Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AL 543/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AL 167/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998.
Der 1962 geborene Kläger war als Fußballspieler (Vertragsamateur) ab dem 30. Juni 1996 befristet bis zum 30. Juni 1998 (Ende der Saison 1997/1998) bei dem Verein B Te. V. 65 (im Folgenden: T-Verein) tätig. Die vertraglich vereinbarte monatliche Vergütung betrug 2000 DM. Der Kläger erhielt u. a. für die Monate April bis Juni 1998 keine Vergütung. Bereits am 08. Januar 1998 ließ er durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten Klage beim Arbeitsgericht wegen der Nichtzahlung der Vergütung erheben (Az. ), der durch Anerkenntnisschlussurteil vom 25. Juni 1998 stattgegeben wurde.
Am 13. Oktober 1998 beantragte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten bei dem Amtsgericht Charlottenburg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den T-Verein (Az. ). Der in dem Insolvenzverfahren bestellte Sachverständige, Rechtsanwalt W S, vertrat in seinem Gutachten vom 10. Januar 2000 die Auffassung, dass der T-Verein zahlungsunfähig und überschuldet sei. Eine die Kosten des Verfahrens deckende freie Masse sei nicht vorhanden.
Daraufhin hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluss vom 14. Januar 2000 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des T-Vereins zurückgewiesen. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. Januar 2000 zugestellt. Die gegen den Beschluss durch den T-Verein erhobene Beschwerde hat das Landgericht Berlin durch Beschluss vom 15. März 2000 als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragte am 06. Juli 2000 bei dem Arbeitsamt Berlin-Südwest Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998 in Höhe von insgesamt 6.000 DM.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2002 ab, weil der Kläger den entsprechenden Antrag nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach dem Insolvenztag gestellt habe. Das maßgebliche Insolvenzereignis sei durch die Ablehnung des Insolvenzverfahrens am 14. Januar 2000 eingetreten. Er habe die Versäumung der Antragsfrist auch zu vertreten, da er den Insolvenzantrag selbst gestellt habe. Der Abweisungsbeschluss sei seinen Prozessbevollmächtigten am 21. Januar 2000 zugegangen. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Kläger rechtzeitig von dem Insolvenztatbestand Kenntnis erhalten und den Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld stellen können.
Gegen den am 27. März 2002 wegen vorheriger Nichtzustellbarkeit erneut abgesandten Bescheid hat der Kläger am 29. April 2002 Widerspruch eingelegt: Eine Kopie des Beschlusses über die Zurückweisung des Konkursantrages sei unmittelbar an die seinen Prozessbevollmächtigten bekannte Anschrift am 21. Januar 2000 gesandt worden, sei jedoch mit dem Postvermerk "unbekannt" wenige Tage später an diese zurückgelangt. In der Zeit von Ende 1999 bis Mitte Februar 2000 und wieder von Ende Februar 2000 bis Ende Mai 2000 habe er sich in seiner Heimat im K auf Verwandtenbesuch befunden. Während dieser Zeiten habe er sich von Bekannten, die über Wohnungs- und Briefkastenschlüssel verfügten, von Zeit von Zeit telefonisch über eingegangene Post unterrichten lassen. Am 02. Juni 2000 habe er sich bei seinem Prozessbevollmächtigten gemeldet und über die Abweisung des Konkursantrages informiert. Er habe deshalb die Versäumung der Antragsfrist nicht zu vertreten.
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2002 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 16. August 2002 bei dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und ergänzend geltend gemacht, ein Auftrag seiner Prozessbevollmächtigten zur Stellung eines Insolvenzgeldantrages habe nicht bestanden. Der Auftrag habe sich nur darauf bezogen, dass Konkursantragsverfahren weiter zu betreiben. Erst nach Zurückweisung des Konkursantrages sei er durch seine Prozessbevollmächtigten auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Insolvenzgeld hinzuweisen gewesen. Ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten für die Fristversäumung könne ihm nicht vorgeworfen werden.
Mit Urteil vom 07. Juni 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Klägerbevollmächtigte allgemein mit der Verfolgung der Ansprüche des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis bei dem T-Verein beauftragt gewesen sei, wozu auch die Geltendmachung von Insolvenzgeld gehöre. Spätestens am 21. Januar 2000 sei den Prozessbevollmächtigten das Insolvenzereignis bekannt gewesen, mit der Folge, dass diese unverzüglich den Antrag auf Insolvenzgeld bei der Beklagten hätten stellen können. Der Kläger müsse sich daher das so genannte Vertreterverschulden zurechnen lassen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 26. Juli 2004 zugestellte Urteil haben diese am 19. August 2004 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Seine Prozessbevollmächtigten seien damit beauftragt gewesen, seine Ansprüche gegen seinen früheren Arbeitgeber zu titulieren und eine Beitreibung der Forderung zu versuchen. Diese Maßnahmen seien darin kumuliert, dass in seinem Namen ein Konkursantrag eingereicht worden seien. Ein Auftrag zur Geltendmachung von Insolvenzgeld sei von ihm nicht erteilt worden, denn es habe immer noch eine einvernehmliche Lösung im Raum gestanden. Eine schriftliche Mandatserteilung habe nicht bestanden. Seine Prozessbevollmächtigten würden praktisch ausnahmslos aufgrund eines mündlichen Auftrags tätig, der regelmäßig in einer Besprechung erteilt würde, in der Unterlagen des Mandanten zur Sachverhaltsinformation übergeben und diskutiert würden. Mangels vollständiger Angaben hätten seine Prozessbevollmächtigten auch keinen Insolvenzgeldantrag stellen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Juni 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Kläger auch damit hätte rechnen müssen, dass eine einvernehmliche Lösung nicht gefunden werde. Auch hätte er damit rechnen müssen, nachdem er einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines ehemaligen Arbeitgebers gestellt habe, dass dieses mangels Masse nicht eröffnet werde. Davon ausgehend hätten er und seine Bevollmächtigtenvertreter dafür Sorge tragen müssen, dass sie sich auch kurzfristig gegenseitig erreichen können, um ggf. formlos einen Insolvenzgeldantrag innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist zu beantragen. Es sei nicht erkennbar, dass sich der Kläger mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Insolvenzgeldakten, die Akten des Amtsgerichts Charlottenburg, Az. , einen Auszug aus den Akten des Arbeitsgerichts Berlin, Az. , sowie die Gerichtsakten zu dem hier vorliegenden Verfahren Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Beschwerdewert 500 Euro übersteigt.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für den begehrten Zeitraum.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der vom 01. Januar 1999 bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung durch Art. 1 Nr. 41 des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 2970) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie bei
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers
Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder
vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.
Maßgeblicher Insolvenzgeldzeitpunkt ist - mangels eines anderen vorausgegangenen Insolvenzereignisses - vorliegend nach § 183 Abs. 1 Nr. 2 SGB III die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. Januar 2000. Ausgehend vom Insolvenzereignis am 14. Januar 2000 hat der Kläger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für den geltend gemachten Zeitraum, weil er die Antragsfrist versäumt hat.
Gemäß § 324 Abs. 3 SGB III in der vom 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist das Insolvenzgeld beim zuständigen Arbeitsamt innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (Satz 1). Die zweimonatige Ausschlussfrist begann mit dem 14. Januar 2000 und endete damit am 14. März 2000, wovon schon die Beklagte zutreffend ausgegangen ist. Für den Fristbeginn ist der Tag der Kenntnisnahme vom Beschluss des Amtsgerichtes unmaßgeblich. Die zweimonatige Ausschlussfrist beginnt bei allen rechtserheblichen Insolvenzereignissen mit deren Eintritt ohne Rücksicht darauf, ob dem Arbeitnehmer, hier den Kläger, diese Ereignisse bekannt sind oder nicht (BSG SozR 4100 § 141 Nr. 8 m.w.N.; BSG - Urteil vom 04. März 1999 - B 11/10 AL 3/98 R; in USK 9908 sowie DBlR 4524, AFG/§ 141 e). Eine wirksame Antragstellung bei der Beklagten auf Gewährung von Insolvenzgeld bis zum Ende dieser Ausschlussfrist am 14. März 2000 ist nicht erfolgt.
Da der Kläger mit seinem Antrag vom 06. Juli 2000 die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III versäumt hat, hätte ihm die weitere Frist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nur zur Verfügung gestanden, wenn er die erste Frist aus Gründen, die von ihm nicht zu vertreten sind, versäumt hat. Zu vertreten hat der Arbeitnehmer die Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt, also auch jede Fahrlässigkeit (§ 276 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - ). Eine auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der rechtserheblichen Umstände schließt daher den Insolvenzgeldanspruch nach zwei Monaten aus (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1983, Az. 10 RAr 1/82, SozR 4100 § 141 e Nr. 5). War die Unkenntnis nicht fahrlässig verursacht, beginnt die weitere Zweimonatsfrist nach Wegfall des Hindernisses, das heißt in dem Zeitpunkt, zu dem Arbeitnehmer, ohne fahrlässig zu handeln, von den entscheidenden Sachverhalten hätte Kenntnis haben können. Wer also, die nach den Umständen erforderliche und ihm nach seiner Persönlichkeit zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt und deshalb das den Insolvenzgeldanspruch auslösende Insolvenzereignis nicht kennt, ist mit seinem Insolvenzgeldanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn er den Antrag nicht spätestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt stellt, zudem er die genannten Umstände hätten erkennen können (BSG, Urteil vom 26. August 1983, a.a.O.). Hinsichtlich der Sorgfaltspflicht gilt ein objektiver Verschuldensmaßstab, der sich an den Erkenntnismöglichkeiten und Fähigkeiten des Antragstellers orientiert. Zu vertreten hat danach der Antragsteller die Nichtbeachtung einer ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (vgl. Peters-Lange in Gagel, Arbeitsförderungsgesetz - Kommentar, § 141 e Rz. 13).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war dem Kläger eine Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht einzuräumen, weil er die erste Frist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aus Gründen, die von ihm zu vertreten sind, versäumt hat.
Insoweit ist ihm das Verschulden des von ihm beauftragten Vertreters zuzurechnen (dazu grds. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, 10 RAr 14/91, SozR 3-4100 § 141e Nr. 2). Die Klägerbevollmächtigten wären nach Eingang des Beschlusses über die Zurückweisung der Eröffnung des Konkursverfahrens am 21. Januar 2001 und nachdem das an den Kläger gerichtete Schreiben an sie nach ihrem eigenen Vortrag (Schriftsatz unter dem 28. März 2003) wenige Tage später mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgelangte, verpflichtet und auch in der Lage gewesen, einen formlosen Insolvenzgeldantrag für den Kläger zu stellen.
Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass seine Prozessbevollmächtigten gar nicht zur Stellung eines Insolvenzgeld-Antrages befugt gewesen seien, weil er diesen einen reinen Auftrag im Zusammenhang mit der Durchsetzung seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche erteilt habe. Ein derartiger beschränkter Prozessauftrag lässt sich nämlich nicht feststellen. Vielmehr haben seine Prozessbevollmächtigten vorgetragen, dass es einen schriftlichen Auftrag nicht gegeben habe. Der Auftrag habe sich darauf bezogen, das Konkursantragsverfahren weiter zu betreiben. Dies sei auch nicht ungewöhnlich, da sie praktisch ausnahmslos aufgrund eines mündlichen Auftrags tätig würden.
Gerade wenn, nach dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten, diese - praktisch ausnahmslos aufgrund eines mündlichen Auftrags - tätig werden, ist der Umfang des Mandats eher umfassender zu verstehen, da für den Mandanten der Umfang des Auftrages bei einer rein mündlichen Absprache unklar bleibt. Insbesondere wenn der - vorgetragene mündliche - Auftrag zur Durchführung arbeitsvertraglicher Ansprüche soweit verstanden wird, dass ein Konkursantrag im Namen des Mandanten gestellt wird, ist davon die Antragstellung hinsichtlich Insolvenzgeldes jedenfalls dann mit umfasst, wenn der selbst gestellte Konkursantrag zurückgewiesen werden sollte. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, einem Arbeitnehmer bei einem entsprechenden Versäumnis seines Bevollmächtigten die Nachfrist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht zugute kommen zu lassen, sondern ihn auf eventuelle Regressansprüche gegen diesen Bevollmächtigten zu verweisen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, Az. 10 RAr 14/91, SozR 3-4100 § 141 e Nr. 2).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998.
Der 1962 geborene Kläger war als Fußballspieler (Vertragsamateur) ab dem 30. Juni 1996 befristet bis zum 30. Juni 1998 (Ende der Saison 1997/1998) bei dem Verein B Te. V. 65 (im Folgenden: T-Verein) tätig. Die vertraglich vereinbarte monatliche Vergütung betrug 2000 DM. Der Kläger erhielt u. a. für die Monate April bis Juni 1998 keine Vergütung. Bereits am 08. Januar 1998 ließ er durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten Klage beim Arbeitsgericht wegen der Nichtzahlung der Vergütung erheben (Az. ), der durch Anerkenntnisschlussurteil vom 25. Juni 1998 stattgegeben wurde.
Am 13. Oktober 1998 beantragte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten bei dem Amtsgericht Charlottenburg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den T-Verein (Az. ). Der in dem Insolvenzverfahren bestellte Sachverständige, Rechtsanwalt W S, vertrat in seinem Gutachten vom 10. Januar 2000 die Auffassung, dass der T-Verein zahlungsunfähig und überschuldet sei. Eine die Kosten des Verfahrens deckende freie Masse sei nicht vorhanden.
Daraufhin hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluss vom 14. Januar 2000 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des T-Vereins zurückgewiesen. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. Januar 2000 zugestellt. Die gegen den Beschluss durch den T-Verein erhobene Beschwerde hat das Landgericht Berlin durch Beschluss vom 15. März 2000 als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragte am 06. Juli 2000 bei dem Arbeitsamt Berlin-Südwest Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998 in Höhe von insgesamt 6.000 DM.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2002 ab, weil der Kläger den entsprechenden Antrag nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach dem Insolvenztag gestellt habe. Das maßgebliche Insolvenzereignis sei durch die Ablehnung des Insolvenzverfahrens am 14. Januar 2000 eingetreten. Er habe die Versäumung der Antragsfrist auch zu vertreten, da er den Insolvenzantrag selbst gestellt habe. Der Abweisungsbeschluss sei seinen Prozessbevollmächtigten am 21. Januar 2000 zugegangen. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Kläger rechtzeitig von dem Insolvenztatbestand Kenntnis erhalten und den Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld stellen können.
Gegen den am 27. März 2002 wegen vorheriger Nichtzustellbarkeit erneut abgesandten Bescheid hat der Kläger am 29. April 2002 Widerspruch eingelegt: Eine Kopie des Beschlusses über die Zurückweisung des Konkursantrages sei unmittelbar an die seinen Prozessbevollmächtigten bekannte Anschrift am 21. Januar 2000 gesandt worden, sei jedoch mit dem Postvermerk "unbekannt" wenige Tage später an diese zurückgelangt. In der Zeit von Ende 1999 bis Mitte Februar 2000 und wieder von Ende Februar 2000 bis Ende Mai 2000 habe er sich in seiner Heimat im K auf Verwandtenbesuch befunden. Während dieser Zeiten habe er sich von Bekannten, die über Wohnungs- und Briefkastenschlüssel verfügten, von Zeit von Zeit telefonisch über eingegangene Post unterrichten lassen. Am 02. Juni 2000 habe er sich bei seinem Prozessbevollmächtigten gemeldet und über die Abweisung des Konkursantrages informiert. Er habe deshalb die Versäumung der Antragsfrist nicht zu vertreten.
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2002 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 16. August 2002 bei dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und ergänzend geltend gemacht, ein Auftrag seiner Prozessbevollmächtigten zur Stellung eines Insolvenzgeldantrages habe nicht bestanden. Der Auftrag habe sich nur darauf bezogen, dass Konkursantragsverfahren weiter zu betreiben. Erst nach Zurückweisung des Konkursantrages sei er durch seine Prozessbevollmächtigten auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Insolvenzgeld hinzuweisen gewesen. Ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten für die Fristversäumung könne ihm nicht vorgeworfen werden.
Mit Urteil vom 07. Juni 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Klägerbevollmächtigte allgemein mit der Verfolgung der Ansprüche des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis bei dem T-Verein beauftragt gewesen sei, wozu auch die Geltendmachung von Insolvenzgeld gehöre. Spätestens am 21. Januar 2000 sei den Prozessbevollmächtigten das Insolvenzereignis bekannt gewesen, mit der Folge, dass diese unverzüglich den Antrag auf Insolvenzgeld bei der Beklagten hätten stellen können. Der Kläger müsse sich daher das so genannte Vertreterverschulden zurechnen lassen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 26. Juli 2004 zugestellte Urteil haben diese am 19. August 2004 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Seine Prozessbevollmächtigten seien damit beauftragt gewesen, seine Ansprüche gegen seinen früheren Arbeitgeber zu titulieren und eine Beitreibung der Forderung zu versuchen. Diese Maßnahmen seien darin kumuliert, dass in seinem Namen ein Konkursantrag eingereicht worden seien. Ein Auftrag zur Geltendmachung von Insolvenzgeld sei von ihm nicht erteilt worden, denn es habe immer noch eine einvernehmliche Lösung im Raum gestanden. Eine schriftliche Mandatserteilung habe nicht bestanden. Seine Prozessbevollmächtigten würden praktisch ausnahmslos aufgrund eines mündlichen Auftrags tätig, der regelmäßig in einer Besprechung erteilt würde, in der Unterlagen des Mandanten zur Sachverhaltsinformation übergeben und diskutiert würden. Mangels vollständiger Angaben hätten seine Prozessbevollmächtigten auch keinen Insolvenzgeldantrag stellen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Juni 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Kläger auch damit hätte rechnen müssen, dass eine einvernehmliche Lösung nicht gefunden werde. Auch hätte er damit rechnen müssen, nachdem er einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines ehemaligen Arbeitgebers gestellt habe, dass dieses mangels Masse nicht eröffnet werde. Davon ausgehend hätten er und seine Bevollmächtigtenvertreter dafür Sorge tragen müssen, dass sie sich auch kurzfristig gegenseitig erreichen können, um ggf. formlos einen Insolvenzgeldantrag innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist zu beantragen. Es sei nicht erkennbar, dass sich der Kläger mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Insolvenzgeldakten, die Akten des Amtsgerichts Charlottenburg, Az. , einen Auszug aus den Akten des Arbeitsgerichts Berlin, Az. , sowie die Gerichtsakten zu dem hier vorliegenden Verfahren Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Beschwerdewert 500 Euro übersteigt.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für den begehrten Zeitraum.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der vom 01. Januar 1999 bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung durch Art. 1 Nr. 41 des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 2970) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie bei
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers
Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder
vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.
Maßgeblicher Insolvenzgeldzeitpunkt ist - mangels eines anderen vorausgegangenen Insolvenzereignisses - vorliegend nach § 183 Abs. 1 Nr. 2 SGB III die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. Januar 2000. Ausgehend vom Insolvenzereignis am 14. Januar 2000 hat der Kläger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für den geltend gemachten Zeitraum, weil er die Antragsfrist versäumt hat.
Gemäß § 324 Abs. 3 SGB III in der vom 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist das Insolvenzgeld beim zuständigen Arbeitsamt innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (Satz 1). Die zweimonatige Ausschlussfrist begann mit dem 14. Januar 2000 und endete damit am 14. März 2000, wovon schon die Beklagte zutreffend ausgegangen ist. Für den Fristbeginn ist der Tag der Kenntnisnahme vom Beschluss des Amtsgerichtes unmaßgeblich. Die zweimonatige Ausschlussfrist beginnt bei allen rechtserheblichen Insolvenzereignissen mit deren Eintritt ohne Rücksicht darauf, ob dem Arbeitnehmer, hier den Kläger, diese Ereignisse bekannt sind oder nicht (BSG SozR 4100 § 141 Nr. 8 m.w.N.; BSG - Urteil vom 04. März 1999 - B 11/10 AL 3/98 R; in USK 9908 sowie DBlR 4524, AFG/§ 141 e). Eine wirksame Antragstellung bei der Beklagten auf Gewährung von Insolvenzgeld bis zum Ende dieser Ausschlussfrist am 14. März 2000 ist nicht erfolgt.
Da der Kläger mit seinem Antrag vom 06. Juli 2000 die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III versäumt hat, hätte ihm die weitere Frist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nur zur Verfügung gestanden, wenn er die erste Frist aus Gründen, die von ihm nicht zu vertreten sind, versäumt hat. Zu vertreten hat der Arbeitnehmer die Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt, also auch jede Fahrlässigkeit (§ 276 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - ). Eine auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der rechtserheblichen Umstände schließt daher den Insolvenzgeldanspruch nach zwei Monaten aus (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1983, Az. 10 RAr 1/82, SozR 4100 § 141 e Nr. 5). War die Unkenntnis nicht fahrlässig verursacht, beginnt die weitere Zweimonatsfrist nach Wegfall des Hindernisses, das heißt in dem Zeitpunkt, zu dem Arbeitnehmer, ohne fahrlässig zu handeln, von den entscheidenden Sachverhalten hätte Kenntnis haben können. Wer also, die nach den Umständen erforderliche und ihm nach seiner Persönlichkeit zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt und deshalb das den Insolvenzgeldanspruch auslösende Insolvenzereignis nicht kennt, ist mit seinem Insolvenzgeldanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn er den Antrag nicht spätestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt stellt, zudem er die genannten Umstände hätten erkennen können (BSG, Urteil vom 26. August 1983, a.a.O.). Hinsichtlich der Sorgfaltspflicht gilt ein objektiver Verschuldensmaßstab, der sich an den Erkenntnismöglichkeiten und Fähigkeiten des Antragstellers orientiert. Zu vertreten hat danach der Antragsteller die Nichtbeachtung einer ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (vgl. Peters-Lange in Gagel, Arbeitsförderungsgesetz - Kommentar, § 141 e Rz. 13).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war dem Kläger eine Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht einzuräumen, weil er die erste Frist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aus Gründen, die von ihm zu vertreten sind, versäumt hat.
Insoweit ist ihm das Verschulden des von ihm beauftragten Vertreters zuzurechnen (dazu grds. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, 10 RAr 14/91, SozR 3-4100 § 141e Nr. 2). Die Klägerbevollmächtigten wären nach Eingang des Beschlusses über die Zurückweisung der Eröffnung des Konkursverfahrens am 21. Januar 2001 und nachdem das an den Kläger gerichtete Schreiben an sie nach ihrem eigenen Vortrag (Schriftsatz unter dem 28. März 2003) wenige Tage später mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgelangte, verpflichtet und auch in der Lage gewesen, einen formlosen Insolvenzgeldantrag für den Kläger zu stellen.
Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass seine Prozessbevollmächtigten gar nicht zur Stellung eines Insolvenzgeld-Antrages befugt gewesen seien, weil er diesen einen reinen Auftrag im Zusammenhang mit der Durchsetzung seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche erteilt habe. Ein derartiger beschränkter Prozessauftrag lässt sich nämlich nicht feststellen. Vielmehr haben seine Prozessbevollmächtigten vorgetragen, dass es einen schriftlichen Auftrag nicht gegeben habe. Der Auftrag habe sich darauf bezogen, das Konkursantragsverfahren weiter zu betreiben. Dies sei auch nicht ungewöhnlich, da sie praktisch ausnahmslos aufgrund eines mündlichen Auftrags tätig würden.
Gerade wenn, nach dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten, diese - praktisch ausnahmslos aufgrund eines mündlichen Auftrags - tätig werden, ist der Umfang des Mandats eher umfassender zu verstehen, da für den Mandanten der Umfang des Auftrages bei einer rein mündlichen Absprache unklar bleibt. Insbesondere wenn der - vorgetragene mündliche - Auftrag zur Durchführung arbeitsvertraglicher Ansprüche soweit verstanden wird, dass ein Konkursantrag im Namen des Mandanten gestellt wird, ist davon die Antragstellung hinsichtlich Insolvenzgeldes jedenfalls dann mit umfasst, wenn der selbst gestellte Konkursantrag zurückgewiesen werden sollte. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, einem Arbeitnehmer bei einem entsprechenden Versäumnis seines Bevollmächtigten die Nachfrist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht zugute kommen zu lassen, sondern ihn auf eventuelle Regressansprüche gegen diesen Bevollmächtigten zu verweisen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, Az. 10 RAr 14/91, SozR 3-4100 § 141 e Nr. 2).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved