Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 134/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 81/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 03.06.1975 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vH zu gewähren.
Der am 1952 geborene Kläger lebte bis zum 25.03.1986 in der früheren DDR und übersiedelte dann in die Bundesrepublik Deutschland. Am 27.09.1987 machte er Unfälle geltend, die er in der DDR am 23.08.1973, 03.06.1975 und 20.03.1976 erlitten hatte.
Beim ersten Unfall, den der Kläger während seiner Dienstzeit bei der Nationalen Volksarmee (NVA) im Rahmen des Dienstsports (Fußballspiel) erlitten hatte, war es zu einer Meniskusschädigung im Bereich des rechten Knies gekommen. Wegen der Entschädigung dieses Unfalls führte der Kläger einen Rechtstreit vor dem Sozialgericht (SG) Regensburg, welches mit Urteil vom 25.10.1994 zwar die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung abwies, jedoch den in diesem Verfahren beigeladenen Freistaat Bayern verurteilte, eine Kniegelenksinstabilität rechts als Folge der Wehrdienstbeschädigung vom 23.08.1973 anzuerkennen und zu entschädigen. In Ausführung dieses Urteils gewährte das Amt für Versorgung und Familienförderung (AVF) Regensburg dem Kläger im Wege des Härteausgleichs Rente nach einer MdE um 25 vH.
Den dritten Unfall erlitt der Kläger am 20.03.1976 beim Bau seines Eigenheims. Die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung erkannte mit Bescheid vom 08.05.1999 als Folge davon einen Zustand nach folgenlos abgeheiltem, handgelenksnahem Speichenbruch links an; eine MdE meßbaren Grades sei hiervon nicht zurückgeblieben.
Den streitgegenständlichen Unfall erlitt der Kläger am 03.06.1975. Als Motorradfahrer wurde er auf seinem versicherten Heimweg von einem LKW erfaßt. Er wurde in der Zeit vom 03.06. bis 17.06.1975 im Kreiskrankenhaus M. behandelt. Als Diagnose nannten die dortigen Ärzte eine Rißwunde des rechten Unterarms, eine Fraktur der Basis des zweiten und dritten Mittelfußknochens rechts, eine Infraktion am inneren Knöchel rechts sowie einen traumatischen Schock. Die Beklagte bat den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), ihr die medizinischen Unterlagen zu den drei Unfällen zu übersenden. Sie erhielt Gutachten der Kreisgutachtensstelle vom 05.01.1977 zum Unfall vom 03.06.1975 und vom 12.04.1978 zu den Unfällen vom 23.08.1973 und 26.03.1976. Im letzteren Gutachten wird u.a. ein ausgeprägtes Schubladenphänomen und beidseits arthrotisches Patellareiben beschrieben. Das Gutachten vom 05.01.1977 enthält keine Befunde, die das Kniegelenk betreffen würden. Der FDGB übersandte zudem Berichte der Kreispoliklinik M. vom 03.01.1978 und des Bezirkskrankenhauses K. vom 09.01.1979. Die Beklagte teilte dem Kläger am 29.05.1989 mit, seine Erwerbsfähigkeit werde durch Unfallfolgen lediglich um 10 vH gemindert. Ein Anspruch auf eine Verletztenrente bestehe daher nicht, zumal die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung mit Bescheid vom 08.05.1989 festgestellt habe, dass der Unfall vom 20.03.1976 zu keiner Erwerbsminderung geführt habe.
Auf den Ausführungsbescheid des AVF Regensburg vom 14.03.1995, mit dem dem Kläger wegen der Wehrdienstbeschädigung vom 23.08.1973 Rente nach einer MdE um 25 vH gewährt wurde, erteilte die Beklagte dem Kläger, nachdem sie ein Gutachten des Chirurgen Dr.T. eingeholt hatte, am 20.10.1999 einen neuen Bescheid bezüglich seines Unfalls vom 03.06.1975. Darin stellte sie fest, sie gewähre ab dem 25.03.1986 wegen der Folgen der knöchern stabil verheilten Brüche des Innenknöchels und der Mittelfußknochen II und III am rechten Bein Rente nach einer MdE um 10 vH i. S. einer Stützrente. Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem der Kläger eine höhere Entschädigung begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.04.2000).
Dagegen hat der Kläger beim SG Regensburg Klage erhoben und begehrt, die Beklagte möge ihm Rente nach einer MdE um 25 vH gewähren. Das SG hat die einschlägigen medizinischen Unterlagen, darunter die kompletten Krankenblätter des Kreiskrankenhauses M. - früher Kreiskrankenhaus M. - über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 03.06.1975 bis 17.06.1975 beigezogen und den Orthopäden Dr.G. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat am 26.02.2001 ausgeführt, bei dem Unfall habe sich der Kläger einen unverschobenen Bruch des inneren Knöchels rechts, eine sogenannte Infraktion, und Brüche der Basen des zweiten und dritten Mittelfußes rechts sowie eine Rißwunde am rechten Unterarm zugezogen. Die Unfallfolgen hätten zu einer leichten Bewegungseinschränkung des rechten oberen und unteren Sprunggelenks und zu einer leichten rechtsbetonten arthrotischen Veränderung an den Tarsomethatarsalgelenken III und IV rechts geführt. Bei der jetzigen Untersuchung zeige sich eine geringe Einschränkung des Hebens und Senkens des rechten Fußes mit einer Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit des unteren Sprunggelenks um ein Viertel. Die früheren gutachterlichen Untersuchungen hätten diesbezüglich unterschiedliche Meßdaten genannt, welche auf einer methodischen Fehlermeßbreite beruhen müßten. Denn es sei nicht erklärbar, dass sich die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks bei der Art der stattgehabten Verletzung im Laufe vieler Jahre gebessert habe. Funktionelle Auswirkungen bezüglich des Vorfußes seien trotz der röntgenologisch zu erkennenden arthrotischen Veränderungen am Mittelfußknochen III und IV rechts nicht zu erkennen. In der unfallmedizinischen Literatur werde die völlige Versteifung des oberen Sprunggelenks einhellig mit einer MdE um 20 vH eingestuft. Im Vergleich dazu bestehe beim Kläger lediglich eine leichte Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks, so dass hierfür nur eine MdE unter 10 vH in Betracht komme. Die vom Kläger angegebenen Schmerzen am rechten Kniegelenk stünden nicht mit dem Unfall vom 03.06.1975 in Zusammenhang. Insoweit seien die gut dokumentierten Erstbefunde im Kreiskrankenhaus M. von besonderer Bedeutung. Verletzungszeichen am rechten Knie seien dort nicht beschrieben worden; aus den Krankenblättern gehe eindeutig hervor, dass nur ein Unterschenkelgipsverband angelegt und der Kläger mit einem Unterschenkelgehgips entlassen worden sei. Seinen früheren Antrag, einen Gutachter nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beauftragen, hat der Kläger nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die von ihm genannten Sachverständigen Dr.S. bzw. Dr.V. es abgelehnt hatten, ein Gutachten zu erstatten.
Mit Urteil vom 18.02.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.G. gestützt. Den erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, Dr.E. nach § 109 SGG zu beauftragen, hat es als verspätet angesehen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat diese damit begründet, ein nach § 109 SGG durch Dr.S. einzuholendes Gutachten werde ein anderes Ergebnis liefern. Nach Hinweis des Senats, dass zwar ein Antrag nach § 109 SGG möglich sei, aber Dr.S. schon in erster Instanz eine Begutachtung abgelehnt habe, hat der Kläger Dr.S. , Chefarzt der Klinik R. B. benannt. In seinem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG erstatteten Gutachten vom 16.02.2003 hat Dr.S. ausgeführt, bei dem Unfall vom 03.06.1975 habe sich der Kläger einen Bruch des Innenknöchels rechts und Brüche der Basis des II. und III. Mittelfuß- bzw. Fußwurzelknochens zugezogen. Eine Sekundärarthrose des rechten Sprunggelenks und der rechten Mittelfuß- bzw. Fußwurzelgelenke seien i.S. einer dauernden Verschlimmerung hinzugekommen. Theoretisch sei es denkbar, dass es bei dem Unfall vom 03.06.1975 auch zu einer vorderen Kreuzbandruptur und als Folge der davon ausgehenden Fehlstatik bzw. Überbelastung zu einer Schädigung des rechten Knies und der rechten Hüfte gekommen sei; aufgrund der mangelhaften Beweislage anhand der vorhandenen medizinischen Unterlagen sei aber kein Vollbeweis für eine Kniegelenksschädigung zu führen. Ebenso viel spreche für eine Auslösung durch den Unfall vom 23.08.1973 oder vom 20.03.1976. Seit dem 25.03.1986 bestünden primäre posttraumatische sekundärarthrotische Prozesse im rechten Sprunggelenk und Fußwurzelbereich. Hinzu kämen durch fehlstatische Prozesse im rechten Kniegelenk und im Hüftbereich infolge jahrelanger Überlastung der rechten Extremität verursachte Schäden bei posttraumatischer alter vorderer Kreuzbandverletzung. Zwar bedinge erst eine Versteifung des oberen Sprunggelenks eine MdE um 20 vH, jedoch rechtfertige sich bei Addition sämtlicher vorerwähnter Einschränkungen der Gelenke der rechten Extremität sekundär mit zusätzlichem Schmerzsyndrom eine MdE von 30 vH; eine Einsteifung bereite nämlich keine Schmerzen. Dazu hat die Beklagte Stellung genommen. Sie hat sich auf die Auffassung ihres Beratungsarztes Dr.K. bezogen, der im wesentlichen rügte, Dr.S. habe in seiner MdE-Beurteilung nicht zwischen unfallbedingten und anderen Veränderungen unterschieden; er habe eine ganzheitliche Betrachtung vorgenommen, wie sie zwar für die Therapie nützlich sei, jedoch im Rahmen einer Begutachtung des ursächlichen Zusammenhangs zu unzutreffenden Ergebnissen führen müsse. Am 18.03.2003 hat der Kläger eingewandt, die Jahreszahlenangaben auf Seite 16 unten des Gutachtens von Dr.S. seien richtig zu stellen; die Meniskusoperationen hätten 1973 und 1974 stattgefunden und das Instabilitätsgefühl habe sich schon nach dem Unfall von 1975 und nicht erst nach dem von 1976 eingestellt. In Konsequenz der richtigen zeitlichen Einordnung ergebe sich, dass die Verletzungen an der Hüfte sowie die Kniegelenksschädigung eindeutig dem Unfall vom 03.06.1975 zuzurechnen seien. Schließlich habe er nach dem Unfall von 1973 und nach den Knieoperationenn in einer Mannschaft der Bezirksklassse Fußball spielen können. Das habe sich erst nach dem Ereignis von 1975 geändert.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2002 sowie des Bescheids vom 20.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2000 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 25 vH wegen der Folgen seines Unfalls vom 03.06.1975 zu gewähren; hilfsweise dem Sachverständigen Dr.S. seinen Schriftsatz vom 18.03.2003 zuzuleiten und ihn zu einer Stellungnahme zu den darin enthaltenen Richtigstellungen zu veranlassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2002 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gem. § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Zutreffend hat das SG bereits entschieden und die Gründe hierfür in den Entscheidungsgründen dargestellt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Folgen seines Arbeitsunfalls vom 03.06.1975 nicht um mehr als 10 vH gemindert wird. Dies hat das SG dem in seinem Auftrag erstatteten Gutachten des Orthopäden Dr.G. entnommen. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG insoweit auf die Gründe des Ersturteils Bezug.
Das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten von Dr.S. vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Zutreffend weist die Beklagte insoweit daraufhin, dass der Sachverständige in seiner zusammenfassenden Beurteilung der Unfallfolgen und der dadurch verursachten MdE nicht zwischen unfallbedingten und anderen Gesundheitsstörungen unterscheidet. Seiner ganzheitlichen Betrachtungsweise vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Er hält das Gutachten von Dr.S. insoweit für unschlüssig. Dr.S. unterscheidet nicht hinsichtlich der verschiedenen Unfälle und er erklärt nicht, inwieweit die angebliche Überlastung der rechten Extremität auf den Unfall vom 03.06.1975 zurückzuführen ist; er vermengt die Folgen des vorherigen und des nachfolgenden Unfalls. Ausdrücklich hält er es auch für möglich, dass der spätere Unfall von 1976, bei dem es nach den Erstbefunden zu einer Knieprellung gekommen war, zu dem jetzigen Zustand geführt hat, was als Nachschaden nicht relevant ist. Eine Entscheidungsgrundlage kann der Senat dem Gutachten von Dr.S. daher nicht entnehmen. Der Kläger hat somit keinen Anspruch gem. der hier noch anzuwendenden §§ 550, 580, 581 Reichsversicherungsordnung auf eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 10 vH wegen der Folgen seines Unfall vom 03.06.1975. Seine Berufung gegen das Urteil des SG Regensburg vom 18.02.2002 war zurückzuweisen.
Dem Hilfsantrag des Klägers, Dr.S. zu seinen Einwänden im Schreiben vom 18.03.2003 zu hören, brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Im Wesentlichen fasst der Kläger darin seine Unfall- und Beschwerdeschilderung, wie er sei auch gegenüber Dr.S. vorgebacht hat, nochmals zusammen. Er betont, er sei nach den Meniskusoperationen 1973 und 1974 beschwerdefrei gewesen und habe sogar wieder Fußballspielen können. Nach dem Unfall im Jahre 1975 und nicht erst nach dem Unfall von 1976 hätten sich Kniegelenksschmerzen eingestellt. Er folgert daraus, dass nur der Unfall vom 03.06.1975 Ursache für seine heutigen Beschwerden im Bereich der rechten unteren Extremität sein könne. Der Senat hat Dr.S. zu diesem Vorbringen deshalb nicht gehört, weil seinem Gutachten zu entnehmen ist, dass ihm eben dieser Vortrag des Klägers bekannt war, denn er gibt diesen nahezu identisch auf Seite 4 seines Gutachtens wieder. Als Zeitpunkt der Meniskusoperationen nennt er 11/1973 und 1974, was den Angaben des Klägers im Schreiben vom 18.03.2003 entspricht. Es ist daher nicht ersichtlich, welchen Einfluss die vom Kläger angeregte Stellungnahme auf den Ausgang des Verfahrens bzw. auf die Meinungsbildung des Gutachters haben könnte. Vorsorglich weist der Senat daraufhin, dass die Daten, die Dr.S. auf Seite 16 unten seines Gutachtens nennt und die der Kläger beanstandet, nicht solche Daten sind, die er für richtig oder erwiesen hält, sondern Daten sind, die dem Gutachten des Prof.Dr.G. vom 05.08.1988 entstammen und die Dr.S. nur zitiert. Dem Hilfsantrag war daher nicht zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 03.06.1975 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vH zu gewähren.
Der am 1952 geborene Kläger lebte bis zum 25.03.1986 in der früheren DDR und übersiedelte dann in die Bundesrepublik Deutschland. Am 27.09.1987 machte er Unfälle geltend, die er in der DDR am 23.08.1973, 03.06.1975 und 20.03.1976 erlitten hatte.
Beim ersten Unfall, den der Kläger während seiner Dienstzeit bei der Nationalen Volksarmee (NVA) im Rahmen des Dienstsports (Fußballspiel) erlitten hatte, war es zu einer Meniskusschädigung im Bereich des rechten Knies gekommen. Wegen der Entschädigung dieses Unfalls führte der Kläger einen Rechtstreit vor dem Sozialgericht (SG) Regensburg, welches mit Urteil vom 25.10.1994 zwar die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung abwies, jedoch den in diesem Verfahren beigeladenen Freistaat Bayern verurteilte, eine Kniegelenksinstabilität rechts als Folge der Wehrdienstbeschädigung vom 23.08.1973 anzuerkennen und zu entschädigen. In Ausführung dieses Urteils gewährte das Amt für Versorgung und Familienförderung (AVF) Regensburg dem Kläger im Wege des Härteausgleichs Rente nach einer MdE um 25 vH.
Den dritten Unfall erlitt der Kläger am 20.03.1976 beim Bau seines Eigenheims. Die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung erkannte mit Bescheid vom 08.05.1999 als Folge davon einen Zustand nach folgenlos abgeheiltem, handgelenksnahem Speichenbruch links an; eine MdE meßbaren Grades sei hiervon nicht zurückgeblieben.
Den streitgegenständlichen Unfall erlitt der Kläger am 03.06.1975. Als Motorradfahrer wurde er auf seinem versicherten Heimweg von einem LKW erfaßt. Er wurde in der Zeit vom 03.06. bis 17.06.1975 im Kreiskrankenhaus M. behandelt. Als Diagnose nannten die dortigen Ärzte eine Rißwunde des rechten Unterarms, eine Fraktur der Basis des zweiten und dritten Mittelfußknochens rechts, eine Infraktion am inneren Knöchel rechts sowie einen traumatischen Schock. Die Beklagte bat den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), ihr die medizinischen Unterlagen zu den drei Unfällen zu übersenden. Sie erhielt Gutachten der Kreisgutachtensstelle vom 05.01.1977 zum Unfall vom 03.06.1975 und vom 12.04.1978 zu den Unfällen vom 23.08.1973 und 26.03.1976. Im letzteren Gutachten wird u.a. ein ausgeprägtes Schubladenphänomen und beidseits arthrotisches Patellareiben beschrieben. Das Gutachten vom 05.01.1977 enthält keine Befunde, die das Kniegelenk betreffen würden. Der FDGB übersandte zudem Berichte der Kreispoliklinik M. vom 03.01.1978 und des Bezirkskrankenhauses K. vom 09.01.1979. Die Beklagte teilte dem Kläger am 29.05.1989 mit, seine Erwerbsfähigkeit werde durch Unfallfolgen lediglich um 10 vH gemindert. Ein Anspruch auf eine Verletztenrente bestehe daher nicht, zumal die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung mit Bescheid vom 08.05.1989 festgestellt habe, dass der Unfall vom 20.03.1976 zu keiner Erwerbsminderung geführt habe.
Auf den Ausführungsbescheid des AVF Regensburg vom 14.03.1995, mit dem dem Kläger wegen der Wehrdienstbeschädigung vom 23.08.1973 Rente nach einer MdE um 25 vH gewährt wurde, erteilte die Beklagte dem Kläger, nachdem sie ein Gutachten des Chirurgen Dr.T. eingeholt hatte, am 20.10.1999 einen neuen Bescheid bezüglich seines Unfalls vom 03.06.1975. Darin stellte sie fest, sie gewähre ab dem 25.03.1986 wegen der Folgen der knöchern stabil verheilten Brüche des Innenknöchels und der Mittelfußknochen II und III am rechten Bein Rente nach einer MdE um 10 vH i. S. einer Stützrente. Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem der Kläger eine höhere Entschädigung begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.04.2000).
Dagegen hat der Kläger beim SG Regensburg Klage erhoben und begehrt, die Beklagte möge ihm Rente nach einer MdE um 25 vH gewähren. Das SG hat die einschlägigen medizinischen Unterlagen, darunter die kompletten Krankenblätter des Kreiskrankenhauses M. - früher Kreiskrankenhaus M. - über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 03.06.1975 bis 17.06.1975 beigezogen und den Orthopäden Dr.G. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat am 26.02.2001 ausgeführt, bei dem Unfall habe sich der Kläger einen unverschobenen Bruch des inneren Knöchels rechts, eine sogenannte Infraktion, und Brüche der Basen des zweiten und dritten Mittelfußes rechts sowie eine Rißwunde am rechten Unterarm zugezogen. Die Unfallfolgen hätten zu einer leichten Bewegungseinschränkung des rechten oberen und unteren Sprunggelenks und zu einer leichten rechtsbetonten arthrotischen Veränderung an den Tarsomethatarsalgelenken III und IV rechts geführt. Bei der jetzigen Untersuchung zeige sich eine geringe Einschränkung des Hebens und Senkens des rechten Fußes mit einer Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit des unteren Sprunggelenks um ein Viertel. Die früheren gutachterlichen Untersuchungen hätten diesbezüglich unterschiedliche Meßdaten genannt, welche auf einer methodischen Fehlermeßbreite beruhen müßten. Denn es sei nicht erklärbar, dass sich die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks bei der Art der stattgehabten Verletzung im Laufe vieler Jahre gebessert habe. Funktionelle Auswirkungen bezüglich des Vorfußes seien trotz der röntgenologisch zu erkennenden arthrotischen Veränderungen am Mittelfußknochen III und IV rechts nicht zu erkennen. In der unfallmedizinischen Literatur werde die völlige Versteifung des oberen Sprunggelenks einhellig mit einer MdE um 20 vH eingestuft. Im Vergleich dazu bestehe beim Kläger lediglich eine leichte Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks, so dass hierfür nur eine MdE unter 10 vH in Betracht komme. Die vom Kläger angegebenen Schmerzen am rechten Kniegelenk stünden nicht mit dem Unfall vom 03.06.1975 in Zusammenhang. Insoweit seien die gut dokumentierten Erstbefunde im Kreiskrankenhaus M. von besonderer Bedeutung. Verletzungszeichen am rechten Knie seien dort nicht beschrieben worden; aus den Krankenblättern gehe eindeutig hervor, dass nur ein Unterschenkelgipsverband angelegt und der Kläger mit einem Unterschenkelgehgips entlassen worden sei. Seinen früheren Antrag, einen Gutachter nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beauftragen, hat der Kläger nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die von ihm genannten Sachverständigen Dr.S. bzw. Dr.V. es abgelehnt hatten, ein Gutachten zu erstatten.
Mit Urteil vom 18.02.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.G. gestützt. Den erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, Dr.E. nach § 109 SGG zu beauftragen, hat es als verspätet angesehen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat diese damit begründet, ein nach § 109 SGG durch Dr.S. einzuholendes Gutachten werde ein anderes Ergebnis liefern. Nach Hinweis des Senats, dass zwar ein Antrag nach § 109 SGG möglich sei, aber Dr.S. schon in erster Instanz eine Begutachtung abgelehnt habe, hat der Kläger Dr.S. , Chefarzt der Klinik R. B. benannt. In seinem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG erstatteten Gutachten vom 16.02.2003 hat Dr.S. ausgeführt, bei dem Unfall vom 03.06.1975 habe sich der Kläger einen Bruch des Innenknöchels rechts und Brüche der Basis des II. und III. Mittelfuß- bzw. Fußwurzelknochens zugezogen. Eine Sekundärarthrose des rechten Sprunggelenks und der rechten Mittelfuß- bzw. Fußwurzelgelenke seien i.S. einer dauernden Verschlimmerung hinzugekommen. Theoretisch sei es denkbar, dass es bei dem Unfall vom 03.06.1975 auch zu einer vorderen Kreuzbandruptur und als Folge der davon ausgehenden Fehlstatik bzw. Überbelastung zu einer Schädigung des rechten Knies und der rechten Hüfte gekommen sei; aufgrund der mangelhaften Beweislage anhand der vorhandenen medizinischen Unterlagen sei aber kein Vollbeweis für eine Kniegelenksschädigung zu führen. Ebenso viel spreche für eine Auslösung durch den Unfall vom 23.08.1973 oder vom 20.03.1976. Seit dem 25.03.1986 bestünden primäre posttraumatische sekundärarthrotische Prozesse im rechten Sprunggelenk und Fußwurzelbereich. Hinzu kämen durch fehlstatische Prozesse im rechten Kniegelenk und im Hüftbereich infolge jahrelanger Überlastung der rechten Extremität verursachte Schäden bei posttraumatischer alter vorderer Kreuzbandverletzung. Zwar bedinge erst eine Versteifung des oberen Sprunggelenks eine MdE um 20 vH, jedoch rechtfertige sich bei Addition sämtlicher vorerwähnter Einschränkungen der Gelenke der rechten Extremität sekundär mit zusätzlichem Schmerzsyndrom eine MdE von 30 vH; eine Einsteifung bereite nämlich keine Schmerzen. Dazu hat die Beklagte Stellung genommen. Sie hat sich auf die Auffassung ihres Beratungsarztes Dr.K. bezogen, der im wesentlichen rügte, Dr.S. habe in seiner MdE-Beurteilung nicht zwischen unfallbedingten und anderen Veränderungen unterschieden; er habe eine ganzheitliche Betrachtung vorgenommen, wie sie zwar für die Therapie nützlich sei, jedoch im Rahmen einer Begutachtung des ursächlichen Zusammenhangs zu unzutreffenden Ergebnissen führen müsse. Am 18.03.2003 hat der Kläger eingewandt, die Jahreszahlenangaben auf Seite 16 unten des Gutachtens von Dr.S. seien richtig zu stellen; die Meniskusoperationen hätten 1973 und 1974 stattgefunden und das Instabilitätsgefühl habe sich schon nach dem Unfall von 1975 und nicht erst nach dem von 1976 eingestellt. In Konsequenz der richtigen zeitlichen Einordnung ergebe sich, dass die Verletzungen an der Hüfte sowie die Kniegelenksschädigung eindeutig dem Unfall vom 03.06.1975 zuzurechnen seien. Schließlich habe er nach dem Unfall von 1973 und nach den Knieoperationenn in einer Mannschaft der Bezirksklassse Fußball spielen können. Das habe sich erst nach dem Ereignis von 1975 geändert.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2002 sowie des Bescheids vom 20.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2000 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 25 vH wegen der Folgen seines Unfalls vom 03.06.1975 zu gewähren; hilfsweise dem Sachverständigen Dr.S. seinen Schriftsatz vom 18.03.2003 zuzuleiten und ihn zu einer Stellungnahme zu den darin enthaltenen Richtigstellungen zu veranlassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2002 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gem. § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Zutreffend hat das SG bereits entschieden und die Gründe hierfür in den Entscheidungsgründen dargestellt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Folgen seines Arbeitsunfalls vom 03.06.1975 nicht um mehr als 10 vH gemindert wird. Dies hat das SG dem in seinem Auftrag erstatteten Gutachten des Orthopäden Dr.G. entnommen. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG insoweit auf die Gründe des Ersturteils Bezug.
Das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten von Dr.S. vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Zutreffend weist die Beklagte insoweit daraufhin, dass der Sachverständige in seiner zusammenfassenden Beurteilung der Unfallfolgen und der dadurch verursachten MdE nicht zwischen unfallbedingten und anderen Gesundheitsstörungen unterscheidet. Seiner ganzheitlichen Betrachtungsweise vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Er hält das Gutachten von Dr.S. insoweit für unschlüssig. Dr.S. unterscheidet nicht hinsichtlich der verschiedenen Unfälle und er erklärt nicht, inwieweit die angebliche Überlastung der rechten Extremität auf den Unfall vom 03.06.1975 zurückzuführen ist; er vermengt die Folgen des vorherigen und des nachfolgenden Unfalls. Ausdrücklich hält er es auch für möglich, dass der spätere Unfall von 1976, bei dem es nach den Erstbefunden zu einer Knieprellung gekommen war, zu dem jetzigen Zustand geführt hat, was als Nachschaden nicht relevant ist. Eine Entscheidungsgrundlage kann der Senat dem Gutachten von Dr.S. daher nicht entnehmen. Der Kläger hat somit keinen Anspruch gem. der hier noch anzuwendenden §§ 550, 580, 581 Reichsversicherungsordnung auf eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 10 vH wegen der Folgen seines Unfall vom 03.06.1975. Seine Berufung gegen das Urteil des SG Regensburg vom 18.02.2002 war zurückzuweisen.
Dem Hilfsantrag des Klägers, Dr.S. zu seinen Einwänden im Schreiben vom 18.03.2003 zu hören, brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Im Wesentlichen fasst der Kläger darin seine Unfall- und Beschwerdeschilderung, wie er sei auch gegenüber Dr.S. vorgebacht hat, nochmals zusammen. Er betont, er sei nach den Meniskusoperationen 1973 und 1974 beschwerdefrei gewesen und habe sogar wieder Fußballspielen können. Nach dem Unfall im Jahre 1975 und nicht erst nach dem Unfall von 1976 hätten sich Kniegelenksschmerzen eingestellt. Er folgert daraus, dass nur der Unfall vom 03.06.1975 Ursache für seine heutigen Beschwerden im Bereich der rechten unteren Extremität sein könne. Der Senat hat Dr.S. zu diesem Vorbringen deshalb nicht gehört, weil seinem Gutachten zu entnehmen ist, dass ihm eben dieser Vortrag des Klägers bekannt war, denn er gibt diesen nahezu identisch auf Seite 4 seines Gutachtens wieder. Als Zeitpunkt der Meniskusoperationen nennt er 11/1973 und 1974, was den Angaben des Klägers im Schreiben vom 18.03.2003 entspricht. Es ist daher nicht ersichtlich, welchen Einfluss die vom Kläger angeregte Stellungnahme auf den Ausgang des Verfahrens bzw. auf die Meinungsbildung des Gutachters haben könnte. Vorsorglich weist der Senat daraufhin, dass die Daten, die Dr.S. auf Seite 16 unten seines Gutachtens nennt und die der Kläger beanstandet, nicht solche Daten sind, die er für richtig oder erwiesen hält, sondern Daten sind, die dem Gutachten des Prof.Dr.G. vom 05.08.1988 entstammen und die Dr.S. nur zitiert. Dem Hilfsantrag war daher nicht zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved