Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 KA 1867/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 152/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um die bedarfsunabhängige Zulassung der Klägerin als Psychologische Kinder- und JugendlichenPsychotherapeutin in M ...
Die 1953 geborene Klägerin ist Diplom-Psychologin. Nachdem sie von November 1981 bis November 1991 beim Kinder- und Mutterschutz e.V. M. unter anderem als Heimleiterin gearbeitet hatte, ist sie seit November 1991 bei der psychologischen Beratung für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien im Evangelischen Beratungszentrum M. angestellt und arbeitete dort zunächst vollschichtig, ab 1. Oktober 1992 32 Stunden pro Woche und ab 1. Februar 1993 30 Wochenstunden. Nach Abschluss ihrer Weiterbildung zur analytischen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am A.-Institut für Individualpsychologie in M. im März 1994 war die Klägerin neben ihrer Angestelltentätigkeit als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin in M. niedergelassen und nahm ab dem 3. Quartal 1994 zunächst in gemieteten Räumen des A.-Instituts und ab 1. November 1994 in eigenen Praxisräumen an der Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin im Delegationsverfahren mit eigener Abrechnungsnummer teil. Dabei hat sie im 3. Quartal 1994 9 Stunden, im 4. Quartal 1994 10 Stunden, im 1. Quartal 1995 17 Stunden, im 2. Quartal 1995 37 Stunden, im 3. Quartal 1995 44 Stunden, im 4. Quartal 1995 31 Stunden, im 1. Quartal 1996 35 Stunden, im 2. Quartal 1996 42 Stunden, im 3. Quartal 1996 44 Stunden, im 4. Quartal 1996 41 Stunden, im 1. Quartal 1997 31 Stunden und im 2. Quartal 1997 14 Behandlungsstunden zu Lasten der GKV abgerechnet, also insgesamt 355 Stunden im Zeitraum vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997. Ab 23. Februar 1997 war die Klägerin im Mutterschutz und hat am 24. April 1997 einen Sohn zur Welt gebracht. Vom Evangelischen Beratungszentrum M ... erhielt sie vom 20. Juni 1997 bis 19. Juni 2000 Erziehungsurlaub, war aber während dieser Zeit nach Arbeitgeberangaben 19 Stunden pro Woche beschäftigt. Seit dem 1. Januar 2001 arbeitet sie dort 17 Stunden pro Woche und führt außerdem Behandlungen in der eigenen Praxis durch.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 hat die Klägerin die bedarfsunabhängige Zulassung als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am Praxissitz in M. beantragt. Am 4. Januar 1999 wurde ihr die Approbation erteilt. Der Zulassungsausschuss lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 11. August 1999 ab, weil die Klägerin keine besitzstandswahrende Vortätigkeit im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) aufzuweisen habe. Sie habe im maßgeblichen Dreijahreszeitraums höchstens 162 Behandlungstunden innerhalb eines Jahres nachgewiesen. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss mit Beschluss vom 20. Februar 2001 (Bescheid vom 20.05.2001) zurück. Auch er stellte fest, dass die Klägerin während des Zeitfensters höchstens 162 Stunden in einem zusammenhängenden Jahreszeitraum zurückgelegt habe und verwies im Übrigen auf die inzwischen vorliegende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. November 2000.
Gegen den am 11. Mai 2001 zugestellten Beschluss hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 5. Juni 2001 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Im Urteil des BSG vom 8. November 2000 mit dem Az.: B 6 KA 52/00 heiße es unter anderem, "alle Umstände, die für das Vorliegen eines Härtefalles relevant sein könnten, seien in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen." Damit müsse die finanziell, emotional und zeitlich sehr aufwendige gynäkologisch-medizinische Behandlung, der sich die Klägerin wegen ihres Kinderwunsches im Zeitfenster unterzogen habe sowie die anschließende Risikoschwangerschaft und Geburt des Kindes berücksichtigt werden. Die Klägerin habe bereits 1994 langfristig Praxisräume angemietet und in Verfolgung ihrer Lebensplanung, die auf eine selbständige Tätigkeit ausgerichtet gewesen sei, die Angestelltentätigkeit reduziert, anfänglich auf eine 3/4-Stelle, dann auf eine Halbtagsstelle. Im Falle der Zulassung werde die Tätigkeit entweder auf 13 Stunden pro Woche zurückgeführt oder gänzlich aufgegeben werden. Die in § 95 Abs.11b SGB V vorgesehene Vorverlegung des Zeitfensters um die Zeit der Kindererziehung helfe der Klägerin nicht. Sie trage der familiären Belastung im Hinblick auf Art.6 Abs.1 und Abs.4 Grundgesetz (GG) nicht ausreichend Rechnung. Eine solche Sichtweise gebiete auch das Europarecht, das eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbiete (Art.4 Richtlinie 86/613 EWG i.V.m. Art.3 Abs.1 Richtlinie 76/207 EWG). Psychotherapeutinnen würden gegenüber ihren männlichen Kollegen mittelbar diskriminiert, denn die Forderung nach einer annähernd halbtägigen Tätigkeit in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung während des Zeitfensters treffe typischerweise Frauen nachteilig, weil sie den Hauptteil der Erziehungsarbeit leisteten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. Juli 2003 abgewiesen. Von einer schutzwürdigen dauerhaften Behandlungspraxis als niedergelassener psychologischer Therapeut im Sinne von § 95 Abs.10 SGB V sei nach den Entscheidungen des BSG vom 8. November 2000 (insbesondere Urteil mit dem Az.: B 6 KA 52/00 R) nur dann auszugehen, wenn während des Zeitfensters innerhalb eines Zeitraums von sechs bis zwölf Monaten mindestens 250 Behandlungsstunden ambulanter psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit zu Lasten der GKV ausgeübt worden seien. Die Klägerin habe lediglich 162 Behandlungsstunden innerhalb eines Jahres nachgewiesen. Die Geburt des Sohnes 1997 sei entsprechend § 95 Abs.11b SGB V durch eine Verschiebung des Zeitfensters berücksichtigt worden. Eine weitergehende Berücksichtigung sei nicht möglich. Im Übrigen habe die Kammer Zweifel, ob die vorangehende notwendige gynäkologische Behandlung und Risikoschwangerschaft kausal für die geringfügige Tätigkeit als Delegations-Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin gewesen sei, denn die Klägerin habe in diesem Zeitraum 30 Stunden beim Evangelischen Beratungszentrum als Angestellte gearbeitet. Diese Tätigkeit sei weder im Hinblick auf den Praxisaufbau noch im Hinblick auf die aufwändige gynäkologische Behandlung und die Risikoschwangerschaft weiter reduziert worden, so dass sich deutlich ergebe, dass während des Zeitfensters der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht in der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung gelegen habe. Die Regelung von § 95 Abs.10 SGB V stelle nicht auf eine Teilzeit- bzw. Vollzeittätigkeit ab, sondern allein darauf, ob ein schützenswerter Bestand erreicht worden sei. Aus welchen Gründen dies nicht geschehen sei, etwa wegen Kinderbetreuung oder wegen Ableistung des allein Männern vorbehaltenen Wehr- oder Zivildienstes sei unerheblich.
Gegen das am 19. September 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 13. Oktober 2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung wurde unter anderem ausgeführt, das SG habe sich nicht hinreichend mit der europarechtlichen Argumentation der Klägerin auseinandergesetzt. Art.3 Abs.1 der Richtlinie 76/207 EWG verbiete die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Beschäftigung und Arbeitsplätzen. Art.4 der Richtlinie 86/613 EWG erweitere den Kreis der Begünstigten ausdrücklich auch auf Selbständige. Bei der Auslegung des Begriffs des schützenswerten Praxisbestands müssten daher frauenspezifische Diskriminierungen berücksichtigt werden mit der Folge, dass Familienbetreuung und Kindererziehung beim Kriterium der Teilnahme und dem für notwendig gehaltenen Mindestumfang berücksichtigt werden müssten.
Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Juli 2003 und den Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2001 aufzuheben, 2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am Praxissitz im Planungsbereich M. Stadt und Land zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Akten des Zulassungsausschusses, des Beklagten und des SG München mit dem Az.: S 33 KA 1867/01 sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 152/03 vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als psychologische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am Sitz ihrer Praxis in M. , einem überversorgten Planungsbereich.
Nach § 95 Abs.10 SGB V, eingefügt durch Art.2 Nr.11 des Gesetzes über die Berufe psychologische Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten vom 16. Juni 1998, BGBl.I S.1311, werden psychologische Psychotherapeuten unabhängig von dem für Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten gleichermaßen geltenden Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung zur psychotherapeutischen Versorgung zugelassen, wenn sie 1. bis zum 31. Dezember 1998 die Voraussetzungen der Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes (PsychthG) und des Fachkundenachweises nach § 95c Abs.2 Nr.3 erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben, 2. bis zum 31. März 1999 die Approbationsurkunde vorgelegt und 3. in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen teilgenommen haben.
Bei der Klägerin fehlt es an der in Nr. 3) geforderten Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997, dem sog. Zeitfenster. Zwar hat die Klägerin in dem genannten Zeitraum durchaus bereits Behandlungen zu Lasten der GKV vorgenommen, allerdings nicht in ausreichendem Umfang. Die Auslegung des Begriffs der Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V wird durch die Funktion dieser Vorschrift bestimmt, für Härtefälle eine Ausnahme vom Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung der Psychologischen Psychotherapeuten zu ermöglichen (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.111 unter Hinweis auf BT-Drucksache 13/9212 S.40 und BVerfG, SozR 3-2500 § 95 Nr.24, S.103). Es geht dabei nicht um den Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV als solchen, sondern lediglich um die Möglichkeit, sich an einem Ort niederzulassen, der auf der Grundlage der im Rahmen der Bedarfsplanung getroffenen Feststellungen bereits überversorgt ist, was in M. der Fall ist. Zulassungsbewerbern, die sich bei der Auswahl des Praxissitzes typischerweise an ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt orientieren, wird grundsätzlich zugemutet, dass sie den Ort ihrer Zulassung nicht nach eigenen Wünschen frei wählen können, sondern sich nach dem Versorgungsbedarf der Versicherten richten müssen. Eine Ausnahme hiervon sieht § 95 Abs.10 SGB V nur für solche Zulassungsbewerber vor, die schon im Zeitfenster, also im Zeitraum von drei Jahren vor Einbringung des Psychotherapeutengesetzes in den Bundestag an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen haben. Diese Begünstigung ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Betroffenen bereits unter Einsatz von Arbeitskraft und finanziellen Mitteln eine eigene Praxis eingerichtet und in dieser in erheblichem Umfang Versicherte der GKV behandelt haben. Sowohl hinsichtlich der zeitlichen Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Psychologischen Psychotherapeuten als auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Ertrages seiner Tätigkeit muss dabei in eigener Praxis mit der Behandlung von GKV-Versicherten annähernd das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht worden sein. Aus dem Gesetzeszweck ergibt sich weiter, dass der Begriff der Teilnahme die eigenverantwortliche Behandlung der Versicherten in einem in den Psychotherapierichtlinien anerkannten Behandlungsverfahren in eigener Praxis mit einem bestimmten Handlungsumfang erfordert. Es muss sich um eine nachhaltig auf die ambulante psychologische Versorgung von Versicherten der GKV ausgerichtete Tätigkeit handeln, die zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit des Psychotherapeuten gebildet haben muss (BSG, a.a.O. S.126; BSG vom 11. September 2002, Az.: B 6 KA 41/01 R, S.8 = MedR 2003 S.359 ff.). Vor diesem Hintergrund erfordert eine "Teilnahme" im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V grundsätzlich eine Vortätigkeit von 250 an Versicherten der GKV erbrachten Behandlungsstunden in einem Halbjahres- bis Jahreszeitraum innerhalb des Zeitfensters. Umgerechnet auf ein halbes Jahr ergibt dieser Wert bei Zugrundelegung von 43 Arbeitswochen im Jahr ca. 11,6 Behandlungsstunden wöchentlich. Er erreicht damit bei großzügiger Betrachtung und Berücksichtigung des Begleitaufwandes ungefähr die Hälfte des zeitlichen Aufwands, der in der gleichen Zeit von einem ausschließlich in eigener, voll ausgelasteter Praxis tätigen Psychotherapeuten im Regelfall bewältigt wird (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25, S.126).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt bei der Klägerin eine Teilnahme im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V im Zeitfenster nicht vor. Nach den zutreffenden Berechnungen des Beklagten hat die Klägerin im günstigsten Jahreszeitraum während des Zeitfensters nur 162 Behandlungsstunden zurückgelegt, also bei weitem nicht die zu fordernden 250 Stunden. Daran ändert sich auch nichts, wenn man, wie in § 25 Abs.11b Satz 1 SGB V vorgesehen, den Beginn Dreijahreszeitraum (25.06.1994) um die Zeit ab dem 23. Februar 1997 (Geburt ihres Kindes) bis zum Ende des Zeitfensters (24. Juni 1997) zurückdatiert, denn die Klägerin hat ihre Tätigkeit als Delegationstherapeutin mit Behandlung von Versicherten der GKV erst im März 1994 aufgenommen und im 2. Quartal des Jahres 1994 nur 14 Behandlungsstunden erbracht. Die Tätigkeit in der Praxis, für die nunmehr die bedarfsunabhängige Zulassung begehrt wird, und für die somit Bestandsschutz geltend gemacht wird, wurde sogar erst im November 1994 aufgenommen, so dass sich insoweit durch die Vorverlegung des Beginns des Fensterzeitraums keine Änderung ergibt.
Die Klägerin macht geltend, durch medizinische Behandlungen mit dem Ziel der Schwangerschaft bzw. durch die Risikoschwangerschaft am weiteren Ausbau der Praxis gehindert gewesen zu sein. Dieser Gesichtspunkt kann indessen nicht berücksichtigt werden, denn bei § 95 Abs.10 SGB V handelt es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die allein dem Bestandsschutz dient und dementsprechend nur Anwendung findet, wenn bereits eine schützenswerte Praxissubstanz vorhanden ist (vgl. BSG, a.a.O., S.111). Die Gründe, warum eine solche Substanz nicht geschaffen wurde, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt, abgesehen von dem in § 95 Abs.11b SGB V genannten Fall der Kindererziehung, der jedoch vor der Geburt natürlicherweise nicht vorliegen kann. Hinzu kommt, dass nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG nur eine Tätigkeit von etwa 11,6 Stunden pro Woche verlangt wird, damit eine besitzschutzbegründende Vortätigkeit während des Zeitfensters im Sinne von § 95 Abs.10 Nr.3 SGB V angenommen werden kann. Dieser Beschäftigungsumfang wäre auch der Klägerin neben ihrer Schwangerschaft ohne weiteres möglich gewesen. Das folgt schon daraus, dass sie während des gesamten Zeitfensters bis zum Beginn des Mutterschutzes (23. Februar 1997) einer Angestelltentätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden nachgegangen ist. Die Klägerin hat auch vor ihrer Schwangerschaft in keinem Quartal mehr als 44 Behandlungsstunden zu Lasten der GKV erbracht, was hochgerechnet auf ein halbes Jahr 88 Stunden entspräche und bei weitem nicht den erforderlichen Umfang von 250 Stunden ergäbe. Damit liegt auf der Hand, dass es nicht medizinische oder familiäre Gründe waren, die dem Aufbau einer schützenswerten Praxissubstanz entgegen gestanden haben, sondern die eindeutig im Vordergrund stehende Angestelltentätigkeit.
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin neben ihrer Angestelltentätigkeit während des Zeitfensters eine Zulassung - wenn es sie damals schon gegeben hätte - auch nach dem derzeit geltenden Recht nicht hätte erhalten können, denn ein in einem Beschäftigungsverhältnis stehender Bewerber um die Zulassung als Vertragsarzt oder -psychotherapeut steht für die Versorgung der Versicherten nur dann im erforderlichen Umfang zur Verfügung, wenn die wöchentliche Arbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis nicht mehr als 13 Stunden beträgt (vgl. BSG vom 30. Januar 2002, SozR 3-5520 § 20 Nr.3). Die Klägerin hatte weit längere Arbeitszeiten in ihrem Beschäftigungsverhältnis. Im Übrigen hat der Senat bereits mit Urteil vom 6. Oktober 2004, Az.: L 12 KA 110/02, und mit Urteil vom 6. August 2003, Az.: L 12 KA 89/02, die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet war, über die Regelung des § 95 Abs.11b SGB V hinaus weitergehende Begünstigungen hinsichtlich des Bestandsschutzes zu Gunsten von kindererziehenden Müttern oder schwangeren Frauen vorzusehen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG mit Beschluss vom 6. August 2003 verworfen (Az.: B 6 KA 117/03 B); die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht angenommen (Kammerbeschluss vom 27. Juli 2004 - 1 BvR 1252/04). Damit steht fest, dass die Klägerin sich nicht auf Besitzschutz nach § 95 Abs.10 SGB V berufen kann.
Die Zeitfensterregelung des § 95 Abs.10 i.V.m. Abs.11b SGB V verstößt nicht gegen das europarechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts im Sinne der Richtlinie 76/207 EWG vom 9. Februar 1976 und die Richtlinie 86/613/EWG vom 11. Dezember 1996. Die Bestimmung des Art.4 der zuletzt genannten Richtlinie i.V.m. der Richtlinie von 1976 verbieten die geschlechtsbezogene Benachteiligung bei den Bedingungen eines Zugangs zu Beschäftigung und Arbeitsplätzen sowie bei der Aufnahme oder Ausweitung sonstiger selbständiger Erwerbstätigkeiten. Eine solche Benachteiligung enthält die Forderung nach einer annähernd halbtags ausgeübten Behandlungstätigkeit gegenüber einer Frau, die erst kurz vor dem Ende des Zeitfensters ein Kind geboren hat, nicht, zumal, wenn wirklich bereits eine schützenswerte Praxissubstanz vorhanden gewesen wäre, die Anforderungen der Zeitfensterregelung problemlos in den davor liegenden Zeiträumen hätten erfüllt werden können. Ursache für die Nichterfüllung war jedoch im vorliegenden Fall, wie oben bereits dargelegt wurde, weniger eine familiäre Belastung, als vielmehr die Tatsache, dass die Klägerin während des gesamten Fensterzeitraums eine 3/4-Beschäftigung als Angestellte ausgeübt hat. Auf die Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts darin zu sehen sein könnte, dass mehr Anträge von Frauen auf bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs.10 Satz 1 SGB V erfolglos geblieben seien, kommt es deshalb im vorliegenden Fall nicht an (vgl. BSG, Beschluss vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA 19/05 B).
Nach allem hat der Beklagte die bedarfsunabhängige Zulassung der Klägerin in M. zu Recht abgelehnt und das SG die dagegen erhobene Klage zu Recht abgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr.24 = S.115 ff.).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um die bedarfsunabhängige Zulassung der Klägerin als Psychologische Kinder- und JugendlichenPsychotherapeutin in M ...
Die 1953 geborene Klägerin ist Diplom-Psychologin. Nachdem sie von November 1981 bis November 1991 beim Kinder- und Mutterschutz e.V. M. unter anderem als Heimleiterin gearbeitet hatte, ist sie seit November 1991 bei der psychologischen Beratung für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien im Evangelischen Beratungszentrum M. angestellt und arbeitete dort zunächst vollschichtig, ab 1. Oktober 1992 32 Stunden pro Woche und ab 1. Februar 1993 30 Wochenstunden. Nach Abschluss ihrer Weiterbildung zur analytischen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am A.-Institut für Individualpsychologie in M. im März 1994 war die Klägerin neben ihrer Angestelltentätigkeit als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin in M. niedergelassen und nahm ab dem 3. Quartal 1994 zunächst in gemieteten Räumen des A.-Instituts und ab 1. November 1994 in eigenen Praxisräumen an der Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin im Delegationsverfahren mit eigener Abrechnungsnummer teil. Dabei hat sie im 3. Quartal 1994 9 Stunden, im 4. Quartal 1994 10 Stunden, im 1. Quartal 1995 17 Stunden, im 2. Quartal 1995 37 Stunden, im 3. Quartal 1995 44 Stunden, im 4. Quartal 1995 31 Stunden, im 1. Quartal 1996 35 Stunden, im 2. Quartal 1996 42 Stunden, im 3. Quartal 1996 44 Stunden, im 4. Quartal 1996 41 Stunden, im 1. Quartal 1997 31 Stunden und im 2. Quartal 1997 14 Behandlungsstunden zu Lasten der GKV abgerechnet, also insgesamt 355 Stunden im Zeitraum vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997. Ab 23. Februar 1997 war die Klägerin im Mutterschutz und hat am 24. April 1997 einen Sohn zur Welt gebracht. Vom Evangelischen Beratungszentrum M ... erhielt sie vom 20. Juni 1997 bis 19. Juni 2000 Erziehungsurlaub, war aber während dieser Zeit nach Arbeitgeberangaben 19 Stunden pro Woche beschäftigt. Seit dem 1. Januar 2001 arbeitet sie dort 17 Stunden pro Woche und führt außerdem Behandlungen in der eigenen Praxis durch.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 hat die Klägerin die bedarfsunabhängige Zulassung als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am Praxissitz in M. beantragt. Am 4. Januar 1999 wurde ihr die Approbation erteilt. Der Zulassungsausschuss lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 11. August 1999 ab, weil die Klägerin keine besitzstandswahrende Vortätigkeit im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) aufzuweisen habe. Sie habe im maßgeblichen Dreijahreszeitraums höchstens 162 Behandlungstunden innerhalb eines Jahres nachgewiesen. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss mit Beschluss vom 20. Februar 2001 (Bescheid vom 20.05.2001) zurück. Auch er stellte fest, dass die Klägerin während des Zeitfensters höchstens 162 Stunden in einem zusammenhängenden Jahreszeitraum zurückgelegt habe und verwies im Übrigen auf die inzwischen vorliegende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. November 2000.
Gegen den am 11. Mai 2001 zugestellten Beschluss hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 5. Juni 2001 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Im Urteil des BSG vom 8. November 2000 mit dem Az.: B 6 KA 52/00 heiße es unter anderem, "alle Umstände, die für das Vorliegen eines Härtefalles relevant sein könnten, seien in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen." Damit müsse die finanziell, emotional und zeitlich sehr aufwendige gynäkologisch-medizinische Behandlung, der sich die Klägerin wegen ihres Kinderwunsches im Zeitfenster unterzogen habe sowie die anschließende Risikoschwangerschaft und Geburt des Kindes berücksichtigt werden. Die Klägerin habe bereits 1994 langfristig Praxisräume angemietet und in Verfolgung ihrer Lebensplanung, die auf eine selbständige Tätigkeit ausgerichtet gewesen sei, die Angestelltentätigkeit reduziert, anfänglich auf eine 3/4-Stelle, dann auf eine Halbtagsstelle. Im Falle der Zulassung werde die Tätigkeit entweder auf 13 Stunden pro Woche zurückgeführt oder gänzlich aufgegeben werden. Die in § 95 Abs.11b SGB V vorgesehene Vorverlegung des Zeitfensters um die Zeit der Kindererziehung helfe der Klägerin nicht. Sie trage der familiären Belastung im Hinblick auf Art.6 Abs.1 und Abs.4 Grundgesetz (GG) nicht ausreichend Rechnung. Eine solche Sichtweise gebiete auch das Europarecht, das eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbiete (Art.4 Richtlinie 86/613 EWG i.V.m. Art.3 Abs.1 Richtlinie 76/207 EWG). Psychotherapeutinnen würden gegenüber ihren männlichen Kollegen mittelbar diskriminiert, denn die Forderung nach einer annähernd halbtägigen Tätigkeit in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung während des Zeitfensters treffe typischerweise Frauen nachteilig, weil sie den Hauptteil der Erziehungsarbeit leisteten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. Juli 2003 abgewiesen. Von einer schutzwürdigen dauerhaften Behandlungspraxis als niedergelassener psychologischer Therapeut im Sinne von § 95 Abs.10 SGB V sei nach den Entscheidungen des BSG vom 8. November 2000 (insbesondere Urteil mit dem Az.: B 6 KA 52/00 R) nur dann auszugehen, wenn während des Zeitfensters innerhalb eines Zeitraums von sechs bis zwölf Monaten mindestens 250 Behandlungsstunden ambulanter psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit zu Lasten der GKV ausgeübt worden seien. Die Klägerin habe lediglich 162 Behandlungsstunden innerhalb eines Jahres nachgewiesen. Die Geburt des Sohnes 1997 sei entsprechend § 95 Abs.11b SGB V durch eine Verschiebung des Zeitfensters berücksichtigt worden. Eine weitergehende Berücksichtigung sei nicht möglich. Im Übrigen habe die Kammer Zweifel, ob die vorangehende notwendige gynäkologische Behandlung und Risikoschwangerschaft kausal für die geringfügige Tätigkeit als Delegations-Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin gewesen sei, denn die Klägerin habe in diesem Zeitraum 30 Stunden beim Evangelischen Beratungszentrum als Angestellte gearbeitet. Diese Tätigkeit sei weder im Hinblick auf den Praxisaufbau noch im Hinblick auf die aufwändige gynäkologische Behandlung und die Risikoschwangerschaft weiter reduziert worden, so dass sich deutlich ergebe, dass während des Zeitfensters der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht in der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung gelegen habe. Die Regelung von § 95 Abs.10 SGB V stelle nicht auf eine Teilzeit- bzw. Vollzeittätigkeit ab, sondern allein darauf, ob ein schützenswerter Bestand erreicht worden sei. Aus welchen Gründen dies nicht geschehen sei, etwa wegen Kinderbetreuung oder wegen Ableistung des allein Männern vorbehaltenen Wehr- oder Zivildienstes sei unerheblich.
Gegen das am 19. September 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 13. Oktober 2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung wurde unter anderem ausgeführt, das SG habe sich nicht hinreichend mit der europarechtlichen Argumentation der Klägerin auseinandergesetzt. Art.3 Abs.1 der Richtlinie 76/207 EWG verbiete die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Beschäftigung und Arbeitsplätzen. Art.4 der Richtlinie 86/613 EWG erweitere den Kreis der Begünstigten ausdrücklich auch auf Selbständige. Bei der Auslegung des Begriffs des schützenswerten Praxisbestands müssten daher frauenspezifische Diskriminierungen berücksichtigt werden mit der Folge, dass Familienbetreuung und Kindererziehung beim Kriterium der Teilnahme und dem für notwendig gehaltenen Mindestumfang berücksichtigt werden müssten.
Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Juli 2003 und den Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2001 aufzuheben, 2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am Praxissitz im Planungsbereich M. Stadt und Land zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Akten des Zulassungsausschusses, des Beklagten und des SG München mit dem Az.: S 33 KA 1867/01 sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 152/03 vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als psychologische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin am Sitz ihrer Praxis in M. , einem überversorgten Planungsbereich.
Nach § 95 Abs.10 SGB V, eingefügt durch Art.2 Nr.11 des Gesetzes über die Berufe psychologische Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten vom 16. Juni 1998, BGBl.I S.1311, werden psychologische Psychotherapeuten unabhängig von dem für Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten gleichermaßen geltenden Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung zur psychotherapeutischen Versorgung zugelassen, wenn sie 1. bis zum 31. Dezember 1998 die Voraussetzungen der Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes (PsychthG) und des Fachkundenachweises nach § 95c Abs.2 Nr.3 erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben, 2. bis zum 31. März 1999 die Approbationsurkunde vorgelegt und 3. in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen teilgenommen haben.
Bei der Klägerin fehlt es an der in Nr. 3) geforderten Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997, dem sog. Zeitfenster. Zwar hat die Klägerin in dem genannten Zeitraum durchaus bereits Behandlungen zu Lasten der GKV vorgenommen, allerdings nicht in ausreichendem Umfang. Die Auslegung des Begriffs der Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V wird durch die Funktion dieser Vorschrift bestimmt, für Härtefälle eine Ausnahme vom Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung der Psychologischen Psychotherapeuten zu ermöglichen (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.111 unter Hinweis auf BT-Drucksache 13/9212 S.40 und BVerfG, SozR 3-2500 § 95 Nr.24, S.103). Es geht dabei nicht um den Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV als solchen, sondern lediglich um die Möglichkeit, sich an einem Ort niederzulassen, der auf der Grundlage der im Rahmen der Bedarfsplanung getroffenen Feststellungen bereits überversorgt ist, was in M. der Fall ist. Zulassungsbewerbern, die sich bei der Auswahl des Praxissitzes typischerweise an ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt orientieren, wird grundsätzlich zugemutet, dass sie den Ort ihrer Zulassung nicht nach eigenen Wünschen frei wählen können, sondern sich nach dem Versorgungsbedarf der Versicherten richten müssen. Eine Ausnahme hiervon sieht § 95 Abs.10 SGB V nur für solche Zulassungsbewerber vor, die schon im Zeitfenster, also im Zeitraum von drei Jahren vor Einbringung des Psychotherapeutengesetzes in den Bundestag an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen haben. Diese Begünstigung ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Betroffenen bereits unter Einsatz von Arbeitskraft und finanziellen Mitteln eine eigene Praxis eingerichtet und in dieser in erheblichem Umfang Versicherte der GKV behandelt haben. Sowohl hinsichtlich der zeitlichen Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Psychologischen Psychotherapeuten als auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Ertrages seiner Tätigkeit muss dabei in eigener Praxis mit der Behandlung von GKV-Versicherten annähernd das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht worden sein. Aus dem Gesetzeszweck ergibt sich weiter, dass der Begriff der Teilnahme die eigenverantwortliche Behandlung der Versicherten in einem in den Psychotherapierichtlinien anerkannten Behandlungsverfahren in eigener Praxis mit einem bestimmten Handlungsumfang erfordert. Es muss sich um eine nachhaltig auf die ambulante psychologische Versorgung von Versicherten der GKV ausgerichtete Tätigkeit handeln, die zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit des Psychotherapeuten gebildet haben muss (BSG, a.a.O. S.126; BSG vom 11. September 2002, Az.: B 6 KA 41/01 R, S.8 = MedR 2003 S.359 ff.). Vor diesem Hintergrund erfordert eine "Teilnahme" im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V grundsätzlich eine Vortätigkeit von 250 an Versicherten der GKV erbrachten Behandlungsstunden in einem Halbjahres- bis Jahreszeitraum innerhalb des Zeitfensters. Umgerechnet auf ein halbes Jahr ergibt dieser Wert bei Zugrundelegung von 43 Arbeitswochen im Jahr ca. 11,6 Behandlungsstunden wöchentlich. Er erreicht damit bei großzügiger Betrachtung und Berücksichtigung des Begleitaufwandes ungefähr die Hälfte des zeitlichen Aufwands, der in der gleichen Zeit von einem ausschließlich in eigener, voll ausgelasteter Praxis tätigen Psychotherapeuten im Regelfall bewältigt wird (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25, S.126).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt bei der Klägerin eine Teilnahme im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V im Zeitfenster nicht vor. Nach den zutreffenden Berechnungen des Beklagten hat die Klägerin im günstigsten Jahreszeitraum während des Zeitfensters nur 162 Behandlungsstunden zurückgelegt, also bei weitem nicht die zu fordernden 250 Stunden. Daran ändert sich auch nichts, wenn man, wie in § 25 Abs.11b Satz 1 SGB V vorgesehen, den Beginn Dreijahreszeitraum (25.06.1994) um die Zeit ab dem 23. Februar 1997 (Geburt ihres Kindes) bis zum Ende des Zeitfensters (24. Juni 1997) zurückdatiert, denn die Klägerin hat ihre Tätigkeit als Delegationstherapeutin mit Behandlung von Versicherten der GKV erst im März 1994 aufgenommen und im 2. Quartal des Jahres 1994 nur 14 Behandlungsstunden erbracht. Die Tätigkeit in der Praxis, für die nunmehr die bedarfsunabhängige Zulassung begehrt wird, und für die somit Bestandsschutz geltend gemacht wird, wurde sogar erst im November 1994 aufgenommen, so dass sich insoweit durch die Vorverlegung des Beginns des Fensterzeitraums keine Änderung ergibt.
Die Klägerin macht geltend, durch medizinische Behandlungen mit dem Ziel der Schwangerschaft bzw. durch die Risikoschwangerschaft am weiteren Ausbau der Praxis gehindert gewesen zu sein. Dieser Gesichtspunkt kann indessen nicht berücksichtigt werden, denn bei § 95 Abs.10 SGB V handelt es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die allein dem Bestandsschutz dient und dementsprechend nur Anwendung findet, wenn bereits eine schützenswerte Praxissubstanz vorhanden ist (vgl. BSG, a.a.O., S.111). Die Gründe, warum eine solche Substanz nicht geschaffen wurde, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt, abgesehen von dem in § 95 Abs.11b SGB V genannten Fall der Kindererziehung, der jedoch vor der Geburt natürlicherweise nicht vorliegen kann. Hinzu kommt, dass nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG nur eine Tätigkeit von etwa 11,6 Stunden pro Woche verlangt wird, damit eine besitzschutzbegründende Vortätigkeit während des Zeitfensters im Sinne von § 95 Abs.10 Nr.3 SGB V angenommen werden kann. Dieser Beschäftigungsumfang wäre auch der Klägerin neben ihrer Schwangerschaft ohne weiteres möglich gewesen. Das folgt schon daraus, dass sie während des gesamten Zeitfensters bis zum Beginn des Mutterschutzes (23. Februar 1997) einer Angestelltentätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden nachgegangen ist. Die Klägerin hat auch vor ihrer Schwangerschaft in keinem Quartal mehr als 44 Behandlungsstunden zu Lasten der GKV erbracht, was hochgerechnet auf ein halbes Jahr 88 Stunden entspräche und bei weitem nicht den erforderlichen Umfang von 250 Stunden ergäbe. Damit liegt auf der Hand, dass es nicht medizinische oder familiäre Gründe waren, die dem Aufbau einer schützenswerten Praxissubstanz entgegen gestanden haben, sondern die eindeutig im Vordergrund stehende Angestelltentätigkeit.
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin neben ihrer Angestelltentätigkeit während des Zeitfensters eine Zulassung - wenn es sie damals schon gegeben hätte - auch nach dem derzeit geltenden Recht nicht hätte erhalten können, denn ein in einem Beschäftigungsverhältnis stehender Bewerber um die Zulassung als Vertragsarzt oder -psychotherapeut steht für die Versorgung der Versicherten nur dann im erforderlichen Umfang zur Verfügung, wenn die wöchentliche Arbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis nicht mehr als 13 Stunden beträgt (vgl. BSG vom 30. Januar 2002, SozR 3-5520 § 20 Nr.3). Die Klägerin hatte weit längere Arbeitszeiten in ihrem Beschäftigungsverhältnis. Im Übrigen hat der Senat bereits mit Urteil vom 6. Oktober 2004, Az.: L 12 KA 110/02, und mit Urteil vom 6. August 2003, Az.: L 12 KA 89/02, die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet war, über die Regelung des § 95 Abs.11b SGB V hinaus weitergehende Begünstigungen hinsichtlich des Bestandsschutzes zu Gunsten von kindererziehenden Müttern oder schwangeren Frauen vorzusehen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG mit Beschluss vom 6. August 2003 verworfen (Az.: B 6 KA 117/03 B); die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht angenommen (Kammerbeschluss vom 27. Juli 2004 - 1 BvR 1252/04). Damit steht fest, dass die Klägerin sich nicht auf Besitzschutz nach § 95 Abs.10 SGB V berufen kann.
Die Zeitfensterregelung des § 95 Abs.10 i.V.m. Abs.11b SGB V verstößt nicht gegen das europarechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts im Sinne der Richtlinie 76/207 EWG vom 9. Februar 1976 und die Richtlinie 86/613/EWG vom 11. Dezember 1996. Die Bestimmung des Art.4 der zuletzt genannten Richtlinie i.V.m. der Richtlinie von 1976 verbieten die geschlechtsbezogene Benachteiligung bei den Bedingungen eines Zugangs zu Beschäftigung und Arbeitsplätzen sowie bei der Aufnahme oder Ausweitung sonstiger selbständiger Erwerbstätigkeiten. Eine solche Benachteiligung enthält die Forderung nach einer annähernd halbtags ausgeübten Behandlungstätigkeit gegenüber einer Frau, die erst kurz vor dem Ende des Zeitfensters ein Kind geboren hat, nicht, zumal, wenn wirklich bereits eine schützenswerte Praxissubstanz vorhanden gewesen wäre, die Anforderungen der Zeitfensterregelung problemlos in den davor liegenden Zeiträumen hätten erfüllt werden können. Ursache für die Nichterfüllung war jedoch im vorliegenden Fall, wie oben bereits dargelegt wurde, weniger eine familiäre Belastung, als vielmehr die Tatsache, dass die Klägerin während des gesamten Fensterzeitraums eine 3/4-Beschäftigung als Angestellte ausgeübt hat. Auf die Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts darin zu sehen sein könnte, dass mehr Anträge von Frauen auf bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs.10 Satz 1 SGB V erfolglos geblieben seien, kommt es deshalb im vorliegenden Fall nicht an (vgl. BSG, Beschluss vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA 19/05 B).
Nach allem hat der Beklagte die bedarfsunabhängige Zulassung der Klägerin in M. zu Recht abgelehnt und das SG die dagegen erhobene Klage zu Recht abgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr.24 = S.115 ff.).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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