S 9 KR 58/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 58/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die bei der Beklagten versicherte Klägerin Anspruch auf Versorgung mit einem für die Benutzung eines mit einem Recarositz ausgestatteten Rollstuhls geeigneten Regencape als Hilfsmittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hat.

Die 1967 geborene Klägerin ist auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen, der mit einem Recarositz ausgestattet ist.

Im November 2001 beantragte sie unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung des praktischen Arztes C vom 08.10.2001 die Versorgung mit einem speziell angefertigten Regencape für Elektrostühle mit Recarositz der Firma S, das sie während der Reha 2001 gesehen hatte. Sie legte einen Kostenvoranschlag der Firma S1 GmbH vom 13.11.2001 vor, demzufolge sich die Kosten für dieses Cape auf 0,00 DM belaufen. Der Kostenvoranschlag enthält den Hinweis: "Es ist der ausdrückliche Wunsch der Familie, dass wir dieses Regencape der Firma S anbieten".

Mit Bescheid vom 19.12.2001 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme mit der Begründung ab, bei dem Regencape handele es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, so dass eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gegeben sei. Dies gelte auch dann, wenn Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens behindertengerecht gestaltet werden. Hiergegen erhob die Klägerin am 09.01.2002 bei der Beklagten Widerspruch und trug vor: Bei dem Regencape für den mit einem Recarositz ausgestatteten Rollstuhl handele es sich nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand. Für Recarositze, die sich üblicherweise im Auto befänden, seien keine geeigneten Schutzbezüge erhältlich. Das Regencape schütze sowohl sie, den Sitz als auch die Steuerung des Elektrorollstuhls, die durch starken Regen beschädigt werden könne. Da sie das Haus auch bei schlechtem Wetter verlassen müsse, sei sie auf die Versorgung mit einem solchen Regencape dringend angewiesen.

In einem erläuternden Schreiben vom 10.10.2001 stellte die Beklagte die Grundsätze der Hilfsmittelversorgung dar und wies darauf hin, dass der Umstand, dass das Regencape wegen der Behinderung bzw. Elektromobilabhängigkeit angeschafft werden solle, nichts an der Tatsache ändere, dass es einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstelle. Dessen Anschaffung falle deshalb in den Eigenverantwortungsbereich der Versicherten, die nach der Rechtsprechung verpflichtet seien, durch eigenverantwortliche Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit beizutragen. Auch soweit durch die Anschaffung von geeigneten Gebrauchsgegenständen zur Vermeidung von krankheitsverursachenden bzw. verschlimmernden Risiken in den verschiedensten Lebensbereichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht oder nur in geringerem Umfang notwendig würden, werde hierdurch kein Anspruch auf Übernahme von Kosten außerhalb von Gesetz und Satzung ausgelöst. Die Klägerin hielt den Widerspruch aufrecht und wies darauf hin, dass das beantragte Regencape ausschließlich für Rollstühle gefertigt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2002 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darstellung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zur Hilfsmittelversorgung sowie der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zurück. In den Gründen führte sie ergänzend aus: Bei der Frage, ob ein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung vorliege, sei allein auf die Zweckbestimmung des Gegenstandes abzustellen, die einerseits aus der Sicht der Hersteller und andererseits aus der Sicht der tatsächlichen Benutzer zu bestimmen sei. Regencapes würden nicht für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen konzipiert und hergestellt. Sie seien vielmehr in jedem Fachgeschäft zu erhalten und würden allgemein im täglichen Leben verwendet. Sie sollten vor Wind und Wetter schützen und die benutzende Person vor Nässe und Kälte bewahren. Regencapes würden deswegen auch nicht nur von kranken oder behinderten Personen benutzt. Es handele sich bei einem Regencape, auch wenn es in diesem Fall besonders gestaltet sei, um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Auch die angeführten Gründe könnten zu keiner anderen Entscheidung führen. Das Regencape diene zwar auch dem Schutz des Rollstuhls, vornehmlich aber dem des Rollstuhlfahrers, und sei von daher der eigenverantwortlichen Gesundheitsvorsorge zuzuordnen.

Die Klägerin hat am 16.05.2002 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, mit der sie an ihrem Begehren unter Wiederholung des bisherigen Sachvortrages festhält. Sie trägt ergänzend vor: Im vorliegenden Fall sei zu beachten, dass das in Rede stehende Regencape speziell für einen mit einem Recarositz versehenen Rollstuhl angefertigt sei, so dass es nicht von nichtbehinderten Menschen benutzt werden könne. Im Vordergrund stehe deshalb die Zubehöreigenschaft des Capes, so dass es als Hilfsmittel einzustufen sei. Da der Rollstuhl ein Hilfsmittel darstelle, könne auch dem eigens für diesen Rollstuhl angefertigten Regencape die Hilfsmitteleigenschaft als Zubehör nicht abgesprochen werden. Dieses Ragencape könne deshalb nicht, wie von der Rechtsprechung verlangt, auch von Gesunden genutzt werden; vielmehr sei es von seiner Konzeption her vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht. Jedenfalls komme dem Regencape eine Doppelfunktion als Hilfsmittel und als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zu, so dass die Beklagte zumindest zu einer anteiligen Kostenübernahme verpflichtet sei.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2002 zu verurteilen, sie mit einem für einen Elektrorollstuhl mit Recarositz geeigneten Regencape der Firma S M, zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verbleibt demgegenüber, gestützt auf das Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 10.09.1999, Az: B 3 KR 1/99 R, bei ihrer in der ablehnenden Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung. Sie trägt vor: Regencapes würden im einschlägigen Fachhandel in verschiedenen Ausführungen und Größen für Fahrräder, Motorräder und auch Rollstühle angeboten, was belege, dass es sich um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele. Dies ändere sich auch nicht dadurch, dass hier ein spezielles Regencape für einen speziellen Rollstuhlsitz und nur von einer Firma in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben werde. Überdies habe der Vertragslieferant darauf hingewiesen, dass es der ausdrückliche Wunsch der Familie der Klägerin gewesen sei, einzig dieses Modell anzubieten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf den Inhalt der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte die Streitsache in Abwesenheit der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, denn sie sind in den ordnungsgemäß zugestellten Terminsladungen auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden. (vgl. hierzu: BSG in SozR § 110 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – Nr. 5)

Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG zugelassene Klage ist nicht begründet. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnt hat, die Kosten für ein rollstuhlgeeignetes Regencape zu übernehmen. Die Klägerin ist hierdurch nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert, denn die Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung, denn hierfür ergeben die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung keine Rechtsgrundlage. Die Beklagte ist demzufolge nicht verpflichtet, die Klägerin zu ihren Lasten mit dem begehrten Regencape als Sachleistung auszustatten.

Nach § 27 Abs. 1 S.2 Nr. 3 iVm § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind ... Die Ausstattung mit Hilfsmitteln muss überdies den in § 12 Abs. 1 SGB V aufgestellten Grundsätzen, die für alle Leistungen des SGB V Geltung haben, entsprechen; d.h. sie muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie darf insbesondere das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen, § 12 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGB V. Das Merkmal der Notwendigkeit grenzt dabei den Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung von dem anderer Sozialleistungsträger ab. Demzufolge muss ein Hilfsmittel grundsätzlich medizinischen Zielen dienen, denn nur insoweit gehört die Hilfsmittelversorgung zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Den Krankenkassen obliegt die Hilfsmittelgewährung jedoch nur im Rahmen der Krankenpflege und der medizinischen Rehabilitation. Dies bedeutet, dass die Krankenkassen zwar einerseits bei der Leistungsgewährung möglichst umfassend den Bedürfnissen der Anspruchsberechtigten Rechnung zu tragen haben, andererseits aber nicht zu solchen Leistungen verpflichtet sind, die nur die Folgen der Behinderung in einem begrenzten Lebensbereich ausgleichen. Das in § 12 Abs. 1 SGB V normierte Wirtschaftlichkeitsgebot stellt eine Grundsatznorm des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit wird zum einen der Inhalt der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt und eingegrenzt; zum anderen regelt es das Spannungsverhältnis zwischen der von der auf die Gesundheit des einzelnen Menschen ausgerichteten Individualmedizin und den finanziellen wirtschaftlichen Grenzen, die von der Belastbarkeit der Beitragszahler und der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft gezogen werden. (vgl. hierzu: Kasseler Komm. zum Sozialversicherungsrecht, Stand 01.08.2000, § 12 SGB V Rndnr. 2)

Der Geltungsbereich des § 12 Abs. 1 SGB V erstreckt sich auf alle in § 11 SGB V genannten Leistungsarten, was zur Folge hat, dass die Wirtschaftlichkeit der Leistung im Sinne des § 12 SGB V bei jeder Prüfung eines Leistungsanspruchs als konkretes Tatbestandsmerkmal geprüft werden muss, soweit die Anspruchsnorm nicht, wie z.B. § 33 SGB V, ohne eine diesbezügliche Regelung enthält. (vgl. hierzu Kasseler Komm., aaO, § 12 SGB Rndnr. 3 mwN) An den ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben der §§ 12 Abs. 1, 33 SGB V muss sich demzufolge auch die von der Klägerin begehrte Versorgung messen lassen. Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen einer Leistungspflicht der Beklagten nicht erfüllt. Das streitgegenständliche Regencape ist nach Auffassung des Gerichts als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Unter diesen Begriff fallen solche Gegenstände, die zum einen für jedermann zugänglich sind und zum anderen allgemeine Verwendung finden; d.h., die üblicherweise von einer großen Anzahl von Personen regelmäßig benutzt werden. Dies ist bei Regencapes unstreitig der Fall, ohne dass dies weiterer Erörterung bedarf. Regencapes können im einschlägigen Fachhandel jederzeit erworben werden, ohne dass es hierzu einer Verordnung bedarf. Für die Mehrzahl der Menschen, unabhängig von Krankheit oder Behinderung, ist ein Regenschutz unentbehrlich, so dass ein Regencape seiner Hauptfunktion nach einem Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt. Dies gilt auch dann, wenn diesem Gegenstand in seiner Nebenfunktion Hilfsmitteleigenschaft zukommen kann. Die Eigenschaft als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens geht insbesondere nicht schon dadurch verloren, dass der betreffende Gegenstand durch gewisse Veränderungen oder durch eine bestimmte Qualität oder Eigenschaft behindertengerecht gestaltet wird. Dies ist nur dann anders zu beurteilen, wenn die behindertengerechte Veränderung nach Art und Ausmaß so umfassend ist, dass der Gegenstand einem dem gleichen Zweck dienenden Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht mehr gleichgestellt werden kann. Das Regencape ist und bleibt aber ein – wenn auch in besonderer Weise – gestalteter Regenschutz. Auch das streitgegenständ-liche Regencape dient – wie ein vergleichbares Kleidungsstück - vornehmlich dem Schutz vor Nässe. Darüber hinaus erleichtert die spezielle Gestaltung des Regencapes die Benutzung eines mit einem Recarositz ausgestatteten Rollstuhls. Der Umstand, dass das hier begehrte Regencape aufgrund seiner besonderen Konstruktion den Besonderheiten eines Recarositzes angepasst ist und zusätzlich den Elektrorollstuhl vor Nässeeinwirkung schützt, ist demgegenüber unbeachtlich, denn im Vordergrund steht der Nässeschutz des Benutzers. Dieser Schutzzweck kann indessen auch mit einem herkömmlichen, konfektionierten Regenschutz erzielt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welche Weise durch dieses spezielle Regencape ein Behinderungsausgleich erreicht wird. Der Rollstuhl ist insbesondere auch ohne ein solches Cape an Regentagen benutzbar. Auch wenn das begehrte Regencape durch seine besondere Gestaltung ausschließlich von Behinderten in sinnvoller Weise genutzt werden kann, geht damit seine Eigenschaft als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht verloren. Insoweit ist das Regencape der Schutzkleidung vergleichbar, die z.B. von Fahrrad- und Motorradfahrern getragen wird. Soweit es sich demnach um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, so kommt diesem keine Hilfsmittelfunktion zu; dies gilt selbst dann, wenn die übrigen Voraussetzungen des Hilfsmittelbegriffs gegeben sind. Insbesondere reicht es nicht aus, dass der allgemeine Gebrauchsgegenstand infolge von Krankheit oder Behinderung erforderlich wird, um ihm Hilfsmitteleigenschaft im Sinne des § 33 SGB V zu verleihen. Der Grund für den Ausschluss allgemeiner Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens aus der Versorgung zu Lasten einer gesetzlichen Krankenversicherung liegt darin, dass die Krankenversicherung nur für die medizinische Rehabilitation zuständig ist, ihre Leistungen damit nur Mittel umfassen, die bestimmungsgemäß die Bekämpfung von Krankheiten und die Milderung ihrer Folgen zum Ziel haben. Dies ist bei den allgemeinen Gebrauchsgegenständen nicht der Fall. So hat das BSG in seinem Urteil vom 22.08.2001, Az.: B 3 P 13/00 R, darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich nicht zu den Aufgaben einer Sozialversicherung gehöre, die Besorgung oder Anschaffung von Gegenständen zu finanzieren, die zum Lebensbedarf oder zu den Kosten der normalen Lebenshaltung gehören. Dass das begehrte Regencape von einem Reha-Hersteller angeboten und als medizinisches Hilfsmittel bezeichnet werde, spielt demgegenüber keine Rolle, weil es nicht auf die Art des Herstellers und den konkreten Vermarktungsweg ankommt. § 33 Abs. 1 S. 2 SGB V schließt die allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens ausdrücklich von der Leistungspflicht einer gesetzlichen Krankenversicherung aus und knüpft insoweit an eine ständige Rechtsprechung an, die Aufwendungen des täglichen Lebens und Gebrauchsgegenstände des privaten Bereichs nicht als Hilfsmittel angesehen hat. Diese Regelung beruht auf dem Leitgedanken, dass die gesetzliche Krankenversicherung grundsätzlich nur für medizinische Mittel einer gezielten Krankheitsbekämpfung aufzukommen hat, nicht aber für solche, die der Eigenverantwortung der Versicherten zuzuordnen sind. Die Anschaffung des für erforderlich gehaltenen Regencapes obliegt demgemäß der Klägerin.

Das begehrte Regencape kann auch nicht als Zubehör für den Elektrostuhl angesehen werden. Gem. § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V umfasst der Anspruch auf Hilfsmittelversorgung zwar auch das nötige Zubehör zu einem Hilfsmittel, d.h. diejenigen Geräte und Gegenstände, die zum Betrieb des Hilfsmittels unentbehrlich sind. Hierunter fallen auch solche Vorrichtungen, die dem Schutz vor Beschädigung und Verlust des Hilfsmittels zu dienen bestimmt sind. An diesen Voraussetzungen fehlt es aber im vorliegenden Fall. Zum einen ist das Regencape nicht für den Betrieb des Rollstuhls unentbehrlich; dieser kann vielmehr auch ohne eine entsprechende Abdeckung bei Nässe benutzt werden. Zum anderen handelt es sich bei dem Regencape seinem Sinn und Zweck nach nicht primär um eine Schutzmaßnahme gegen Beschädigungen des Rollstuhls; es soll vielmehr – im Gegensatz zu eine Abdeckhaube – vornehmlich den Schutz des Benutzers bewirken. Der damit gleichzeitig verbundene Schutz des Rollstuhls vor Nässeeinwirkung stellt lediglich einen Nebeneffekt dar, der indessen nicht die Annahme der Zubehöreigenschaft eines Regencapes zu einem Rollstuhl zu begründen vermag. Im übrigen gehört auch die notwendige ordnungsgemäße Pflege des Hilfsmittels, wovon auch der Schutz vor Beschädigung umfasst wird, in die Eigenverantwortung des Benutzers.

Die Klägerin kann sich demgegenüber auch nicht mit Erfolg auf einen verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch auf Ausgleich sämtlicher durch ihre Behinderung entstehenden Mehrkosten berufen.

Da der Gesetzgeber von Verfassungswegen nicht gehindert ist, einzelne Leistungen oder Leistungsarten vom Versorgungsauftrag der Krankenkassen auszuschließen und sie der Eigenverantwortung der Versicherten zu überlassen, hat er verfassungsrechtliche Grenzen bei der in § 33 SGB V geregelten Hilfsmittelversorgung nicht überschritten. Sein weiter Gestaltungsspielraum wird regelmäßig auch nicht dadurch eingeengt, dass es im Einzelfall zu ausgeschlossenen Leistungen keine oder keine gleich wirksame Alternative gibt. Der Ausschluss von allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens aus der Hilfsmittelversorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verstößt deshalb auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte einer höheren Kostenbelastung nicht gegen die Verfasssung. Die Verpflichtung des Staates, Leben und körperliche Unversehrtheit des Einzelnen zu schützen, zwingt den Gesetzgeber nicht, im Rahmen der Krankenversicherung bestimmte Gesundheitsleistungen zur Verfügung zu stellen. Er kann im Interesse der Funktionsfähigkeit oder der Finanzierbarkeit der Krankenversicherung anordnen, dass bestimmte Leistungen von den Krankenkassen nicht zu erbringen sind, auch wenn die verbleibenden Möglichkeiten für den Versicherten mit höheren Belastungen oder sonstigen Nachteilen verbunden sind. Es hat deshalb dabei zu verbleiben, dass der Anspruch der Klägerin auf einen Behinderungsausgleich auf solche Hilfsmittel beschränkt ist, die nicht als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind.

Die Beklagte ist nach alledem nicht verpflichtet, die Klägerin mit dem begehrten Regencape zu versorgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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