L 23 B 1087/05 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 20 SO 50/05 PKH
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 1087/05 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 11. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Verfahren vor dem Sozialgericht Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für die Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 17. November 2004.

Der Kläger hatte sich am 1. Oktober 2004 mit einem Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld an die Bundesagentur für Arbeit gewandt. Nachdem er die Mitteilung vom Arbeitsamt erhalten hatte, dass er von dort keine Leistungen erhalten werde, beantragte er bei der Beklagten am 18. November 2004 Leistungen nach dem BSHG, die ihm auch mit Bescheid vom 4. Januar 2005 gewährt wurden.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein, mit dem er die Leistungsgewährung bereits ab dem 1. Oktober 2004 begehrte.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 zurück. Sozialhilfe setze erst ein, wenn dem Träger der Sozialhilfe bekannt werde, dass die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen. Sozialhilfe werde nicht für die Vergangenheit gewährt. Er habe sofort mit Wirkung vom 18. November 2004, als sein Hilfebedarf im zuständigen Amt bekannt war, die beantragte Hilfe erhalten. Des Weiteren werde vermutet, dass der Kläger von seinem Vater, mit dem er in Haushaltsgemeinschaft lebte, Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten habe.

Mit seiner am 13. Mai 2005 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und hat zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Für das Einsetzen der Sozialhilfe komme es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) auf die Kenntnis einer Sozialbehörde nach § 12 SGB I an. Eine solche sei die Arbeitsagentur, der er seine Bedürftigkeit am 1. Oktober 2004 zur Kenntnis gebracht habe. Die Beklagte sei daher verpflichtet, ihm die Leistungen bereits ab diesem Zeitpunkt zu bewilligen.

Die Beklagte hat im Hauptsacheverfahren vorgetragen, die Arbeitsagentur habe unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 SGB I die ihr bekannt gewordenen Umstände eines Sozialhilfebedarfs ab dem 1. Oktober 2004 nicht an sie weitergeleitet. Sie selbst habe erst am 18. November 2004 Kenntnis von dem Bedarf, der offensichtlich bis zu diesem Zeitpunkt gedeckt gewesen sei, erhalten. Der Kläger solle prüfen, inwieweit ihm Amtshaftungsansprüche gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zustünden und wie diese durchgesetzt werden könnten.

Mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 hat das Sozialgericht Potsdam den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten abgelehnt. In der Begründung heißt es, eine hinreichende Erfolgsaussicht sei nicht gegeben. Der Hilfebedarf sei der Beklagten erstmals am 18. November 2004 bekannt geworden. Bei der Arbeitsagentur handele es sich nicht um eine beauftragte Stelle im Sinne des § 5 Abs. 1 BSHG. Ein Obsiegen des Klägers würde dem Strukturprinzip der Sozialhilfe widersprechen, da Sozialhilfe nicht für die Vergangenheit gewährt werde.

Der Kläger hat gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2005 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass der Beschluss nicht auf die einschlägige Vorschrift des § 16 Abs. 1 SGB I eingehe. Es sei kein Grund ersichtlich, ihn auf einen Amtshaftungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit zu verweisen, wenn der wesentlich leichtere und einfachere Weg über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte zu dem gleichen Ergebnis führe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Potsdam vom 11. Oktober 2005 für den Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Potsdam Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt H) zu bewilligen.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE 90, 154 (160) und BVerwGE 98, 248 (254), denen zufolge jedenfalls ein Anspruch auf Bewilligung von Leistungen ab dem Zeitpunkt des Antragseingangs beim unzuständigen Leistungsträger nicht bestehe, beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte des Prozesskostenhilfeverfahrens sowie auf die Gerichtsakte des Sozialgerichts Potsdam S 20 SO 50/05 sowie auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

II.

Die statthafte, form- und fristgemäß eingelegte Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist hier nicht der Fall.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Bewilligung von Leistungen bereits ab dem Zeitpunkt seiner Antragstellung bei der Arbeitsagentur am 1. Oktober 2004 ist nicht gegeben.

Für ein früheres Einsetzen der Sozialhilfe kann nicht auf die Kenntnis der Arbeitsagentur abgestellt werden. Die Arbeitsagentur ist keine vom Träger der Sozialhilfe beauftragte Stelle (§ 18 Abs. 1 SGB XII) und auch weder ein nicht zuständiger Träger der Sozialhilfe noch eine Gemeinde (§ 18 Abs. 2 SGB XII). Auf die Kenntnis der Arbeitsagentur kann auch nicht gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I abgestellt werden. Denn der bei der Arbeitsagentur am 1. Oktober 2004 gestellte Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld war ein Antrag auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung bei dem dafür zuständigen Sozialleistungsträger und nicht ein Antrag auf Leistungen der Sozialhilfe bei einem unzuständigen Sozialleistungsträger (zum Erfordernis eines Antrags auf Sozialhilfe vgl.: BVerwGE 117,272; Schoch in LPK-SGB XII, § 18, Rdnr. 14; Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 5, Rdnr. 16).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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