Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 707/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 31/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht nach
§ 229 a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der im Jahr 1945 geborene Kläger absolvierte in den Jahren 1964 bis 1965 zunächst eine Ausbildung als Chemiefacharbeiter und im Anschluss ein Studium der Zahnmedizin, welches er im Jahr 1971 mit der Approbation als Zahnarzt abschloss. Im Jahr 1976 wurde der Kläger als Fachzahnarzt für allgemeine Stomatologie anerkannt. In der Zeit vom 1. September 1971 bis zum 30. Juni 1990 war der Kläger als Zahnarzt bei den Landambulatorien B und N tätig. Seit dem 1. Januar 1991 hat sich der Kläger als selbständiger Zahnarzt niedergelassen.
Im Rahmen der Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige stellte die Beklagte aufgrund der Angaben des Klägers fest, dass dieser aufgrund seiner seit dem 1. Januar 1991 ausgeübten selbständigen Tätigkeit gemäß § 10 Sozialversicherungsgesetz (SVG DDR) in Verbindung mit § 229 a SGB VI kraft Gesetzes versicherungspflichtig sei. Die Beklagte erließ daher am 14. Januar 2003 einen Bescheid, mit welchem sie feststellte, es habe in der Zeit vom 1. 1. 1992 – 30. 11. 1997 zwar Versicherungspflicht bestanden, da aber die Beiträge für diese Zeit bereits verjährt seien, könnten diese auch nicht mehr wirksam gezahlt werden. Für Zeiten ab dem 1. 12. 1997 sei Verjährung noch nicht eingetreten, so dass die Beiträge noch zu zahlen seien. In einem weiteren Bescheid gleichen Datums wiederholte die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht und machte für Zeiten vom 1. 12. 1997 – 31. 1. 2003 eine Forderung von 23 016, 93 EUR auf.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, dass er sich seiner Erinnerung nach in der korrekten Frist vor über zehn Jahren rechtzeitig "von der BfA befreit habe". Im Übrigen habe er auch an das Versorgungswerk der Zahnärzte keine Beiträge geleistet, weil er sich auch hier habe befreien lassen. Dass der Befreiungsantrag wirksam erfolgt sei, zeige sich neben einer Bestätigung des Befreiungsantrags durch die Beklagte auch daran, dass diese den letzten Beitrag im Dezember 1990 erhalten und danach keine weiteren Beiträge erhoben habe. Spätestens in den Folgejahren bis 1994 hätte der Beklagten auffallen müssen, dass keine weiteren Beiträge gezahlt worden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 30. Juni 2003 zurück, da keine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI eingetreten sei und führte zur Begründung aus: Personen, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hätten (§ 10 SVG DDR), wozu neben Arbeitern und Angestellten auch alle Selbständigen und deren mitarbeitende Ehegatten gehört hätten, seien im Gebiet der ehemaligen DDR nahezu ausnahmslos versicherungspflichtig gewesen. Bei dieser Rechtslage verbleibe es nach § 229 a Abs. 1 SGB VI über den 31. Dezember 1991 hinaus, es sei denn, der selbstständig Tätige habe die Versicherungspflicht durch einen entsprechenden, beim Rentenversicherungsträger bis zum 31. Dezember 1994 zu stellenden Antrag beendet. Die Regelung des § 10 SVG DDR gelte für alle Selbständigen weiter, die vor dem 1. August 1991 ihre selbständige Tätigkeit aufgenommen hätten, also auch für den Kläger.
Soweit der Kläger vortrage, dass er sich von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung habe befreien lassen, könne dies nicht bestätigt werden. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei im Bereich der Beklagten nicht zu verzeichnen, auch sei kein entsprechender Antrag des Klägers eingegangen. Der Kläger habe auch auf entsprechende Nachfragen keine Nachweise über die Befreiung beigebracht. Nach dem Grundsatz der
objektiven Beweislast treffe den Kläger der Umstand der fehlenden Nachweislichkeit. Es seien daher für die noch nicht verjährten Zeiträume ab dem 1. Dezember 1997 die Beiträge nachzufordern. Der Umstand, dass der Kläger beim Versorgungswerk der Zahnärzte aufgrund einer Befreiung keine Beiträge leiste, sei bei der Beurteilung der Rentenversicherungsangelegenheit unmaßgeblich.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 25. August 2003 Klage bei dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben und zur Begründung vortragen lassen, dass er bereits Anfang 1992 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt habe. Die Vorlage des Antrags sei ihm aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Aktenvernichtung nicht mehr möglich, jedoch sei die Antragstellung durch eine Eingangsbestätigung durch die Beklagte wie auch aufgrund der Tatsache, dass der Kläger im Jahr 1992 über den Finanzdienstleister eine Lebensversicherung als anderweitiger Altersvorsorge abgeschlossen habe, bestätigt. Soweit die Beklagte vortrage, einen Befreiungsantrag nicht erhalten zu haben, stehe dem die Tatsache entgegen, dass sie sich erstmals nach mehr als zehn Jahren mit Schreiben vom 17. Oktober 2002 zwecks Prüfung einer bestehenden Versicherungspflicht an den Kläger gewandt habe. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass es im Hinblick auf den erheblichen Zeitablauf seines Antragsschreibens nicht mehr bedurft habe. Wenn aber kein Befreiungsantrag gestellt worden wäre, so hätte die Beklagte wohl die fälligen Beiträge angemahnt und nicht bis zur Verjährung der bis einschließlich des Jahres 1997 zu leistenden Beiträge abgewartet. Es sei daher davon auszugehen, dass der Befreiungsantragsvordruck – soweit nicht in den Akten befindlich – abhanden gekommen sei.
Das SG hat als Antrag des Klägers zugrunde gelegt,
den Bescheid vom 14. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass ihr vor dem 11. September 2002 (Antrag auf Kontenklärung) nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger eine zur Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI führende selbständige Tätigkeit ausgeübt habe.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 21. Oktober 2004 ohne mündliche Verhandlung die Klage im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz –SGG-) abgewiesen.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten am 23. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat diese für den Kläger am 17. Januar 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg (LSG) eingelegt, zu deren Begründung sie den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft und ergänzend vorträgt: Der Umstand, dass der Kläger unmittelbar mit Beginn der selbständigen Tätigkeit über den Finanzdienstleister Lebensversicherungen abgeschlossen habe (bei der NVersicherung AG zum 1. Dezember 1990, bei der A L zum 1. Januar 1991 und bei der B), zeige, dass eine Befreiung von der öffentlichen Rentenversicherung ausdrücklich beabsichtigt gewesen sei. Entsprechend habe der Finanzdienstleister auch stets dafür Sorge getragen, dass mit der Entscheidung für eine private Altersversorgung zugleich ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. Oktober 2004 und die Bescheide der Beklagten vom 14. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Zugang des Befreiungsantrags bei der Beklagten als einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung, nicht bewiesen worden sei. Der Nachweis des Zugangs obliege aber dem Versicherten, der auch das Risiko zu tragen habe, ob ein Zwischengeschalteter die Übermittlung richtig vorgenommen habe (vgl. auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Januar 2002, Az. L 4 RA 146/01). Keinen Nachweis für die Stellung eines Befreiungsantrags begründe auch der Abschluss einer privaten Lebensversicherung durch den Kläger, da zu diesem Zeitpunkt (Anfang des Jahres 1992) die Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI bei rechtzeitiger Antragstellung bis zum 31. Dezember 1994 ohne weitere private Absicherung habe beendet werden können. Eine gleichwertige Versicherung sei lediglich für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG DDR erforderlich gewesen, die spätestens bis zum 31. Dezember 1991 zu beantragen gewesen sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der damalige Berichterstatter, Herr Richter am Landessozialgericht Ney, am 22. August 2005 einen Erörterungstermin mit Beweisaufnahme durchgeführt und den Vertreter des Finanzdienstleisters , Herrn B, und den Steuerberater des Klägers, Herrn L, als Zeugen vernommen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Angaben der Zeugen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, insbesondere auf das Protokoll des Erörterungstermins und der Beweisaufnahme vom 22. August 2005 (Bl. 68 ff. GA) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat die Versicherungspflicht des Klägers in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt und für den nicht verjährten Zeitraum die entsprechenden Beiträge zu Recht angefordert. Nach § 229 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI bleiben Personen, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig waren (§ 10 SVG DDR), in der jeweiligen Tätigkeit versicherungspflichtig, wobei selbständig Tätige bis zum 31. Dezember 1994 die Beendigung der Versicherungspflicht beantragen konnten. Der Kläger war am 31. Dezember 1991 als selbständiger Zahnarzt im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig.
Die Versicherungspflicht ist auch nicht durch eine Befreiung beendet worden. Es lässt sich nicht feststellen, dass der zur Beendigung der Versicherungspflicht notwendige Antrag bei der Beklagten bis zum 31. Dezember 1994 eingegangen ist. Bei diesem Befreiungsantrag handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]). Nach dieser Vorschrift wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie zugeht. Das gilt auch für Willenserklärungen im Bereich des Sozialrechts. Wie der Erklärende die Willenserklärung übermittelt, bleibt ihm überlassen. Lässt sich der entsprechende Nachweis nicht führen, so ist grundsätzlich nach den Regeln der objektiven Beweislast zu verfahren. Hiernach hat das Gericht nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden, ob die empfangsbedürftige Willenserklärung zugegangen ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 29. Januar 1990, Az. 5 BJ 361/89).
Ein Zugang lässt sich unter Berücksichtigung der Angaben der Beklagte nicht feststellen. Sie gibt an, dass ein derartiger Antrag bei ihr nicht eingegangen sei. Es erscheint auch höchst unwahrscheinlich, dass ein derartiger Antrag im Bereich der Beklagten "untergeht". Auch konnte der Kläger schon keine Nachweise für die Ausfertigung des Antragsvordruckes und dessen Absendung vorlegen. Er hat im Erörterungstermin erklärt, dass der Antrag seiner Erinnerung nach auf einem ihm von Herrn B übergebenen Vordruck, den er unterschrieben habe, gestellt worden sei. Herr B habe den Befreiungsantrag auch der Beklagten zuleiten sollen. Er, der Kläger, sei aber nicht mehr im Besitz von Unterlagen im Zusammenhang mit dem Befreiungsantrag, für ihn sei der Vorgang mit der Unterschrift erledigt gewesen. Ob er einen entsprechenden befreienden Bescheid der Beklagten erhalten habe, wisse er nicht mehr. Eine Empfangsvollmacht für Herrn B oder für den Finanzdienstleister zur Entgegennahme eines solchen Bescheides habe er wohl aber nicht ausgestellt.
Auch der Zeuge B konnte sich nicht mit Sicherheit daran erinnern, dass der Kläger einen derartigen Antrag unterschrieben hat, sondern ging lediglich davon aus, dass dies wie in anderen Fällen auch geschehen und der Antrag am selben Tag an die BfA heraus gegangen sei. Es handelt sich also um eine Vermutung des Zeugen, die schon deshalb trügerisch sein kann, weil nach seinen Angaben etwa lediglich 33% der Klienten unter Berücksichtung des jeweiligen Lebensalters von der Versicherungspflicht befreit werden konnten. Zweifel am Erinnerungsvermögen des Zeugen lassen sich auch aufgrund seiner Angaben begründen, es habe für einen erfolgreichen Befreiungsantrag eine befreiende Lebensversicherung nachgewiesen werden müssen. Nach Angaben der Beklagten war dies nämlich nur Voraussetzung für Befreiungsanträge nach § 20 SVG DDR, die bis zum 31. Dezember 1991 gestellt worden waren, wogegen der Kläger seinen Antrag erst zu Beginn des Jahres 1992 gestellt hat. Aus dem Umstand des Abschlusses einer Lebensversicherung allein lässt sich daher trotz der auf dem Formular hervorgehobenen Passagen ("Befreiungslebensversicherung") nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf die Abgabe eines derartigen Befreiungsantrags schließen. Eine Reaktion der Beklagten auf den angeblichen Antrag ist – entgegen der Behauptung des Klägers – auch nicht erfolgt. Auch dem Zeugen Bode ist eine derartige Bestätigung oder ein entsprechender Bescheid der BfA nicht zugegangen, er hatte ohnehin keine Empfangsvollmacht.
Schließlich vermögen auch die Angaben des Steuerberaters des Klägers, Herr L, nicht den Nachweis eines wirksam gestellten Befreiungsantrags zu erbringen. Zwar hat der Zeuge angegeben, dass der Kläger sofort auf die Frage nach der Sozialversicherungspflicht geantwortet habe, dass dies schon erledigt sei und er einen Antrag auf Befreiung gestellt und eine entsprechende befreiende Lebensversicherung abgeschlossen habe. Der Zeuge konnte aber naturgemäß nichts darüber aussagen, dass der angeblich gestellte Befreiungsantrag auch tatsächlich zur Post gegeben und bei der Beklagten eingegangen ist.
Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht zum einen die Möglichkeit, dass der Kläger das Formular der Beklagten auf Befreiung von der Versicherungspflicht überhaupt nicht ausgefüllt hat, etwa weil der insoweit nicht fachkundige Kläger das Ausfüllen des Antrags auf Abschlusses einer Lebensversicherung, gerade im Hinblick auf die dort angebrachten Zusätze ("Befreiungslebensversicherung"), verwechselt hat mit dem an die Beklagte abzugebenden Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Kläger zwar ein Antragsformular auf Befreiung von der Versicherungspflicht unterschrieben hat, dass dieses aber nicht abgesandt worden ist; bereits ein Nachweis der Absendung ist jedenfalls nicht vorhanden. Schließlich besteht auch noch die Möglichkeit, dass der gestellte und tatsächlich abgesandte Befreiungsantrag auf dem Postweg verloren gegangen ist.
Alle diese möglichen Sachverhalte haben gemeinsam, dass der Zugang des vom Kläger behaupteten Befreiungsantrags nicht bewiesen ist. Einen Zugangsnachweis gewährleistet bei versendeten Schriftstücken beispielsweise die Versendung per Einschreiben mit Rückschein. Eine derartige Versendung wäre auch zumutbar gewesen, zumal zumindest dem Zeugen B als beratendem Finanzdienstleister die Bedeutung der Beweisbarkeit des Zugangs des Befreiungsantrags bewusst gewesen sein musste.
Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht nach
§ 229 a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der im Jahr 1945 geborene Kläger absolvierte in den Jahren 1964 bis 1965 zunächst eine Ausbildung als Chemiefacharbeiter und im Anschluss ein Studium der Zahnmedizin, welches er im Jahr 1971 mit der Approbation als Zahnarzt abschloss. Im Jahr 1976 wurde der Kläger als Fachzahnarzt für allgemeine Stomatologie anerkannt. In der Zeit vom 1. September 1971 bis zum 30. Juni 1990 war der Kläger als Zahnarzt bei den Landambulatorien B und N tätig. Seit dem 1. Januar 1991 hat sich der Kläger als selbständiger Zahnarzt niedergelassen.
Im Rahmen der Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige stellte die Beklagte aufgrund der Angaben des Klägers fest, dass dieser aufgrund seiner seit dem 1. Januar 1991 ausgeübten selbständigen Tätigkeit gemäß § 10 Sozialversicherungsgesetz (SVG DDR) in Verbindung mit § 229 a SGB VI kraft Gesetzes versicherungspflichtig sei. Die Beklagte erließ daher am 14. Januar 2003 einen Bescheid, mit welchem sie feststellte, es habe in der Zeit vom 1. 1. 1992 – 30. 11. 1997 zwar Versicherungspflicht bestanden, da aber die Beiträge für diese Zeit bereits verjährt seien, könnten diese auch nicht mehr wirksam gezahlt werden. Für Zeiten ab dem 1. 12. 1997 sei Verjährung noch nicht eingetreten, so dass die Beiträge noch zu zahlen seien. In einem weiteren Bescheid gleichen Datums wiederholte die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht und machte für Zeiten vom 1. 12. 1997 – 31. 1. 2003 eine Forderung von 23 016, 93 EUR auf.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, dass er sich seiner Erinnerung nach in der korrekten Frist vor über zehn Jahren rechtzeitig "von der BfA befreit habe". Im Übrigen habe er auch an das Versorgungswerk der Zahnärzte keine Beiträge geleistet, weil er sich auch hier habe befreien lassen. Dass der Befreiungsantrag wirksam erfolgt sei, zeige sich neben einer Bestätigung des Befreiungsantrags durch die Beklagte auch daran, dass diese den letzten Beitrag im Dezember 1990 erhalten und danach keine weiteren Beiträge erhoben habe. Spätestens in den Folgejahren bis 1994 hätte der Beklagten auffallen müssen, dass keine weiteren Beiträge gezahlt worden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 30. Juni 2003 zurück, da keine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI eingetreten sei und führte zur Begründung aus: Personen, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hätten (§ 10 SVG DDR), wozu neben Arbeitern und Angestellten auch alle Selbständigen und deren mitarbeitende Ehegatten gehört hätten, seien im Gebiet der ehemaligen DDR nahezu ausnahmslos versicherungspflichtig gewesen. Bei dieser Rechtslage verbleibe es nach § 229 a Abs. 1 SGB VI über den 31. Dezember 1991 hinaus, es sei denn, der selbstständig Tätige habe die Versicherungspflicht durch einen entsprechenden, beim Rentenversicherungsträger bis zum 31. Dezember 1994 zu stellenden Antrag beendet. Die Regelung des § 10 SVG DDR gelte für alle Selbständigen weiter, die vor dem 1. August 1991 ihre selbständige Tätigkeit aufgenommen hätten, also auch für den Kläger.
Soweit der Kläger vortrage, dass er sich von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung habe befreien lassen, könne dies nicht bestätigt werden. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei im Bereich der Beklagten nicht zu verzeichnen, auch sei kein entsprechender Antrag des Klägers eingegangen. Der Kläger habe auch auf entsprechende Nachfragen keine Nachweise über die Befreiung beigebracht. Nach dem Grundsatz der
objektiven Beweislast treffe den Kläger der Umstand der fehlenden Nachweislichkeit. Es seien daher für die noch nicht verjährten Zeiträume ab dem 1. Dezember 1997 die Beiträge nachzufordern. Der Umstand, dass der Kläger beim Versorgungswerk der Zahnärzte aufgrund einer Befreiung keine Beiträge leiste, sei bei der Beurteilung der Rentenversicherungsangelegenheit unmaßgeblich.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 25. August 2003 Klage bei dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben und zur Begründung vortragen lassen, dass er bereits Anfang 1992 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt habe. Die Vorlage des Antrags sei ihm aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Aktenvernichtung nicht mehr möglich, jedoch sei die Antragstellung durch eine Eingangsbestätigung durch die Beklagte wie auch aufgrund der Tatsache, dass der Kläger im Jahr 1992 über den Finanzdienstleister eine Lebensversicherung als anderweitiger Altersvorsorge abgeschlossen habe, bestätigt. Soweit die Beklagte vortrage, einen Befreiungsantrag nicht erhalten zu haben, stehe dem die Tatsache entgegen, dass sie sich erstmals nach mehr als zehn Jahren mit Schreiben vom 17. Oktober 2002 zwecks Prüfung einer bestehenden Versicherungspflicht an den Kläger gewandt habe. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass es im Hinblick auf den erheblichen Zeitablauf seines Antragsschreibens nicht mehr bedurft habe. Wenn aber kein Befreiungsantrag gestellt worden wäre, so hätte die Beklagte wohl die fälligen Beiträge angemahnt und nicht bis zur Verjährung der bis einschließlich des Jahres 1997 zu leistenden Beiträge abgewartet. Es sei daher davon auszugehen, dass der Befreiungsantragsvordruck – soweit nicht in den Akten befindlich – abhanden gekommen sei.
Das SG hat als Antrag des Klägers zugrunde gelegt,
den Bescheid vom 14. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass ihr vor dem 11. September 2002 (Antrag auf Kontenklärung) nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger eine zur Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI führende selbständige Tätigkeit ausgeübt habe.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 21. Oktober 2004 ohne mündliche Verhandlung die Klage im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz –SGG-) abgewiesen.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten am 23. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat diese für den Kläger am 17. Januar 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg (LSG) eingelegt, zu deren Begründung sie den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft und ergänzend vorträgt: Der Umstand, dass der Kläger unmittelbar mit Beginn der selbständigen Tätigkeit über den Finanzdienstleister Lebensversicherungen abgeschlossen habe (bei der NVersicherung AG zum 1. Dezember 1990, bei der A L zum 1. Januar 1991 und bei der B), zeige, dass eine Befreiung von der öffentlichen Rentenversicherung ausdrücklich beabsichtigt gewesen sei. Entsprechend habe der Finanzdienstleister auch stets dafür Sorge getragen, dass mit der Entscheidung für eine private Altersversorgung zugleich ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. Oktober 2004 und die Bescheide der Beklagten vom 14. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Zugang des Befreiungsantrags bei der Beklagten als einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung, nicht bewiesen worden sei. Der Nachweis des Zugangs obliege aber dem Versicherten, der auch das Risiko zu tragen habe, ob ein Zwischengeschalteter die Übermittlung richtig vorgenommen habe (vgl. auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Januar 2002, Az. L 4 RA 146/01). Keinen Nachweis für die Stellung eines Befreiungsantrags begründe auch der Abschluss einer privaten Lebensversicherung durch den Kläger, da zu diesem Zeitpunkt (Anfang des Jahres 1992) die Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI bei rechtzeitiger Antragstellung bis zum 31. Dezember 1994 ohne weitere private Absicherung habe beendet werden können. Eine gleichwertige Versicherung sei lediglich für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG DDR erforderlich gewesen, die spätestens bis zum 31. Dezember 1991 zu beantragen gewesen sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der damalige Berichterstatter, Herr Richter am Landessozialgericht Ney, am 22. August 2005 einen Erörterungstermin mit Beweisaufnahme durchgeführt und den Vertreter des Finanzdienstleisters , Herrn B, und den Steuerberater des Klägers, Herrn L, als Zeugen vernommen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Angaben der Zeugen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, insbesondere auf das Protokoll des Erörterungstermins und der Beweisaufnahme vom 22. August 2005 (Bl. 68 ff. GA) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat die Versicherungspflicht des Klägers in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt und für den nicht verjährten Zeitraum die entsprechenden Beiträge zu Recht angefordert. Nach § 229 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI bleiben Personen, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig waren (§ 10 SVG DDR), in der jeweiligen Tätigkeit versicherungspflichtig, wobei selbständig Tätige bis zum 31. Dezember 1994 die Beendigung der Versicherungspflicht beantragen konnten. Der Kläger war am 31. Dezember 1991 als selbständiger Zahnarzt im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig.
Die Versicherungspflicht ist auch nicht durch eine Befreiung beendet worden. Es lässt sich nicht feststellen, dass der zur Beendigung der Versicherungspflicht notwendige Antrag bei der Beklagten bis zum 31. Dezember 1994 eingegangen ist. Bei diesem Befreiungsantrag handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]). Nach dieser Vorschrift wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie zugeht. Das gilt auch für Willenserklärungen im Bereich des Sozialrechts. Wie der Erklärende die Willenserklärung übermittelt, bleibt ihm überlassen. Lässt sich der entsprechende Nachweis nicht führen, so ist grundsätzlich nach den Regeln der objektiven Beweislast zu verfahren. Hiernach hat das Gericht nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden, ob die empfangsbedürftige Willenserklärung zugegangen ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 29. Januar 1990, Az. 5 BJ 361/89).
Ein Zugang lässt sich unter Berücksichtigung der Angaben der Beklagte nicht feststellen. Sie gibt an, dass ein derartiger Antrag bei ihr nicht eingegangen sei. Es erscheint auch höchst unwahrscheinlich, dass ein derartiger Antrag im Bereich der Beklagten "untergeht". Auch konnte der Kläger schon keine Nachweise für die Ausfertigung des Antragsvordruckes und dessen Absendung vorlegen. Er hat im Erörterungstermin erklärt, dass der Antrag seiner Erinnerung nach auf einem ihm von Herrn B übergebenen Vordruck, den er unterschrieben habe, gestellt worden sei. Herr B habe den Befreiungsantrag auch der Beklagten zuleiten sollen. Er, der Kläger, sei aber nicht mehr im Besitz von Unterlagen im Zusammenhang mit dem Befreiungsantrag, für ihn sei der Vorgang mit der Unterschrift erledigt gewesen. Ob er einen entsprechenden befreienden Bescheid der Beklagten erhalten habe, wisse er nicht mehr. Eine Empfangsvollmacht für Herrn B oder für den Finanzdienstleister zur Entgegennahme eines solchen Bescheides habe er wohl aber nicht ausgestellt.
Auch der Zeuge B konnte sich nicht mit Sicherheit daran erinnern, dass der Kläger einen derartigen Antrag unterschrieben hat, sondern ging lediglich davon aus, dass dies wie in anderen Fällen auch geschehen und der Antrag am selben Tag an die BfA heraus gegangen sei. Es handelt sich also um eine Vermutung des Zeugen, die schon deshalb trügerisch sein kann, weil nach seinen Angaben etwa lediglich 33% der Klienten unter Berücksichtung des jeweiligen Lebensalters von der Versicherungspflicht befreit werden konnten. Zweifel am Erinnerungsvermögen des Zeugen lassen sich auch aufgrund seiner Angaben begründen, es habe für einen erfolgreichen Befreiungsantrag eine befreiende Lebensversicherung nachgewiesen werden müssen. Nach Angaben der Beklagten war dies nämlich nur Voraussetzung für Befreiungsanträge nach § 20 SVG DDR, die bis zum 31. Dezember 1991 gestellt worden waren, wogegen der Kläger seinen Antrag erst zu Beginn des Jahres 1992 gestellt hat. Aus dem Umstand des Abschlusses einer Lebensversicherung allein lässt sich daher trotz der auf dem Formular hervorgehobenen Passagen ("Befreiungslebensversicherung") nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf die Abgabe eines derartigen Befreiungsantrags schließen. Eine Reaktion der Beklagten auf den angeblichen Antrag ist – entgegen der Behauptung des Klägers – auch nicht erfolgt. Auch dem Zeugen Bode ist eine derartige Bestätigung oder ein entsprechender Bescheid der BfA nicht zugegangen, er hatte ohnehin keine Empfangsvollmacht.
Schließlich vermögen auch die Angaben des Steuerberaters des Klägers, Herr L, nicht den Nachweis eines wirksam gestellten Befreiungsantrags zu erbringen. Zwar hat der Zeuge angegeben, dass der Kläger sofort auf die Frage nach der Sozialversicherungspflicht geantwortet habe, dass dies schon erledigt sei und er einen Antrag auf Befreiung gestellt und eine entsprechende befreiende Lebensversicherung abgeschlossen habe. Der Zeuge konnte aber naturgemäß nichts darüber aussagen, dass der angeblich gestellte Befreiungsantrag auch tatsächlich zur Post gegeben und bei der Beklagten eingegangen ist.
Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht zum einen die Möglichkeit, dass der Kläger das Formular der Beklagten auf Befreiung von der Versicherungspflicht überhaupt nicht ausgefüllt hat, etwa weil der insoweit nicht fachkundige Kläger das Ausfüllen des Antrags auf Abschlusses einer Lebensversicherung, gerade im Hinblick auf die dort angebrachten Zusätze ("Befreiungslebensversicherung"), verwechselt hat mit dem an die Beklagte abzugebenden Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Kläger zwar ein Antragsformular auf Befreiung von der Versicherungspflicht unterschrieben hat, dass dieses aber nicht abgesandt worden ist; bereits ein Nachweis der Absendung ist jedenfalls nicht vorhanden. Schließlich besteht auch noch die Möglichkeit, dass der gestellte und tatsächlich abgesandte Befreiungsantrag auf dem Postweg verloren gegangen ist.
Alle diese möglichen Sachverhalte haben gemeinsam, dass der Zugang des vom Kläger behaupteten Befreiungsantrags nicht bewiesen ist. Einen Zugangsnachweis gewährleistet bei versendeten Schriftstücken beispielsweise die Versendung per Einschreiben mit Rückschein. Eine derartige Versendung wäre auch zumutbar gewesen, zumal zumindest dem Zeugen B als beratendem Finanzdienstleister die Bedeutung der Beweisbarkeit des Zugangs des Befreiungsantrags bewusst gewesen sein musste.
Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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