Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 4 RA 1386/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 226/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der VEB Geodäsie und Kartographie Erfurt war weder ein Produktionsbetrieb der Industrie und des Bauwesens noch ein gleichgestellter Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 ZAVtIVDBest 2.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 27. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzver¬sorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungs¬gesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG Beschäftigungszeiten des Klägers vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1938 geborene Kläger erwarb nach einem Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Geodäsie und Kartografie D. mit Urkunde vom 26. Juli 1963 das Recht, die Berufsbezeichnung "Techniker" zu führen. Nach einem weite¬ren Studium qualifizierte er sich 1968 zum Ingenieur. Vom 1. Mai 1965 bis zum 30. Juni 1990 war er zunächst als Techniker und ab Mai 1968 als Ingenieur im VEB Ingenieurvermessungswesen E. bzw. ab 1971 in dessen Nachfolgebetrieb, dem VEB Geodäsie und Kartografie E. (im Folgenden "VEB") beschäftigt.
Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Ab 1. November 1975 zahlte er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Im Oktober 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten für den Zeitraum von 1966 bis 1990 die Feststellung von Zusatzversor¬gungszeiten unter Berufung auf ein Urteil des Bundessozialgerichts. Mit Bescheid vom 26. Februar 2003 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten im Beschäftigungszeitraum vom 1. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 mit der Begrün¬dung ab, im Falle des Klägers sei eine Versorgungsanwartschaft nicht entstanden. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, er sei als Ingenieur in einem volkseigenen Betrieb tätig gewesen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbe¬scheid vom 5. September 2003 mit der Begründung zurück, bei dem VEB habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt.
Der Kläger hat am 19. September 2003 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen die Auffassung vertreten, er habe zum 30. Juni 1990 sämtliche Voraussetzungen im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz erfüllt. Sowohl die persönlichen als auch die betrieblichen Voraussetzungen lägen vor. Bei dem VEB habe sich um einen industriellen Produktionsbetrieb gehandelt. Es seien Sachgüter in Form von kartografischem Material, wie großmaßstäbigen Karten, sowie weiterer ingenieurgeodätischer Erzeugnisse hergestellt worden. Außerdem hätten noch zu Zeiten der ehemaligen DDR verschiedene Kollegen entsprechende Versicherungsscheine der Deutschen Versicherungsanstalt erhalten. Auch sei es völlig unerheblich, dass der VEB seinerzeit dem Innenministerium und nicht einem Industrieministerium unterstellt gewesen sei, da dies aus Gründen der Geheimhaltung erfolgt sei.
Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. Januar 2005 Beweis durch Vernehmung des Zeugen M. B., ehemaliger Produktionsbereichsleiter des VEB erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Das Sozialgericht Nordhausen hat die auf den Zeitraum vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 gerichtete Klage mit Urteil vom 27. Januar 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen habe, weil er nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterliege. Er habe aufgrund der bei ihm am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage keinen fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er habe zu diesem Zeitpunkt nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gearbeitet. Bei dem VEB habe es sich nicht um einen Betrieb gehandelt, "der organisatorisch der industriellen Fertigung von Sachgütern zugeordnet war und dessen Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Modell) von Sachgütern ausgerichtet war". Hauptaufgabengebiet des VEB sei, wie auch der Zeuge bestätigt habe, die Erbringung immaterieller Vermessungs- und Kartografieleistungen gewesen. Soweit der VEB auch Karten in hoher Stückzahl aufgelegt habe, sei dies nur eine Nebenleistung gewesen, da sich der diesbezügliche Anteil an der gesamten Tätigkeit des VEB im Jahre 1987 nur auf etwa 14 v.H. und im Jahre 1989 nur auf ca. 17 v.H. belaufen habe.
In seiner am 1. April 2005 gegen das ihm am 5. März 2005 zugestellte Urteil eingelegten Berufung wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 27. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2003 zu verpflichten, die Zeit vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gilt, war ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt nach dem Wortlaut der Vorschrift beide Voraussetzungen nicht. Er war am 1. August 1991, dem Datum des Inkrafttretens des AAÜG, nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hat weder eine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt, noch hatte er eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts. Der Kläger war auch nicht aufgrund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte, sondern der Betroffene muss nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 62 S. 487) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels vorheriger Einbeziehung konnte der Kläger daher nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden (vgl. BSG, a.a.O.).
Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet.
Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (BSG, Urteile vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01 und Az.: B 4 RA 3/02 R; BSG, Urteile vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 34/01 R, Az.: B 4 RA 10/02 R, jeweils nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt, GBl. Nr. 93 S. 844) nicht erfüllt.
Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung). Die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 32/01 R, vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R und vom 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 50/02 R).
Es kann hier dahinstehen, ob der Kläger die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt hat. Es fehlt jedenfalls an der betrieblichen Voraussetzung. Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Aus § 5 ZAVO-techInt und § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 26. September 1950 (nachfolgend: 1. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 111 S. 1043) ergeben sich zwei Folgerungen für die Bedeutung des Wortes "volkseigener Produktionsbetrieb" in § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt: Es muss sich bei dem betroffenen Betrieb 1. um einen VEB handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war und 2. muss der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen ist (sog. fordistisches Produktionsmodell; vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R, a.a.O.).
In Anwendung dieser Grundsätze war der VEB kein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen und zum großen Teil vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen waren Hauptaufgaben des VEB die Ingenieurgeodäsie, die Topographie und die trigonometrische Landesvermessung. Dabei umfasste die Ingenieurgeodäsie die Herstellung von großmaßstäbigen Karten auf der Grundlage großflächiger Punktaufnahmen (Lage und Höhe) und Schaffung der hierzu notwendigen Lage- und Höhennetze, die außendienstliche Auswertung von entzerrten Luftbildern (deren Ergebnis ebenfalls großmaßstäbige Karten waren), die periodische Überarbeitung von Bestandsplänen größerer Betriebe, die Umsetzung der Arbeit von Architekten und Planern in die Örtlichkeit (Absteckung von Bauwerken verschiedenster Art, Bauwerkskontrollmessung, Lotung, Geschossabsteckung, Feinabsteckung, Kranbahnkontrollmessung), Senkungsmessung für den Kalibergbau, Durchführung von Gebäudeinnenaufnahmen, die Trassierung und Anfertigen von Längs- und Querprofilen von Straßen, Wegen und Gräben sowie das Einmessen von Kabeln und verschiedensten Leitungen. Der Bereich der Topographie umfasste die Schaffung und Überarbeitung des topographischen Kartenwerkes, die trigonometrische Landesvermessung, die Überprüfung und Schaffung der staatlichen Netze – trigonometrische Höhen- und Lagenetze.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Statut des VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie. Hiernach hatte das Kombinat die Herstellung und Aktualisierung großmaßstäbiger Karten unter Beachtung bodenrechtlicher Erfordernisse, die Bereitstellung ingenieurgeodätischer Erzeugnisse und Leistungen sowie die Ausführung und Bearbeitung von Liegenschaftsvermessungen zu sichern. Konkretisiert werden diese Aufgaben in der Ersten Durchführungsbestimmung (1. DB) zur Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 15. September 1980 (GBl. I Nr. 27 S. 270). Nach § 2 Abs. 1 der 1. DB waren für die Herstellung und Aktualisierung großmaßstäbiger Karten sowie die Breitstellung ingenieurgeodätischer Erzeugnisse und Leistungen unter anderem der VEB Geodäsie und Kartographie E. zuständig. Ingeniergeodätische Erzeugnisse und Leistungen sind nach § 2 Abs. 2 der 1. DB: Lage- und Höhennetze, Absteckungen, Aufmessungen, Baukontroll- und Bauüberwachungsmessungen mit Ausnahme relativer Baukontrollmessungen, großmaßstäbige Schnitte von Bauwerken, Längs- und Querprofile, Trassierungen, terrestrisch-photogrammetrische Erzeugnisse. Die allenfalls zum Bereich der industriellen Produktion zählende Herstellung von Atlanten, Globen, Wandkarten, Übersichtskarten, Verwaltungskarten, Verkehrskarten, Touristenkarten, Stadtplänen und anderen, für die Öffentlichkeit bestimmten Karten war nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 21. August 1980 (GBl. I Nr. 27 S. 267) den Betrieben im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kultur zugewiesen. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war jedoch dem Ministerium des Inneren/Verwaltung, Vermessungs- und Kartenwesen unterstellt.
Bereits hieraus ergibt sich, dass der VEB nicht dem industriellen Produktionssektor zuzurechnen ist. In den genannten Aufgaben ist keine industrielle Produktion von Sachgütern zu sehen. Zwar sind die Endprodukte der Arbeit des Beschäftigungsbetriebs des Klägers, die erstellten Karten und Pläne, durchaus Sachgüter. Diese wurde jedoch größtenteils nicht industriell hergestellt, sondern waren vielmehr in der Hauptsache Einzelausführungen in einer kleinen Auflagenhöhe. Darüber hinaus war die Karten- und Planherstellung im Innendienst nicht der umfangreichste oder gar einzige Teil der Aufgaben des VEB; vielmehr haben die Aufgaben der Ingenieurgeodäsie, Topographie und der trigonometrischen Landesvermessung dem Betrieb das Gepräge gegeben. Dies wird auch durch die Aussagen des vom Kläger benannten Zeugen B. unterstrichen, der in seiner Vernehmung vor dem Sozialgericht angegeben hat, dass, soweit der VEB auch Karten in hoher Stückzahl aufgelegt habe, dies nur eine Nebenleistung gewesen sei, da sich der diesbezügliche Anteil an der gesamten Tätigkeit des VEB im Jahre 1987 nur auf etwa 14 v.H. und im Jahre 1989 nur auf ca. 17 v.H. belaufen habe. Dem ist der Kläger nicht mit beachtlichen Gründen entgegengetreten.
Ein weiteres Indiz, das in die Gesamtbewertung einfließt, ist die Unterstellung des maßgeblichen Betriebes unter ein Industrie- oder Bauministerium. Der VEB, bei dem der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des 30. Juni 1990 beschäftigt war, ist hingegen immer dem Ministerium des Inneren/Verwaltung, Vermessungs- und Kartenwesen und damit weder einem Industrie- noch dem Bauministerium unterstellt gewesen. Dass dieser Umstand, wie der Kläger meint, allein der Geheimhaltung geschuldet war, ist für den Senat so nicht nachvollziehbar, da es auch in den Produktionsbereichen, die den Industrieministerien oder dem Bauministerium unterstellt waren, Bereiche (z.B. EDV) mit hoher Geheimhaltungsstufe gegeben haben dürfte. Es sind daher mit der Beklagten gerade keine überzeugenden Gründe ersichtlich, die die ehemalige DDR veranlasst haben könnten, einen Betrieb, der vorgeblich Produktionsaufgaben erfüllte, nicht einem Industrieministerium zu unterstellen.
Weder die Eintragung ins Register der volkseigenen Wirtschaft noch die Abgabe der erstellten Karten nach Industrieabgabepreisen beweist, wie der Kläger meint, das Vorliegen eines Produktionsbetriebs. Zum einen wurden das Register der volkseigenen Wirtschaft alle Betriebe, ob produzierend oder nicht, eingetragen und zum anderen geht auch der Senat davon aus, dass der VEB auch Karten in größerer Auflage, aber eben als untergeordnete Aufgabe, erstellt und diese Karten dann zu Industrieabgabepreisen abgegeben hat.
Aufgrund der obigen Ausführungen kommt auch dem vom Kläger mehrfach betonten Umstand, dass verschiedene Kollegen des VEB zu Zeiten der ehemaligen DDR in die zusätzliche Altersversorgung der Technischen Intelligenz durch Aushändigung einer entsprechenden Urkunde einbezogen worden seien, keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu, zumal diesbezüglich nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen diese zu Zeiten der ehemaligen DDR in das Versorgungssystem einbezogen wurden. Jedenfalls liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG gegenüber denjenigen, die mit entsprechender Qualifikation in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, solche bereits in den Versorgungsordnungen angelegten Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. April 1999 – Az.: 1 BvL 11/94, 1 BvL 33/95, 1 BvR 1560/97, BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).
Letztlich handelt es sich bei dem VEB auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt. Die dort genannten Einrichtungen stellen eine abschließende Aufzählung dar, die nicht erweiterungsfähig ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – Az.: B 4 RA 23/04 R, nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzver¬sorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungs¬gesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG Beschäftigungszeiten des Klägers vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1938 geborene Kläger erwarb nach einem Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Geodäsie und Kartografie D. mit Urkunde vom 26. Juli 1963 das Recht, die Berufsbezeichnung "Techniker" zu führen. Nach einem weite¬ren Studium qualifizierte er sich 1968 zum Ingenieur. Vom 1. Mai 1965 bis zum 30. Juni 1990 war er zunächst als Techniker und ab Mai 1968 als Ingenieur im VEB Ingenieurvermessungswesen E. bzw. ab 1971 in dessen Nachfolgebetrieb, dem VEB Geodäsie und Kartografie E. (im Folgenden "VEB") beschäftigt.
Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Ab 1. November 1975 zahlte er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Im Oktober 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten für den Zeitraum von 1966 bis 1990 die Feststellung von Zusatzversor¬gungszeiten unter Berufung auf ein Urteil des Bundessozialgerichts. Mit Bescheid vom 26. Februar 2003 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten im Beschäftigungszeitraum vom 1. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 mit der Begrün¬dung ab, im Falle des Klägers sei eine Versorgungsanwartschaft nicht entstanden. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, er sei als Ingenieur in einem volkseigenen Betrieb tätig gewesen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbe¬scheid vom 5. September 2003 mit der Begründung zurück, bei dem VEB habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt.
Der Kläger hat am 19. September 2003 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen die Auffassung vertreten, er habe zum 30. Juni 1990 sämtliche Voraussetzungen im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz erfüllt. Sowohl die persönlichen als auch die betrieblichen Voraussetzungen lägen vor. Bei dem VEB habe sich um einen industriellen Produktionsbetrieb gehandelt. Es seien Sachgüter in Form von kartografischem Material, wie großmaßstäbigen Karten, sowie weiterer ingenieurgeodätischer Erzeugnisse hergestellt worden. Außerdem hätten noch zu Zeiten der ehemaligen DDR verschiedene Kollegen entsprechende Versicherungsscheine der Deutschen Versicherungsanstalt erhalten. Auch sei es völlig unerheblich, dass der VEB seinerzeit dem Innenministerium und nicht einem Industrieministerium unterstellt gewesen sei, da dies aus Gründen der Geheimhaltung erfolgt sei.
Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. Januar 2005 Beweis durch Vernehmung des Zeugen M. B., ehemaliger Produktionsbereichsleiter des VEB erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Das Sozialgericht Nordhausen hat die auf den Zeitraum vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 gerichtete Klage mit Urteil vom 27. Januar 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen habe, weil er nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterliege. Er habe aufgrund der bei ihm am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage keinen fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er habe zu diesem Zeitpunkt nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gearbeitet. Bei dem VEB habe es sich nicht um einen Betrieb gehandelt, "der organisatorisch der industriellen Fertigung von Sachgütern zugeordnet war und dessen Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Modell) von Sachgütern ausgerichtet war". Hauptaufgabengebiet des VEB sei, wie auch der Zeuge bestätigt habe, die Erbringung immaterieller Vermessungs- und Kartografieleistungen gewesen. Soweit der VEB auch Karten in hoher Stückzahl aufgelegt habe, sei dies nur eine Nebenleistung gewesen, da sich der diesbezügliche Anteil an der gesamten Tätigkeit des VEB im Jahre 1987 nur auf etwa 14 v.H. und im Jahre 1989 nur auf ca. 17 v.H. belaufen habe.
In seiner am 1. April 2005 gegen das ihm am 5. März 2005 zugestellte Urteil eingelegten Berufung wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 27. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2003 zu verpflichten, die Zeit vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 26. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gilt, war ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt nach dem Wortlaut der Vorschrift beide Voraussetzungen nicht. Er war am 1. August 1991, dem Datum des Inkrafttretens des AAÜG, nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hat weder eine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt, noch hatte er eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts. Der Kläger war auch nicht aufgrund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte, sondern der Betroffene muss nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 62 S. 487) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels vorheriger Einbeziehung konnte der Kläger daher nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden (vgl. BSG, a.a.O.).
Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet.
Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (BSG, Urteile vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01 und Az.: B 4 RA 3/02 R; BSG, Urteile vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 34/01 R, Az.: B 4 RA 10/02 R, jeweils nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt, GBl. Nr. 93 S. 844) nicht erfüllt.
Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung). Die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 32/01 R, vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R und vom 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 50/02 R).
Es kann hier dahinstehen, ob der Kläger die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt hat. Es fehlt jedenfalls an der betrieblichen Voraussetzung. Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Aus § 5 ZAVO-techInt und § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 26. September 1950 (nachfolgend: 1. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 111 S. 1043) ergeben sich zwei Folgerungen für die Bedeutung des Wortes "volkseigener Produktionsbetrieb" in § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt: Es muss sich bei dem betroffenen Betrieb 1. um einen VEB handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war und 2. muss der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen ist (sog. fordistisches Produktionsmodell; vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R, a.a.O.).
In Anwendung dieser Grundsätze war der VEB kein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen und zum großen Teil vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen waren Hauptaufgaben des VEB die Ingenieurgeodäsie, die Topographie und die trigonometrische Landesvermessung. Dabei umfasste die Ingenieurgeodäsie die Herstellung von großmaßstäbigen Karten auf der Grundlage großflächiger Punktaufnahmen (Lage und Höhe) und Schaffung der hierzu notwendigen Lage- und Höhennetze, die außendienstliche Auswertung von entzerrten Luftbildern (deren Ergebnis ebenfalls großmaßstäbige Karten waren), die periodische Überarbeitung von Bestandsplänen größerer Betriebe, die Umsetzung der Arbeit von Architekten und Planern in die Örtlichkeit (Absteckung von Bauwerken verschiedenster Art, Bauwerkskontrollmessung, Lotung, Geschossabsteckung, Feinabsteckung, Kranbahnkontrollmessung), Senkungsmessung für den Kalibergbau, Durchführung von Gebäudeinnenaufnahmen, die Trassierung und Anfertigen von Längs- und Querprofilen von Straßen, Wegen und Gräben sowie das Einmessen von Kabeln und verschiedensten Leitungen. Der Bereich der Topographie umfasste die Schaffung und Überarbeitung des topographischen Kartenwerkes, die trigonometrische Landesvermessung, die Überprüfung und Schaffung der staatlichen Netze – trigonometrische Höhen- und Lagenetze.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Statut des VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie. Hiernach hatte das Kombinat die Herstellung und Aktualisierung großmaßstäbiger Karten unter Beachtung bodenrechtlicher Erfordernisse, die Bereitstellung ingenieurgeodätischer Erzeugnisse und Leistungen sowie die Ausführung und Bearbeitung von Liegenschaftsvermessungen zu sichern. Konkretisiert werden diese Aufgaben in der Ersten Durchführungsbestimmung (1. DB) zur Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 15. September 1980 (GBl. I Nr. 27 S. 270). Nach § 2 Abs. 1 der 1. DB waren für die Herstellung und Aktualisierung großmaßstäbiger Karten sowie die Breitstellung ingenieurgeodätischer Erzeugnisse und Leistungen unter anderem der VEB Geodäsie und Kartographie E. zuständig. Ingeniergeodätische Erzeugnisse und Leistungen sind nach § 2 Abs. 2 der 1. DB: Lage- und Höhennetze, Absteckungen, Aufmessungen, Baukontroll- und Bauüberwachungsmessungen mit Ausnahme relativer Baukontrollmessungen, großmaßstäbige Schnitte von Bauwerken, Längs- und Querprofile, Trassierungen, terrestrisch-photogrammetrische Erzeugnisse. Die allenfalls zum Bereich der industriellen Produktion zählende Herstellung von Atlanten, Globen, Wandkarten, Übersichtskarten, Verwaltungskarten, Verkehrskarten, Touristenkarten, Stadtplänen und anderen, für die Öffentlichkeit bestimmten Karten war nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 21. August 1980 (GBl. I Nr. 27 S. 267) den Betrieben im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kultur zugewiesen. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war jedoch dem Ministerium des Inneren/Verwaltung, Vermessungs- und Kartenwesen unterstellt.
Bereits hieraus ergibt sich, dass der VEB nicht dem industriellen Produktionssektor zuzurechnen ist. In den genannten Aufgaben ist keine industrielle Produktion von Sachgütern zu sehen. Zwar sind die Endprodukte der Arbeit des Beschäftigungsbetriebs des Klägers, die erstellten Karten und Pläne, durchaus Sachgüter. Diese wurde jedoch größtenteils nicht industriell hergestellt, sondern waren vielmehr in der Hauptsache Einzelausführungen in einer kleinen Auflagenhöhe. Darüber hinaus war die Karten- und Planherstellung im Innendienst nicht der umfangreichste oder gar einzige Teil der Aufgaben des VEB; vielmehr haben die Aufgaben der Ingenieurgeodäsie, Topographie und der trigonometrischen Landesvermessung dem Betrieb das Gepräge gegeben. Dies wird auch durch die Aussagen des vom Kläger benannten Zeugen B. unterstrichen, der in seiner Vernehmung vor dem Sozialgericht angegeben hat, dass, soweit der VEB auch Karten in hoher Stückzahl aufgelegt habe, dies nur eine Nebenleistung gewesen sei, da sich der diesbezügliche Anteil an der gesamten Tätigkeit des VEB im Jahre 1987 nur auf etwa 14 v.H. und im Jahre 1989 nur auf ca. 17 v.H. belaufen habe. Dem ist der Kläger nicht mit beachtlichen Gründen entgegengetreten.
Ein weiteres Indiz, das in die Gesamtbewertung einfließt, ist die Unterstellung des maßgeblichen Betriebes unter ein Industrie- oder Bauministerium. Der VEB, bei dem der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des 30. Juni 1990 beschäftigt war, ist hingegen immer dem Ministerium des Inneren/Verwaltung, Vermessungs- und Kartenwesen und damit weder einem Industrie- noch dem Bauministerium unterstellt gewesen. Dass dieser Umstand, wie der Kläger meint, allein der Geheimhaltung geschuldet war, ist für den Senat so nicht nachvollziehbar, da es auch in den Produktionsbereichen, die den Industrieministerien oder dem Bauministerium unterstellt waren, Bereiche (z.B. EDV) mit hoher Geheimhaltungsstufe gegeben haben dürfte. Es sind daher mit der Beklagten gerade keine überzeugenden Gründe ersichtlich, die die ehemalige DDR veranlasst haben könnten, einen Betrieb, der vorgeblich Produktionsaufgaben erfüllte, nicht einem Industrieministerium zu unterstellen.
Weder die Eintragung ins Register der volkseigenen Wirtschaft noch die Abgabe der erstellten Karten nach Industrieabgabepreisen beweist, wie der Kläger meint, das Vorliegen eines Produktionsbetriebs. Zum einen wurden das Register der volkseigenen Wirtschaft alle Betriebe, ob produzierend oder nicht, eingetragen und zum anderen geht auch der Senat davon aus, dass der VEB auch Karten in größerer Auflage, aber eben als untergeordnete Aufgabe, erstellt und diese Karten dann zu Industrieabgabepreisen abgegeben hat.
Aufgrund der obigen Ausführungen kommt auch dem vom Kläger mehrfach betonten Umstand, dass verschiedene Kollegen des VEB zu Zeiten der ehemaligen DDR in die zusätzliche Altersversorgung der Technischen Intelligenz durch Aushändigung einer entsprechenden Urkunde einbezogen worden seien, keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu, zumal diesbezüglich nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen diese zu Zeiten der ehemaligen DDR in das Versorgungssystem einbezogen wurden. Jedenfalls liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG gegenüber denjenigen, die mit entsprechender Qualifikation in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, solche bereits in den Versorgungsordnungen angelegten Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. April 1999 – Az.: 1 BvL 11/94, 1 BvL 33/95, 1 BvR 1560/97, BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).
Letztlich handelt es sich bei dem VEB auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt. Die dort genannten Einrichtungen stellen eine abschließende Aufzählung dar, die nicht erweiterungsfähig ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – Az.: B 4 RA 23/04 R, nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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