L 1 R 84/05

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 4 RJ 110/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 84/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der 1947 geborene Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, entrichtete von September 1961 bis einschließlich Oktober 1989 für eine Beschäftigung als Keramikmaler durchgehend Pflichtbeiträge, von November 1989 bis Ende 1992 (als selbständiger Gastwirt) freiwillige Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Seit 21. März 1991 lebt er in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Für 1993 (und die anschließende Zeit) unterblieb die Entrichtung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung. Zur amerikanischen Sozialversicherung entrichtete der Kläger, der Vater des am XX.XXXXXXXXX 1993 in N. Y. (USA) geborenen Kindes W. P. ist, für die Jahre 1994 und 1995 (24 Monate) und für das erste Quartal der Jahre 1996 und 1997 (6 Monate) Pflichtbeiträge. Seinen am 27. Juni 1997 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen eines im August 1996 erstmals diagnostizierten Leidens (Non-Hodgkin-Lymphom, Stadium IV) lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 7. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 1998 bindend ab, weil der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe.

Nachdem er zur amerikanischen Sozialversicherung noch für das erste Quartal des Jahres 1998 und für das gesamte Jahr 1999 Beiträge (15 Monate) entrichtet hatte, beantragte der Kläger am 19. Februar 2002 bei der Beklagten erneut, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Die Beklagte lehnte auch diesen Rentenantrag ab (Bescheid vom 15. April 2002, Widerspruchsbescheid vom 28. November 2002).

Das Sozialgericht hat die am 7. Februar 2003 erhobene Klage durch Urteil vom 24. Februar 2005 abgewiesen (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).

Gegen das ihm am 26. März 2005 zugestellte Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat der Kläger am 9. Mai 2005 Berufung eingelegt.

II.

Der Senat weist die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurück, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, die Beklagte den Rentenantrag vom 19. Februar 2002 zu Recht abgelehnt. Der Bescheid vom 15. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit). Denn er erfüllt für einen im August 1996 oder Juli 1996 (gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage des Internisten Dr. K. vom 2. April 2002) oder auch später eingetretenen Leistungsfall nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Der Kläger ist zwar seit 15. Juli/August 1996 auf Grund des Non-Hodgkin-Lymphoms (Stadium IV) erwerbsunfähig/voll erwerbsgemindert und hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) vor Eintritt der Erwerbsminderung erfüllt. Er hat jedoch in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht drei Jahre (36 Monate) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet. Auf die Zeit vom 14. Juli 1991 bis 14. Juli 1996 entfallen lediglich 27 Monate zur amerikanischen Sozialversicherung entrichtete Beiträge (1. Januar 1994 bis 31. März 1996).

Innerhalb des aufgezeigten Fünfjahreszeitraums liegen auch keine Zeiten, um die sich dieser gem. § 43 Abs. 4 SGB VI verlängerte. Berücksichtigungszeiten gem. § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI iVm § 57 SGB VI wegen der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr (1. Dezember 1993 bis 30. November 2003) verlängern hier den Zeitraum nicht. Ungeachtet dessen, dass ohnehin nur eine Berücksichtigungszeit vom 1. bis 31. Dezember 1993 und vom 1. April bis 30. Juni 1996 als Verlängerungszeit (vier Monate) in Betracht käme, die nicht zur Einbeziehung weiterer Pflichtbeiträge führen würde, erfüllt der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit (vgl. § 56 Abs. 3 SGB VI) und damit auch nicht einer Berücksichtigungszeit.

Pflichtbeiträge sind zwar für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1994 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit nach Maßgabe des § 241 Abs. 2 SGB VI mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist zudem eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Der Kläger hat jedoch nicht jeden Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis 30. Juni 1996 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Denn das Jahr 1993 und die Monate April bis Juni 1996 sind unbelegt. Für diese 15 Kalendermonate ist eine Beitragszahlung (Entrichtung freiwilliger Beiträge) nicht mehr zulässig.

Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es in den Verantwortungsbereich des Klägers fällt, dass er für die weitere Entrichtung freiwilliger Beiträge im Wege der Abbuchung von seinem Bankkonto, die er für die Zeit vom 1. November 1989 bis 31. Dezember 1992 auf Grund des Zulassungsbescheides vom 18. Januar 1990 der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken (LVA) entrichtet hat, nicht ausreichend Sorge getragen hat. Das Geldinstitut (R. R. eG) hat den Lastschriftbeleg für Januar 1993 nicht eingelöst. Die zwischen Januar 1993 und April 1994 erfolgten Bemühungen der LVA (u. a. Ermittlung der neuen Anschrift G.-Berg in R1 und Mitteilungen an diese Anschrift) hatten, weil der Kläger seine Anschrift in den USA der LVA nicht mitgeteilt hatte, keinen Erfolg. Freiwillig Versicherte tragen ihre Beiträge selbst (§ 171 SGB VI). Sie sind vom Beitragsschuldner unmittelbar an den Träger der Rentenversicherung zu zahlen (§ 173 SGB VI). Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI).

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI, nach denen in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag des Versicherten auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 2 SGB VI genannten Frist zuzulassen ist, nicht vor. Der Kläger war nämlich nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert. Er muss sich zum einen das Verschulden eines Vertreters – hier Nichtfortführung der Beitragszahlung durch seine Cousine - zurechnen lassen (vgl. Bundessozialgericht vom 18.12.2001 – B 12 RA 4/01 R), zum anderen hat der Kläger im ersten Rentenverfahren auch eingeräumt, dass er in den USA nicht mehr daran gedacht habe, in Deutschland zur Rentenversicherung freiwillige Beiträge zu entrichten. Soweit er ausführt, er sei nicht auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden, die mit einer Nichtfortsetzung der freiwilligen Beitragsleistung verbunden seien, trifft das nicht zu. Denn die LVA hat ihm die Anspruchsvoraussetzungen für Rente im Versicherungsverlauf vom 22. August 1990 erläutert. Sie hat ihn außerdem über die Beitragshöhe ab 1. Januar 1993 informiert und ihm einen Beitragsnachweis für das Jahr 1992 vom 8. Februar 1993 unter dem 1. März 1993 unter seiner damaligen deutschen Anschrift zukommen lassen, bevor sie, nachdem keine Beitragsleistungen vom Kläger vorgenommen worden waren, die Sollstellung im April 1994 endgültig beendete.

Selbst eine Verschiebung des Fünfjahreszeitraumes mittels einer Verlegung des Leistungsfalles auf einen späteren Zeitpunkt als Juli 1996 hätte nicht zum Ergebnis, dass der Kläger 36 Monate Pflichtbeitragszeiten in jenem Fünfjahreszeitraum aufweist. Insoweit wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2002 und des Schriftsatzes der Beklagten vom 5. November 2003 Bezug genommen. Nach Eintritt des Leistungsfalls zurückgelegte Pflichtbeitragszeiten oder entrichtete freiwillige Beiträge können, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, nicht berücksichtigt werden.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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