Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 1 BL 15/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 BL 9/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.02.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin seit Januar 2002 Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG) zusteht.
Die 1925 geborene Klägerin stellte einen entsprechenden Antrag durch ihren Bevollmächtigten am 27.12.2001 (Eingang beim Beklagten: 17.01.2002). In einer durch den Beklagten veranlassten Begutachtung (08.08. 2002) gelangte die Augenärztin Dr.B. zu der Feststellung, die Sehschärfe der Klägerin betrage bei beidäugiger Prüfung (korrigiert) 1/20 bis 1/15; die Konfrontationsperimetrie zeige unauffällige Außengrenzen, ein deutliches Zentralskotom bestehe nicht. Die Sehbeeinträchtigung der Klägerin beruhe auf einer beginnenden Linsentrübung und einer Makuladegeneration. Auch holte der Beklagte einen Befundbericht des Augenarztes Dr.S. (10.07.2002) ein.
Mit Bescheid vom 14.08.2002 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Blindengeld ab: Bei der augenärztlichen Untersuchung am 08.08.2002 sei auf dem besseren rechten Auge eine Sehschärfe von 1/20, also mehr als 1/50, gemessen worden. Hinweise für Gesichtsfeldeinschränkungen, die einer Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 gleich zu achten wären, hätten sich nicht gefunden. Die Voraussetzungen für die Zahlung von Blindengeld seien daher nicht erfüllt.
Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese vortrug, die "Begutachtung" durch Dr.B. mit Taschenlampe und Lesetafel sei völlig unzureichend gewesen und darüber hinaus seien die infolge der Makuladegeneration bestehenden massiven Gesichtsfeldeinschränkungen nicht berücksichtigt worden, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2002 zurück.
Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zur Gewährung von Blindengeld zu verurteilen: Die vom Beklagten veranlasste "Begutachtung" habe wissenschaftlichen Ansprüchen keinesfalls genügt; auch sei eine Aktualisierung der vom November 2001 stammenden Untersuchungsergebnisse des behandelnden Augenarztes nicht erfolgt, obwohl bekannt sein müsse, dass die vorhandene Augenerkrankung ständig fortschreite.
Das Sozialgericht hat die die Klägerin betreffende Blindengeldakte des Beklagten beigezogen sowie einen Befundbericht der Augenärzte Dr.A./Dr.S. (07.02.2003) und ein von dem Augenarzt Dr.K. (Augenklinik der Technischen Universität M.) am 25.10.2004 erstelltes Gutachten eingeholt. Während in dem Befundbericht festgestellt wurde, Blindheit bestehe seit der letzten augenärztlichen Untersuchung am 21.08. 2002, gelangte Oberarzt Dr.K. zu der Auffassung, Blindheit könne bei der Klägerin nicht angenommen werden. Er begründete dies damit, dass die an sich Blindheit begründenden subjektiven Angaben der Klägerin bei verschiedenen Tests aufgrund des damit nicht in Einklang stehenden Verhaltens der Klägerin und der Befunde der objektiven Messverfahren deutlich bezweifelt werden müssten.
Mit Urteil vom 18.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Wegen der Widersprüchlichkeiten zwischen den subjektiven Angaben zum Sehvermögen und dem Verhalten der Klägerin sowie den objektiven Messergebnissen sei Blindheit im Sinn des BayBlindG nicht mit der erforderlichen "an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" bewiesen. Dies gehe zu Lasten der Klägerin. Blindengeld stehe ihr deshalb nicht zu.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt: Das Sozialgericht habe sich zu einseitig auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr.K. gestützt, ohne sich im geringsten um eigene Erkenntnisse, z.B. Einvernahme des behandelnden Augenarztes, zu bemühen. Der Sachverständige Dr.K. selbst sei als befangen abzulehnen. Seine Aufgabe sei es gewesen, ein wissenschaftliches Gutachten zu erstellen und nicht, angebliche Beobachtungen, die frei erfunden seien, wiederzugeben. Im Übrigen bestreite sie, dass im sozialgerichtlichen Verfahren Beweislastgrundsätze, wie sie das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt habe, angewendet werden dürften. Eine gesetzliche Grundlage dafür habe sie jedenfalls nirgends finden können.
In der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2005 hat der Senat den erst im Berufungsverfahren gestellten Antrag der Klägerin, den Sachverständigen Dr.K. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, als unzulässig zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 18.02.2005 sowie des Bescheides vom 14.08.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2002 zu verurteilen, ihr ab 01.01.2002 Blindengeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil der Sach- und Rechtlage entspreche.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der zu Beweiszwecken beigezogenen Blindengeldakte und Schwerbehindertenakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (Artikel 7 Abs.2 BayBlindG i.V.m. §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); sie ist jedoch nicht begründet.
Wie der Beklagte und das Sozialgericht zutreffend entschieden haben, ist es nicht mit der erforderlichen "an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" (Vollbeweis) bewiesen, dass die Sehschärfe auf dem besseren Auge der Klägerin seit Januar 2002 nicht mehr als 1/50 beträgt oder bei ihr allein oder neben der Visusminderung Störungen des Sehvermögens - insbesondere Gesichtsfeldeinschränkungen - von einem solchen Schweregrad bestehen, dass sie einer Beeinträchtigung der Sehschärfe von maximal 1/50 auf dem besseren Auge gleich zu achten wären (Artikel 2 Abs.2 S. 2 Nrn.1 und 2 BayBlindG).
Die beweiserheblichen Tatsachen - hier: die Blindheit nach dem BayBlindG bedingenden Befunde - müssen zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt sein. Die volle Überzeugung verlangt zwar keine absolute Sicherheit bei der Sachverhaltsfeststellung, die im Übrigen kaum je zu erzielen wäre; sie erfordert aber eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, d.h. einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass kein vernünftiger Mensch noch Zweifel hat (Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rdnr.6 a zu § 103, 5 zu § 118, 3 b zu § 128 jeweils m.w.N.).
Darüber hinaus gilt entgegen der Auffassung der Klägerseite im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der sogenannten "objektiven Beweislast". Danach trägt jeder Beteiligte die Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Das gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale. Kann das Gericht trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten bestimmte Tatsachen nicht feststellen (non liquet), so geht diese verbliebene Ungewissheit zu Lasten desjenigen, der aus dieser Tatsache einen Anspruch ableiten will (Meyer-Ladewig a.a.O., Rdnr.19 a zu § 103; 6 zu § 118, jeweils m.w.N.).
Der Klägerin fehlt das Augenlicht nicht vollständig (Artikel 1 Abs.2 S.1 BayBlindG). Dass ihre Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 (0,02) beträgt (Artikel 1 Abs.2 S.2 Nr.1 BayBlindG) oder dass bei ihr neben der zweifelsfrei bestehenden Visusminderung Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass der Gesamtzustand einer Beeinträchtigung der Sehschärfe von maximal 1/50 auf dem besseren Auge gleich zu achten ist (Artikel 1 Abs.2 S.2 Nr.2 BayBlindG), ist nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad des Vollbeweises (an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit) erwiesen.
Dies ergibt sich aus den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.K. (Gutachten vom 25.10.2004). Danach waren die subjektiven Angaben der Klägerin bei der am 01.07.2004 in der Augenklinik der Technischen Universität M. durchgeführten Untersuchung zwar dergestalt, dass daraus das Vorliegen von Blindheit gefolgert werden könnte; denn entsprechend den Angaben der Klägerin war ein Erkennen von Zahlen und Landoltringen auf beiden Augen nicht mehr möglich, Handbewegungen konnten nur rechts partiell wahrgenommen werden. Diese Angaben und die damit gekoppelten Befunde können jedoch nicht als gesichert angesehen werden. Denn die Ergebnisse der objektiven Mess- und Untersuchungsverfahren und das Verhalten der Klägerin bei den Tests und während der Untersuchung bestätigen die nach den Angaben der Klägerin bestehende Blindheit nach dem BayBlindG nicht, stehen vielmehr dazu in Widerspruch. So ist die relativ gute Ableitbarkeit blitzevozierter kortikaler Potenziale bei Stimulation des linken Auges mit dem Totalausfall des Gesichtsfeldes an diesem Auge, wie er von der Klägerin bei der Gesichtsfelduntersuchung angegeben wurde, nicht schlüssig vereinbar. Auch die gut ableitbaren entsprechenden Potentiale bei Stimulation des rechten Auges sind mit dem angegebenen Restgesichtsfeld an diesem Auge kaum vereinbar. Die bei wiederholten Messungen unterschiedlichen Angaben zum Restgesichtsfeld des rechten Auges begründen ebenfalls Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Angaben. In besonderem Maße unschlüssig erscheinen die Angaben der Klägerin, aufgrund deren bei der Gesichtsfeldprüfung des rechten Auges die Nachprüfung mit der größeren Reizmarke V/4 ein kleineres Restgesichtsfeld ergab als die Nachprüfung mit der schwerer erkennbaren Reizmarke III/4. Der Umstand, dass bei der Prüfung der Richtungsangaben der sogenannten E-Haken bei 20 Einzelprüfungen immer die falsche Richtungsangabe gemacht wurde, begründet - bei einer Ratewahrscheinlichkeit von 25 % - den Verdacht auf systematisch falsche Angaben. Dass bei der Sehschärfeprüfung beider Augen vertikale Handbewegungen als nicht wahrgenommen angegeben wurden, aber entsprechende Augefolgebewegungen stattfanden, bestärkt ebenfalls Zweifel an diesen Angaben. Hinzu kommen Verhaltensweisen der Klägerin im Rahmen der Untersuchungen, die zusätzliche Zweifel an der Richtigkeit der subjektiven Angaben bei den Sehtests aufkommen lassen. So setzte sich die Klägerin ohne Hilfe zielsicher auf den Untersucherstuhl, ergriff in gleicher Weise die Hand des Untersuchers, den Türgriff und die Armlehne des Untersucherstuhls; auch die ihr von der Seite hingehaltene Brille ergriff sie zielsicher am Bügel, desgleichen einen hingehaltenen weißen Tupfer der Größe 4 x 4 cm.
Insgesamt bestehen somit erhebliche Zweifel an den Angaben der Klägerin zur Sehschärfe und zum Gesichtsfeld. Die Voraussetzungen des Artikel 2 Abs.2 S.2 Nrn.1 und 2 BayBlindG sind danach nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Daran ändern auch die Feststellungen der Augenärzte Dr.A./Dr.S. im Zuge der Untersuchung der Klägerin vom 21.08.2002 (Befundbericht vom 07.02.2003) nichts. Denn bei dieser Untersuchung wurde zwar aufgrund der Angaben der Klägerin - ähnlich wie in der Augenklinik der Technischen Universität M. - eine Minderung der Sehschärfe von blindheitsbedingendem Ausmaß angenommen; objektive Messverfahren fanden jedoch keine Anwendung, auch enthält der Befundbericht keine kritische Auseinandersetzung mit den auf den subjektiven Angaben der Klägerin beruhenden Feststellungen. Hinzu kommt, dass die Untersuchung in der Augenklink der Technischen Universität M. zeitlich später stattgefunden hat und ihr bereits aus diesem Grund ein höherer Beweiswert zukommt als der Untersuchung vom 21.08.2002, die im Übrigen nur zwei Wochen nach der Untersuchung durch Dr.B. stattfand, deren Visusfeststellungen bei der Klägerin noch deutlich über dem Grenzwert von 1/50 lagen.
Die Voraussetzungen für das Vorliegen von Blindheit sind nach alledem nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin seit Januar 2002 Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG) zusteht.
Die 1925 geborene Klägerin stellte einen entsprechenden Antrag durch ihren Bevollmächtigten am 27.12.2001 (Eingang beim Beklagten: 17.01.2002). In einer durch den Beklagten veranlassten Begutachtung (08.08. 2002) gelangte die Augenärztin Dr.B. zu der Feststellung, die Sehschärfe der Klägerin betrage bei beidäugiger Prüfung (korrigiert) 1/20 bis 1/15; die Konfrontationsperimetrie zeige unauffällige Außengrenzen, ein deutliches Zentralskotom bestehe nicht. Die Sehbeeinträchtigung der Klägerin beruhe auf einer beginnenden Linsentrübung und einer Makuladegeneration. Auch holte der Beklagte einen Befundbericht des Augenarztes Dr.S. (10.07.2002) ein.
Mit Bescheid vom 14.08.2002 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Blindengeld ab: Bei der augenärztlichen Untersuchung am 08.08.2002 sei auf dem besseren rechten Auge eine Sehschärfe von 1/20, also mehr als 1/50, gemessen worden. Hinweise für Gesichtsfeldeinschränkungen, die einer Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 gleich zu achten wären, hätten sich nicht gefunden. Die Voraussetzungen für die Zahlung von Blindengeld seien daher nicht erfüllt.
Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese vortrug, die "Begutachtung" durch Dr.B. mit Taschenlampe und Lesetafel sei völlig unzureichend gewesen und darüber hinaus seien die infolge der Makuladegeneration bestehenden massiven Gesichtsfeldeinschränkungen nicht berücksichtigt worden, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2002 zurück.
Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zur Gewährung von Blindengeld zu verurteilen: Die vom Beklagten veranlasste "Begutachtung" habe wissenschaftlichen Ansprüchen keinesfalls genügt; auch sei eine Aktualisierung der vom November 2001 stammenden Untersuchungsergebnisse des behandelnden Augenarztes nicht erfolgt, obwohl bekannt sein müsse, dass die vorhandene Augenerkrankung ständig fortschreite.
Das Sozialgericht hat die die Klägerin betreffende Blindengeldakte des Beklagten beigezogen sowie einen Befundbericht der Augenärzte Dr.A./Dr.S. (07.02.2003) und ein von dem Augenarzt Dr.K. (Augenklinik der Technischen Universität M.) am 25.10.2004 erstelltes Gutachten eingeholt. Während in dem Befundbericht festgestellt wurde, Blindheit bestehe seit der letzten augenärztlichen Untersuchung am 21.08. 2002, gelangte Oberarzt Dr.K. zu der Auffassung, Blindheit könne bei der Klägerin nicht angenommen werden. Er begründete dies damit, dass die an sich Blindheit begründenden subjektiven Angaben der Klägerin bei verschiedenen Tests aufgrund des damit nicht in Einklang stehenden Verhaltens der Klägerin und der Befunde der objektiven Messverfahren deutlich bezweifelt werden müssten.
Mit Urteil vom 18.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Wegen der Widersprüchlichkeiten zwischen den subjektiven Angaben zum Sehvermögen und dem Verhalten der Klägerin sowie den objektiven Messergebnissen sei Blindheit im Sinn des BayBlindG nicht mit der erforderlichen "an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" bewiesen. Dies gehe zu Lasten der Klägerin. Blindengeld stehe ihr deshalb nicht zu.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt: Das Sozialgericht habe sich zu einseitig auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr.K. gestützt, ohne sich im geringsten um eigene Erkenntnisse, z.B. Einvernahme des behandelnden Augenarztes, zu bemühen. Der Sachverständige Dr.K. selbst sei als befangen abzulehnen. Seine Aufgabe sei es gewesen, ein wissenschaftliches Gutachten zu erstellen und nicht, angebliche Beobachtungen, die frei erfunden seien, wiederzugeben. Im Übrigen bestreite sie, dass im sozialgerichtlichen Verfahren Beweislastgrundsätze, wie sie das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt habe, angewendet werden dürften. Eine gesetzliche Grundlage dafür habe sie jedenfalls nirgends finden können.
In der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2005 hat der Senat den erst im Berufungsverfahren gestellten Antrag der Klägerin, den Sachverständigen Dr.K. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, als unzulässig zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 18.02.2005 sowie des Bescheides vom 14.08.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2002 zu verurteilen, ihr ab 01.01.2002 Blindengeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil der Sach- und Rechtlage entspreche.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der zu Beweiszwecken beigezogenen Blindengeldakte und Schwerbehindertenakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (Artikel 7 Abs.2 BayBlindG i.V.m. §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); sie ist jedoch nicht begründet.
Wie der Beklagte und das Sozialgericht zutreffend entschieden haben, ist es nicht mit der erforderlichen "an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" (Vollbeweis) bewiesen, dass die Sehschärfe auf dem besseren Auge der Klägerin seit Januar 2002 nicht mehr als 1/50 beträgt oder bei ihr allein oder neben der Visusminderung Störungen des Sehvermögens - insbesondere Gesichtsfeldeinschränkungen - von einem solchen Schweregrad bestehen, dass sie einer Beeinträchtigung der Sehschärfe von maximal 1/50 auf dem besseren Auge gleich zu achten wären (Artikel 2 Abs.2 S. 2 Nrn.1 und 2 BayBlindG).
Die beweiserheblichen Tatsachen - hier: die Blindheit nach dem BayBlindG bedingenden Befunde - müssen zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt sein. Die volle Überzeugung verlangt zwar keine absolute Sicherheit bei der Sachverhaltsfeststellung, die im Übrigen kaum je zu erzielen wäre; sie erfordert aber eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, d.h. einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass kein vernünftiger Mensch noch Zweifel hat (Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rdnr.6 a zu § 103, 5 zu § 118, 3 b zu § 128 jeweils m.w.N.).
Darüber hinaus gilt entgegen der Auffassung der Klägerseite im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der sogenannten "objektiven Beweislast". Danach trägt jeder Beteiligte die Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Das gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale. Kann das Gericht trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten bestimmte Tatsachen nicht feststellen (non liquet), so geht diese verbliebene Ungewissheit zu Lasten desjenigen, der aus dieser Tatsache einen Anspruch ableiten will (Meyer-Ladewig a.a.O., Rdnr.19 a zu § 103; 6 zu § 118, jeweils m.w.N.).
Der Klägerin fehlt das Augenlicht nicht vollständig (Artikel 1 Abs.2 S.1 BayBlindG). Dass ihre Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 (0,02) beträgt (Artikel 1 Abs.2 S.2 Nr.1 BayBlindG) oder dass bei ihr neben der zweifelsfrei bestehenden Visusminderung Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass der Gesamtzustand einer Beeinträchtigung der Sehschärfe von maximal 1/50 auf dem besseren Auge gleich zu achten ist (Artikel 1 Abs.2 S.2 Nr.2 BayBlindG), ist nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad des Vollbeweises (an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit) erwiesen.
Dies ergibt sich aus den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.K. (Gutachten vom 25.10.2004). Danach waren die subjektiven Angaben der Klägerin bei der am 01.07.2004 in der Augenklinik der Technischen Universität M. durchgeführten Untersuchung zwar dergestalt, dass daraus das Vorliegen von Blindheit gefolgert werden könnte; denn entsprechend den Angaben der Klägerin war ein Erkennen von Zahlen und Landoltringen auf beiden Augen nicht mehr möglich, Handbewegungen konnten nur rechts partiell wahrgenommen werden. Diese Angaben und die damit gekoppelten Befunde können jedoch nicht als gesichert angesehen werden. Denn die Ergebnisse der objektiven Mess- und Untersuchungsverfahren und das Verhalten der Klägerin bei den Tests und während der Untersuchung bestätigen die nach den Angaben der Klägerin bestehende Blindheit nach dem BayBlindG nicht, stehen vielmehr dazu in Widerspruch. So ist die relativ gute Ableitbarkeit blitzevozierter kortikaler Potenziale bei Stimulation des linken Auges mit dem Totalausfall des Gesichtsfeldes an diesem Auge, wie er von der Klägerin bei der Gesichtsfelduntersuchung angegeben wurde, nicht schlüssig vereinbar. Auch die gut ableitbaren entsprechenden Potentiale bei Stimulation des rechten Auges sind mit dem angegebenen Restgesichtsfeld an diesem Auge kaum vereinbar. Die bei wiederholten Messungen unterschiedlichen Angaben zum Restgesichtsfeld des rechten Auges begründen ebenfalls Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Angaben. In besonderem Maße unschlüssig erscheinen die Angaben der Klägerin, aufgrund deren bei der Gesichtsfeldprüfung des rechten Auges die Nachprüfung mit der größeren Reizmarke V/4 ein kleineres Restgesichtsfeld ergab als die Nachprüfung mit der schwerer erkennbaren Reizmarke III/4. Der Umstand, dass bei der Prüfung der Richtungsangaben der sogenannten E-Haken bei 20 Einzelprüfungen immer die falsche Richtungsangabe gemacht wurde, begründet - bei einer Ratewahrscheinlichkeit von 25 % - den Verdacht auf systematisch falsche Angaben. Dass bei der Sehschärfeprüfung beider Augen vertikale Handbewegungen als nicht wahrgenommen angegeben wurden, aber entsprechende Augefolgebewegungen stattfanden, bestärkt ebenfalls Zweifel an diesen Angaben. Hinzu kommen Verhaltensweisen der Klägerin im Rahmen der Untersuchungen, die zusätzliche Zweifel an der Richtigkeit der subjektiven Angaben bei den Sehtests aufkommen lassen. So setzte sich die Klägerin ohne Hilfe zielsicher auf den Untersucherstuhl, ergriff in gleicher Weise die Hand des Untersuchers, den Türgriff und die Armlehne des Untersucherstuhls; auch die ihr von der Seite hingehaltene Brille ergriff sie zielsicher am Bügel, desgleichen einen hingehaltenen weißen Tupfer der Größe 4 x 4 cm.
Insgesamt bestehen somit erhebliche Zweifel an den Angaben der Klägerin zur Sehschärfe und zum Gesichtsfeld. Die Voraussetzungen des Artikel 2 Abs.2 S.2 Nrn.1 und 2 BayBlindG sind danach nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Daran ändern auch die Feststellungen der Augenärzte Dr.A./Dr.S. im Zuge der Untersuchung der Klägerin vom 21.08.2002 (Befundbericht vom 07.02.2003) nichts. Denn bei dieser Untersuchung wurde zwar aufgrund der Angaben der Klägerin - ähnlich wie in der Augenklinik der Technischen Universität M. - eine Minderung der Sehschärfe von blindheitsbedingendem Ausmaß angenommen; objektive Messverfahren fanden jedoch keine Anwendung, auch enthält der Befundbericht keine kritische Auseinandersetzung mit den auf den subjektiven Angaben der Klägerin beruhenden Feststellungen. Hinzu kommt, dass die Untersuchung in der Augenklink der Technischen Universität M. zeitlich später stattgefunden hat und ihr bereits aus diesem Grund ein höherer Beweiswert zukommt als der Untersuchung vom 21.08.2002, die im Übrigen nur zwei Wochen nach der Untersuchung durch Dr.B. stattfand, deren Visusfeststellungen bei der Klägerin noch deutlich über dem Grenzwert von 1/50 lagen.
Die Voraussetzungen für das Vorliegen von Blindheit sind nach alledem nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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