L 5 B 152/05 ER AS

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 62 AS 338/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 B 152/05 ER AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt von Bracken beigeordnet. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Mai 2005 dahin geändert, dass bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Antragstellerin der vom Einkommen abzusetzende Freibetrag bei Erwerbstätigkeit auf der Grundlage des anzurechnenden Teiles des Erziehungsbeitrags in Höhe von 396,50 EUR zu bemessen ist. Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 30. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts wird dahin abgeändert, dass die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

Der Antragstellerin war antragsgemäß Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Dies folgt, da sie im Hinblick auf den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 73a Sozialgerichtsgesetz – SGG – i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung – ZPO –), bereits aus § 73a SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO sowie, was die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten anbetrifft, § 121 Abs. 2 ZPO, weil ihre Vertretung durch einen Rechtsanwalt – ebenso wie schon in der ersten Instanz – geboten erscheint.

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 6. Juni 2005 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 30. Mai 2005, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt hat, ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig.

Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat es das SG abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung des ihr für die Betreuung von zwei Pflegekindern mit dem Pflegegeld (insgesamt 1598,- EUR) ausgezahlten so genannten Erziehungshonorars (569,- EUR) als Einkommen zu bewilligen. Die Antragsgegnerin hat das Erziehungshonorar zutreffend zu den Einnahmen der Antragstellerin im Sinne des § 11 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) gezählt. Dies gilt nicht nur für den im angefochtenen Beschluss vom SG behandelten Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juni 2005, sondern auch entsprechend für die nachfolgenden Monate.

Der Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gibt keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts. Der Senat teilt insbesondere nicht die von ihr angeführte gegenteilige Auffassung des SG Leipzig (Beschluss vom 8. September 2005 – S 16 AS 236/05 ER –, juris). Dieses leitet seine Ansicht zu Unrecht aus dem Umstand ab, dass gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) der vom Jugendamt nach Satz 1 sicherzustellende notwendige Unterhalt des Kindes außerhalb des Elternhauses ebenfalls die Kosten der Erziehung umfasst, mithin das Pflegegeld insgesamt, also auch der so genannte Erziehungsbeitrag, zur Sicherstellung des notwendigen Unterhalts des Kindes dient bzw. den notwendigen Unterhalt des Kindes darstellt. Dieser - ebenso im Unterhaltsrecht (§ 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) - geregelte Zusammenhang bedeutet entgegen der Meinung des SG Leipzig – und der Antragstellerin – nicht, dass die Pflegeperson mit diesen Mitteln ausschließlich einen weiteren Bedarf des Pflegekindes decken darf und ihr die Verwendung für den eigenen Unterhalt untersagt ist.

Bestandteil des Unterhaltsanspruchs des Kindes ist diese Leistung des Jugendamtes, weil die Mittel benötigt werden, um die notwendige Erziehung des Kindes zu finanzieren. Wird die Erziehung – wie hier - außerhalb des Elternhauses geleistet, ist auch diese Erziehungsleistung kostenpflichtiger Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts. In diesen Fällen werden Pflege und Erziehung von Personen übernommen, die zur Übernahme dieser Aufgabe gesetzlich nicht verpflichtet und deren Leistungen deshalb ebenfalls in bestimmtem Umfang zu entgelten sind (Pflegeeltern, Heimerzieher). Dass solche Kosten in Einrichtungen entstehen, wird seit dem fast völligen Verschwinden religiös motivierter Tätigkeit von Ordensleuten und infolge der Einstellung zu entlohnender Fachkräfte akzeptiert. Betreuung und Erziehung fremder Kinder oder Jugendlicher in einem familiären Rahmen wird dagegen immer noch vielfach als Ehrenamt begriffen. Ein solches Verständnis wird der gesellschaftlichen Realität nicht mehr gerecht. Anders als im 19. Jahrhundert, als Pflegekinder als billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft eingesetzt werden konnten, erfordert diese Aufgabe heute - nicht zuletzt im Hinblick auf bereits vorhandene psychische Schäden und Verletzungen der zu betreuenden Kinder und Jugendlichen - besondere Belastbarkeit und pädagogisches Engagement, was auch finanziell berücksichtigt werden muss. In Anbetracht der Vielfalt der Pflegeverhältnisse werden zudem unterschiedliche Anforderungen an die erzieherische Kompetenz gestellt. Daran muss sich die Höhe der Erziehungsbeiträge orientieren. Diese können daher von pauschalen Erziehungszuschlägen als Anerkennungsbetrag bis hin zur tariflichen Vergütung bei besonderen Anforderungen reichen, denen sonst nur im Rahmen der Heimerziehung Rechnung getragen werden könnte (Wiesner in Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII 2. Aufl. Rdnrn. 14 und 15 zu § 39; ebenso Jans/Happe/Saurbier/ Maas, Jugendhilferecht 3. Aufl. § 39 Rdnr. 22; Kunkel in Lehr- und Praxiskommentar (LPK) SGB VIII Rdnr. 6 zu § 39). Das den Lebensbedarf des Kindes abdeckende Pflegegeld und die Honorierung der Erziehung durch ein Erziehungsentgelt ergeben zusammen den notwendigen Unterhalt (Stähr in Hauck – Haines, Kommentar zum SGB VIII, Rdnr. 15 zu § 39). Wenn Münder (Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 4. Auflage Rdnr. 7 zu § 39) in derselben Weise als Kosten der Erziehung die den betreuenden und erziehenden Personen zu zahlenden Gelder bezeichnet, in diesem Zusammenhang sodann unter Bezugnahme auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 24. November 1995 – 24 A 4833/94 –, ZfS 1996, S. 176 ff., 177 f.) ausführt, die Kosten der Erziehung seien nicht Einkommen der Pflegeperson, so ist dies kein Widerspruch. Jene Entscheidung erging nämlich zu den §§ 76, 77 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und betrifft nicht den Begriff des Einkommens schlechthin, sondern den des auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG anrechenbaren Einkommens. Sie schloss die Anrechnung des Erziehungsbeitrages bzw. –honorars mit der Begründung aus, es handele sich dabei um eine zweckbestimmte Leistung. Deren Anrechung war nach § 77 BSHG generell ausgeschlossen. Demgegenüber ist die Anrechnung einer solchen zweckbestimmten Leistung auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nur in dem in § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II beschriebenen Umfang ausgeschlossen, mithin im Übrigen zulässig.

Aus denselben Gründen lässt sich aus dem von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. Oktober 2005 – VII ZB 13/05 –, demzufolge ein vom Träger der Jugendhilfe als Teil des Pflegegeldes an die Pflegeeltern für ein in deren Haushalt aufgenommenes Kind ausgezahlter Anerkennungsbetrag gemäß § 850a Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbar ist, nichts für den Standpunkt der Antragstellerin ableiten; denn diese Entscheidung beruht auf der Bewertung des Erziehungsbeitrags als eine den in § 850a Nr. 6 ZPO aufgeführten Erziehungsgeldern und Studienbeihilfen vergleichbare öffentliche Beihilfe ohne Lohnersatzfunktion, die wie jene unmittelbar der Erziehung und Ausbildung der Kinder diene, mithin auf der Qualifizierung als zweckbestimmter Leistung. Dies wird durch den Hinweis auf die sozialhilferechtliche Behandlung dieser Leistung im Rahmen des § 76 BSHG, insbesondere auf die oben bereits zitierte Entscheidung des OVG NRW vom 24. November 1995 deutlich. Der Beschluss des BGH bestätigt sogar die hier vertretene Auffassung. Auch wenn er ausspricht, dass dem Erziehungsbeitrag keine Lohnersatzfunktion zukommt, so verweist er doch ausdrücklich auf die unterhaltsrechtliche Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18. April 1984 – IVb ZR 80/82 –, NJW 1984, S. 2355 ff., 2356 f.; vgl. auch OLG Zweibrücken, Urteil vom 30. August 2001 – 6 U F 55/01 –, juris sowie Kador in Jung, SGB VIII, § 39 Rdnr. 2 m.w.N.), derzufolge der Erziehungsbeitrag als den Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten minderndes Einkommen berücksichtigt werden kann. Als ausschlaggebend dafür wird angesehen, dass der Anteil des Pflegegeldes, der als Anerkennung für die Leistungen der Pflegeperson gezahlt wird, tatsächlich zur (Teil-) Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung steht und entsprechend verwendet werden darf. Um nichts anderes, als diesem Umstand Rechnung zu tragen, geht es in diesem Rechtsstreit. Ob es sich bei dem Erziehungsbeitrag um eine Lohnersatzleistung handelt, ist hier ohne Bedeutung.

Der Schluss, dass der Erziehungsbeitrag teilweise für eigene Zwecke der Pflegeperson eingesetzt werden darf, wird ferner durch die Praxis des Trägers der Jugendhilfe selbst gestützt. So konnte etwa der in den Kosten der Erziehung enthaltene Ergänzungsbetrag von 52,- EUR ohne weiteres auch zur freiwilligen Alterssicherung verwendet werden, d.h. dann auch zu anderen Zwecken. Bei der Anrechnungspraxis der Antragsgegnerin verbleibt der Antragstellerin von den Kosten der Erziehung mindestens ein Betrag von 250,- EUR und damit in jedem Fall ein ausreichender Spielraum zur Bestreitung von Kosten, die mit der Erziehung des Pflegekindes zusammenhängen.

Das somit als Einkommen der Antragstellerin im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu qualifizierende Erziehungshonorar ist nicht kraft Gesetzes oder auf Grund der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) vollständig von der Berücksichtigung ausgeschlossen. In der angerechneten Höhe ist es insbesondere nicht gem. § 11 Abs. 3 Ziffer 1 lit. a SGB II von der Anrechung als Einkommen ausgenommen. Nach dieser Vorschrift sind zweckbestimmte Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB nicht gerechtfertigt wären.

Bei dem Erziehungsbeitrag dürfte es sich um eine zweckbestimmte Leistung handeln, wobei der Senat offen lässt, ob es bei ihm in voller Höhe um eine zweckbestimmte Einnahme geht, die einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dient, und zwar zum einen, weil die Antragsgegnerin diese Frage bejaht, und zum anderen, weil die Antragstellerin wegen Nichtvorliegens der zweiten Voraussetzung des § 11 Abs. 3 SGB II keinen höheren Leistungsanspruch hat.

In diesem Zusammenhang sei lediglich darauf hingewiesen, dass eine dem § 8 Abs. 1 Satz 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vergleichbare Regelung, die für die darin genannten Erziehungsgeldleistungen eine Anrechnung bei anderen Sozialleistungen ausdrücklich ausschließt, vom Gesetzgeber nicht getroffen worden ist. Der Senat sieht hierin angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen keine sachlich ungerechtfertigte und deshalb verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Erziehungsgeld nach dem BErzGG und Erziehungshonorar im Sinne des SGB VIII. Sinn und Zweck der Regelungen in § 39 SGB VIII ist es Personen zu finden, die anstelle der Eltern Erziehungsaufgaben übernehmen. Demgegenüber dient das Erziehungsgeld nach dem BErzGG ganz allgemein familienpolitischen Zwecken; mit ihm verbindet sich eine verhaltenssteuernde Anreizfunktion. Diese findet insbesondere in § 8 Abs. 1 S. 1 BErzGG ihren Ausdruck, der nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers dazu beitragen soll, das "JA" zum eigenen Kind zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 10/3792, S. 18 zu § 8). Dieser Gedanke kommt bei der der Antragstellerin gewährten Leistung nicht zum Tragen.

Der Erziehungsbeitrag beeinflusst die Lage der Antragstellerin so günstig, dass daneben insoweit Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt sind. Der Senat lässt dahinstehen, ob die vom Gesetzgeber zum Bezugspunkt für die Feststellung der Rechtfertigung weiterer Zahlungen nach dem SGB II gemachte Lage des Empfängers zweckbestimmter Einnahmen allein dessen finanzielle Lage betrifft, wofür die Gesamtkonzeption des SGB II als System der Grundsicherung spricht, oder ob daneben noch andere Umstände Berücksichtigung finden können (so die bisherige Kommentarliteratur). Sonstige Umstände, welche die fraglose Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin durch das ihr zufließende Erziehungshonorar soweit relativieren, dass dieses bei der Prüfung der Rechtfertigung einer fortgesetzten ungeschmälerten Zahlung der Leistungen nach dem SGB II völlig anrechnungsfrei bleiben muss, sind nämlich von ihr nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Der Senat vermag sich der Auffassung des SG Aurich in seinem Beschluss vom 15. April 2005 – S 15 AS 27/05 ER – nicht anzuschließen. Sie lässt außer Acht, dass in den Kosten der Erziehung eine Honorierung der Erziehungsleistung enthalten ist, welche die Pflegeperson für sich verwenden darf.

Der Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Einstiegsgeld nach § 29 SGB II für die Dauer ihrer Beschäftigung bei der Firma M. vom 13. Juni bis zum 25. Juli 2005 zu gewähren, über den erstinstanzlich zu entscheiden ist, ist unzulässig. Er beinhaltet eine Änderung des ursprünglich beim SG gestellten Rechtsschutzbegehrens. Eine solche ist – in analoger Anwendung der auch im Rechtsmittelverfahren anwendbaren Regelung des § 99 Abs. 1 SGG – nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie ist wie eine Klageänderung allerdings nur zulässig, wenn die Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat eine solche Einwilligung weder ausdrücklich noch konkludent gemäß § 99 Abs. 2 SGG analog erklärt. Dieser Bestimmung zufolge ist eine Einwilligung der Beteiligten anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, auf das geänderte Rechtsschutzbegehren eingelassen haben. Der Senat hält die Antragsänderung auch nicht für sachdienlich. Über die Gewährung von Einstiegsgeld hat die Antragsgegnerin nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Gemäß § 29 SGB II kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Tätigkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Da das Gericht nicht sein Ermessen an die Stelle des von der Verwaltung auszuübenden Ermessens setzen darf, ist eine Befassung des Gerichts mit diesem Anspruch erst nach einer Verwaltungsentscheidung sinnvoll.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet, soweit sie sich gegen die Verpflichtung wendet, das Gesamteinkommen der Antragstellerin in Höhe von 837,- EUR nach § 11 Abs. 2 SGB II zu bereinigen. Gemäß Ziffer 6 dieser Bestimmung ist für Erwerbstätige vom Einkommen ein Betrag nach § 30 SGB II abzusetzen. Gemäß § 30 SGB II in der bis 30. September 2005 geltenden Fassung ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem um die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 SGB II bereinigten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein Betrag in Höhe von 15 vH bei einem Bruttolohn von bis zu 400,- EUR ( Ziffer 1), zusätzlich in Höhe von 30,- vH bei dem Teil des Bruttolohnes, der 400,- EUR übersteigt (Ziffer 2) und nicht mehr als 900,- EUR beträgt, abzusetzen. Zutreffend weist die Beklagte daraufhin, dass dieser Absetzbetrag nur für Erwerbseinkommen bzw. Einkommen gilt, das dem Erwerbseinkommen ähnlich ist und deshalb schon bei der Prüfung der Bedürftigkeit wie Erwerbseinkommen angerechnet wird. Dies trifft hier lediglich für den Erziehungsbeitrag zu, nicht für das Kindergeld und den im Pflegegeld enthaltenen Mietkostenbeitrag der Pflegekinder in Höhe von jeweils 124,- EUR.

Soweit sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde dagegen wendet, dass das SG sie verpflichtet hat, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 553,59 EUR anstatt – wie sie es für richtig hält – in Höhe von 305,59 EUR auszugehen, ist sie unzulässig, weil sie insofern nicht beschwert ist. Streitgegenstand ist – zumal im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für die Gewährung von Leistungen – die Höhe dieser Leistungen. Streitgegenstand sind nicht die einzelnen Berechnungsfaktoren. Schon nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin ergibt sich keine niedrigere als die ihr vom SG auferlegte Zahlungspflicht. Die Unterschiede in den Auffassungen führen nicht zu Unterschieden in der Höhe der Zahlungspflicht der Antragsgegnerin, weil die hierfür entscheidende Differenz zwischen dem Bedarf der Antragstellerin und ihrem Einkommen unverändert bleibt. Während nach Auffassung der Antragsgegnerin der Mietkostenanteil im Pflegegeld der Kinder in Höhe von 248,- EUR unmittelbar den Bedarf der Antragstellerin (bei den Kosten von Unterkunft und Heizung) von 553,59 auf 305,59 EUR reduziert, ist nach Auffassung des SG dieser Betrag zunächst auf der Einkommenseite zu verbuchen und danach auf den Bedarf der Antragstellerin als Einkommen anzurechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Dies gilt insbesondere für die Änderung der Kostenentscheidung im Verfahren vor dem SG. Eine Belastung der Antragsgegnerin mit einem Teil der Kosten der Antragstellerin jenes Verfahrens ist nicht gerechtfertigt, weil der Anlass für diese Kostenverteilung durch das SG – das teilweise Obsiegen der Antragstellerin -mit der Änderung der vom SG zur Sache getroffenen Entscheidung im Beschwerdeverfahren entfallen war bzw. die Kostenauferlegung nicht gerechtfertigt hat. Die vom SG angeordnete Erhöhung des Betrages der als Bedarf der Antragstellerin zu berücksichtigenden Kosten für Unterkunft und Heizung hat zu keinem höheren Zahlungsanspruch geführt, weil bei einem solchen Vorgehen – wie oben dargelegt – im selben Umfang Teile des Pflegegeldes der Pflegekinder bedarfsmindernd zu berücksichtigen wären.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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