L 1 KR 122/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 256/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 122/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2004 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Zahlung von Krankengeld über den 7. März 2004 hinaus.

Die 1957 geborene, bei der Beklagten versicherte Klägerin war zuletzt seit 2001 halbschichtig als Betreuerin von Kleinkindern in einem Fitnesscenter beschäftigt. Sie bezog wegen einer am 3. Februar 2003 bei der Arbeit erlittenen, Arbeitsunfähigkeit begründenden, distalen Radiusextensionsfraktur links von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (BG) vom 18. März bis 31. August 2003 Verletztengeld. Nach dem Bescheid der BG vom 12. November 2003 erhält sie wegen der Folgen des Arbeitsunfalls ab 1. September 2003 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. Die Beklagte gewährte ihr Krankengeld vom 1. September 2003 bis zum 7. März 2004 in Höhe von insgesamt 3.437,68 EUR und lehnte eine weitere Zahlung ab (Bescheid vom 4. März 2004).

Im anschließenden Vorverfahren, in welchem sie unter Vorlage ärztlicher Atteste und Bescheinigungen das Weiterbestehen von Arbeitsunfähigkeit geltend machte, blieb die Klägerin, für die das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 40 festgestellt hat (Bescheid vom 10. Februar 2004), erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004). Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf das Ergebnis mehrerer Untersuchungen der Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Die Klägerin könne einerseits als Rechtshänderin ihre Tätigkeit als Kleinkinderbetreuerin auch mit einer Minderbelastbarkeit bzw. nicht vollen Funktionsfähigkeit des linken Handgelenks verrichten, andererseits begründeten Beeinträchtigungen durch einen Fersensporn, am Fußgelenk und an der Lendenwirbelsäule sowie eine physische und psychische Minderbelastbarkeit keine weitere Arbeitsunfähigkeit.

Das Sozialgericht hat die am 10. März 2004 erhobene Klage, nachdem es die Beteiligten angehört und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Erfahrung gebracht hatte, dass der Rentenantrag der Klägerin vom 17. Juli 2003 durch Bescheid vom 14. November 2003 wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen abgelehnt worden war, durch Gerichtsbescheid vom 27. September 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der geltend gemachte Krankengeldanspruch sei vom Gericht nicht sachgerecht zu klären, weil die Klägerin ihr Einverständnis zur Heranziehung medizinischer Unterlagen verweigert habe. Allein anhand der bereits vorliegenden Unterlagen der BfA (Rentengutachten) lasse sich der streitige Anspruch nicht abschließend beurteilen.

Gegen den ihr am 30. September 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 11. Oktober 2004 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie die Einverständniserklärung zur Heranziehung medizinischer Unterlagen vom 4. Oktober 2004 vorlegt hat.

Die BfA hat dem Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 14. November 2003 durch Bescheid vom 29. November 2004 insoweit stattgegeben, als sie der Klägerin auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 3. Februar 2003 vom 1. September 2003 bis 30. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gewährt hat. Wegen der zeitlichen Begrenzung der Rente hat die Klägerin nach ihren Angaben Widerspruch eingelegt

Die BfA hat von der Rentennachzahlung für die Zeit vom 1. September 2003 bis 7. März 2004 1.268,07 EUR der Beklagten erstattet (Bescheid vom 17. Januar 2005). Dem hat die Klägerin ebenfalls widersprochen.

Die Beklagte hat der Klägerin mitgeteilt, dass eine Mitgliedschaft bei ihr seit dem 8. März 2004 nicht mehr bestehe (Bescheid vom 9. Februar 2005). Auch hiergegen hat die Klägerin Widerspruch erhoben. Eine Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner ist nach dem Bescheid der Beklagten vom 3. März 2005 nicht möglich. Auch hiergegen richtet sich ein Widerspruch der Klägerin.

Die Klägerin hat bei der BfA außerdem einen Weitergewährungsantrag gestellt, über den im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden ist. Sie ist vom Berufungsgericht darauf hingewiesen worden, dass § 50 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dem Anspruch auf Krankengeld über den 7. März 2004 hinaus entgegenstehe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 4. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 7. März 2004 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid im Ergebnis für zutreffend. Die Rentengewährung durch die BfA vom 1. September 2003 bis 30. Juni 2005 stehe dem geltend gemachten Anspruch entgegen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Prozessakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )), gleichwohl aber unbegründet.

Das Gericht durfte trotz des Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sie am 11. August 2005 unter ihrer damaligen inländischen Anschrift L.-Strasse, H., geladen und darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Ordnungsgemäßheit der Ladung steht nicht entgegen, dass die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2005 am 31. August 2005 mitgeteilt hat, dass sie sich entschieden habe, Deutschland zu verlassen und endgültig in Ungarn (B.) zu bleiben.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich der Anspruch auf Krankengeld über den 7. März 2004 hinaus. Die Feststellung der Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten ab 8. März 2004, die Rechtmäßigkeit der von der BfA im Hinblick auf einen zu befriedigenden Erstattungsanspruch der Beklagten einbehaltenen Rentennachzahlung oder ein Anspruch auf Krankengeld im Anschluss an den Ablauf der Rentenzahlung (1. Juli 2005) sind nicht Streitgegenstand.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Krankengeld über den 7. März 2004 hinaus nicht zu.

Versicherte haben nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V u. a. Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht, soweit hier einschlägig, von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 SGB V).

Die Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch über den 7. März 2004 hinaus liegen jedoch unabhängig vom Inhalt dieser Vorschriften hier nicht vor.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin über den 7. März 2004 hinaus arbeitsunfähig war und Krankengeld bis zur Anspruchserschöpfung nach 78 Wochen grundsätzlich hätte erhalten können. Denn für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, endet ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistungen an; nach Beginn dieser Leistungen entsteht ein neuer Krankengeldanspruch nicht (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin bezieht bereits seit dem 1. September 2003, dem Beginn der Leistung, Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dass die laufende Rentenzahlung erst ab 1. Januar 2005 einsetzte und für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis 31. Dezember 2004 eine Rentennachzahlung erfolgte, steht der Anwendung des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V nicht entgegen.

Zwar entsteht für den Fall, dass eine der in § 50 Satz 1 SGB V genannten Leistungen nicht mehr gezahlt wird, ein neuer Anspruch auf Krankengeld, wenn das Mitglied bei Eintritt einer erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist (§ 50 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass ein Anspruch auf Leistungen ruht, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), bzw. dann nicht ruht, solange sie sich nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse dort aufhalten (§ 16 Abs. 4 SGB V). Auf diese Bestimmungen kommt es vorliegend jedoch nicht an, weil – wie ausgeführt – Streitgegenstand nur der Anspruch auf Krankengeld über den 7. März 2004 ist und nicht ein etwaiger Krankengeldanspruch nach Ablauf der von der BfA auf den 30. Juni 2005 begrenzten Rente wegen voller Erwerbsminderung. Für die nur streitige Zeit ab 8. März 2004 hatte jedenfalls der Anspruch auf Krankengeld geendet (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Im Übrigen hat die BfA dem erkennenden Gericht am 7. September 2005 fernmündlich mitgeteilt, dass sie der Klägerin auch für Juli und August 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung gezahlt habe und die Weiterzahlung vom Ergebnis einer Nachuntersuchung abhängig sei, zu der sie die Klägerin geladen habe. Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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