Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 18 SB 272/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 SB 13/06
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2004 verurteilt, bei der Klägerin auch die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab Antragstellung festzustellen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) vorliegen.
Bei der 56 Jahre alten Klägerin ist aufgrund gerichtlichen Vergleichs vom 21.05.2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt, wegen somatoformer Schmerzstörung (Einzel-GdB 40), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20) und Bluthochdruck (Einzel-GdB 10). Die Feststellung erfolgte aufgrund eines Gutachtens von K vom 22.02.2004, in dem der Sachverständige zugleich ausgeführt hatte, aufgrund massiver Schmerzfehlverarbeitung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, ortsübliche Strecken zu Fuß zurückzulegen. Aufgrund dieser Aussage beantragte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 00.00.0000 das Merkzeichen "G". Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10.08.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.08.2004), da die Klägerin ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder Andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen könne, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Hiergegen richtet sich die Klage mit dem Antrag,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2004 in der Fassung vom 24.08.2004 zu verurteilen, bei ihr auch die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch/psychiatrischen Befundberichtes von T, eines nach § 106 SGG eingeholten neurologisch/psychiatrischen Gutachtens von C und eines auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten internistisch/rehabilitationsmedizinischen Gutachtens von K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die vorstehend genannten Berichte und Gutachten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin erfüllt die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Nach § 145 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind Schwerbehinderte, die in Folge ihrer Behinderungen in ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, im Nahverkehr unentgeltlich zu befördern.
Ob ein Schwerbehinderter in Folge seiner Behinderung im Straßenverkehr bewegungsbehindert ist, bestimmt sich nach der ergänzenden Definition des § 146 Abs. 1 SGB IX. Der Schwerbehinderte muss in Folge einer Einschränkung des Gehvermögens, unter anderem auch durch innere Leiden, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich und andere Personen Wegstrecken im Ortsverkehr zurücklegen können, die üblicher Weise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Gemäß Nummer 30 (2) der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz ("Anhaltspunkte"), 2004, gilt unter Hinweis auf die Rechtsprechung eine Wegstecke von etwa 2 km als ortsüblich, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
Darüber hinaus geben die Anhaltspunkte als antizipierte Sachverständigengutachten aber auch an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter in Folge einer Einschränkung des Gehvermögens in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist (Landessozialgericht Nordrhein Westfalen - LSG NRW - Urteil vom 18.05.2004, L 6 SB 137/03). Damit tragen die Anhaltspunkte dem Umstand Rechnung, dass das Gehvermögen des Menschen keine statische Meßgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaigen Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtern die Anhaltspunkte all jene heraus, die nach § 146 Abs. 1 S. 1 SGB IX außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des Schwerbehinderten im Straßenverkehr nicht in Folge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (vgl. für Adipositas: LSG NRW a.a.O.). Die Anhaltspunkte beschreiben dazu in Nr. 30 (3) bis (5) Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind, und die bei dort nicht erwähnten Behinderungen als Vergleichsmaßstab dienen können (BSG, Urteil vom 13.08.1997, 9 RVs 1/96, SozR 3 - 3870 § 60 Nr. 2; LSG NRW a.a.O.).
Einer der in den Anhaltspunkten genannten Regelfälle liegt bei der Klägerin nicht vor. Nach übereinstimmender Auffassung aller Sachverständigen, denen auch von den Beteiligten insoweit nicht widersprochen wurde und an denen zu zweifeln auch die Kammer keinen Anlass sieht, besteht bei der Klägerin ein ausgeprägtes muskuläres Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Nervenwurzelreizungen oder neurologische Ausfallerscheinungen, aber mit starker Schmerzempfindlichkeit und subjektiv hohem Leidensdruck. Während das körperliche Leiden nur einen GdB von 20 nach sich zieht, führt die ausgeprägte Somatisierungsstörung bei chronischer Depression der Klägerin zu einem Einzel-GdB von 40.
Im Hinblick auf die körperlichen Leiden der Klägerin ist diese weit davon entfernt, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" zu erfüllen. Hinsichtlich des seelischen Leidens ist der Beratungsarzt der Beklagten der Auffassung, dass dieses nur dann zur Erfüllung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" führen kann, wenn Einschränkungen der Orientierungsfähigkeit vorliegen; hierbei bezieht er sich offenbar auf Ziff. 30 Abs. 5 der Anhaltspunkte, wonach Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, bei geistig behinderten Menschen eine erhebliche Gehbehinderung bedingen können. Es ist jedoch nicht so, dass seelische Behinderungen, die keine Störung der Orientierungsfähigkeit nach sich ziehen, generell nicht geeignet wären, die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Merkzeichens "G" herbeizuführen. Denn maßgeblich ist die gesetzliche Vorgabe in §§ 145 Abs. 1, 146 Abs. 1 SGB IX, somit allein die Frage, ob die Klägerin wegen ihrer Behinderungen in ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist und ob dies auf eine Einschränkung des Gehvermögens zurückzuführen ist. Dies ist nach Überzeugung der Kammer hier der Fall, denn bei der Klägerin liegt eine massive Schmerzfehlverarbeitung vor, aufgrund derer sie auch bei zumutbarer Willensanstrengung ortsübliche Gehstrecken nicht mehr in angemessener Zeit überwinden kann. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer aus den Ausführungen von K und den von C erhobenen Befunden. Danach leidet die Klägerin an Schmerzen in allen Gelenken, im Rücken und in den unteren Extremitäten, mit der Folge, dass sie sich nur mit Hilfe eines Stockes und auch dann äußerst langsam (Ki: 1 km/h) fortbewegt. Trotz situativ bedingter Verdeutlichungstendenzen sehen die Sachverständigen das Schmerzerleben der Klägerin als im Wesentlichen glaubhaft an.
Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 10.05.1994, 9 BVs 45/93) darauf hingewiesen, dass die insoweit gleichlautende Vorgängervorschrift zu § 146 Abs. 1 SGB IX eine abschließende Aufzählung der Tatbestände enthalte, aufgrund derer psychisch erkrankten Personen das Merkzeichen "G" zuerkannt werden könne, und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass nach dem Gesetzeswortlaut nur Personen mit Anfallsleiden oder einer Störung der Orientierungsfähigkeit, nicht aber Personen mit sonstigen psychischen Beeinträchtigungen oder Störungen – z.B. Verstimmungen, Antriebsminderung und Angstzuständen – als in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt gelten, ohne dass das Gehvermögen betroffen sei. Diese Rechtsprechung des BSG ist für den vorliegenden Fall deshalb nicht einschlägig, weil bei der Klägerin aufgrund ihrer somatoformen Schmerzstörung das Gehvermögen betroffen ist. Ob Schmerzen beim Gehen durch einen ständigen Reizzustand aufgrund Gelenkverschleiß oder auf eine psychogene Schmerzstörung zurückzuführen sind, macht für die Auswirkung der Behinderung für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft keinen Unterschied.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 193 SGG.
2. Die Beklagte trägt die Kosten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) vorliegen.
Bei der 56 Jahre alten Klägerin ist aufgrund gerichtlichen Vergleichs vom 21.05.2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt, wegen somatoformer Schmerzstörung (Einzel-GdB 40), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20) und Bluthochdruck (Einzel-GdB 10). Die Feststellung erfolgte aufgrund eines Gutachtens von K vom 22.02.2004, in dem der Sachverständige zugleich ausgeführt hatte, aufgrund massiver Schmerzfehlverarbeitung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, ortsübliche Strecken zu Fuß zurückzulegen. Aufgrund dieser Aussage beantragte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 00.00.0000 das Merkzeichen "G". Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10.08.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.08.2004), da die Klägerin ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder Andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen könne, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Hiergegen richtet sich die Klage mit dem Antrag,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2004 in der Fassung vom 24.08.2004 zu verurteilen, bei ihr auch die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch/psychiatrischen Befundberichtes von T, eines nach § 106 SGG eingeholten neurologisch/psychiatrischen Gutachtens von C und eines auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten internistisch/rehabilitationsmedizinischen Gutachtens von K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die vorstehend genannten Berichte und Gutachten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin erfüllt die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Nach § 145 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind Schwerbehinderte, die in Folge ihrer Behinderungen in ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, im Nahverkehr unentgeltlich zu befördern.
Ob ein Schwerbehinderter in Folge seiner Behinderung im Straßenverkehr bewegungsbehindert ist, bestimmt sich nach der ergänzenden Definition des § 146 Abs. 1 SGB IX. Der Schwerbehinderte muss in Folge einer Einschränkung des Gehvermögens, unter anderem auch durch innere Leiden, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich und andere Personen Wegstrecken im Ortsverkehr zurücklegen können, die üblicher Weise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Gemäß Nummer 30 (2) der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz ("Anhaltspunkte"), 2004, gilt unter Hinweis auf die Rechtsprechung eine Wegstecke von etwa 2 km als ortsüblich, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
Darüber hinaus geben die Anhaltspunkte als antizipierte Sachverständigengutachten aber auch an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter in Folge einer Einschränkung des Gehvermögens in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist (Landessozialgericht Nordrhein Westfalen - LSG NRW - Urteil vom 18.05.2004, L 6 SB 137/03). Damit tragen die Anhaltspunkte dem Umstand Rechnung, dass das Gehvermögen des Menschen keine statische Meßgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaigen Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtern die Anhaltspunkte all jene heraus, die nach § 146 Abs. 1 S. 1 SGB IX außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des Schwerbehinderten im Straßenverkehr nicht in Folge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (vgl. für Adipositas: LSG NRW a.a.O.). Die Anhaltspunkte beschreiben dazu in Nr. 30 (3) bis (5) Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind, und die bei dort nicht erwähnten Behinderungen als Vergleichsmaßstab dienen können (BSG, Urteil vom 13.08.1997, 9 RVs 1/96, SozR 3 - 3870 § 60 Nr. 2; LSG NRW a.a.O.).
Einer der in den Anhaltspunkten genannten Regelfälle liegt bei der Klägerin nicht vor. Nach übereinstimmender Auffassung aller Sachverständigen, denen auch von den Beteiligten insoweit nicht widersprochen wurde und an denen zu zweifeln auch die Kammer keinen Anlass sieht, besteht bei der Klägerin ein ausgeprägtes muskuläres Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Nervenwurzelreizungen oder neurologische Ausfallerscheinungen, aber mit starker Schmerzempfindlichkeit und subjektiv hohem Leidensdruck. Während das körperliche Leiden nur einen GdB von 20 nach sich zieht, führt die ausgeprägte Somatisierungsstörung bei chronischer Depression der Klägerin zu einem Einzel-GdB von 40.
Im Hinblick auf die körperlichen Leiden der Klägerin ist diese weit davon entfernt, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" zu erfüllen. Hinsichtlich des seelischen Leidens ist der Beratungsarzt der Beklagten der Auffassung, dass dieses nur dann zur Erfüllung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" führen kann, wenn Einschränkungen der Orientierungsfähigkeit vorliegen; hierbei bezieht er sich offenbar auf Ziff. 30 Abs. 5 der Anhaltspunkte, wonach Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, bei geistig behinderten Menschen eine erhebliche Gehbehinderung bedingen können. Es ist jedoch nicht so, dass seelische Behinderungen, die keine Störung der Orientierungsfähigkeit nach sich ziehen, generell nicht geeignet wären, die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Merkzeichens "G" herbeizuführen. Denn maßgeblich ist die gesetzliche Vorgabe in §§ 145 Abs. 1, 146 Abs. 1 SGB IX, somit allein die Frage, ob die Klägerin wegen ihrer Behinderungen in ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist und ob dies auf eine Einschränkung des Gehvermögens zurückzuführen ist. Dies ist nach Überzeugung der Kammer hier der Fall, denn bei der Klägerin liegt eine massive Schmerzfehlverarbeitung vor, aufgrund derer sie auch bei zumutbarer Willensanstrengung ortsübliche Gehstrecken nicht mehr in angemessener Zeit überwinden kann. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer aus den Ausführungen von K und den von C erhobenen Befunden. Danach leidet die Klägerin an Schmerzen in allen Gelenken, im Rücken und in den unteren Extremitäten, mit der Folge, dass sie sich nur mit Hilfe eines Stockes und auch dann äußerst langsam (Ki: 1 km/h) fortbewegt. Trotz situativ bedingter Verdeutlichungstendenzen sehen die Sachverständigen das Schmerzerleben der Klägerin als im Wesentlichen glaubhaft an.
Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 10.05.1994, 9 BVs 45/93) darauf hingewiesen, dass die insoweit gleichlautende Vorgängervorschrift zu § 146 Abs. 1 SGB IX eine abschließende Aufzählung der Tatbestände enthalte, aufgrund derer psychisch erkrankten Personen das Merkzeichen "G" zuerkannt werden könne, und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass nach dem Gesetzeswortlaut nur Personen mit Anfallsleiden oder einer Störung der Orientierungsfähigkeit, nicht aber Personen mit sonstigen psychischen Beeinträchtigungen oder Störungen – z.B. Verstimmungen, Antriebsminderung und Angstzuständen – als in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt gelten, ohne dass das Gehvermögen betroffen sei. Diese Rechtsprechung des BSG ist für den vorliegenden Fall deshalb nicht einschlägig, weil bei der Klägerin aufgrund ihrer somatoformen Schmerzstörung das Gehvermögen betroffen ist. Ob Schmerzen beim Gehen durch einen ständigen Reizzustand aufgrund Gelenkverschleiß oder auf eine psychogene Schmerzstörung zurückzuführen sind, macht für die Auswirkung der Behinderung für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft keinen Unterschied.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 193 SGG.
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