L 7 B 638/05 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 AS 367/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 638/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 25. August 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beschwerdegegnerin (Bg.) bewilligte dem 1948 geborenen Beschwerdeführer (Bf.) auf den Antrag vom 16.12.2004 mit Bescheid vom 05.01.2005 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von monatlich 1.095,73 EUR. Gleichzeitig wurde dem Bf. mitgeteilt, dass für eine Übergangszeit von sechs Monaten die überhöhten Unterkunftskosten (Mietobergrenze) für einen Ein-Personenhaushalt in Höhe von 390,00 EUR - tatsächliche Miete 492,20 EUR - in der Bedarfsberechnung berücksichtigt würden.

Mit Änderungsbescheid vom 04.05.2005 bewilligte die Bg. dem Bf. für die Zeit vom 01. bis 30.06.2005 monatliche Leistungen in Höhe von 1.003,15 EUR. Da sich der Bf. vom 05.04. bis 27.04.2005 in der A. Klinik befunden habe und volle Verpflegung erhalten habe, werde die Pauschale von 92,58 EUR im nächsten Monat von den Leistungen abgezogen. Nach einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dauerte der stationäre Aufenthalt des Bf. bis 02.05.2005 an. Mit dem Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 04.05.2005 machte der Bf. geltend, von einer Haushaltsersparnis könne keine Rede sein, da er für den Klinikaufenthalt kalendertäglich 10,00 EUR zu leisten gehabt habe. Mit einer Kürzung der Leistungen sei er nur dann einverstanden, wenn ihm die Zuzahlung von täglich 10,00 EUR erstattet werde. Am 27.05.2005 mahnte der Bf. die Bearbeitung an. Mit Schreiben vom 28.05.2005 teilte die Bg. dem Bf. mit, dass zwar zwischenzeitlich die angeforderten Kontoauszüge eingegangen seien, eine Bearbeitung dennoch nicht möglich sei, da er den Fortzahlungsantrag nicht mitgesandt habe. Am 30.06.2005 fragte der Bf. erneut bei der Bg. an, warum er auf seinen Fortzahlungsantrag der Leistungen vom 05.05.2005 (dort eingegangen am 09.05.2005), noch keinen Bescheid erhalten habe.

Neben der Erhebung von Dienstaufsichtsbeschwerden hat der Bf. am 12.07.2005 beim Sozialgericht München (SG) beantragt, die Bg. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unverzüglich über seinen Fortzahlungsantrag vom 05.05.2005 zu entscheiden. Am 15.07.2005 hat der Bf. weiter beantragt, die Bg. zu verurteilen, ihm die durch die unnötige Verzögerung entstandenen Kosten (Telefon, Porto, Kopien und Büromaterial) zu erstatten. Am 25.07.2005 hat der Bf. des Weiteren beantragt, die Bg. zu verpflichten, ihm die Mahnkosten, die ihm sein Vermieter in Rechnung stellen werde, zu erstatten und die Bg. für den Fall einer Kündigung zu verurteilen, die Renovierungs- und Umzugskosten, die Vermittlungsprovision, die Kaution und sofortige in diesem Zusammenhang entstehende Kosten zu übernehmen.

Die Bg. hat eine nicht ordnungsgemäße Bearbeitung eingeräumt. Dem Fortzahlungsantrag hat sie mit Bescheid vom 26.07.2005 stattgegeben und Leistungen für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 bewilligt. Die Anweisung der Leistungen für den Monat Juli 2005 ist am 20.07.2005 erfolgt. Die Bg. hat sich wegen der verzögerten Bearbeitung bereit erklärt, dem Bf. die für das Antragsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Anträge auf "Erweiterung" zur Übernahme der Kosten für Telefon, Porto etc. und zur Übernahme von ggf. entstehenden Mahnkosten des Vermieters hat sie für unbegründet gehalten, da diese nicht im Rahmen der Gewährung des beantragten einstweiligen Rechtsschutzes übernommen werden könnten. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, der so genannte Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, der so genannte Anordnungsanspruch, seien nicht gegeben. Zwar sei es aus einem vom Bf. nicht zu vertretendem Grund zur Verzögerung bei der Antragsbearbeitung gekommen, jedoch hätte der Bf. dem durch persönliche Abgabe des Antrags entgegenwirken können. Soweit der Vermieter des Bf. diesem in der Folgezeit tatsächlich Kos-ten für ein angestrengtes Mahnverfahren auferlege, sei anzuführen, dass der Vermieter ein einzuleitendes Mahnverfahren insbesondere damit begründe, dass der Bf. sich nicht an die getroffene Vereinbarung halte, bei Zahlungsschwierigkeiten mit dem Bevollmächtigten des Vermieters Kontakt aufzunehmen. Wesentliche Nachteile würden dem Bf. zurzeit nicht entstehen.

Zu dem gerichtlichen Schreiben vom 28.07.2005, ob sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch die zwischenzeitlich erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erledigt habe, hat sich der Bf. nicht geäußert.

Mit Beschluss vom 25.08.2005 hat das SG den Antrag abgelehnt. Soweit der Bf. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begehre, fehle ihm im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts das Rechtsschutzbedürfnis für sein Antragsbegehren. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b SGG komme es hinsichtlich der rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei deshalb nur zulässig, wenn auch in diesem Zeitpunkt noch ein Bedürfnis für den gesuchten Rechtsschutz bestehe. Habe die Behörde, wie hier, das Antragsbegehren vor Erlass der einstweiligen Anordnung erfüllt, sei für eine gerichtliche Eilentscheidung kein Raum mehr. Soweit der Bf. mit Schreiben vom 14. und 22.07.2005 die Übernahme von Kosten (Porto, Telefon, Mahn- und Umzugskosten etc.) begehre, sei der Antrag allenfalls im Hinblick auf solche Kosten zulässig, die ihm tatsächlich entstanden seien und die nicht ohnehin notwendige Kosten des Antragsverfahrens darstellen würden. Entsprechende Kosten seien aber weder konkret glaubhaft gemacht worden noch sei insoweit Eilbedürftigkeit gegeben. Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten beruhe auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nachdem der Bf. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung trotz Aufforderung des Gerichts nicht für erledigt erklärt habe und damit auch das Kostenanerkenntnis der Bg. nicht angenommen habe, sei eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten nicht gerechtfertigt. Der Bg. bleibe es gleichwohl unbenommen, die mit der Antragserwiderung anerkannten Kosten zu übernehmen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde, mit der der Bf. weiterhin die Verurteilung der Bg. begehrt, die ihm durch die unnötige Verzögerung, für die sich die Bg. ausdrücklich entschuldigt habe, tatsächlich entstandenen Kosten, insbesondere für die daraus resultierenden Kosten der Mahnbescheide seines Vermieters in Höhe von zweimal 117,98 EUR = 235,96 EUR zu erstatten. Wäre sein Folgeantrag innerhalb einer angemessenen Zeit, von z.B. zwei Monaten, bearbeitet worden, wären diese Kosten nie entstanden.

Die Bg. vertritt die Auffassung, dass der Bf. die begehrten Kosten für ein vom Vermieter angestrengtes Mahnverfahren nicht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend machen könne. Hierfür sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vorhanden, insbesondere, weil der Bf. die Übernahme dieser Kosten bei ihr nicht beantragt habe. Die Kosten für das Mahnverfahren seien insgesamt nicht unter die Leistungen nach § 19 SGB II zu subsumieren, weshalb sie gemäß § 23 SGB II allenfalls als Darlehen zu gewähren wären, wenn der Bf. dieses Darlehen bei ihr beantrage. Soweit der Bf. geltend machen wolle, dass ihm durch die um 20 Tage verzögerte Auszahlung der Leistungen ein Schaden entstanden sei, so handle es sich hierbei um die Forderung eines Schadensersatzanspruches, der nicht vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit "eingeklagt" werden könne.

II.

Die zulässige Beschwerde ist sachlich nicht begründet, weil die von dem Bf. begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann.

Gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Dabei hat der Bf. sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sicherenden Rechts (den Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.

Zu Recht hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, denn maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Antrag (Kopp/Schenke § 123 VwGO Rdnr.27). Am 12.07.2005 beantragte der Bf. (zunächst) die Bg. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, über seinen Fortzahlungsantrag vom 06.05.2005 zu entscheiden. Die Anweisung der Leistungen für den Monat Juli 2005 erfolgte am 20.07.2005; der Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 erging am 26.07.2005; der angefochtene Beschluss datiert vom 25.08.2005.

Auch der Aspekt, dass der Bf. ggf. mit seinem ersten Antrag vom 12.07.2005 eine Untätigkeitsklage hat erheben wollen, lässt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu, da gemäß § 88 Abs.1 Satz 2 SGG eine Untätigkeit der Bg. von sechs Monaten hätte vorliegen müssen, was unstreitig nicht der Fall war.

Bezüglich der geltend gemachten Kosten (Porto, Telefon, Mahnkosten etc.) hat der Bf. weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zu Recht weist die Bg. darauf hin, dass der Bf. (zunächst) insbesondere die Kosten für das Mahnverfahren bei ihr ggf. als Darlehen geltend hätte machen müssen, da die Kosten grundsätzlich nicht unter die Leistungen nach § 19 SGB II zu subsumieren seien. Zutreffend ist auch der Hinweis der Bg., dass, soweit der Bf. geltend machen wolle, dass ihm durch die um 20 Tage verzögerte Auszahlung der Leistungen ein Schaden entstanden sei, es sich hierbei um eine Schadensersatzforderung handeln würde, die nicht in die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit falle.

Somit war die Beschwerde des Bf. gegen den Beschluss des SG München vom 25.08.2005 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs.1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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