Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AL 384/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 238/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob eine zur Alterssicherung abgeschlossene Kapitallebensversicherung zur Versagung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) führt.
Der 1950 geborene und geschiedene Kläger war von 1973 bis 10.04.2002 als Speditionssachbearbeiter beschäftigt. Anschließend bezog er bis 30.01.2004 (Erschöpfung des Anspruchs) Arbeitslosengeld (Alg) nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 490,00 EUR. Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Alhi verfügte er über Sparvermögen in Höhe von 230,64 EUR, Aktien im Wert von 1.491,75 EUR und eine 1986 auf das 60. Lebensjahr abgeschlossene Kapitallebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 21.449,50 EUR zuzüglich Überschussbeteiligung von 9.730,90 EUR, insgesamt somit über 32.902,79 EUR Vermögen.
Mit Bescheid vom 23.02.2004 lehnte die Beklagte den Alhi-Antrag ab. Nach Abzug eines Freibetrags von 10.600,00 EUR verblieben 10.849,50 EUR zumutbar verwertbares Vermögen. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Alhi. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.03.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Seine Kapitallebensversicherung diene der Alterssicherung. Unter der vor dem 01.01.2002 geltenden Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) sei ein Betrag von 1.000,00 DM je vollendetes Lebensjahr als angemessene Alterssicherung angenommen worden. Die Neufassung der AlhiV bewirke eine Schlechterstellung und verstoße insoweit gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und das Sozialstaatsprinzip. Auch sei es unwirtschaftlich, eine Kapitallebensversicherung ca 6 Jahre vor deren Ablauf zu verwerten. Bei einem Rückkauf der Lebensversicherung sei er im Alter nicht mehr abgesichert. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe es die Möglichkeit der Riesterrente noch nicht gegeben. Er verweise auf die neuere Rechtsprechung des BSG, in der das Fehlen einer allgemeinen Härteklausel in der neuen AlhiV beanstandet werde.
Mit Urteil vom 26.04.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Freibetragsregelung der AlhiV verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Dies gelte auch für die Privilegierung der sog. Riesterrente nach § 1 Abs 3 Nr 3 AlhiV 2002. Dahinstehen könne, ob vorliegend ein Härtefall zu berücksichtigen sei, denn es liege ein solcher nicht vor. Die AlhiV 2002 trage dem Bedürfnis nach einer weitergehenden Altersvorsorge bei älteren Arbeitslosen durch ein höheres Schonvermögen Rechnung.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen: Um seine Lebensversicherung nicht kündigen zu müssen, habe er seit März 2004 Darlehen aufgenommen und zur Sicherung der Darlehen die Lebensversicherung beliehen. Diese Darlehen hätten im Jahre 2005 den von der Beklagten angesetzten Freibetrag (10.600,00 EUR) überstiegen. Er könne in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen seiner seit dem 52. Lebensjahr bestehenden Arbeitslosigkeit nicht die Absicherung erreichen, die er bei Fortsetzung der Erwerbstätigkeit hätte erzielen können. Die Verwertung der Lebensversicherung stelle deshalb eine besondere Härte iS der neueren Rechtsprechung des BSG dar. Auch gebe es keinen sachlichen Grund, zwar die Riesterförderung, nicht jedoch die private Lebensversicherung zu privilegieren.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2005 sowie den Bescheid vom 23.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 02.02.2004 Arbeitslosenhilfe ohne Berücksichtigung der Kapitallebensversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zwar habe der Kläger glaubhaft gemacht, dass er die Kapitallebensversicherung zur Alterssicherung abgeschlossen habe. Allerdings lägen außergewöhnliche Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vor. Auch nach der neuesten Rechtsprechung des BSG würde das Vermögen des Klägers trotz eines Freibetrages von 21.600,00 EUR zur Ablehnung mangels Bedürftigkeit führen. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, wie der Kläger vom 31.01.2004 bis 31.12.2004 seinen Lebensunterhalt bestritten habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist aber nicht begründet, denn der Kläger hat mangels Bedüftigkeit keinen Anspruch auf Alhi.
Auf den vorliegenden Fall ist die Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 (AlhiV 2002) vom 23.12.2002, gültig ab 01.01.2003 bis 31.12.2004 anzuwenden.
Nach § 1 Abs 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), zu berücksichtigen soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 EUR nicht übersteigen (Abs 2 Satz 1). Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen das nach § 10 a oder dem 11. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig steuerschädlich verwendet (Abs 3 Nr 3), nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen oder seines Partners, wenn diese nach § 231 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind (Abs 3 Nr 4), Sachen und Rechte, soweit ihre Verwendung offensichtlich unwirtschaftlich ist (Abs 3 Nr 6).
Nach der AlhiV 2002 beschränkt sich somit der Ausschluss des Vermögens zur Alterssicherung auf die eng umgrenzten Fälle der Nrn 3 und 4, denn das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmte Vermögen ist grundsätzlich in dem pauschalen Freibetrag nach Abs 2 enthalten (Brandts in Niesel SGB III, 2. Auflage, § 206 RdNr 19).
Allerdings hat das BSG mit Urteilen vom 17.03.2005 - B 7a/7 AL 68/04 R - und 25.05.2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - entschieden, dass Arbeitslosenhilfe-Vorschriften, um nicht die gesetzlichen Mindestgrenzen schützenswerten Vermögens zu unterschreiten, den Standard gewähren müssten, den das Sozialgesetzbuch II Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab 01.01.2005 zugestehe. Aus diesem Grund sei in § 193 Abs 2 SGB III eine gesetzliche Härtefallregelung hineinzulesen, die es gebiete, Alhi-Empfängern neben dem Grundfreibetrag iS des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 zumindest den nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II vorgesehenen Altersvorsorgefreibetrag in gleicher Höhe einzuräumen. Insoweit müsse, da § 165 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) erst ab 01.01.2005 in Kraft getreten sei, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs 1 und 2 VVG betroffenen Lebensversicherungen verzichtet werden. Zu prüfen sei lediglich, ob die vorhandenen Lebensversicherungsverträge nach der subjektiven Zweckbestimmung der Altersvorsorge dienten. Dafür genüge es, wenn die Fälligkeit der Verträge in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bis 65. Lebensjahres datiert sei. Bei solchen Konstellationen sei im Rahmen der Härtefallprüfung gemäß § 193 Abs 2 SGB III typisierend von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II auszugehen. Bei dieser Auslegung seien keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, § 1 Abs 2 AlhiV 2002 sei nicht ermächtigungsgedeckt und verfassungswidrig. Mithin ist nunmehr geklärt, dass anstelle der Vereinbarung nach § 165 Abs 3 VVG die Behauptung einer subjektiven Zweckbestimmung (Widmung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Alter) und der Nachweis einer objektiven Zweckbestimmung (Bindung bis zum Rentenalter) ausreicht. Dass zusätzlich weitere Vermögensfreistellungen über die Härteklausel des § 12 Abs 2 Nr 6 SGB II in Betracht kommen sollen, ist den Ausführungen des Senats im Urteil vom 17.03.2005 nicht zu entnehmen. In seiner Entscheidung vom 25.05.2005 hat das BSG für den Fall, dass der Rückkaufswert der Lebensversicherung nicht nur den generellen Freibetrag, sondern auch den Altersvorsorgefreibetrag übersteigt, daneben eine Härtefallprüfung zugelassen, ob im Hinblick auf eine besondere Berufsbiographie und daraus resultierende Versorgungslücken ein Härtefall vorliegt.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt nicht zur Annahme von Bedüftigkeit des Klägers.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 1 Abs 4 Satz 2 AlhiV 2002) besaß der Kläger ein Gesamtvermögen von 32.902,79 EUR. Der Lebensversicherungsvertrag diente nach subjektiver und objektiver Zweckbestimmung der Altersvorsorge (Fälligkeit und Bindung bis zum 60. Lebensjahr). Damit kommt neben dem Grundfreibetrag nach § 1 Abs 2 AlhiV 2002 in Höhe von 10.800,00 EUR (200,00 EUR x 54 Lebensjahre) ein gleichhoher Altersvorsorgefreibetrag in Ansatz. Es verbleibt ein Vermögen von 11.302,79 EUR (32.902,79 abzüglich 21.600,00 EUR Freibeträge). Die bis Januar 2004 erreichte Überschussbeteiligung war in das Vermögen einzubeziehen, denn nach der Bestätigung der W. Versicherung vom 26.01.2004 blieb diese dem Kläger auch bei vorzeitiger Auszahlung auf jeden Fall erhalten.
Da vorliegend der Rückkaufswert der Lebensversicherung (21.449,50 EUR + 9.730,90 EUR Überschussbeteiligung) beide Freibeträge (21.600,00 EUR) übersteigt, war nach dem BSG zu prüfen, ob wegen einer besonderen Berufsbiographie des Klägers und daraus resultierende Versorgungslücken ein Härtefall vorliegen könnte.
In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte zutreffend darauf, dass beim Kläger bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit außerordentliche Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorliegen. Der Kläger hat solche auch nicht geltend gemacht. Die aktuelle Arbeitslosigkeit war dabei nicht zu berücksichtigen. Bedürftigkeit lag damit weiterhin nicht vor.
Die ab 25.03.2004 vorgenommene Beleihung der Lebensversicherung zur Darlehenssicherung durch den Kläger führt zu keiner anderen Entscheidung, denn die Beleihung - diese ist grundsätzlich zumutbar (vgl BSG Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R) - bewirkte ebenfalls das Fehlen von Bedürftigkeit.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2005 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1, 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob eine zur Alterssicherung abgeschlossene Kapitallebensversicherung zur Versagung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) führt.
Der 1950 geborene und geschiedene Kläger war von 1973 bis 10.04.2002 als Speditionssachbearbeiter beschäftigt. Anschließend bezog er bis 30.01.2004 (Erschöpfung des Anspruchs) Arbeitslosengeld (Alg) nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 490,00 EUR. Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Alhi verfügte er über Sparvermögen in Höhe von 230,64 EUR, Aktien im Wert von 1.491,75 EUR und eine 1986 auf das 60. Lebensjahr abgeschlossene Kapitallebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 21.449,50 EUR zuzüglich Überschussbeteiligung von 9.730,90 EUR, insgesamt somit über 32.902,79 EUR Vermögen.
Mit Bescheid vom 23.02.2004 lehnte die Beklagte den Alhi-Antrag ab. Nach Abzug eines Freibetrags von 10.600,00 EUR verblieben 10.849,50 EUR zumutbar verwertbares Vermögen. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Alhi. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.03.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Seine Kapitallebensversicherung diene der Alterssicherung. Unter der vor dem 01.01.2002 geltenden Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) sei ein Betrag von 1.000,00 DM je vollendetes Lebensjahr als angemessene Alterssicherung angenommen worden. Die Neufassung der AlhiV bewirke eine Schlechterstellung und verstoße insoweit gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und das Sozialstaatsprinzip. Auch sei es unwirtschaftlich, eine Kapitallebensversicherung ca 6 Jahre vor deren Ablauf zu verwerten. Bei einem Rückkauf der Lebensversicherung sei er im Alter nicht mehr abgesichert. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe es die Möglichkeit der Riesterrente noch nicht gegeben. Er verweise auf die neuere Rechtsprechung des BSG, in der das Fehlen einer allgemeinen Härteklausel in der neuen AlhiV beanstandet werde.
Mit Urteil vom 26.04.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Freibetragsregelung der AlhiV verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Dies gelte auch für die Privilegierung der sog. Riesterrente nach § 1 Abs 3 Nr 3 AlhiV 2002. Dahinstehen könne, ob vorliegend ein Härtefall zu berücksichtigen sei, denn es liege ein solcher nicht vor. Die AlhiV 2002 trage dem Bedürfnis nach einer weitergehenden Altersvorsorge bei älteren Arbeitslosen durch ein höheres Schonvermögen Rechnung.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen: Um seine Lebensversicherung nicht kündigen zu müssen, habe er seit März 2004 Darlehen aufgenommen und zur Sicherung der Darlehen die Lebensversicherung beliehen. Diese Darlehen hätten im Jahre 2005 den von der Beklagten angesetzten Freibetrag (10.600,00 EUR) überstiegen. Er könne in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen seiner seit dem 52. Lebensjahr bestehenden Arbeitslosigkeit nicht die Absicherung erreichen, die er bei Fortsetzung der Erwerbstätigkeit hätte erzielen können. Die Verwertung der Lebensversicherung stelle deshalb eine besondere Härte iS der neueren Rechtsprechung des BSG dar. Auch gebe es keinen sachlichen Grund, zwar die Riesterförderung, nicht jedoch die private Lebensversicherung zu privilegieren.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2005 sowie den Bescheid vom 23.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 02.02.2004 Arbeitslosenhilfe ohne Berücksichtigung der Kapitallebensversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zwar habe der Kläger glaubhaft gemacht, dass er die Kapitallebensversicherung zur Alterssicherung abgeschlossen habe. Allerdings lägen außergewöhnliche Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vor. Auch nach der neuesten Rechtsprechung des BSG würde das Vermögen des Klägers trotz eines Freibetrages von 21.600,00 EUR zur Ablehnung mangels Bedürftigkeit führen. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, wie der Kläger vom 31.01.2004 bis 31.12.2004 seinen Lebensunterhalt bestritten habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist aber nicht begründet, denn der Kläger hat mangels Bedüftigkeit keinen Anspruch auf Alhi.
Auf den vorliegenden Fall ist die Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 (AlhiV 2002) vom 23.12.2002, gültig ab 01.01.2003 bis 31.12.2004 anzuwenden.
Nach § 1 Abs 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), zu berücksichtigen soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 EUR nicht übersteigen (Abs 2 Satz 1). Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen das nach § 10 a oder dem 11. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig steuerschädlich verwendet (Abs 3 Nr 3), nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen oder seines Partners, wenn diese nach § 231 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind (Abs 3 Nr 4), Sachen und Rechte, soweit ihre Verwendung offensichtlich unwirtschaftlich ist (Abs 3 Nr 6).
Nach der AlhiV 2002 beschränkt sich somit der Ausschluss des Vermögens zur Alterssicherung auf die eng umgrenzten Fälle der Nrn 3 und 4, denn das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmte Vermögen ist grundsätzlich in dem pauschalen Freibetrag nach Abs 2 enthalten (Brandts in Niesel SGB III, 2. Auflage, § 206 RdNr 19).
Allerdings hat das BSG mit Urteilen vom 17.03.2005 - B 7a/7 AL 68/04 R - und 25.05.2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - entschieden, dass Arbeitslosenhilfe-Vorschriften, um nicht die gesetzlichen Mindestgrenzen schützenswerten Vermögens zu unterschreiten, den Standard gewähren müssten, den das Sozialgesetzbuch II Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab 01.01.2005 zugestehe. Aus diesem Grund sei in § 193 Abs 2 SGB III eine gesetzliche Härtefallregelung hineinzulesen, die es gebiete, Alhi-Empfängern neben dem Grundfreibetrag iS des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 zumindest den nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II vorgesehenen Altersvorsorgefreibetrag in gleicher Höhe einzuräumen. Insoweit müsse, da § 165 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) erst ab 01.01.2005 in Kraft getreten sei, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs 1 und 2 VVG betroffenen Lebensversicherungen verzichtet werden. Zu prüfen sei lediglich, ob die vorhandenen Lebensversicherungsverträge nach der subjektiven Zweckbestimmung der Altersvorsorge dienten. Dafür genüge es, wenn die Fälligkeit der Verträge in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bis 65. Lebensjahres datiert sei. Bei solchen Konstellationen sei im Rahmen der Härtefallprüfung gemäß § 193 Abs 2 SGB III typisierend von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II auszugehen. Bei dieser Auslegung seien keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, § 1 Abs 2 AlhiV 2002 sei nicht ermächtigungsgedeckt und verfassungswidrig. Mithin ist nunmehr geklärt, dass anstelle der Vereinbarung nach § 165 Abs 3 VVG die Behauptung einer subjektiven Zweckbestimmung (Widmung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Alter) und der Nachweis einer objektiven Zweckbestimmung (Bindung bis zum Rentenalter) ausreicht. Dass zusätzlich weitere Vermögensfreistellungen über die Härteklausel des § 12 Abs 2 Nr 6 SGB II in Betracht kommen sollen, ist den Ausführungen des Senats im Urteil vom 17.03.2005 nicht zu entnehmen. In seiner Entscheidung vom 25.05.2005 hat das BSG für den Fall, dass der Rückkaufswert der Lebensversicherung nicht nur den generellen Freibetrag, sondern auch den Altersvorsorgefreibetrag übersteigt, daneben eine Härtefallprüfung zugelassen, ob im Hinblick auf eine besondere Berufsbiographie und daraus resultierende Versorgungslücken ein Härtefall vorliegt.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt nicht zur Annahme von Bedüftigkeit des Klägers.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 1 Abs 4 Satz 2 AlhiV 2002) besaß der Kläger ein Gesamtvermögen von 32.902,79 EUR. Der Lebensversicherungsvertrag diente nach subjektiver und objektiver Zweckbestimmung der Altersvorsorge (Fälligkeit und Bindung bis zum 60. Lebensjahr). Damit kommt neben dem Grundfreibetrag nach § 1 Abs 2 AlhiV 2002 in Höhe von 10.800,00 EUR (200,00 EUR x 54 Lebensjahre) ein gleichhoher Altersvorsorgefreibetrag in Ansatz. Es verbleibt ein Vermögen von 11.302,79 EUR (32.902,79 abzüglich 21.600,00 EUR Freibeträge). Die bis Januar 2004 erreichte Überschussbeteiligung war in das Vermögen einzubeziehen, denn nach der Bestätigung der W. Versicherung vom 26.01.2004 blieb diese dem Kläger auch bei vorzeitiger Auszahlung auf jeden Fall erhalten.
Da vorliegend der Rückkaufswert der Lebensversicherung (21.449,50 EUR + 9.730,90 EUR Überschussbeteiligung) beide Freibeträge (21.600,00 EUR) übersteigt, war nach dem BSG zu prüfen, ob wegen einer besonderen Berufsbiographie des Klägers und daraus resultierende Versorgungslücken ein Härtefall vorliegen könnte.
In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte zutreffend darauf, dass beim Kläger bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit außerordentliche Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorliegen. Der Kläger hat solche auch nicht geltend gemacht. Die aktuelle Arbeitslosigkeit war dabei nicht zu berücksichtigen. Bedürftigkeit lag damit weiterhin nicht vor.
Die ab 25.03.2004 vorgenommene Beleihung der Lebensversicherung zur Darlehenssicherung durch den Kläger führt zu keiner anderen Entscheidung, denn die Beleihung - diese ist grundsätzlich zumutbar (vgl BSG Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R) - bewirkte ebenfalls das Fehlen von Bedürftigkeit.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2005 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1, 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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