L 8 R 3598/05 A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 3598/05 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. In Abweichung von dem Grundsatz der Unabänderlichkeit unanfechtbarer Beschlüsse kann das Beschwerdegericht - auch unter Geltung des § 178a SGG - ausnahmsweise auf eine Gegenvorstellung nochmals sachlich über eine Entscheidung (hier: Ablehnungsgesuch) befinden. Die Änderung eines an sich unanfechtbaren Beschlusses ist auf eine Gegenvorstellung hin vor allem möglich, wenn die getroffene Entscheidung in offensichtlichem Widerspruch zum Gesetz steht und insbesondere unter Verletzung von Grundrechten ergangen ist, so dass sie sonst nur im Wege der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte oder wenn die Entscheidung zu einem groben prozessualen oder sozialen Unrecht führen würde (Anschluss an BSG 28.07.2005 SozR 4-1500 § 178a Nr. 3; vgl auch BSG Beschluss vom 16.7.2003 - B 13 RJ 106/03 B - , BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24 mwN).
2. Auch wenn die angegriffene Entscheidung auf einem eindeutigen Tatsachenirrtum beruht, ist eine Änderung oder Aufhebung des Beschlusses möglich. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts obliegt es zunächst den Fachgerichten, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen
sowie
einen etwa eingetretenen Grundrechtsverstoß selbst zu beseitigen.
Lässt die fachgerichtliche Rechtsprechung eine Gegenvorstellung zu,
mit der die Verletzung groben prozessualen Unrechts geltend gemacht
werden kann, so entspricht es einer am Rechtsstaatsgedanken orientierten Auslegung des Verfahrensrechts, diese auch sachlich zu bescheiden und
im Falle begründeter Einwendungen den Verfahrensrügen selbst
abzuhelfen (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24 mwN).
Die Gegenvorstellung und die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 14.11.2005 werden zurückgewiesen.

Gründe:

Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist nach § 178a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein gerichtliches Klage-, Berufungs- oder Beschwerdeverfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen (§ 178a Abs. 4 Satz 1 SGG). Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück (§ 178a Abs. 4 Satz 2 SGG). Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss, der kurz begründet werden soll (§ 178a Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGG)

In Abweichung von dem Grundsatz der Unabänderlichkeit unanfechtbarer Beschlüsse kann das Beschwerdegericht - auch unter Geltung des § 178a SGG - ausnahmsweise auf eine Gegenvorstellung nochmals sachlich über das Ablehnungsgesuch befinden. Die Änderung eines an sich unanfechtbaren Beschlusses ist auf eine Gegenvorstellung hin vor allem möglich, wenn die getroffene Entscheidung in offensichtlichem Widerspruch zum Gesetz steht und insbesondere unter Verletzung von Grundrechten ergangen ist, so dass sie sonst nur im Wege der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte oder wenn die Entscheidung zu einem groben prozessualen oder sozialen Unrecht führen würde (BSG 28.07.2005 SozR 4-1500 § 178a Nr. 3; vgl auch BSG Beschluss vom 16.7.2003 - B 13 RJ 106/03 B - , BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24 mwN). Auch wenn die angegriffene Entscheidung auf einem eindeutigen Tatsachenirrtum beruht, ist eine Änderung oder Aufhebung des Beschlusses möglich. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts obliegt es zunächst den Fachgerichten, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen sowie einen etwa eingetretenen Grundrechtsverstoß selbst zu beseitigen. Lässt die fachgerichtliche Rechtsprechung eine Gegenvorstellung zu, mit der die Verletzung groben prozessualen Unrechts geltend gemacht werden kann, so entspricht es einer am Rechtsstaatsgedanken orientierten Auslegung des Verfahrensrechts, diese auch sachlich zu bescheiden und im Falle begründeter Einwendungen den Verfahrensrügen selbst abzuhelfen (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24 mwN).

Die vom Kläger erhobene Anhörungsrüge und seine Gegenvorstellung sind unbegründet.

Mit Beschluss vom 14.11.2004 hat der Senat das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen Richterin am Sozialgericht Dr. Herbel für unbegründet erklärt. Der Senatsbeschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar. Dagegen hat sich der Kläger mit Schreiben (Fax) vom 29.11.2005 gewandt und Gegenvorstellung/Sofortige Beschwerde bzw. Anhörungsrüge erhoben und geltend gemacht, der Beschluss widerspreche dem Gesetz. Außerdem sei sein rechtliches Gehör verletzt worden, weil eine schriftliche dienstliche Stellungnahme der abgelehnten Richterin zu dem Ablehnungsgesuch nicht vorliege.

Die vom Kläger vorgebrachten Einwände treffen nicht zu. Eine dienstliche Erklärung der abgelehnten Richterin liegt vor und ist dem Kläger mit Verfügung vom 01.09.2005 übersandt worden. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör des Klägers liegt damit nicht vor. Ob der Senat diese Erklärung als ausreichend erachten durfte oder nicht, kann vom Kläger weder mit einer Gegenvorstellung noch mit einer Anhörungsrüge gerügt worden. Da die abgelehnte Richterin das Ablehnungsgesuch nicht für begründet erachtet hat, bedurfte es einer Entscheidung des Senats (§ 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Rechtskraft
Aus
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