L 3 U 431/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 353/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 431/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 wird zurückgewiesen insoweit, als das Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 25.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2000 abgewiesen hat.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die bei dem Kläger festgestellte Beckenvenenthrombose Folge eines Arbeitsunfalls ist und dem Kläger des-halb gegen die Beklagte ein Anspruch auf Verletztenrente zusteht.

Der 1959 geborene Kläger erlitt am 22.12.1992 einen Arbeitsunfall, als er auf dem Nachhauseweg von der Arbeitsstätte auf einer Treppe ausrutschte, stürzte und auf das linke Bein und die linke Hüfte fiel. Zur Aufklärung des Sachverhalts nahm die Beklagte Befundberichte zu den Akten, die im Zuge eines Parallelverfahrens eingeholt wurden, bzw. zog sie bei von Dr. T. vom 30.04.1998, Prof. Dr. K. vom 13.01.1998 und 20.01.1998, Dr. F. vom 04.05.1998, März 1998 und 30.01.1992, Dr. L. vom 04.03.1998, Dr. B. vom 13.06.1997 (CT-Befund), Prof. Dr. L. vom 22.05.1992, Dr. F. vom 12.03.1998, Dr. B. vom 11.04.1998, Dr. P. vom 17.04.1998, Dr. B. vom 16.03.1998, Dr. M. vom 27.03.1998, Dr. D. vom 15.05.1998, Dr. L. vom 25.07.1991 und 06.07.1998, Dr. F. vom 29.07.1998, Dr. B. vom 29.07.1998 und Dr. B. vom 08.11.1998 sowie Arztberichte der L.-Universität M. vom 28.07.1997, 30.07.1997, 18.08.1997, 09.05.1998 und 28.01.1999 (Prof. Dr. L.), des Krankenhauses N. M. vom 22.02.1996 (stationärer Aufenthalt vom 07.02.1996 bis 09.02.1996) und des Schmerzzentrums T. vom 22.05.1998 (Dr. T.). Außerdem holte die Beklagte das Gutachten des Prof. Dr. S. von H. Institut der Medizinischen Klinik der L.-Universität M. ein.

Mit Bescheid vom 25.11.1999 lehnte es die Beklagte ab, die bei dem Kläger vorliegende Beckenvenenthrombose als Folge des Unfalls vom 22.12.1992 anzuerkennen sowie Verletztenrente zu gewähren. Folgen des Unfalls seien nicht mehr nachweisbar. Die am 13.06.1997 festgestellte Beckenvenenthrombose sei nicht auf den Unfall zurückzuführen. Dr. F. habe am 23.12.1992 keine äußeren Verletzungen festgestellt. Es sei keine Bettruhe erforderlich gewesen, fixierende und schnürende Verbände seien nicht zur Anwendung gekommen. Es habe nur ein einfacher Prellungsbefund bestanden, der einem geringfügigen Trauma entspreche. Es fehlten alle relevanten Faktoren, die einen thrombotischen Krankheitsprozess hätten in Gang setzen können. Der unauffällige klinische Verlauf spreche gegen eine Verursachung der Thrombose durch den Unfall vom 22.12.1992. Es würden keinerlei Hinweise auf leicht fieberhafte Temperaturen oder eine Weichteilschwellung vorliegen. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Grade über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus gemindert. Die Entscheidung stütze sich auf die vorliegenden Unterlagen und die von Prof. Dr. S. erhobenen gutachterlichen Befunde.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, die Beklagte habe ihrer Entscheidung keine ausreichende Begründung zugrunde gelegt. Sie entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Wie die Beklagte glaube auch er an ein multifaktorielles Geschehen bezüglich der Entstehung der Beckenvenenthrombose. Diese hänge jedoch mit der Exposition gegenüber vielen gefährlichen Arbeitsstoffen zusammen, denn etliche Gefahrstoffe seien auch knochenmarks- und blutschädigend. Durch Prof. Dr. S. seien nur eventuelle erbliche Faktoren, die für die Entstehung der Thrombose verantwortlich sein könnten, verfolgt und nachgeprüft worden, die aber durch umfangreiche Untersuchungen ausgeschlossen worden seien. Zwischen einem im Jahre 1974 erlittenen Unfall (Splitterbruch linker Oberschenkel mit Komplizierung durch Knocheninfektion) und der derzeitigen Thrombose könne kein zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang bestehen. Der Kläger übersandte auch eine "Liste der gefährlichen, toxischen Arbeitsstoffe/Gefahrstoffe", Notizen über eine Teileinsicht in Messprotokolle bei der Firma K. und eine "Literaturrecherche zur Toxikologie der Gefahrstoffe". Die Beklagte nahm einen Befundbericht von Dr. H. vom 18.11.1999 zu den Akten. Eine von der Beklagten zunächst beabsichtigte weitere Begutachtung wurde nicht durchgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2000 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.11.2000 mit der Begründung zurück, es seien keine Folgen des Unfalls vom 22.12.1992 mehr feststellbar, die eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) rechtfertigen würden. Die Beckenvenenthrombose könne bei der Bewertung der MdE nicht berücksichtigt werden, denn ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Beckenvenenthrombose sei nicht hinreichend wahrscheinlich.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und beantragt, ab 01.01.1998 für die Unfallfolgeerkrankung "Beckenvenenthrombose" eine Unfallrente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. zu gewähren. Die für ihn positiven gutachterlichen Feststellungen in dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. S. seien nicht berücksichtigt worden. Nach diesem Gutachten seien die vorhandenen gesundheitlichen Beschwerden und eine MdE von 30 v.H. sehr wahrscheinlich Folgen des Unfalls vom 22.12.1992. Der multikausale Faktor erblicher Faktoren, die unter Umständen für die Erkrankung mit verantwortlich sein könnten, seien von dem Gutachter wissenschaftlich-gutachterlich durch spezielle Untersuchungen ausgeschlossen worden. Es spreche mehr für als gegen einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Beckenvenenthrombose. Die Beklagte habe Befundberichte beigezogen, die mit dem Unfall nicht in Zusammenhang stünden. Rechtlich nicht relevante Unterlagen seien geeignet, die Objektivität des Gutachters negativ zu beeinflussen.

Das Sozialgericht hat den Befundbericht des Dr. F. vom 17.12.2001 sowie eine Auskunft des behandelnden Arztes Dr. T. vom 28.12.2001 eingeholt. Der vom Sozialgericht als Gutachter benannte Prof. Dr. N. hat den Gutachtensauftrag aus persönlichen Gründen zurückgereicht. Mit Schriftsatz vom 07.01.2002 führte der Kläger aus, die Ausführungen von Prof. Dr. S. seien nachweislich falsch. Nach einschlägiger Fachliteratur würden zwei Drittel der tiefe Beckenvenenthrombosen asymptomatisch verlaufen und klinisch nicht erkannt werden. Andererseits seien die klinischen Symptome wenig spezifisch, da eine Vielzahl von Erkrankungen diese für tiefe Beckenvenen- thrombosen spezifischen Symptome imitieren könnten. Prof. Dr. S. habe in seinem Gutachten die Anfang 1993 tatsächlich vorhandenen klinischen Symptome unerwähnt gelassen, die sehr unspezifisch gewesen und wahrscheinlich deshalb von Dr. F. in der Krankenakte nicht detailliert festgehalten worden seien, die jedoch damals zu Blutuntersuchungen geführt hätten.

Dr. F. hat dem Sozialgericht den Arztbrief vom 08.01.2002 und ein an ihn gerichtetes Schreiben des Klägers vom 05.01.2002 übermittelt. In dem im Zuge eines Parallelrechtsstreits (S 9 U 353/99) eingeholten Gutachten des Prof. Dr. H. weist dieser darauf hin, dass das postthrombotische Syndrom links auf außerberufliche Ursachen zurückzuführen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. sei das postthrombotische Syndrom links auf eine außerberufliche Ursache zurückzuführen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt, Verletztenrente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 22.12.1992 zu gewähren.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 13.08.2003 zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheids vom 25.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2000 die Beckenvenenthrombose als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.12.1992 anzuerkennen und ihm Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.08.2003 zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des Sozialgerichts München, der Akten des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der Beckenvenenthrombose als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.12.1992. Infolge dessen besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Verletztenrente.

Ein Anspruch des Klägers richtet sich auch nach In-Kraft-Treten des SGB VII ab 01.01.1997 nach den bis dahin geltenden Vorschriften der RVO, denn gemäß § 212 SGB VII gilt das neue Recht grundsätzlich erst für Versicherungsfälle, die nach dem 31.12.1996 eingetreten sind.

Die Anerkennung und Entschädigung einer Gesundheitsstörung durch Gewährung von Verletztenrente nach den §§ 548, 581 RVO setzt voraus, dass diese Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist. Dabei bedarf eine als Unfallfolge anzuerkennende und der MdE zugrunde zulegende Gesundheitsstörung des vollen Beweises der Gestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen muss. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Die MdE richtet sich nach dem Umfang des sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei der Beurteilung der kausalrechtlichen Zusammenhänge und der MdE haben die ärztlichen Sachverständigen die von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schriftum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungen zu beachten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage; Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Auflage). Die in der Standardliteratur enthaltenen Empfehlungen und Richtwerte bilden die Basis für einen Vorschlag, den die medizinischen Sachverständigen zur Beurteilung kausalrechtlicher Fragen und zur Höhe der MdE unterbreiten.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen sind die Voraussetzungen zur Anerkennung der Beckenvenenthrombose des Klägers als Folge des Unfalls vom 22.12.1992 nicht gegeben. Somit besteht auch kein Anspruch auf Verletztenrente.

Der Senat folgt zwar dem Sozialgericht nicht, soweit es in der Urteilsbegründung ausschließlich auf das Gutachten des Prof. Dr. H. Bezug nimmt. Denn dieses Gutachten diente dem Sozialgericht zur Aufklärung eines Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit. Dementsprechend hatte das Sozialgericht auch keine ausreichenden Beweisfragen zum Unfall vom 22.12.1992 gestellt, sondern den Gutachter lediglich um Mitteilung gebeten, ob infolge eines möglicherweise noch festzustellenden Arbeitsunfalls eine MdE von unter oder über 10 v.H. in Frage käme. In den Antworten des Prof. Dr. H. zu den Beweisfragen des Sozialgerichts finden sich auch keine Ausführungen zu gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalls. Lediglich bei der gutachterlichen Diskussion und Bewertung bemerkte Prof. Dr. H. , dem postthrombotischen Syndrom links liege eine außerberufliche Ursache zugrunde. Einem solchen Hinweis kann aber allenfalls eine Indizwirkung zukommen, er kann nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage eines Urteils dienen.

Der Senat stützt sich vielmehr auf die Feststellungen in dem im Zuge des Verwaltungsverfahrens nach den §§ 20, 21 SGB X eingeholten Gutachten des Prof. Dr. S. vom 14.10.1999. Dieses Gutachten entspricht in Form und Inhalt den Anforderungen, die an ein wissenschaftlich begründetes Sachverständigengutachten zu stellen sind. Es wird dadurch, dass es von der Beklagten eingeholt worden ist, nicht zu einem Parteigutachten (vgl. BSG SozR § 118 SGG Nr.3; Meyer-Ladewig, 8. Auflage, § 118 Rdnr.12b). Solche Gutachten können im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der erkennende Senat folgt, auch alleinige Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein (BSG SozR § 128 SGG Nr.66; BSG, Urteil vom 08.12.1988 - 2-b RU 66/87; Meyer-Ladewig, a.a.O., m.w.N.).

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Prof. Dr. S. kann ein Zusammenhang zwischen dem Unfall am 22.12.1992 und dem erstmals im Jahre 1997 dokumentierten Verschluss der venösen Beckenstrombahn links nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, denn es sprechen nicht mehr Gründe für als gegen einen entsprechenden Zusammenhang.

Zwar meint Prof. Dr. S. , es würde keinen Hinweis auf andere verursachende Raumforderungen im Beckenbereich oder eine chronische entzündliche Grunderkrankung geben, die mit Thrombosen assoziiert sei. Auch würden keine permanenten Risikofaktoren vorliegen und eine zeitliche Verzögerung bis zur Ausbildung klinischer Zeichen der Umgehungskreisläufe entspreche der Pathogenese. Allerdings fehlt als wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung der Beckenvenenthrombose eine Dokumentation der klinischen Symptomatik eines akuten Beckenvenenverschlusses. Eine Diagnosesicherung insbesondere durch Bildgebung fand im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis am 22.12.1992 nicht statt. Der Hausarzt Dr. F. , der den Kläger am 23.12.1992 behandelte, stellte fest, der Kläger habe bezüglich des linken Oberschenkels und der linken Hüfte im Jahr 1993 keine Beschwerden angegeben. Prof. Dr. S. führt dazu aus, dass als klinische Diagnose eine Prellung vorgelegen habe, und in den darauf folgenden Jahren diesbezüglich eine weitere Abklärung nicht erfolgt sei. In der zusammenfassenden Beurteilung kommt somit Prof. Dr. S. zu dem zutreffenden Ergebnis, dass ein kausalrechtlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem kompletten Verschluss der venösen Beckenstromband links nur möglich sei. Allein die Möglichkeit eines entsprechenden Zusammenhangs reicht jedoch gerade nicht aus, einen unfallversicherungsrechtlichen Anspruch zu begründen.

Die tiefe Venenthrombose ist, wie dies auch Prof. Dr. S. betont, meist multifaktoriell bedingt, wobei als wesentliche Ursachen angeborene und erworbene Risikofaktoren in Frage kommen, die bei einer akuten Manifestation dieses Krankheitsbildes regelmäßig in Kombination zu finden sind. Angeborene Risikofaktoren konnte zwar Prof. Dr. S. bei dem Kläger nicht feststellen. Allein der Ausschluss bekannter anlagebedingter Faktoren führt jedoch nicht dazu, dass eine Thrombose einem Arbeitsunfall kausalrechtlich zugeordnet werden kann. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Fragen der Geeignetheit des Unfallereignisses für die Entwicklung einer Thrombose bzw. nach den Voraussetzungen zur Bildung einer Thrombose ohne primäre Gefäßwandveränderungen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S.663 f.; Mehrhoff/Muhr, a.a.O., S.172). Hier ist zu berücksichtigen, dass ein für eine Entwicklung einer Thrombose geeignetes Unfallereignis nicht feststeht. Eine Thrombose ist als Unfallfolge anzuerkennen, wenn das Unfallereignis geeignet war, eine teilweise, frische Zerreißung der Veneninnenhaut zu verursachen oder einen Bluterguss in der Wand des Gefäßes oder seiner näheren Umgebung zu setzen. Hier steht nicht fest, ob der Unfall zu einer Weichteilquetschung geführt hat, die eine Gefäßwand hätte schädigen, oder zu einem ausgedehnten Hämatom geführt hat, das zu einer Venenkompression hätte führen können. Offenbar war nach dem Unfall auch keine längere Ruhigstellung erforderlich, die als ursächlich für eine Thrombose angesehen wird. Hier ist lediglich eine Prellungsverletzung festgestellt worden, die den Kläger erst am Tag nach dem Unfall veranlasste, den Arzt aufzusuchen, obwohl sich der Unfall am frühen Nachmittag des 22.12.1993 ereignete. Auch der Kläger selbst sieht offenbar die am 22.12.1992 erlittene Verletzung als solche nicht als geeignet an, eine Beckenvenenthrombose wesentlich zu verursachen, denn er sieht ein multifaktorielles Geschehen als kausal an. Dabei weist er auf Gefahrstoffe hin, denen er in seiner beruflichen Tätigkeit ausgesetzt gewesen sei.

Der Senat misst im Übrigen dem Fehlen einer klinischen Dokumentation eines akuten Beckenvenenverschlusses und einer Diagnosesicherung über Jahre zur Beantwortung der Zusammenhangsfrage eine besondere Bedeutung zu. Zwar können klinische Zeichen einer Thrombose verzögert, im Einzelfall auch erst nach Jahren auftreten. Allerdings erschwert schon eine Geringfügigkeit von Brückensymptomen die Beurteilung eines kausalrechtlichen Zusammenhanges (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S.670). Hier liegen keinerlei Aufzeichnungen vor, die auch nur auf geringfügige Brückensymptome hinweisen, sondern lediglich ein im Zusammenhang mit dem Unfall erhobener unauffälliger Befund, der einen unkomplizierten Heilverlauf mit einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von nur wenigen Tagen bis 31.12.1992 beschreibt sowie darauf hinweist, dass der Kläger nach Abschluss der Behandlung keine Beschwerden mehr angab. Hier wären jedoch in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall klinisch auffällige Brückensymptome schon deshalb zu erwarten gewesen, weil in dem betroffenen Bereich regelmäßig keine präformierte Kollaterale vorliegen. Darauf hat Prof. Dr. S. besonders hingewiesen.

Der Senat sah sich nicht veranlasst, eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens vorzunehmen. Der Sachverhalt ist vollständig ermittelt, so dass eine vom Gutachten des Prof. Dr. S. abweichende medizinische Bewertung nicht zu erwarten wäre. Der Senat geht entsprechend dem Erstbefund davon aus, dass sich der Kläger am 22.12.1992 Prellungsverletzungen im Bereich der linken Hüfte und des linken Oberschenkels zugezogen hat, die erfahrungsgemäß innerhalb weniger Wochen ausheilen, so dass aufgrund dieser Verletzungen auch eine rentenberechtigende MdE nicht zu begründen ist. Bei dieser Sachlage kann dahin gestellt bleiben, ob bzw. inwiefern die vom Kläger im Alter von fünfzehn Jahren erlittene schwere Oberschenkelfraktur, die zu einer mehrmonatigen Immobilisation geführt hat, die Entwicklung der Beckenvenenthrombose beeinflusst hat.

Die Berufung des Klägers war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved