L 7 B 612/05 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 AS 344/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 612/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 14. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.

Der 1958 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) bezog bis 31.12.2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Nach dem ab 01.10.2004 geschlossenen Mietvertrag des Bf. beträgt die Grundmiete 465,00 EUR monatlich, die Nebenkosten 80,00 EUR sowie Kosten für einen Pkw-Stellplatz 15,00 EUR monatlich. Für die aus zwei Personen, dem Bf. und seiner minderjährigen Tochter, bestehende Bedarfsgemeinschaft wurden bis 31.12.2004 Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 417,45 EUR monatlich (Grundmiete: 337,45 EUR und Nebenkosten 80,00 EUR) sozialhilferechtlich anerkannt. Die Höhe der berücksichtigten Grundmiete entsprach dem zu diesen Zeitpunkt vom Sozialamt L. ermittelten, für einen Zwei-Personen-Haushalt in L. angemessenen, Betrag. In Kenntnis der angemessenen Grundmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt in Höhe von 337,45 EUR monatlich mietete der Bf. ab 01.10.2004 eine Unterkunft mit höheren Kosten an.

Seit 01.01.2005 bezieht der Bf. von der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen nach dem SGB II. Nach einem am 17.01.2005 mit dem zuständigen Sachbearbeiter geführten Gespräch wurde in der Bedarfsberechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 die tatsächliche Grundmiete in Höhe von 465,00 EUR berücksichtigt. Der Bf. wurde darauf hingewiesen, dass die Berücksichtigung der unangemessen hohen Grundmiete längstens bis 31.05.2005 erfolgen könne und sich diese ab 01.06.2005 auf einen für einen Zwei-Personen-Haushalt in L. angemessenen Betrag in Höhe von 385,00 EUR erniedrige.

Mit Bescheid vom 07.06.2005 wurde der entsprechende Bewilligungszeitraum vom 01.06. bis 30.11.2005 festgesetzt. Obwohl die minderjährige Tochter des Bf. bereits zum 15.04.2005 ausgezogen war, erhielt der Bf. eine weitere Übergangsfrist bis zum 30.11.2005, in der die Grundmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt berücksichtigt wurde.

Mit dem Widerspruch machte der Bf. geltend, dass er durch die nicht in voller Höhe berücksichtigte Miete gezwungen sei, 100,OO EUR von seiner monatlichen Regelleistung für die Miete zu verwenden. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2005 wies die Bg. (zwischenzeitlich) den Widerspruch als unbegründet zurück.

Bereits am 04.07.2005 hat der Bf. beim Sozialgericht München (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt, die Bg. zu verpflichten, die Miete in tatsächlicher Höhe so lange zu gewähren, bis er eine angemessene Unterkunft gefunden habe. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Bg. stütze die Senkung der Miete auf den Auszug seiner Tochter zum 15.04.2005. Da er so kurzfristig keine andere Wohnung gefunden habe, müsse er jetzt die Differenz von der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts begleichen.

Mit Beschluss vom 14.09.2005 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Bf. habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II würden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Zur Bestimmung der Angemessenheit von Wohnraum könne im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die zum Sozialhilferecht ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Alleinstehende Personen hätten Anspruch auf eine Wohnfläche von höchstens 45 qm (vgl. BayVGH vom 29.04.1999 FEVS 51, 116 bis 119 m.w.N. und ausführlicher Begründung). Bei der Ermittlung der Angemessenheit des Mietpreises seien der Berechnung die am Wohnort des Hilfesuchenden marktüblichen Wohnungsmieten im unteren Bereich vergleichbarer Wohnungen zugrunde zu legen (vgl. BVerwG vom 17.11.1994 FEVS 45, 363 bis 369). Gemessen an diesen Grundsätzen sei die von dem Bf. bewohnte Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Kaltmiete von monatlich 465,00 EUR nicht angemessen. Wie sich seiner Antragsschrift entnehmen lasse, werde dies von ihm auch nicht grundsätzlich bestritten. Der Bf. habe auch keinen Anspruch (mehr) auf Berücksichtigung seiner unangemessenen hohen Miete gemäß § 22 Abs.1 Satz 2 SGB II. Danach seien unangemessen hohe Unterkunftskosten bei der Bedarfsberechnung so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, durch einen Wohnungswechsel oder durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Hier habe die Bg. die Miete in tatsächlicher Höhe fünf Monate lang anerkannt. Da der Bf. bis Dezember 2004 im Sozialhilfebezug gestanden habe, sei davon auszugehen, dass ihm die Unangemessenheit seiner Unterkunft auch schon vor Beginn des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II bekannt gewesen sei und die von der Bg. eingeräumte Zeit von fünf Monaten für die Wohnungssuche deshalb ausreichend gewesen sei. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Miete über diesen Zeitraum hinaus könne nur dann bestehen, wenn der Bf. substanziiert darlege, dass er eine angemessene Wohnung trotz intensiver und ernsthafter Suche nicht habe anmieten können. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Bf. habe nicht dargelegt, welche konkreten Bemühungen er zur Wohnungssuche in den letzten Monaten unternommen habe. Anders als er vortrage, beruhe die Senkung der anerkannten Unterkunftskosten ab Juni 2005 auch nicht auf dem Auszug seiner Tochter zum 15.04.2005, sondern darauf, dass seine Wohnung auch schon für einen Zwei-Personen-Haushalt unangemessen gewesen sei. Die Bg. berücksichtige vielmehr bis einschließlich November 2005 weiterhin die unangemessenen Unterkunftskosten für einen Zwei-Personen-Haushalt, obwohl der Bf. mittlerweile allein lebe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde. Zur Begründung trägt der Bf. vor, das SG gehe in der Ablehnung seines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von falschen Berechnungen aus. Er sei der Meinung, dass der Auszug seiner Tochter die Situation so verändert habe, dass er nicht mehr nach angemessenem Wohnraum für zwei Personen suche müsse, sondern nach einer kleinen Wohnung für ihn allein. Dazu sei der angesetzte Zeitraum von vier Wochen bis zur Kürzung der Miete und dadurch natürlich auch seiner Leistungen zu gering. Trotz intensiver Suche habe er auch keine angemessene Wohnung gefunden, was er durch fast alle Zeitungsannoncen in den letzten Monaten belegen könne.

Die Bg. hält die Beschwerde für unbegründet.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich ist das Rechtsmittel aber nicht begründet, weil die von dem Bf. begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann.

Gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandese in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Dabei hat der Bf. sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.

Zu Recht hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, dass der Bf. einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Der Senat folgt insoweit den Gründen des Beschlusses des SG und sieht entsprechend § 142 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Obwohl die minderjährige Tochter des Bf. bereits zum 15.04.2005 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen ist und der Bf. damit ab diesem Zeitpunkt nur noch einen Ein-Personen-Haushalt führte, wurde mit Bescheid vom 07.06.2005 die für einen Zwei-Personen-Haushalt angemessene Grundmiete in Höhe von 385,00 EUR monatlich bis einschließlich 30.11.2005 anerkannt. Dieser Übergangszeitraum von insgesamt 7,5 Monaten wurde dem Bf. zugebilligt, damit er für die Suche nach einer, für eine Person angemessene Unterkunft, ausreichend Zeit zur Verfügung habe. Aufgrund des in der Vergangenheit erfolgten Sozialhilfebezugs und den erfolgten Mitteilungen des zuständigen Sozialamtes musste dem Bf. bereits zum Zeitpunkt des Auszugs seiner Tochter klar gewesen sein, dass sich diese Änderung in den Verhältnissen auf die zukünftig anzuerkennende Miete auswirken würde. Mit Bescheiden vom 20.04.2005, 07.06.2005 und Schreiben vom 07.07.2005 wurde der Bf. diesbezüglich auch entsprechend informiert. Außerdem geht aus dem Schreiben des Bf. vom 05.05.2005 hervor, dass er über die für einen Ein-Personen-Haushalt in L. angemessene Grundmiete in Höhe von 270,00 EUR informiert war. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich der Bf. auch in keiner aktuellen Notlage befindet, nachdem ihm die Bg. ab 01.12.2005 weiterhin Leistungen bewilligt hat.

Somit war die Beschwerde des Bf. gegen den Beschluss des SG München vom 14.09.2005 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs.1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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