung muss der zuerst angegangene Leistungsträger auf Antrag des Berechtigten vorläufig Leistungen erbringen, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist. Er kann zwar grundsätzlich den Umfang der Leistungsgewährung nach seinem Ermessen bestimmen, bei Leistungen, die - wie hier - der Existenzsicherung dienen, ist der Ermessensspielraum der Verwaltung aber nach Ansicht des Senats auf Null reduziert, d.h. der zuerst angegangene Leistungsträger muss die Leistungen in der tatsächlich zustehenden Höhe erbringen. Ein Streit über die Zuständigkeit der Leistungsträger bezüglich der KdU hat hier bestanden, weil der kommunale Träger, der Rhein-Neckar-Kreis - Landratsamt - Sozialamt -, die ihm zur Bearbeitung des Widerspruchs zugeleiteten Unterlagen hinsichtlich der KdU mit Schreiben vom 25.05.2005 wieder an die Agentur für Arbeit Mannheim zurückgesandt hat mit der Bitte, den Widerspruch in eigener Zuständigkeit zu bearbeiten. Bei diesem Sachverhalt durfte sich der Antragsteller zur Stellung eines einstweiligen Rechtschutzbegehrens veranlasst sehen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Antrags- und im Beschwerdeverfahren trägt die Antragsgegnerin.
Gründe:
I.
Der Antragsteller erstrebt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).
Der am ... geborene Antragsteller bezog von der Antragsgegnerin bis 28.05.1996 Arbeitslosengeld und anschließend bis Ende 2004 Arbeitslosenhilfe, zuletzt in der Zeit vom 01.06. bis 31.12.2004 in Höhe von wöchentlich 253,26 EUR. Er bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau ein in seinem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit vier Zimmern, einer Küche und einem Bad. Der Wohnflächenanteil beträgt 124 m2. Beheizt wird das Haus mit Gas; hierfür muss er monatliche Abschlagzahlungen von 131,- EUR an die MVV Energie AG entrichten. Das Warmwasser wird mit Hilfe elektrischer Boiler zubereitet. Die Ehefrau des Antragstellers ist erwerbstätig und erzielt ein monatliches Bruttoneinkommen aus unselbständiger Tätigkeit in Höhe von 953,02 EUR.
Am 17.12.2004 beantragte der Antragsteller bei der Agentur für Arbeit Mannheim die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 12.01.2005 wurden dem Antragsteller für sich und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Leistungen für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 in Höhe von monatlich 485,59 EUR bewilligt. Als Absender des Bescheides war folgende Stelle aufgeführt: ALG II - Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis), Fabrikweg 5, 6949 Weinheim. Beigefügt war u.a. folgender Hinweis: Erstbescheide für Anträge, die vor dem 01.01.2005 gestellt wurden, ergehen hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung im gesetzlichen Auftrag für den kommunalen Träger (§ 65a SGB II). Im Berechnungsbogen, der dem Bescheid ebenfalls beigefügt war, wird der Gesamtbedarf der aus dem Antragsteller und seiner Ehefrau bestehenden Bedarfsgemeinschaft mit 884,36 EUR angegeben. Er setzt sich aus den Regelleistungen für die Eheleute von 622,- EUR (2 x 311,00 EUR) und Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) von 262,36 EUR zusammen. Von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wird ein Betrag von 398,77 EUR als anrechenbares Einkommen der Ehefrau abgezogen, sodass sich ein Gesamtbetrag für Leistungen zum Lebensunterhalt und KdU in Höhe von 485,59 EUR ergibt. Das Schreiben endet mit folgender Rechtsmittelbelehrung: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem verpflichteten Träger einzulegen. Dies ist für die Kosten für Unterkunft und Heizung, Erstausstattung für Bekleidung und Wohnung sowie Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten folgender kommunaler Träger: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, Sozialamt, Kurfürstenanlage 38-40, 69115 Heidelberg, in den übrigen Fällen die Agentur für Arbeit Mannheim, M 3 a, 68161 Mannheim. Die Widerspruchsfrist von einem Monat beginnt frühestens am 01.01.2005 (Inkrafttreten des SGB II), zuvor eingehende Widersprüche wirken auf diesen Termin."
Der Antragsteller wandte sich daraufhin mit verschiedenen Widerspruchsschreiben sowohl an "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" als auch die Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit Mannheim sowie auch an das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Er verwies zur Begründung zum einen darauf, bisher Leistungen der Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III bezogen zu haben. Bei seiner Erklärung hierzu sei ihm von der Bundesagentur für Arbeit im Erklärungsformular ausdrücklich zugesichert worden, dass er Arbeitslosenhilfe bis zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente beziehen könne. Der neue Leistungsanspruch des Arbeitslosengeldes II liege weit unter der bisherigen Leistungshöhe der Arbeitslosenhilfe. Er beantrage daher, ihm weiterhin die gleiche Leistungshöhe zu zahlen, wie sie ihm durch Arbeitslosenhilfe bis zum 31.12.2004 zugestanden habe. Die vom Gesetzgeber bewirkte Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verletze mit Blick auf § 428 SGB III den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutz sowie Eigentumsschutz (Art. 14 und 20 Grundgesetz). Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung machte er verschiedene Unklarheiten und fehlenden Beträge geltend. Die Antragsgegnerin änderte mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2005 "den Bescheid der Agentur für Arbeit vom 12.01.2005" dahingehend ab, dass wegen des Einkommens der Ehefrau ein Betrag von 379,41 EUR auf die Regelleistung anzurechnen sei. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Sie führte im Wesentlichen aus, von dem Bruttoeinkommen der Ehefrau des Antragstellers von 953,02 EUR verblieben nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 562,34 EUR. Hiervon seien abzuziehen der Pauschbetrag für Versicherungen in Höhe von 30,- EUR, der Beitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 21,69 EUR, die Werbungskostenpauschale in Höhe von 15,33 EUR sowie Fahrtkosten für drei Kilometer an 19 Tagen monatlich in Höhe von 3,42 EUR. Es ergebe sich damit ein bereinigtes Nettoeinkommen von 491,90 EUR. Hiervon sei ein Freibetrag von 112,49 EUR abzusetzen, so dass 379,41 EUR Erwerbseinkommen dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft aus dem Antragsteller und seiner Ehefrau von 622,- EUR gegenüber stünden. Damit bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 242,59 EUR monatlich. Die Tatsache, dass der Antragsteller als Begründung anführe, er habe seinerzeit die Regelung zum Bezug von Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III im Vertrauen darauf unterschrieben, dass er bis zum Erhalt der Altersrente Arbeitslosenhilfe beziehen könne, vermöge keinen Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen. Von der Agentur für Arbeit seien die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beachten und die ab 01.01.2005 geltenden Gesetze sähen keinen Bezug von Arbeitslosenhilfe mehr vor. Die Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit entscheide mit diesem Widerspruchsbescheid allerdings nur über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Für letzteres sei der kommunale Träger zuständig.
Der kommunale Träger, der Rhein-Neckar-Kreis - Landratsamt - Sozialamt -, hat die ihm zur Bearbeitung des Widerspruchs zugeleiteten Unterlagen hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung mit Schreiben vom 25.05.2005 wieder an die Agentur für Arbeit Mannheim zurückgesandt mit der Bitte, den Widerspruch in eigener Zuständigkeit zu bearbeiten. Die Agentur für Arbeit wiederum hat wiederholt erklärt, für den Widerspruch hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht zuständig zu sein. Nachdem für den Bereich des Rhein-Neckar-Kreises eine Arbeitsgemeinschaft (zur einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II) nicht zustande gekommen sei, entscheide grundsätzlich die Agentur für Arbeit somit über die Regelleistungen und der kommunale Träger über die Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II. Die Übergangsregelung des § 65 a SGB II, die vorliegend zu einer einheitlichen Zuständigkeit der Agentur für Arbeit für die Erstbewilligung geführt habe, gelte nicht für die Entscheidung über den Widerspruch.
Der Antragsteller hat am 13.05.2005 beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben (Az.: S 10 AS 1390/05) und zugleich eine einstweilige Anordnung beantragt. Er hat ausführlich dargelegt und durch Vorlage entsprechender Unterlagen auch belegt, er sei in akute finanzielle Bedrängnis geraten. Zahlreiche Lastschriften auf seinem Girokonto könnten nicht mehr eingelöst werden, ihn erreichten zahlreiche Mahnungen und die Sparkasse Rhein-Neckar-Nord habe mittlerweile mit Schreiben vom 30. Juni 2005 per Gerichtsvollzieher die Kündigung seines Girokontos zustellen lassen. In der Sache hat er vorgetragen, schon die Höhe des Regelsatzes nach dem SGB II sei verfassungswidrig (Rechtsstaatsprinzip, Menschenwürde, Sozialstaatsprinzip). Zum Verstoß gegen Eigentumsschutz und Vertrauensschutz durch den Entzug der Arbeitslosenhilfe auch für solche Menschen, die eine Erklärung gemäß § 428 SGB III abgegeben hatten, hat er ein Rechtsgutachten von Prof. Mayer von der Universität Hamburg vorgelegt. Ferner hat er eingewandt, der Freibetrag nach § 30 SGB II sei aus dem Bruttoeinkommen, nicht aus dem Nettoeinkommen zu berechnen. Die Pauschalierungen hinsichtlich Versicherungen, Werbungskosten und Fahrtkosten seien unangemessen und nicht verfassungskonform. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sei auch eine anstehende notwendige Instandhaltung der Regenrinne seines Hauses mit Kosten von voraussichtlich 2704,73 EUR zu berücksichtigen, da durch die schadhafte Dachrinne mittlerweile das Mauerwerk in Mitleidenschaft gezogen werde und die Feuchtigkeit bereits in die Innenräume eindringe.
Die Antragsgegnerin ist dem Rechtsschutzbegehren entgegengetreten. Die Berechnung der dem Antragsteller bewilligten Leistungen entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Unstreitig gestellt hat die Antragsgegnerin allerdings, dass von den Kosten für Gas kein Abzug zu machen ist im Hinblick auf Warmwasser, da dieses im Falle des Antragstellers mit Strom erhitzt wird. Auch seien zusätzlich 13,- EUR monatlich Stromverbrauch für die zum Betrieb der Heizung erforderliche Umwälzpumpe zu berücksichtigen und die Heizungswartung werde auch einmal jährlich bei den Unterkunftskosten berücksichtigt. Hinsichtlich der Erneuerung der Dachrinne verweise sie darauf, dass der Kostenvoranschlag hierfür schon vor Jahren erstellt worden sei, sodass von einer Dringlichkeit und Notwendigkeit nicht ausgegangen werden könne. Auch dürfte durch den Steuerzahler keine Wertsteigerung finanziert werden.
Nach Klageerhebung sind für den Zeitraum ab 01.06.2005 Leistungen wie folgt bewilligt worden: Durch "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" - Bescheid vom 10.06.2005 - mit gleicher Rechtsbehelfsbelehrung wie im Bescheid vom 12.01.2005 monatliche Leistungen für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 242,59 EUR, durch den Rhein-Neckar-Kreis - Landratsamt - mit Bescheid vom 07.07.2005 monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung ab 01.06.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 261,58 EUR.
Das SG hat mit Beschluss vom 22.07.2005 dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teilweise stattgegeben und der Antragsgegnerin aufgegeben, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 617,28 EUR monatlich (einschließlich der KdU) für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 und in Höhe von 348,05 EUR (ohne KdU) monatlich für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2005 zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für den Erlass einer einstweiligen Anordnung seien ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch erforderlich. Der Anordnungsgrund sei die Notwendigkeit der Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller. Dies sei vorliegend grundsätzlich ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht durch die vom Kläger eingereichten Unterlagen. Hiernach befinde sich der Antragsteller in akuter Finanznot. Hinsichtlich der KdU für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 komme noch hinzu, dass mit einer Entscheidung der Verwaltung über den Widerspruch in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne. Entsprechend den Erfahrungen des Gerichts in verschiedenen Parallelfällen werde der Zuständigkeitskonflikt hinsichtlich der Widersprüche in Übergangsfällen der hier vorliegenden Art von der Agentur für Arbeit Heidelberg bzw. Mannheim und dem Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis dahingehend gelöst, dass keiner der beiden Träger die entsprechenden Widersprüche hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung bearbeite.
Jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises auch nicht beizuladen. Dies ergebe sich aus folgender Erwägung: Über die KdU für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 sei bisher keinerlei wirksame Verwaltungsentscheidung getroffen worden. Der Bescheid von "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" vom 12.01.2005 sei nämlich ebenso wie der Bescheid aus demselben Hause vom 10.06.2005 nichtig gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB X. Beide Verwaltungsakte seien schriftlich erlassen und ließen die erlassende Behörde nicht erkennen. "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" sei keine Behörde. Den beiden Bescheiden sei auch nicht zu entnehmen, welche Behörde tatsächlich entschieden hat. Die bloße Angabe des Dienstgebäudes Fabrikweg 5 in Weinheim reiche nicht aus, um für den Adressaten identifizierbar zu machen, welche Behörde diesen Bescheid erlassen hat. In einem Gebäude könnten bekanntlich mehrere Behörden sitzen und gerade im Bereich des SGB II sei es an der Tagesordnung, dass entsprechende Arbeitsgemeinschaften, Jobcenter etc., teils in Dienstgebäuden der Bundesagentur für Arbeit, teils in Dienstgebäuden der Sozialhilfeträger, teils auch in anderen Gebäuden angesiedelt werden. Der Adressangabe sei damit nur zu entnehmen, dass es sich um irgendeine Stelle handeln muss, die wohl im selben Gebäude wie die Agentur für Arbeit angesiedelt ist. Dass es sich um einen Bescheid der Agentur für Arbeit handeln soll, sei nicht erkennbar, insbesondere auch nicht aus der Rechtsbehelfsbelehrung, die nämlich gerade zwei verschiedene Stellen als für den Widerspruch zuständig angebe. Letztendlich sei aus dem Briefkopf sogar eher zu vermuten, dass es sich um eine Dienststelle des Rhein-Neckar-Kreises handeln könnte. Die Antragsgegnerin teile diese Rechtsauffassung des Gerichts nicht. Sie sei dementsprechend nicht gewillt, erneut wirksam zu bescheiden, so dass auch aus diesem Grund eine gerichtliche Anordnung erforderlich ist. Einer Beiladung des Landratsamtes bedürfte es eventuell dann, wenn hinsichtlich der KdU bereits das Widerspruchsverfahren erreicht wäre. Da der angefochtene Ausgangsbescheid aber nichtig sei, sei es ausreichend, die Agentur für Arbeit als für die Erstbewilligung zuständigen Träger zu verpflichten.
Eine einstweilige Anordnung des Gerichts könne aber nichts desto weniger nur soweit gehen, als die Klage in der Hauptsache nicht offensichtlich unbegründet sei. Bei offenem Ausgang der Klage in der Hauptsache sei eine Interessenabwägung erforderlich zwischen den Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen würde, dass der Anspruch besteht, bzw. auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich dabei im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass der Anspruch nicht bestehe. Dabei seien in die Interessenabwägung einzubeziehen die Intensität einer drohenden Verletzung von Grundrechten, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, eine unbillige Härte. Insbesondere seien aber auch die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen.
Hiernach ergebe sich, dass im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Leistung in Höhe der Arbeitslosenhilfe nicht zugesprochen werden kann. Die Erklärung des Arbeitslosen nach § 428 SGB III sei jedenfalls nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung eine Erklärung des Arbeitslosen, zum frühest möglichen Zeitpunkt Rente in Anspruch nehmen zu wollen. Im Gegenzug entfalle für ihn die Verpflichtung zu uneingeschränkter Arbeitsbereitschaft und dazu, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Die Aussicht, die Zeit zwischen dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs und dem Beginn der Altersrente durch den Bezug von Arbeitslosenhilfe überbrücken zu können, stelle sicherlich in gewisser Weise eine Art "Geschäftsgrundlage" der entsprechenden umfangreich praktizierten Vorruhestandsmodelle dar. Eine schriftliche Zusicherung, Arbeitslosenhilfe in der im Wesentlichen gleich bleibenden Höhe bis zum Rentenbeginn weiterzuzahlen, könne die Kammer allerdings nicht erkennen. Die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte seien durchaus gewichtig. Allerdings bleibe es dabei, dass die Arbeitslosenhilfe nicht eine beitragsfinanzierte, sondern eine steuerfinanzierte Leistung ist. Der Gesetzgeber dürfte deshalb seinen Gestaltungsspielraum nicht überschreiten, wenn er bedürftigkeitsabhängige steuerfinanzierte Leistungen der Höhe nach auch für den Personenkreis des § 428 SGB III einschränkt. Jedenfalls eine ganz überwiegende Erfolgsaussicht sei insoweit nicht gegeben.
In der Abwägung hierzu sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bzw. seine Ehefrau über ein eigen genutztes Einfamilienhaus verfügt mit einer Wohnfläche von 124 m2 plus Grundstück von 500 m2 (lt. Antrag) bzw. 196 m2 plus Keller (lt. Versicherungsschein der Gebäudeversicherung). Auch wenn es sich dabei um ein älteres Haus mit Baujahr 1908 handelt, sei es sicherlich möglich, dieses Haus durch Hypothekenkredite, für die derzeit sehr günstige Zinsen zu erhalten sind, in einem höheren Umfang als bisher zu belasten. Bisher sei das Haus nach den vorliegenden Unterlagen nur mit 10000,- EUR belastet. Den Nachteil, einen solchen Kredit in Anspruch nehmen zu müssen, könne man dem Antragsteller in Abwägung damit, dass es sich bei der Streichung der Arbeitslosenhilfe zum 31.12.2004 um geltendes Recht handelt, durchaus bis zur Entscheidung in der Hauptsache sowie durch das Bundesverfassungsgericht zumuten.
Allerdings habe das Gericht, nachdem die Bescheide von "ALG II-Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" nichtig sind, eine eigene - vorläufige -Entscheidung für die Zeiträume vom 01.01. bis 31.05.2005 (Kosten der Unterkunft und Heizung) bzw. 01.01. bis 30.11.2005 (Regelleistung) getroffen.
Hiernach ergebe sich hinsichtlich der Regelleistung folgende Berechnung: Vom Nettoeinkommen der Ehefrau nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 562,34 EUR seien mit der Berechnung der Antragsgegnerin Kosten für die Kfz-Haftpflichtversicherung sowie Pauschalen für Versicherungen, Werbungskosten und Fahrtkosten abzuziehen. Von den danach verbleibenden 491.90 EUR sei ein Freibetrag in Höhe von 217,95 EUR abzuziehen. Danach verbleibe ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 273,95 EUR und die Regelleistung sei mit 348,05 EUR anzunehmen. Maßgeblich dazu seien folgende Erwägungen: Bei den Versicherungen sei nicht die Gebäudeversicherung zu berücksichtigen, da diese zu den Kosten der Unterkunft zähle (bei der eigen genutzten Immobilie). Hinsichtlich der anderen Punkte (Versicherungen, Werbungskosten, Fahrtkosten) seien höhere tatsächliche Aufwendungen gegenüber den Pauschalen nicht nachgewiesen. Die bloße Berücksichtigung im Steuerrecht reiche nicht aus. Der Verordnungsgeber sei keinesfalls gezwungen, im Bereich des Arbeitslosengeld II dieselben Werbungskosten anzuerkennen wie bei der Einkommensteuer. Allerdings sei der Freibetrag gemäß § 30 SGB II nicht aus dem Netto-, sondern aus dem Bruttolohn des Betroffenen zu berechnen (so auch Hengelhaupt, in: Hauck, SGB II, Kommentar, Stand 2. Lieferung Juni 2005, § 30 RdNr. 17 ff mit ausführlicher Begründung).
Hinsichtlich der KdU ergäben sich jeweils monatlich: Zinsaufwendungen von 50,42 EUR, Grundsteuer von 7,79 EUR, Gebäudeversicherungsbeitrag in Höhe von 8,43 EUR, Wasser und Abwasser in Höhe von 28,96 EUR, Müllgebühren in Höhe von 21,64 EUR, Heizungswartung und Schornsteinfeger in Höhe von 10,57 EUR, Gas und anteilige Stromkosten für die Umwälzpumpe in Höhe von 141,42 EUR, mithin insgesamt 269,23 EUR. Die Haushaftpflichtversicherung sei hier nicht zu berücksichtigen, da sie bei eigen genutzten Wohnräumen in der Privathaftpflichtversicherung inbegriffen sei, die bereits bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens in der Versicherungspauschale von 30,- EUR monatlich berücksichtigt sei. Die zuletzt vom Antragsteller geltend gemachte Nachzahlung an Heizungskosten sei zwar grundsätzlich berücksichtigungsfähig (vgl. Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, SGB II, Stand: 3. Lieferung Jan. 2005, § 22 Rd.Nr. 15). Sie betreffe aber den Zeitraum ab 01.06.2005 und sei damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens auf einstweilige Anordnung gegen die Bundesagentur für Arbeit.
Über die Berücksichtigungsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen für die Reparatur der Dachrinne sei im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Grundsätzlich könnten notwendige Instandhaltungsmaßnahmen am Haus bei den Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden. Nach dem Vorbringen des Antragstellers gehe die Kammer allerdings davon aus, dass damit auch noch einige Monate zugewartet werden könne und es sich nicht um eine sofort zwingend auszuführende Maßnahme handele. Im Übrigen bestehe im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz vorzunehmenden Abwägung und angesichts der hier nur begrenzten Ermittlungsmöglichkeiten auch die Möglichkeit, dass der Kläger insoweit einen mit einer Grundschuld auf das Haus abgesicherten Kredit aufnehme. Ob diese Kosten dann von der Antragsgegnerin bzw. dann ggf. von dem Landratsamt - Sozialamt - zu übernehmen seien, könne auch noch im Hauptsacheverfahren durch entsprechende Beweisaufnahme geklärt werden, ohne dass dem Antragsteller hierdurch unzumutbare Nachteile entstünden.
Der Beschluss des SG ist dem Antragsteller am 27.07.2005 und der Antragsgegnerin am 26.07.2005 zugestellt worden. Der Antragsteller hat am 22.08.2005 und die Antragsgegnerin hat am 25.08.2005 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Der Antragsteller hat seine Beschwerde mit einem am 05.10.2005 beim LSG eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten wieder zurückgenommen.
Die Antragsgegnerin trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor, zumindest ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben. Die Bescheide vom 12.01. und 10.06.2005 seien nicht nichtig. Daher könne über die KdU auch nicht ohne Beiladung des Rhein Neckar-Kreises entschieden werden. Zwar handele es sich bei der Angabe in den Briefköpfen "Alg II - Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)" um keine Behörde, für den Antragsteller sei aber klar erkennbar gewesen, dass die Bescheide von der Agentur für Arbeit erlassen worden seien. Die genannten Bescheide seien auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Freibetrag gemäß § 30 SGB II sei nicht aus dem Bruttolohn des Betroffenen zu berechnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juli 2005 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er hält die Beschwerde der Antragsgegnerin für unbegründet. Seine Auffassung hat er mit Schriftsatz vom 11.10.2005 näher begründet; hierauf wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Das SG ist in seinem Beschluss vom 22.07.2005 zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben ist. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
Ein Anordnungsgrund ist nicht gegeben. Für die Prüfung der Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung ist der Streitgegenstand zu berücksichtigen. Danach geht es nur um höhere Leistungen für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2005. Unstreitig stehen dem Antragsteller folgende Leistungen zu: im Zeitraum vom 01.01. bis 31.05.2005 monatliche Leistungen für KdU von 262,36 EUR (Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.01.2005) sowie Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) in Höhe von 242,59 (Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 11.04.2005), zusammen also monatlich 504,95 EUR, und im Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2005 Leistungen für KdU von 261,58 (Bescheid des Landratsamtes für den Rhein-Neckar-Kreis vom 07.07.2005) sowie Regelleistungen in Höhe von 242,59 EUR (Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.06.2005), zusammen also 504,17 EUR. Ferner verfügte die Ehefrau des Antragstellers, deren Einkommen bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu berücksichtigen ist (§§ 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3 Nr. Buchst a) SGB II), in der Zeit vom 01.01. bis 30.11.2005 über ein monatliches Bruttoeinkommen von 953,02 EUR bzw. ein Nettoeinkommen (nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) von 562,34 EUR. Damit standen dem Antragsteller und seiner Ehefrau (Bedarfsgemeinschaft), die mietfrei im eigenen Haus wohnen, im streitigen Zeitraum rund 1000,- EUR netto zur Verfügung. Berücksichtigt man zusätzlich, dass die Gerichte auch nach Ansicht des BVerfG berechtigt sind, bei der Zuerkennung von Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein Abschlag vorzunehmen, um eine (vollständige) Vorwegnahme der Hautsache zu vermeiden, vermag der Senat eine Eilbedürftigkeit für die Entscheidung der noch streitigen Frage, ob der Freibetrag gemäß § 30 SGB II nach dem Brutto- oder nach dem Nettoeinkommen zu bestimmen ist, nicht zu erkennen. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, die Klärung (auch) dieser Frage im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Die vom SG aufgeworfene Frage nach der Nichtigkeit der Bescheide vom 12.01.2005 und 10.06.2005 braucht jedenfalls im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht entschieden zu werden. Der Antragsteller ist durch die Zuerkennung von Leistungen in den genannten Bescheiden nicht beschwert und kann eine Beschwer auch nicht dadurch herbeiführen, dass er die Nichtigkeit dieser Bescheide geltend macht. Entscheidend ist, ob er Leistungen erhält oder nicht. Ob er die zur Bestreitung des Existenzminimums erforderlichen Leistungen von einer zuständigen oder unzuständigen Behörde erhält, ist von nachrangiger Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei sieht es der Senat als sachgerecht an, dass die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Antrags- und im Beschwerdeverfahren trägt. Unabhängig von der Frage, ob die Auffassung der Antragsgegnerin zur Zuständigkeitsverteilung für so genannte Übergangsfälle nach § 65a SGB II richtig ist oder nicht, war die Antragsgegnerin nach § 43 Abs. 1 SGB I zur (vorläufigen) Leistung an den Antragsteller verpflichtet. Nach dieser Bestimmung muss der zuerst angegangene Leistungsträger auf Antrag des Berechtigten vorläufig Leistungen erbringen, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist. Er kann zwar grundsätzlich den Umfang der Leistungsgewährung nach seinem Ermessen bestimmen, bei Leistungen, die - wie hier - der Existenzsicherung dienen, ist der Ermessensspielraum der Verwaltung aber nach Ansicht des Senats auf Null reduziert, d.h. der zuerst angegangene Leistungsträger muss die Leistungen in der tatsächlich zustehenden Höhe erbringen. Ein Streit über die Zuständigkeit der Leistungsträger bezüglich der KdU hat hier bestanden, weil der kommunale Träger, der Rhein-Neckar-Kreis - Landratsamt - Sozialamt -, die ihm zur Bearbeitung des Widerspruchs zugeleiteten Unterlagen hinsichtlich der KdU mit Schreiben vom 25.05.2005 wieder an die Agentur für Arbeit Mannheim zurückgesandt hat mit der Bitte, den Widerspruch in eigener Zuständigkeit zu bearbeiten. Bei diesem Sachverhalt durfte sich der Antragsteller zur Stellung eines einstweiligen Rechtschutzbegehrens veranlasst sehen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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