Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 674/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 194/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.02.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind zwischen den Beteiligten Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit (EU).
Die 1941 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war mit Unterbrechungen von 1987 bis 1996 als Wäscherin, Näherin und zuletzt als Serviererin versicherungspflichtig beschäftigt. Den ersten Rentenantrag vom 18.09.1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.01.1998 ab. Die dagegen erhobene Klage hat die Klägerin am 01.03.1999 zurückgenommen, nachdem der Sachverständige Dr.G. im sozialmedizinischen Gutachten vom 24.11.1998 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten angenommen hatte (S 17 RJ 382/98).
Am 09.02.2000 beantragte die Klägerin wiederum Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung machte sie einen nach jahrzehntelangen familiären psychischen und physischen Belastungen und Überforderungen eingetretenen psycho-physischen Erschöpfungszustand mit depressiven Verstimmungen geltend. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens von Dr.v.G. vom 16.03.2000 mit Bescheid vom 20.03.2000 ab, weil die Klägerin noch in der Lage sei, bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen vollschichtig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Der gegen diesen Bescheid am 14.04.2000 erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03.07.2000).
Mit Bescheid vom 07.05.2001 bewilligte die Beklagte Altersrente ab 01.05.2001.
In dem gegen den Bescheid vom 20.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2000 rechtshängigen Klageverfahren hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) nach Beinahme verschiedener ärztlicher Unterlagen und Befundberichte sowie der Schwerbehindertenakte des AVF N. die Neurologin und Psychiaterin Dr.O. gehört. Diese hat im Gutachten vom 07.10.2002 eine chronifizierte Erschöpfungsdepression (erlebnisreaktiv) mit chronischer Schmerzstörung auf dem Hintergrund degenerativer Erkrankungen auf dem orthopädischen Fachgebiet festgestellt. Auch unter Berücksichtigung der in dem Gutachten ausführlich dargelegten Gesundheitsstörungen sei rückblickend einzuschätzen, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auch acht Stunden täglich hätte eingesetzt werden können. Der auf Antrag der Klägerin gehörte Neurologe und Psychiater Prof. Dr.G. ist im Gutachten vom 01.12.2003 zu einem untersechsstündigen Leistungsvermögen der Klägerin gelangt.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung von Dr.O. angeschlossen und die Klage - gerichtet auf Rente wegen EU vom 01.03.2000 bis 30.04.2001 - mit Urteil vom 18.02.2004 abgewiesen. Die Untersuchung durch Prof. Dr.G. hinsichtlich der Leistungseinschätzung habe auch nach dessen eigener Einlassung keine neuen Erkenntnisse erbracht. Das SG gehe daher davon aus, dass die Klägerin im Jahre 2000 ein vollschichtiges Leistungsbild aufgewiesen habe, welches auch im Jahre 2001 noch nicht die Fähigkeit zur Ausübung von leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Rahmen von mindestens sechs Stunden ausgeschlossen habe. Da die Klägerin keinen Berufsschutz genieße, sei nicht die konkret ausgeübte Berufstätigkeit maßgebend, sondern die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das SG habe die deutliche Diskrepanz der Ausführungen von Prof. Dr.G. und Dr.O. nicht ausreichend diskutiert. Die medizinischen Ausführungen des SG bzw. die Bewertungen desselben hätten durch einen erneuten Gutachter erfolgen müssen. Dies sei nicht geschehen, insofern sei der Sachverhalt nicht ausermittelt.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht den Neurologen und Psychiater Dr.W. gehört, der im Gutachten vom 14.10.2004 und in der Stellungnahme vom 17.11.2004 ein vollschichtiges (achtstündiges) Leistungsvermögen der Klägerin für leichte körperliche Arbeiten bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen annimmt. Die auf Antrag der Klägerin gehörte Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie H. nimmt im Gutachten vom 29.06.2005 ein Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden an, jedoch mindestens für vier Stunden. Zu dieser Leistungseinschätzung hat Dr.W. am 20.10.2005 Stellung genommen und seine bisherige Leistungsbeurteilung bestätigt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 18.02.2004 sowie den Bescheid vom 20.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr auf ihren Antrag vom 09.02.2000 Rente wegen EU ab 01.03.2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Unter Hinweis auf die Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vom 03.08.2005 trägt die Beklagte vor, dass sich ein untervollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin nicht begründen lasse. Der Leistungsbeurteilung von Frau H. könne sie sich nicht anschließen. Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestehe daher weiterhin nicht.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten, die frühere Klageakte des SG Nürnberg S 17 RJ 382/98 und die Schwerbehindertenakte des AVF N ... Aus letzterer ergibt sich, dass bei der Klägerin seit dem 07.07.2000 ein GdB von 50 (ohne Merkzeichen) anerkannt ist, wobei die seelische Störung mit psychovegetativen Störungen und somatoformen Beschwerden eine Einzel-MdE von 30 bedingen. Ein Verschlimmerungsantrag wurde mit bindendem Bescheid vom 29.06.2004 abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rentenleistungen wegen EU hat. Denn die Klägerin ist nicht erwerbsunfähig und auch nicht voll erwerbsgemindert im Sinne des Gesetzes.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 09.02.2000) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF), da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für eine nach dem 31.12.2000 beginnende Zeit begehrt wird (hier bis 30.04.2001), sind für den Anspruch dann die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgebend.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält die Versicherte, die die Wartezeit und die sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes ist. Nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf und den Feststellungen der Beklagten sind zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen EU gegeben, bei der Klägerin liegt aber EU nach § 44 Abs 2 Satz 1 SGB VI aF nicht vor. Danach sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen einer Rente wegen EU erfüllt die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum ab 01.03.2000 nicht, da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht so ausgeprägt waren und sind, dass der Klägerin nicht noch vollschichtig zumindest leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus möglich gewesen wären und weiterhin sind, zumal weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlag/vorliegt und deshalb die Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der EU außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BSG - Großer Senat - SozR 3-2600 § 44 Nr 8).
Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vom 20.03.2000 und 03.07.2000 sowie des SG im angefochtenen Urteil vom 18.02.2004 sind durch die Ausführungen des vom Senat gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.W. im Gutachten vom 14.10.2004 und in den Stellungnahmen vom 17.11.2004 und vom 20.10.2005 nachhaltig bestätigt worden. Danach schränken die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen ihre Einsatzfähigkeit weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich erheblichen Umfange ein.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist durch folgende Gesundheitsstörungen eingeschränkt: Chronifizierter depressiver Erschöpfungszustand, somatoformes chronisches Schmerzsyndrom begleitend z.B. leichte subklinische Polyneuropathie der Beine, diskretes Karpaltunnelsyndrom der beiden Hände, degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne sichere Wurzelsymptomatik und postoperatives Menopausen-Syndrom. Über das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen besteht zwischen den vom SG und vom Berufungsgericht gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.O. , Prof. Dr.G. , Dr.W. und Frau H. kein Streit. Der Senat ist jedoch zu der Entscheidung gelangt, dass eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsbeeinträchtigung, die aus ärztlicher Sicht dem Eintritt von EU entspricht, nach dem Ergebnis der umfangreichen medizinischen Sachaufklärung im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren nicht vorliegt. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.O. und Dr.W. in den Gutachten vom 07.10.2002 und 14.10.2004 an. Nach deren Leistungsbeurteilungen ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin dahingehend eingeschränkt, dass sie in der Lage war und ist, in der Zeit ab 01.03.2000 leichte Tätigkeiten vollschichtig (auch acht Stunden) zu verrichten. Der Klägerin waren jedenfalls bis 30.04.2001 leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die eine eingeschränkte psychische Belastbarkeit und eine reduzierte Belastbarkeit des Bewegungsapparates berücksichtigen, weiterhin vollschichtig zumutbar. Insbesondere im Hinblick auf die somatoforme Schmerzstörung in Verbindung mit der depressiven Erschöpfung waren geistig anspruchslosere Arbeiten ohne überdurchschnittliche Anforderungen an das Konzentrations- oder Reaktionsvermögen möglich, zu vermeiden waren deswegen Akkord- und Schichtarbeiten. Vermieden werden sollten auch Arbeiten in Zwangshaltungen für die Wirbelsäule und auch gefährliche Arbeiten auf Leitern und Gerüsten.
Bei dieser Entscheidung hat der Senat nicht unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin im Verlaufe ihres Lebens großen familiären Belastungen ausgesetzt war durch die eigene (Teilzeit-)Tätigkeit, die Tätigkeit in der eigenen Landwirtschaft sowie durch die Pflege der Eltern und Schwiegereltern bis zu deren Tod. Trotzdem konnte sich der Senat von dem Vorliegen von EU bzw. der vollen Erwerbsminderung nicht überzeugen. Dabei steht im Vordergrund der bei der Klägerin gegebenen Problematik die somatoforme Schmerzstörung. Im Gegensatz zu den Leistungsbeurteilungen von Prof. Dr.G. und Frau H. ist jedoch davon auszugehen, dass ein untervollschichtiges Leistungsvermögen durch die früheren chronischen Belastungen und Überforderungen der Klägerin nicht gegeben war. Zwar musste sich die Klägerin nach dem Wegfall dieser entscheidenden Belastungen noch einer zweiten Unterleibsoperation mit Entfernung der Ovarien 1996 und bis 1998 noch weiteren kleineren operativen Eingriffen unterziehen. Die Klägerin hat auf Anraten dann auch 40 Sitzungen bei einer Psychologin absolviert, deren Ergebnis sie allerdings relativ entwertete und auch dazu anmerkte, dass sie keine stärkeren Medikamente zusätzlich vertrage. Insgesamt gesehen lässt sich eine wirkungsvolle antidepressive Therapie aus den Akten und auch aus den Äußerungen der Klägerin selbst nicht belegen. Ihr Ziel war und ist nämlich die rekompensierende Entpflichtung aus dem Arbeitsleben nach Jahren der subjektiven Überforderung inklusive kränkender fehlender Anerkennung dafür. Der ärztliche Sachverständige Dr.W. hat deshalb darauf hingewiesen, dass es der Klägerin in der Hauptsache nicht um die Wiederherstellung ihrer Gesundheit durch die bestmögliche Behandlung ging, sondern dass im Zentrum ihres Strebens das Erreichen einer Entpflichtung stand.
Insbesondere haben Dr.O. und Dr.W. überzeugend dargelegt, dass die Klägerin durchaus eine willentliche Entscheidung trifft, nämlich in Form des Klageziels, welches über mehrere Instanzen sthenisch verfolgt wird. Die beiden Sachverständigen haben auch festgestellt, dass keinerlei Hinweise für eine Störung der Willensbildung vorliegen. Präsentiert wurde in der Untersuchungssituation eine wesentlich heftigere Leidensbeeinträchtigung als sie objektiv vorliegt und auch ihr Hinweis, dass sie sich eigentlich gar nicht schlecht fühle, wenn sie sich nicht gerade Sorgen mache. So wäre trotz der sicherlich vorhandenen körperlichen (und somatoformen) und seelisch-geistigen Einschränkungen - ein zumutbarer Arbeitsplatz vorausgesetzt - eine Willensanspannung und damit eine Umsetzung der psycho-physisch noch vorhandenen Restleistungsfähigkeit zu fordern. Dabei haben die Sachverständigen nicht übersehen, dass auf dem Hintergrund einer entsprechenden Primärpersönlichkeit über lange Zeit eine Doppel- und Mehrfachbelastung geleistet wurde, was freilich nicht gewissermaßen nachträglich durch eine vorgezogene Rentenbewilligung honoriert werden kann, auch wenn dies subjektiv nun im Stadium der "totalen Erschöpftheit" ungerecht erscheinen mag.
Die Sachverständigen haben auch darauf hingewiesen, dass intensive weitere therapeutische und psychotherapeutische Maßnahmen erforderlich sind, dass aber andererseits eine einer Psychose vergleichbare psychiatrische Störung nicht nachzuweisen war. Von dem Erfordernis, die Lebensstrategie auf eine schicksalhaft eingetretene, nicht mehr ganz zu beseitigende gesundheitliche Beeinträchtigung (auch und gerade in Folge biografischer Ereignisse) einzustellen, kann die Sozialordnung die Klägerin aber nicht befreien. Letztlich liegt nämlich eine tiefgreifende und im Sinne der Rentenversicherung krankheitswürdige Störung der Erlebnisfähigkeit oder der Fähigkeit, den eigenen Lebensalltag zu gestalten, infolge der habituierten Fehlverarbeitungsweisen nicht vor. Es war nämlich eine unüberwindbare Schwäche der Willensfunktion bei der Klägerin noch nicht gegeben. Das Krankheitsbild der Klägerin ist jedenfalls für die Zeit von Januar 2000 bis April 2001 als nicht schwerwiegend bzw. nicht durchgreifend einzuschätzen. Bei dieser Sachlage konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in den untervollschichtigen Bereich gesunken ist.
Aus diesen Gründen ist der Senat auch nicht der Leistungsbeurteilung von Prof. Dr.G. und Frau H. gefolgt. So hat ersterer zu Unrecht darauf hingewiesen, dass der behandelnde Nervenarzt Dr.P. bei der Klägerin EU annimmt. Die von Dr.P. vermerkten organischen neurologischen Störungen einer Körperseite finden sich jedoch über Jahre hinaus in keiner einzigen weiteren Befundbeschreibung, auch konnte Dr.W. diese Seitensymptomatik nicht feststellen. Die Klägerin hat hier lediglich ein komisches Gefühl im ganzen rechten Bein angegeben. Dies hat aber keinerlei relevante funktionelle Auswirkungen, wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin keine Gangstörungen, keine anderen Bewegungsstörungen und insgesamt keine relevanten neurologischen Auffälligkeiten zeigte. Im Übrigen hat Dr.P. seine Ansicht, bei der Klägerin liege EU vor, nicht näher begründet.
Auch die Leistungsbeurteilung durch die auf Antrag der Klägerin gehörte Frau H. ist für den Senat nicht überzeugend. Denn bei nahezu identischen Befunden im Vergleich zu den Vorgutachten lässt sich aus den Ausführungen von Frau H. nicht ableiten, dass sie über ihre bloße Einschätzung hinaus in ihrem Gutachten Daten liefert, die belegen könnten, dass der Klägerin schon zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Jahre 2000 die Steuerung ihres Willens entglitten gewesen wäre. Insoweit folgt der Senat den Ausführungen von Dr.W. , nach denen die präsentierte psychische Störung erheblich von einer willentlich eingeschlagenen psychogenen Fehlhaltung bestimmt ist, die als Krankheit im endogenen Sinn nicht als schwerwiegend bzw. durchgreifend einzuschätzen ist. Wenn man Prof. Dr.G. wie auch Frau H. in ihrer Argumentation folgen wollte, so müsste man nämlich von einer major Depression ausgehen, die aber weder Prof. Dr.G. noch Frau H. diagnostiziert. Auch sie gelangten zur Feststellung einer mittelgradigen belastungsreaktiven Depression. Dass die Entfernung der Ovarien 1996 auch zumindest vorübergehend psychische Befindlichkeitsstörungen im Sinne einer z.B. passager deutlicheren depressiven Affektlabilität bewirken konnte, ist unstrittig. Allerdings wurde zu einem späteren und entscheidenderen Zeitpunkt niemals eine so schwere depressive Verschlechterung aus den Befunden deutlich.
Ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und eine nicht eingeschränkte Wegefähigkeit schließen die Annahme von EU aus. Ein Berufsschutz als Facharbeiterin ist schon nach den eigenen Angaben der Klägerin zu verneinen, weil sie keinen Beruf erlernt hat und während ihres versicherungspflichtigen Erwerbslebens nicht als Facharbeiterin tätig war. Die von ihr ausgeübten Tätigkeiten sind der Gruppe von angelernten Arbeitnehmerinnen des unteren Bereichs zuzuordnen. Insoweit muss sich die Klägerin auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ausgenommen solcher einfachster oder gänzlich untergeordneter Art, verweisen lassen.
Die Klägerin erfüllt auch nicht die ab 01.01.2001 in Kraft getretenen Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn nach dem ab diesem Zeitpunkt geltenden § 43 Abs 1 SGB VI hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich etwa acht bzw. sechs Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt - bei der Klägerin nicht vor.
Die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 18.02.2004 war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch in der Berufung unterlegen war.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind zwischen den Beteiligten Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit (EU).
Die 1941 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war mit Unterbrechungen von 1987 bis 1996 als Wäscherin, Näherin und zuletzt als Serviererin versicherungspflichtig beschäftigt. Den ersten Rentenantrag vom 18.09.1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.01.1998 ab. Die dagegen erhobene Klage hat die Klägerin am 01.03.1999 zurückgenommen, nachdem der Sachverständige Dr.G. im sozialmedizinischen Gutachten vom 24.11.1998 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten angenommen hatte (S 17 RJ 382/98).
Am 09.02.2000 beantragte die Klägerin wiederum Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung machte sie einen nach jahrzehntelangen familiären psychischen und physischen Belastungen und Überforderungen eingetretenen psycho-physischen Erschöpfungszustand mit depressiven Verstimmungen geltend. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens von Dr.v.G. vom 16.03.2000 mit Bescheid vom 20.03.2000 ab, weil die Klägerin noch in der Lage sei, bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen vollschichtig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Der gegen diesen Bescheid am 14.04.2000 erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03.07.2000).
Mit Bescheid vom 07.05.2001 bewilligte die Beklagte Altersrente ab 01.05.2001.
In dem gegen den Bescheid vom 20.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2000 rechtshängigen Klageverfahren hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) nach Beinahme verschiedener ärztlicher Unterlagen und Befundberichte sowie der Schwerbehindertenakte des AVF N. die Neurologin und Psychiaterin Dr.O. gehört. Diese hat im Gutachten vom 07.10.2002 eine chronifizierte Erschöpfungsdepression (erlebnisreaktiv) mit chronischer Schmerzstörung auf dem Hintergrund degenerativer Erkrankungen auf dem orthopädischen Fachgebiet festgestellt. Auch unter Berücksichtigung der in dem Gutachten ausführlich dargelegten Gesundheitsstörungen sei rückblickend einzuschätzen, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auch acht Stunden täglich hätte eingesetzt werden können. Der auf Antrag der Klägerin gehörte Neurologe und Psychiater Prof. Dr.G. ist im Gutachten vom 01.12.2003 zu einem untersechsstündigen Leistungsvermögen der Klägerin gelangt.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung von Dr.O. angeschlossen und die Klage - gerichtet auf Rente wegen EU vom 01.03.2000 bis 30.04.2001 - mit Urteil vom 18.02.2004 abgewiesen. Die Untersuchung durch Prof. Dr.G. hinsichtlich der Leistungseinschätzung habe auch nach dessen eigener Einlassung keine neuen Erkenntnisse erbracht. Das SG gehe daher davon aus, dass die Klägerin im Jahre 2000 ein vollschichtiges Leistungsbild aufgewiesen habe, welches auch im Jahre 2001 noch nicht die Fähigkeit zur Ausübung von leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Rahmen von mindestens sechs Stunden ausgeschlossen habe. Da die Klägerin keinen Berufsschutz genieße, sei nicht die konkret ausgeübte Berufstätigkeit maßgebend, sondern die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das SG habe die deutliche Diskrepanz der Ausführungen von Prof. Dr.G. und Dr.O. nicht ausreichend diskutiert. Die medizinischen Ausführungen des SG bzw. die Bewertungen desselben hätten durch einen erneuten Gutachter erfolgen müssen. Dies sei nicht geschehen, insofern sei der Sachverhalt nicht ausermittelt.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht den Neurologen und Psychiater Dr.W. gehört, der im Gutachten vom 14.10.2004 und in der Stellungnahme vom 17.11.2004 ein vollschichtiges (achtstündiges) Leistungsvermögen der Klägerin für leichte körperliche Arbeiten bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen annimmt. Die auf Antrag der Klägerin gehörte Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie H. nimmt im Gutachten vom 29.06.2005 ein Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden an, jedoch mindestens für vier Stunden. Zu dieser Leistungseinschätzung hat Dr.W. am 20.10.2005 Stellung genommen und seine bisherige Leistungsbeurteilung bestätigt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 18.02.2004 sowie den Bescheid vom 20.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr auf ihren Antrag vom 09.02.2000 Rente wegen EU ab 01.03.2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Unter Hinweis auf die Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vom 03.08.2005 trägt die Beklagte vor, dass sich ein untervollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin nicht begründen lasse. Der Leistungsbeurteilung von Frau H. könne sie sich nicht anschließen. Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestehe daher weiterhin nicht.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten, die frühere Klageakte des SG Nürnberg S 17 RJ 382/98 und die Schwerbehindertenakte des AVF N ... Aus letzterer ergibt sich, dass bei der Klägerin seit dem 07.07.2000 ein GdB von 50 (ohne Merkzeichen) anerkannt ist, wobei die seelische Störung mit psychovegetativen Störungen und somatoformen Beschwerden eine Einzel-MdE von 30 bedingen. Ein Verschlimmerungsantrag wurde mit bindendem Bescheid vom 29.06.2004 abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rentenleistungen wegen EU hat. Denn die Klägerin ist nicht erwerbsunfähig und auch nicht voll erwerbsgemindert im Sinne des Gesetzes.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 09.02.2000) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF), da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für eine nach dem 31.12.2000 beginnende Zeit begehrt wird (hier bis 30.04.2001), sind für den Anspruch dann die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgebend.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält die Versicherte, die die Wartezeit und die sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes ist. Nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf und den Feststellungen der Beklagten sind zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen EU gegeben, bei der Klägerin liegt aber EU nach § 44 Abs 2 Satz 1 SGB VI aF nicht vor. Danach sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen einer Rente wegen EU erfüllt die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum ab 01.03.2000 nicht, da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht so ausgeprägt waren und sind, dass der Klägerin nicht noch vollschichtig zumindest leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus möglich gewesen wären und weiterhin sind, zumal weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlag/vorliegt und deshalb die Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der EU außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BSG - Großer Senat - SozR 3-2600 § 44 Nr 8).
Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vom 20.03.2000 und 03.07.2000 sowie des SG im angefochtenen Urteil vom 18.02.2004 sind durch die Ausführungen des vom Senat gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.W. im Gutachten vom 14.10.2004 und in den Stellungnahmen vom 17.11.2004 und vom 20.10.2005 nachhaltig bestätigt worden. Danach schränken die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen ihre Einsatzfähigkeit weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich erheblichen Umfange ein.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist durch folgende Gesundheitsstörungen eingeschränkt: Chronifizierter depressiver Erschöpfungszustand, somatoformes chronisches Schmerzsyndrom begleitend z.B. leichte subklinische Polyneuropathie der Beine, diskretes Karpaltunnelsyndrom der beiden Hände, degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne sichere Wurzelsymptomatik und postoperatives Menopausen-Syndrom. Über das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen besteht zwischen den vom SG und vom Berufungsgericht gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.O. , Prof. Dr.G. , Dr.W. und Frau H. kein Streit. Der Senat ist jedoch zu der Entscheidung gelangt, dass eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsbeeinträchtigung, die aus ärztlicher Sicht dem Eintritt von EU entspricht, nach dem Ergebnis der umfangreichen medizinischen Sachaufklärung im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren nicht vorliegt. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.O. und Dr.W. in den Gutachten vom 07.10.2002 und 14.10.2004 an. Nach deren Leistungsbeurteilungen ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin dahingehend eingeschränkt, dass sie in der Lage war und ist, in der Zeit ab 01.03.2000 leichte Tätigkeiten vollschichtig (auch acht Stunden) zu verrichten. Der Klägerin waren jedenfalls bis 30.04.2001 leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die eine eingeschränkte psychische Belastbarkeit und eine reduzierte Belastbarkeit des Bewegungsapparates berücksichtigen, weiterhin vollschichtig zumutbar. Insbesondere im Hinblick auf die somatoforme Schmerzstörung in Verbindung mit der depressiven Erschöpfung waren geistig anspruchslosere Arbeiten ohne überdurchschnittliche Anforderungen an das Konzentrations- oder Reaktionsvermögen möglich, zu vermeiden waren deswegen Akkord- und Schichtarbeiten. Vermieden werden sollten auch Arbeiten in Zwangshaltungen für die Wirbelsäule und auch gefährliche Arbeiten auf Leitern und Gerüsten.
Bei dieser Entscheidung hat der Senat nicht unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin im Verlaufe ihres Lebens großen familiären Belastungen ausgesetzt war durch die eigene (Teilzeit-)Tätigkeit, die Tätigkeit in der eigenen Landwirtschaft sowie durch die Pflege der Eltern und Schwiegereltern bis zu deren Tod. Trotzdem konnte sich der Senat von dem Vorliegen von EU bzw. der vollen Erwerbsminderung nicht überzeugen. Dabei steht im Vordergrund der bei der Klägerin gegebenen Problematik die somatoforme Schmerzstörung. Im Gegensatz zu den Leistungsbeurteilungen von Prof. Dr.G. und Frau H. ist jedoch davon auszugehen, dass ein untervollschichtiges Leistungsvermögen durch die früheren chronischen Belastungen und Überforderungen der Klägerin nicht gegeben war. Zwar musste sich die Klägerin nach dem Wegfall dieser entscheidenden Belastungen noch einer zweiten Unterleibsoperation mit Entfernung der Ovarien 1996 und bis 1998 noch weiteren kleineren operativen Eingriffen unterziehen. Die Klägerin hat auf Anraten dann auch 40 Sitzungen bei einer Psychologin absolviert, deren Ergebnis sie allerdings relativ entwertete und auch dazu anmerkte, dass sie keine stärkeren Medikamente zusätzlich vertrage. Insgesamt gesehen lässt sich eine wirkungsvolle antidepressive Therapie aus den Akten und auch aus den Äußerungen der Klägerin selbst nicht belegen. Ihr Ziel war und ist nämlich die rekompensierende Entpflichtung aus dem Arbeitsleben nach Jahren der subjektiven Überforderung inklusive kränkender fehlender Anerkennung dafür. Der ärztliche Sachverständige Dr.W. hat deshalb darauf hingewiesen, dass es der Klägerin in der Hauptsache nicht um die Wiederherstellung ihrer Gesundheit durch die bestmögliche Behandlung ging, sondern dass im Zentrum ihres Strebens das Erreichen einer Entpflichtung stand.
Insbesondere haben Dr.O. und Dr.W. überzeugend dargelegt, dass die Klägerin durchaus eine willentliche Entscheidung trifft, nämlich in Form des Klageziels, welches über mehrere Instanzen sthenisch verfolgt wird. Die beiden Sachverständigen haben auch festgestellt, dass keinerlei Hinweise für eine Störung der Willensbildung vorliegen. Präsentiert wurde in der Untersuchungssituation eine wesentlich heftigere Leidensbeeinträchtigung als sie objektiv vorliegt und auch ihr Hinweis, dass sie sich eigentlich gar nicht schlecht fühle, wenn sie sich nicht gerade Sorgen mache. So wäre trotz der sicherlich vorhandenen körperlichen (und somatoformen) und seelisch-geistigen Einschränkungen - ein zumutbarer Arbeitsplatz vorausgesetzt - eine Willensanspannung und damit eine Umsetzung der psycho-physisch noch vorhandenen Restleistungsfähigkeit zu fordern. Dabei haben die Sachverständigen nicht übersehen, dass auf dem Hintergrund einer entsprechenden Primärpersönlichkeit über lange Zeit eine Doppel- und Mehrfachbelastung geleistet wurde, was freilich nicht gewissermaßen nachträglich durch eine vorgezogene Rentenbewilligung honoriert werden kann, auch wenn dies subjektiv nun im Stadium der "totalen Erschöpftheit" ungerecht erscheinen mag.
Die Sachverständigen haben auch darauf hingewiesen, dass intensive weitere therapeutische und psychotherapeutische Maßnahmen erforderlich sind, dass aber andererseits eine einer Psychose vergleichbare psychiatrische Störung nicht nachzuweisen war. Von dem Erfordernis, die Lebensstrategie auf eine schicksalhaft eingetretene, nicht mehr ganz zu beseitigende gesundheitliche Beeinträchtigung (auch und gerade in Folge biografischer Ereignisse) einzustellen, kann die Sozialordnung die Klägerin aber nicht befreien. Letztlich liegt nämlich eine tiefgreifende und im Sinne der Rentenversicherung krankheitswürdige Störung der Erlebnisfähigkeit oder der Fähigkeit, den eigenen Lebensalltag zu gestalten, infolge der habituierten Fehlverarbeitungsweisen nicht vor. Es war nämlich eine unüberwindbare Schwäche der Willensfunktion bei der Klägerin noch nicht gegeben. Das Krankheitsbild der Klägerin ist jedenfalls für die Zeit von Januar 2000 bis April 2001 als nicht schwerwiegend bzw. nicht durchgreifend einzuschätzen. Bei dieser Sachlage konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in den untervollschichtigen Bereich gesunken ist.
Aus diesen Gründen ist der Senat auch nicht der Leistungsbeurteilung von Prof. Dr.G. und Frau H. gefolgt. So hat ersterer zu Unrecht darauf hingewiesen, dass der behandelnde Nervenarzt Dr.P. bei der Klägerin EU annimmt. Die von Dr.P. vermerkten organischen neurologischen Störungen einer Körperseite finden sich jedoch über Jahre hinaus in keiner einzigen weiteren Befundbeschreibung, auch konnte Dr.W. diese Seitensymptomatik nicht feststellen. Die Klägerin hat hier lediglich ein komisches Gefühl im ganzen rechten Bein angegeben. Dies hat aber keinerlei relevante funktionelle Auswirkungen, wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin keine Gangstörungen, keine anderen Bewegungsstörungen und insgesamt keine relevanten neurologischen Auffälligkeiten zeigte. Im Übrigen hat Dr.P. seine Ansicht, bei der Klägerin liege EU vor, nicht näher begründet.
Auch die Leistungsbeurteilung durch die auf Antrag der Klägerin gehörte Frau H. ist für den Senat nicht überzeugend. Denn bei nahezu identischen Befunden im Vergleich zu den Vorgutachten lässt sich aus den Ausführungen von Frau H. nicht ableiten, dass sie über ihre bloße Einschätzung hinaus in ihrem Gutachten Daten liefert, die belegen könnten, dass der Klägerin schon zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Jahre 2000 die Steuerung ihres Willens entglitten gewesen wäre. Insoweit folgt der Senat den Ausführungen von Dr.W. , nach denen die präsentierte psychische Störung erheblich von einer willentlich eingeschlagenen psychogenen Fehlhaltung bestimmt ist, die als Krankheit im endogenen Sinn nicht als schwerwiegend bzw. durchgreifend einzuschätzen ist. Wenn man Prof. Dr.G. wie auch Frau H. in ihrer Argumentation folgen wollte, so müsste man nämlich von einer major Depression ausgehen, die aber weder Prof. Dr.G. noch Frau H. diagnostiziert. Auch sie gelangten zur Feststellung einer mittelgradigen belastungsreaktiven Depression. Dass die Entfernung der Ovarien 1996 auch zumindest vorübergehend psychische Befindlichkeitsstörungen im Sinne einer z.B. passager deutlicheren depressiven Affektlabilität bewirken konnte, ist unstrittig. Allerdings wurde zu einem späteren und entscheidenderen Zeitpunkt niemals eine so schwere depressive Verschlechterung aus den Befunden deutlich.
Ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und eine nicht eingeschränkte Wegefähigkeit schließen die Annahme von EU aus. Ein Berufsschutz als Facharbeiterin ist schon nach den eigenen Angaben der Klägerin zu verneinen, weil sie keinen Beruf erlernt hat und während ihres versicherungspflichtigen Erwerbslebens nicht als Facharbeiterin tätig war. Die von ihr ausgeübten Tätigkeiten sind der Gruppe von angelernten Arbeitnehmerinnen des unteren Bereichs zuzuordnen. Insoweit muss sich die Klägerin auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ausgenommen solcher einfachster oder gänzlich untergeordneter Art, verweisen lassen.
Die Klägerin erfüllt auch nicht die ab 01.01.2001 in Kraft getretenen Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn nach dem ab diesem Zeitpunkt geltenden § 43 Abs 1 SGB VI hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich etwa acht bzw. sechs Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt - bei der Klägerin nicht vor.
Die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 18.02.2004 war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch in der Berufung unterlegen war.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved