Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SB 4024/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3469/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Bescheid, mit dem lediglich das Urteil des Sozialgerichts ausgeführt wird, in dem aber keine darüber hinausgehenden Feststellungen getroffen werden, wird nicht gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens (vgl BSG 06.01.2003 - B 9 V 77/01 B).
2. Ein während des Berufungsverfahrens ergangener Bescheid wird auch nicht im Wege einer Klageänderung (§§ 153 Abs. 1, 99 SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens, wenn der Beklagte in die Änderung der Klage nicht eingewilligt hat und der Senat eine derartige Klageänderung nicht für sachdienlich hält. Führt eine Klageänderung dazu, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue rechtliche und tatsächliche Grundlage gestellt wird, ist die Klageänderung nicht sachdienlich. Dies ist z.B. anzunehmen, wenn es sich bei der Klage um eine reine Anfechtungsklage handelt, deren Begründetheit sich nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens beurteilt, während es nach der Klageänderung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des mit der Klageänderung
einbezogenen Bescheides auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung in der Tatsacheninstanz ankommt.
2. Ein während des Berufungsverfahrens ergangener Bescheid wird auch nicht im Wege einer Klageänderung (§§ 153 Abs. 1, 99 SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens, wenn der Beklagte in die Änderung der Klage nicht eingewilligt hat und der Senat eine derartige Klageänderung nicht für sachdienlich hält. Führt eine Klageänderung dazu, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue rechtliche und tatsächliche Grundlage gestellt wird, ist die Klageänderung nicht sachdienlich. Dies ist z.B. anzunehmen, wenn es sich bei der Klage um eine reine Anfechtungsklage handelt, deren Begründetheit sich nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens beurteilt, während es nach der Klageänderung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des mit der Klageänderung
einbezogenen Bescheides auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung in der Tatsacheninstanz ankommt.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 12. August 2005 wird als unzulässig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) sowie die Zuerkennung der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) G und H streitig.
Bei der am ... geborenen Klägerin wurde im März 1999 wegen eines akuten Leberversagens eine Lebertransplantation durchgeführt. Sie befindet sich deshalb - wie alle Patienten nach einer Organtransplantation - unter dauerhafter immun-suppressiver Therapie, um eine Abstoßungsreaktion des Körpers zu verhindern. Hinzu kommt, dass durch die Transplantation eine Thromboseneigung (eine sog. APC-Resistenz) mit transplantiert wurde.
Auf Antrag der Klägerin stellte das Versorgungsamt Stuttgart mit Bescheid vom 18.11.1999 als Behinderung eine "Lebertransplantation mit Folgeerscheinungen im Stadium der Heilungsbewährung" mit einem GdB von 100 sowie das Merkzeichen H fest. Im Rahmen einer im März 2001 eingeleiteten Nachprüfung von Amts wegen zog das Versorgungsamt Berichte der Universitätsklinik H. bei und ließ diese durch den ärztlichen Dienst auswerten. In der Stellungnahme vom 03.01.2002 vertrat Dr. L. die Auffassung, dass der GdB für die Lebertransplantation nach eingetretener Heilungsbewährung seit März 2001 nur noch 60 betrage und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Nachteilsausgleichen nicht vorlägen. Nach einer Anhörung der Klägerin, zu der sich die Eltern der Klägerin mit Schreiben vom 07.04.2002 äußerten, erließ das Versorgungsamt den Bescheid vom 12.03.2003, mit dem der Bescheid vom 18.11.1999 gemäß § 48 SGB X aufgehoben und der GdB für die Funktionsbeeinträchtigung "Transplantierte Leber (nach Heilungsbewährung") auf 60 ab 16.03.2003 festgesetzt wurde. Das Versorgungsamt entschied ferner, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen H nicht mehr vorliegen.
Den hiergegen am 31.03.2003 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2003 als unbegründet zurück.
Am 01.08.2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, die angemessene Zeit für eine Heilungsbewährung müsse bei einem derart folgenschweren Eingriff fünf Jahre betragen und diese Zeit sei noch nicht abgelaufen. Aber selbst bei Geltung einer nur zweijährigen Heilungsbewährung werde der GdB mit nur 60 unangemessen niedrig bewertet. Seit 2003 leide sie an zunehmenden Schmerzen im Abdomen. Dies habe dazu geführt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Schule seit Beginn des Schuljahres 2003/2004 bei ca. 80% lägen. Wegen ihrer Beschwerden sei sie im Oktober 2003, im Sommer 2003 und im Januar 2004 in stationärer Behandlung gewesen.
Das SG hat Auskünfte der Universitätsklinik H. und des O. S. eingeholt und die behandelnde Ärztin befragt. Zu diesem Beweisergebnis hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2004 geäußert und die Auffassung vertreten, dass die Stellungnahme der Universitätsklinik zu einem deutlich höheren GdB führen müsse. Außerdem bitte sie für den Fall, dass das Merkzeichen H entfällt, um eine ergänzende Stellungnahme zur Rechtfertigung des Merkzeichens G. Der Beklagte hat nach Auswertung der Auskünfte durch seinen ärztlichen Dienst (Stellungnahme D. vom 30.03.2004) das Vergleichsangebot vom 08.06.2004 unterbreitet, in dem ein GdB von 80 ab 16.03.2003 vorgeschlagen wird. Hierzu hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.06.2005 ausgeführt, um den Rechtsstreit vergleichsweise abzuschließen, wäre sie ohne Aufgabe der bisherigen Ansprüche bereit, einen neuen Bescheid zu akzeptieren, soweit dieser einen GdB von 80 und das Merkzeichen G enthalte.
Mit Urteil vom 28.06.2005, der Klägerin zugestellt am 21.07.2005, hat das SG den Bescheid vom 12.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2003 aufgehoben, soweit darin der Bescheid vom 18.11.1999 bezüglich der Höhe des GdB aufgehoben und ein GdB von weniger als 80 festgestellt wird. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004, (AHP) sei nach einer Lebertransplantation eine Heilungsbewährung anzusetzen, die im Allgemeinen zwei Jahre dauere; während dieser Zeit sei der GdB mit 100 anzusetzen. Die Transplantation habe am 13.03.1999 stattgefunden; zum Zeitpunkt der Herabsetzung des GdB habe der Eingriff bereits vier Jahre zurückgelegen. Damit sei letztlich ein Zeitraum berücksichtigt worden, der dem doppelten der vorgesehenen Heilungsbewährung entspreche. Die Annahme einer noch längeren Zeit der Heilungsbewährung sei nicht gerechtfertigt, weil die Ärzte der Universitätsklinik H. bezüglich der Leberfunktion von guten Werten ohne Auffälligkeit berichtet hätten. Abstoßungsreaktionen seien zuletzt im Juli 1999 beschrieben worden. Ein GdB von 60 für die Beeinträchtigungen nach der Lebertransplantation sei jedoch zu niedrig. Bei der Klägerin bestünden im Vergleich zu dem bestmöglichen Zustand nach Lebertransplantation Abweichungen im Gesundheitszustand (APC-Resistenz, rezidivierende Oberbauchschmerzen, thorakales Schmerzsyndrom), die einen GdB von 80 rechtfertigten. Eine Krankheit der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion sei nicht nachgewiesen. Soweit eine Verschlechterung im Gesundheitszustand für die Zeit nach Erlass des Änderungsbescheides geltend gemacht werde, sei dies nicht zulässiger Streitgegenstand des Verfahrens. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen H seien nicht erfüllt. Die im Hilfsantrag auf Zuerkennung des Merkzeichens G gerichtete Klage sei unzulässig, da hierüber bislang noch gar keine Verwaltungsentscheidung getroffen worden sei.
Mit Bescheid vom 05.08.2005 hat das nunmehr zuständige Landratsamt Böblingen das Urteil des SG ausgeführt und festgestellt, dass der GdB der Klägerin 80 seit 16.03.2003 beträgt und mit Bescheid vom 12.08.2005 hat es den während des Klageverfahrens gestellten Antrag der Klägerin auf Feststellung des gesundheitlichen Merkmals (Merkzeichen) G abgelehnt.
Am 22.08.2005 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt und mit Schreiben vom 22.11.2005 hat sie die Berufung begründet. In der mündlichen Verhandlung am 25.11.2005 hat der Vater der Klägerin ergänzend ausgeführt, die heute bestehenden und auf die Lebertransplantation zurückzuführenden gesundheitlichen Probleme der Klägerin hätten schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides im März 2003 bestanden, vor allem die seelischen Probleme seien von den Ärzten und auch von den Eltern lediglich nicht rechtzeitig erkannt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2005 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2003 aufzuheben, sowie den Bescheid vom 12. August 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin den Nachteilsausgleich G zuerkennen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2005 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 12. August 2005 abzuweisen.
Der Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig.
Zulässiger Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist aber nur der Bescheid des Beklagten vom 12.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2003, mit dem der Bescheid vom 18.11.1999 abgeändert, der Nachteilsausgleich H entzogen und der GdB von 100 auf nur noch 60 festgesetzt wurde. Mit dem Bescheid vom 05.08.2005 hat der Beklagte lediglich das Urteil des SG ausgeführt, aber keine darüber hinausgehenden Feststellungen getroffen. Dieser Bescheid ist daher nicht gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (BSG 06.01.2003 - B 9 V 77/01 B). Auch der Bescheid vom 12.08.2005, mit dem der von der Klägerin während des Klageverfahrens gestellte Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens G abgelehnt worden ist, ist nicht nach den erwähnten Bestimmungen Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Mit diesem Bescheid ist der mit der Klage beim SG angefochtene Bescheid vom 12.03.2003 weder geändert noch ersetzt worden. Der Bescheid vom 12.08.2005 ist auch nicht im Wege einer Klageänderung (§§ 153 Abs. 1, 99 SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil der Beklagte in die Änderung der Klage nicht eingewilligt hat und der Senat eine derartige Klageänderung nicht für sachdienlich hält. Denn die Klageänderung würde dazu führen, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue rechtliche und tatsächliche Grundlage gestellt wird. Während es sich bei der Klage gegen den Bescheid vom 12.03.2003 um eine reine Anfechtungsklage handelt, deren Begründetheit sich nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (Erlass des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2003) beurteilt (BSG 12.11.1996 SozR 3-1300 § 48 Nr. 57), kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.08.2005 auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an. Da die Klageänderung unzulässig ist, wird die Klage gegen den Bescheid vom 12.08.2005 als unzulässig abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren keine andere Entscheidung rechtfertigt. Die Herabsetzung des GdB von 100 auf 80 und die Entziehung des Merkzeichens H ist nicht zu beanstanden. Der spätestens bis März 2003 nachweisbare Gesundheitszustand der Klägerin lässt eine für sie günstigere Entscheidung nicht zu. Nach der im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Diplompsychologin Laing vom 22.11.2005 ist die Klägerin dort erst seit Juni 2005 in Behandlung. Aus ihren Angaben, wonach die Klägerin aufgrund der Lebertransplantation und daraus resultierender multipler somatischer Störungen hochgradig traumatisiert sei, lassen sich keine Rückschlüsse auf Beeinträchtigungen im März 2003 ziehen.
Nach dem Arztbrief des O. S. vom 24.02.2003 (Bl. 29 der SG-Akte) klagte die Klägerin zwar im Januar 2003 über plötzlich auftretende Schmerzen im linken Oberarm. Bei der Untersuchung am 03.02.2003 konnte jedoch kein krankhafter Befund, insbesondere keine Thrombose im Arm festgestellt werden. In dem Bericht heißt es ferner: "Zum Zeitpunkt der Vorstellung kein Schmerzen im Arm, normale Belastbarkeit, normaler Schulbesuch, glg. auftretende Schmerzen im Bereich des linken und rechten Brustkorbes, glg. Bauschschmerzen, insgesamt jedoch Wohlbefinden." Den damals nachweislich vorhandenen Beeinträchtigungen wurde mit einem GdB von 80 (statt 60) Rechnung getragen. Hinweise auf tiefer gehende seelische Störungen lassen sich diesen Befunden aber nicht entnehmen. Der Senat sah sich daher auch nicht verpflichtet, ein Gutachten zur Klärung des damals bestehenden Gesundheitszustands einzuholen.
Auch die übrigen im Schreiben vom 22.11.2005 enthaltenen Beweisanträge bzw. Beweisanregungen werden abgelehnt, weil eine weitere Beweiserhebung nach Ansicht des Senats nicht erforderlich ist. Die Klägerin hat in diesem Schreiben selbst vorgetragen, dass "die Traumafolgen nach einer längeren Latenzzeit seit 2003 mehr und mehr zu Tage treten." Dies sowie der Umstand, dass bei der Klägerin im Februar 2003 noch "Wohlbefinden" (Arztbrief des Olgahospitals vom 24.02.2003) vorgefunden wurde, belegen, dass die jetzt geltend gemachte Verschlechterung des Gesundheitszustands zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch im Juli 2003 noch nicht vorlag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) sowie die Zuerkennung der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) G und H streitig.
Bei der am ... geborenen Klägerin wurde im März 1999 wegen eines akuten Leberversagens eine Lebertransplantation durchgeführt. Sie befindet sich deshalb - wie alle Patienten nach einer Organtransplantation - unter dauerhafter immun-suppressiver Therapie, um eine Abstoßungsreaktion des Körpers zu verhindern. Hinzu kommt, dass durch die Transplantation eine Thromboseneigung (eine sog. APC-Resistenz) mit transplantiert wurde.
Auf Antrag der Klägerin stellte das Versorgungsamt Stuttgart mit Bescheid vom 18.11.1999 als Behinderung eine "Lebertransplantation mit Folgeerscheinungen im Stadium der Heilungsbewährung" mit einem GdB von 100 sowie das Merkzeichen H fest. Im Rahmen einer im März 2001 eingeleiteten Nachprüfung von Amts wegen zog das Versorgungsamt Berichte der Universitätsklinik H. bei und ließ diese durch den ärztlichen Dienst auswerten. In der Stellungnahme vom 03.01.2002 vertrat Dr. L. die Auffassung, dass der GdB für die Lebertransplantation nach eingetretener Heilungsbewährung seit März 2001 nur noch 60 betrage und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Nachteilsausgleichen nicht vorlägen. Nach einer Anhörung der Klägerin, zu der sich die Eltern der Klägerin mit Schreiben vom 07.04.2002 äußerten, erließ das Versorgungsamt den Bescheid vom 12.03.2003, mit dem der Bescheid vom 18.11.1999 gemäß § 48 SGB X aufgehoben und der GdB für die Funktionsbeeinträchtigung "Transplantierte Leber (nach Heilungsbewährung") auf 60 ab 16.03.2003 festgesetzt wurde. Das Versorgungsamt entschied ferner, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen H nicht mehr vorliegen.
Den hiergegen am 31.03.2003 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2003 als unbegründet zurück.
Am 01.08.2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, die angemessene Zeit für eine Heilungsbewährung müsse bei einem derart folgenschweren Eingriff fünf Jahre betragen und diese Zeit sei noch nicht abgelaufen. Aber selbst bei Geltung einer nur zweijährigen Heilungsbewährung werde der GdB mit nur 60 unangemessen niedrig bewertet. Seit 2003 leide sie an zunehmenden Schmerzen im Abdomen. Dies habe dazu geführt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Schule seit Beginn des Schuljahres 2003/2004 bei ca. 80% lägen. Wegen ihrer Beschwerden sei sie im Oktober 2003, im Sommer 2003 und im Januar 2004 in stationärer Behandlung gewesen.
Das SG hat Auskünfte der Universitätsklinik H. und des O. S. eingeholt und die behandelnde Ärztin befragt. Zu diesem Beweisergebnis hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2004 geäußert und die Auffassung vertreten, dass die Stellungnahme der Universitätsklinik zu einem deutlich höheren GdB führen müsse. Außerdem bitte sie für den Fall, dass das Merkzeichen H entfällt, um eine ergänzende Stellungnahme zur Rechtfertigung des Merkzeichens G. Der Beklagte hat nach Auswertung der Auskünfte durch seinen ärztlichen Dienst (Stellungnahme D. vom 30.03.2004) das Vergleichsangebot vom 08.06.2004 unterbreitet, in dem ein GdB von 80 ab 16.03.2003 vorgeschlagen wird. Hierzu hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.06.2005 ausgeführt, um den Rechtsstreit vergleichsweise abzuschließen, wäre sie ohne Aufgabe der bisherigen Ansprüche bereit, einen neuen Bescheid zu akzeptieren, soweit dieser einen GdB von 80 und das Merkzeichen G enthalte.
Mit Urteil vom 28.06.2005, der Klägerin zugestellt am 21.07.2005, hat das SG den Bescheid vom 12.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2003 aufgehoben, soweit darin der Bescheid vom 18.11.1999 bezüglich der Höhe des GdB aufgehoben und ein GdB von weniger als 80 festgestellt wird. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004, (AHP) sei nach einer Lebertransplantation eine Heilungsbewährung anzusetzen, die im Allgemeinen zwei Jahre dauere; während dieser Zeit sei der GdB mit 100 anzusetzen. Die Transplantation habe am 13.03.1999 stattgefunden; zum Zeitpunkt der Herabsetzung des GdB habe der Eingriff bereits vier Jahre zurückgelegen. Damit sei letztlich ein Zeitraum berücksichtigt worden, der dem doppelten der vorgesehenen Heilungsbewährung entspreche. Die Annahme einer noch längeren Zeit der Heilungsbewährung sei nicht gerechtfertigt, weil die Ärzte der Universitätsklinik H. bezüglich der Leberfunktion von guten Werten ohne Auffälligkeit berichtet hätten. Abstoßungsreaktionen seien zuletzt im Juli 1999 beschrieben worden. Ein GdB von 60 für die Beeinträchtigungen nach der Lebertransplantation sei jedoch zu niedrig. Bei der Klägerin bestünden im Vergleich zu dem bestmöglichen Zustand nach Lebertransplantation Abweichungen im Gesundheitszustand (APC-Resistenz, rezidivierende Oberbauchschmerzen, thorakales Schmerzsyndrom), die einen GdB von 80 rechtfertigten. Eine Krankheit der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion sei nicht nachgewiesen. Soweit eine Verschlechterung im Gesundheitszustand für die Zeit nach Erlass des Änderungsbescheides geltend gemacht werde, sei dies nicht zulässiger Streitgegenstand des Verfahrens. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen H seien nicht erfüllt. Die im Hilfsantrag auf Zuerkennung des Merkzeichens G gerichtete Klage sei unzulässig, da hierüber bislang noch gar keine Verwaltungsentscheidung getroffen worden sei.
Mit Bescheid vom 05.08.2005 hat das nunmehr zuständige Landratsamt Böblingen das Urteil des SG ausgeführt und festgestellt, dass der GdB der Klägerin 80 seit 16.03.2003 beträgt und mit Bescheid vom 12.08.2005 hat es den während des Klageverfahrens gestellten Antrag der Klägerin auf Feststellung des gesundheitlichen Merkmals (Merkzeichen) G abgelehnt.
Am 22.08.2005 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt und mit Schreiben vom 22.11.2005 hat sie die Berufung begründet. In der mündlichen Verhandlung am 25.11.2005 hat der Vater der Klägerin ergänzend ausgeführt, die heute bestehenden und auf die Lebertransplantation zurückzuführenden gesundheitlichen Probleme der Klägerin hätten schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides im März 2003 bestanden, vor allem die seelischen Probleme seien von den Ärzten und auch von den Eltern lediglich nicht rechtzeitig erkannt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2005 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2003 aufzuheben, sowie den Bescheid vom 12. August 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin den Nachteilsausgleich G zuerkennen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2005 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 12. August 2005 abzuweisen.
Der Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig.
Zulässiger Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist aber nur der Bescheid des Beklagten vom 12.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2003, mit dem der Bescheid vom 18.11.1999 abgeändert, der Nachteilsausgleich H entzogen und der GdB von 100 auf nur noch 60 festgesetzt wurde. Mit dem Bescheid vom 05.08.2005 hat der Beklagte lediglich das Urteil des SG ausgeführt, aber keine darüber hinausgehenden Feststellungen getroffen. Dieser Bescheid ist daher nicht gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (BSG 06.01.2003 - B 9 V 77/01 B). Auch der Bescheid vom 12.08.2005, mit dem der von der Klägerin während des Klageverfahrens gestellte Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens G abgelehnt worden ist, ist nicht nach den erwähnten Bestimmungen Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Mit diesem Bescheid ist der mit der Klage beim SG angefochtene Bescheid vom 12.03.2003 weder geändert noch ersetzt worden. Der Bescheid vom 12.08.2005 ist auch nicht im Wege einer Klageänderung (§§ 153 Abs. 1, 99 SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil der Beklagte in die Änderung der Klage nicht eingewilligt hat und der Senat eine derartige Klageänderung nicht für sachdienlich hält. Denn die Klageänderung würde dazu führen, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue rechtliche und tatsächliche Grundlage gestellt wird. Während es sich bei der Klage gegen den Bescheid vom 12.03.2003 um eine reine Anfechtungsklage handelt, deren Begründetheit sich nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (Erlass des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2003) beurteilt (BSG 12.11.1996 SozR 3-1300 § 48 Nr. 57), kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.08.2005 auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an. Da die Klageänderung unzulässig ist, wird die Klage gegen den Bescheid vom 12.08.2005 als unzulässig abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren keine andere Entscheidung rechtfertigt. Die Herabsetzung des GdB von 100 auf 80 und die Entziehung des Merkzeichens H ist nicht zu beanstanden. Der spätestens bis März 2003 nachweisbare Gesundheitszustand der Klägerin lässt eine für sie günstigere Entscheidung nicht zu. Nach der im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Diplompsychologin Laing vom 22.11.2005 ist die Klägerin dort erst seit Juni 2005 in Behandlung. Aus ihren Angaben, wonach die Klägerin aufgrund der Lebertransplantation und daraus resultierender multipler somatischer Störungen hochgradig traumatisiert sei, lassen sich keine Rückschlüsse auf Beeinträchtigungen im März 2003 ziehen.
Nach dem Arztbrief des O. S. vom 24.02.2003 (Bl. 29 der SG-Akte) klagte die Klägerin zwar im Januar 2003 über plötzlich auftretende Schmerzen im linken Oberarm. Bei der Untersuchung am 03.02.2003 konnte jedoch kein krankhafter Befund, insbesondere keine Thrombose im Arm festgestellt werden. In dem Bericht heißt es ferner: "Zum Zeitpunkt der Vorstellung kein Schmerzen im Arm, normale Belastbarkeit, normaler Schulbesuch, glg. auftretende Schmerzen im Bereich des linken und rechten Brustkorbes, glg. Bauschschmerzen, insgesamt jedoch Wohlbefinden." Den damals nachweislich vorhandenen Beeinträchtigungen wurde mit einem GdB von 80 (statt 60) Rechnung getragen. Hinweise auf tiefer gehende seelische Störungen lassen sich diesen Befunden aber nicht entnehmen. Der Senat sah sich daher auch nicht verpflichtet, ein Gutachten zur Klärung des damals bestehenden Gesundheitszustands einzuholen.
Auch die übrigen im Schreiben vom 22.11.2005 enthaltenen Beweisanträge bzw. Beweisanregungen werden abgelehnt, weil eine weitere Beweiserhebung nach Ansicht des Senats nicht erforderlich ist. Die Klägerin hat in diesem Schreiben selbst vorgetragen, dass "die Traumafolgen nach einer längeren Latenzzeit seit 2003 mehr und mehr zu Tage treten." Dies sowie der Umstand, dass bei der Klägerin im Februar 2003 noch "Wohlbefinden" (Arztbrief des Olgahospitals vom 24.02.2003) vorgefunden wurde, belegen, dass die jetzt geltend gemachte Verschlechterung des Gesundheitszustands zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch im Juli 2003 noch nicht vorlag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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